Aktion Titelverlust

Nein – nicht schon wieder ein Promi, der sich seinen akademischenTitel erstgCt hat - also durch copy&paste erworben hat und auch kein CM, FM, IM oder GM der seinen Titel nicht durch eigenes Leistungsvermögen erreicht hat. NEIN es geht um wirklich Wichtiges! Olympiasieger ist man ewig, Welt- und Europameistertitel gehen verloren, wenn ein anderer den Titel gewinnt und dieses harte Schicksal müssen – schenkt man den Datenfuzzys Glauben – in den nächsten Tagen und Wochen Anand und Schach-Deutschland ertragen.

Deutschland Europameister 2011

AktionTitel1

und was Google dazu findet.

Am 8. November startet die EM in Warschau und unser Schachweltkollege Olaf Steffens berichtet diesmal sozusagen auswärts auf der DSB-Homepage aus Warschau – eine Ehre, die der Krennwurzn niemals widerfahren wird, denn er gilt in seinem Heimatland ja als Persona non grata und da sich daran nichts ändern wird ... aber lassen wir das und freuen wir uns, dass nicht alle Schachweltler dieses harte Schicksal eines „Parias“ ertragen müssen und auch auswärts geschätzte Schreiber sind – Gut Tastatur Olaf!!

Nun Deutschland ist als Nummer 10 gesetzt und muss den Titel abgeben - da freut sich der Ösi in der Krennwurzn unheimlich und feixt: die EM wird doch nur aus dem Grund gespielt, weil statistisch nicht vollkommen klar ist, wer der Nachfolger von Deutschland werden wird. Die restvernünftige Seite, deren Limes gegen Null konvergieren oder stürmt, wirft ein, dass das erstens ungerecht – das berührt die Krennwurzn aber schon gar nicht - und zweitens auch statistisch möglicherweise auch ein wenig unkorrekt sein könnte, was der Krennwurzn schon ein wenig mehr zu denken gibt, denn sie selbst musste 2002 und 2013 binnen weniger Jahre schon zwei Jahrhunderthochwässer an der Donau miterleben.

Waren die Deutschen 2011 nicht schon krasse Außenseiter und haben sie damals als möglicherweise zerstrittener Haufen nicht doch eine tolle Leistung gebracht und sich nicht nur gegen die favorisierten Gegner sondern auch gegen die übermächtigen Zahlen, die gegen sie sprachen durchgesetzt?

Vom zweiten Titelverlust im sonnigen Indien berichtet der Chef der Schachwelt höchstpersönlich ab Samstag 9. November auf der Seminarseite und wenn man Insidern und den Wettanbietern Glauben schenken darf, dann ist dieser Titelverlust noch klarer als ... ach lassen wir das Piefke-Bashing einfach mal weg jetzt!

AktionTitel2

95 Elopunkte Unterschied – da zittert zwar nicht einmal der staatlich geprüfte Angsthase Krennwurzn am Brett - zwischen Carlsen und Anand, der noch dazu älter ist und in seiner Heimatstadt unter unheimlichen Druck stehen muss und dessen letzter Sieg in einer Turnierpartie gegen Carlsen noch dazu aus dem fernen Jahre 2010 datiert. Dann noch eine Punkterwartung laut Elo von 0,65 zu 0,35 für Carlsen – ja warum wird dieser Wettkampf überhaupt noch gespielt?? Es ist doch alles sonnenklar: Carlsen ist doch bereits jetzt der neue Weltmeister! Es bleibt nur mehr die Fragen zu klären wie hoch und wie bald er den Wettkampf gewinnt und sind wir doch ehrlich: manche hoffen sogar auf eine überfischerische 7-0 Hinrichtung!

Aber ... klar Carlsen ist der Favorit ... aber ist das alles wirklich so sonnenklar? Wer hat den Druck? Anand eher nicht, denn er hat schon alles erreicht: FIDE-Weltmeister, Weltmeister und den Titel mehrmals verteidigt – nicht zu vergessen auch der verlorene Wettkampf gegen Kasparov in dem er zuerst in Führung gegangen ist und dann schrecklich unter die Räder kam. Anand hat Erfahrung im guten und im schlechten Sinn und er ist in einem reifen Alter und hat damit wohl die erforderliche Gelassenheit sich der kommenden Aufgabe zu stellen. Aber die Statistik höre ich die Krennwurzn schreien – die lügt doch nicht und die heiligen Elo schon gar nicht! Gut sage ich, wenn Carlsen so klar und sicher gewinnt, dann können wir in den Keller gehen, die alte sechs schussige Pistole vom Opa mit zwei Patronen laden und russisches Roulett spielen, denn die Überlebenschance ist dann mit 0,66 zu 0,33 sogar ein Spürchen höher als die Gewinnchance von Anand nach Elo. Bitte nicht so brachial wirft nun die Krennwurzn ein – wir sind doch zivilisiert – nehmen wir doch einen normalen Würfel und wenn 1 oder 2 kommt, dann bleibt Anand Weltmeister ansonsten heißt der neue Weltmeister Carlsen.

Gesagt getan: Würfel aus der Spielesammlung herausgenommen – ist auch schneller greifbar als die nichtexistente Pistole vom Opa – und gewürfelt:

AktionTitel3

ZWEI – Anand bleibt Weltmeister und die Krennwurzn und auch der vernünftige Teil atmet tief durch: Würfeln ist unblutiger als russisches Roulett und vor allem: wer hätte dann noch den Artikel online gestellt??

PS österreichische Merksätze:

Statistiken traut man nur, wenn man sie selbst gefälscht hat
und
Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen!

Krennwurzn

Anonymer aber dennoch vielen bekannter kritischer Schachösterreicher! Ironisch, sarkastisch und dennoch im Reallife ein netter Mensch - so lautet meine Selbstüberschätzung! Natürlich darf jeder wissen wer die Krennwurzn ist und man darf es auch weitererzählen, aber man sollte es nicht schreiben, denn die Krennwurzn hat so eine abkindliche Freude damit „anonym“ zu sein – lassen wir ihr doch bitte diese Illusion!

Motto: Erfreue Dich am Spiel, nicht an der Ratingzahl! Das Leben ist hart, aber ungerecht (raunzender Ösi)!
 

Kommentare   

+1 #1 Darth Frank 2013-11-08 11:45
Naja, eine Feinheit hat die Krennwurzn aber nicht berücksichtigt. Die Gewinnerwartung nach ELO aus einer Partie gibt nicht die Wahrscheinlichkeit für den Matchgewinn wieder. Je mehr Partien gespielt werden desto wahrscheinlicher ist der Matchgewinn für den stärkeren Spieler. Lasse ich der Einfachheit halber mal den Ausgang „Remis“ weg (nur 0 – 1 und 1 – 0 möglich), kommt man bei 12 Runden auf eine Wahrscheinlichkeit von 79% für Carlsen, 8% für Anand und 13% für Tiebreak (über Binomialverteilung berechnet).

Die ELO ist natürlich kein Naturgesetz; in 4 Wochen sind wir schlauer.
+1 #2 Olaf Steffens 2013-11-08 13:06
Herrlich, ein klasse Artikel, und an jeder Stelle wahr.
Gut, dass das Internet international ist und der Schach-Welt-Blog sogar Berichte aus dem fernen Österreich empfangen kann.
Für die Prognose für Carlsen spricht zwar einiges, aber vielleicht ist es tatsächlich eine Sache von Druck und vom Kopf, wer besser mit dem Wettkampf umgehen kann. Und Glück ist auch noch mit dabei .. das war ja schon bei den Kandidaten in London so, vor allem in der allerletzten Runde.
Ich finde den Punkt, dass Anand ganz gelassen spielen kann, sehr schön. Sollte er verlieren, geht das Leben auch weiter. Wer weiß, das hilft ihm vielleicht auch im Match gegen Carlsen. Schade nur, dass es lediglich 12 Partien sind.

(Danke auch, Krennwurzn, für den Hinweis zur Europameisterschaft auf die Schachbund-Seite. Ich melde mich aber bald wieder zurück!)
#3 Krennwurzn 2013-11-08 13:22
Ja Darth Frank da gibt es mehrere Ansätze u.a in diesem Artikel http://en.chessbase.com/post/are-the-che-world-champions-just-lucky--part-2-060913 den die Krennwurzn auch kennt und ja rechnerisch schaut es für Anand da schlechter aus!

Da aber ELO kein Naturgesetz sind und zudem die aktuelle Differenz zwischen den beiden etwas zu hoch sein könnte, dürfte die Einschätzung 66:33 im Endeffekt gar nicht so schlecht sein.

Zudem habe ich selbst noch eine Primitivsimulation gemacht und 96 (8*12) Partieausgänge mit den Vorgaben 50% Remisqoute und Gewinnverteilung 60-80% für Carlsen einfach zufällig aufreihen lassen und dann geschaut, ob es 12 Ergebnisfolgen gibt bei denen Anand gewinnt und auch dabei wurde ich fündig.

Mein persönliche Einschätzung: Carlsen wird Weltmeister werden, aber Anand ist nicht so chancenlos wie die Zahlen glauben lassen und dadurch steigen unsere Chancen ein großartiges Match zu erleben!!
#4 Guido Montag 2013-11-08 13:44
Da ich die durchaus interessanten Ausführungen von Mathew Wilson nicht nachvollziehen kann, hab ich mal selber hingesetzt. Erstmal musste ich schon 531441 Simulationen machen, schließlich hat ja jede Partie drei mögliche Ergebnisse. dann weiss ich gar nicht wieso er auf eine Remisquote von 66% kommt?
Bei 95 ELO Differenz komme ich auf 32%.
Bei 12 Matchpartien komme ich dann auf eine Wahrscheinlichkeit von 72%, dass Carlssen mindestens 7 Pkt macht. Tiebreak (6Pkt) liegt bei 7%.
Rechne ich mit 66% Remisquote, gewinnt Carlssen zu
83% mit mehr als 6.5 Punkten und der Tiebreak liegt bei 5%.
Soviel zu meinen Vorbehalten an den ganzen Berechnungen.
Und im übrigen: "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam"
Dieser ganze ELO-Kult ist doch höchstens eine
A-Priori-Schätzannahme
:-)
#5 Darth Frank 2013-11-08 15:06
@Guido Montag

Die 66% Remisquote sind einfach eine Annahme von Matthew Wilson. Etwas weniger als die 20 Remis / 29 Partien der beiden.

Wie kommst du auf „95 Punkte ELO-Differenz entsprechen 32% Remisquote“? Aus der ELO-Differenz allein lässt sich das nicht ableiten. Daraus folgt nur die Gewinnerwartung.
Weiterhin gilt

Gewinnerwartung = 1 * Wahrscheinlichkeit_Gewinn + 0,5 * Wahrscheinlichkeit_Remis

Aus der Gewinnerwartung und der Remiswahrscheinlichkeit folgt dann die Gewinnwahrscheinlichkeit.

Wenn man über alle 531.441 (= 3 ^12) Möglichkeiten summiert ist es keine Simulation, sondern die exakte Berechnung. Bei einer sogenannten Monte-Carlo-Simulation „würfelt“ man das Match viele Male aus und zählt die zufälligen Matchresultate. Wenn die Zahl groß genug ist kommt es nahe an das exakte Ergebnis (aus allen 531.441 möglichen Verläufen) heran.
#6 Darth Frank 2013-11-09 10:48
Nachtrag:

Die Remisquote kann bei einer Gewinnerwartung von 0,65 nur zwischen 0% (Gewinnwahrscheinlichleit 65%, Verlustwahrscheinlichkeit 35%) und maximal 70% liegen (Verlustwahrscheinlichkei t dann 0%, Gewinnwahrscheinlichkeit 30%). Je niedriger die Remiswahrscheinlichkeit, desto größer die Varianz (Schwankung) des Ergebnisses. Je größer die Varianz, um so größer die Chancen des Außenseiters, durch Glück doch zu gewinnen.

Der Fall Remiswahrscheinlichkeit 0% ist über die Binomialverteilung besonders leicht zu berechnen, in Excel habe ich das in einer Minute ohne etwas zu programmieren oder zu simulieren. Das ist dann die Obergrenze für Anands Chancen UNTER DIESEM MODELL.
#7 Darth Frank 2013-11-09 10:58
Nachtrag 2

Bei einer Remisquote von 70% könnte Anand keine Partie gewinnen. Diese Annahme ist offensichtlich Unsinn. Das Ergebnis wäre, dass Anand maximal mit einer Serie aus 12 Remis das Stechen erreichen kann mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,7^12 = 1,4%, mit 98,6% gewinnt dann Carlsen das Match.
#8 Guido Montag 2013-11-11 13:26
@darth frank
Deine Ausführungen enthalten viel Wahres.
Zum Nachdenken soll aber folgendes anregen:
Zitat:
Bei einer sogenannten Monte-Carlo-Simulation „würfelt“ man
Richtig! Aber warum 40000 mal würfeln, wenn ich auch 531000 exakt rechnen kann.
@Nachtrag2:
Zitat:
Bei einer Remisquote von 70% könnte Anand keine Partie gewinnen. Diese Annahme ist offensichtlich Unsinn.
Völlig einverstanden, da sich aber 65% nur marginal von 70% unterscheidet, ist diese Annahme eben fast völliger Unsinn.
Außerdem:
Zitat:
Die 66% Remisquote sind einfach eine Annahme von Matthew Wilson
Genau! Einfach nur(!) eine Annahme.
Außerdem, was passiert, wenn Annand entgegen allen Annahmen, und Wahrscheinlichkeiten, jetzt doch gewinnt??
Nach der anderswo zu findenden Logik hat er da etwa ...?
(Aus Respekt schreib ich das natürlich nicht aus)

@darth frank: Versuch doch mal, logisch zu denken.
#9 Darth Frank 2013-11-11 15:24
zitiere Guido Montag:

Aber warum 40000 mal würfeln, wenn ich auch 531000 exakt rechnen kann.


Das musst du mit Matthew Wilson klären. Ich habe ohne jede Wertung den Nichtfachmännern näher erklärt, was Wilson da gemacht hat. Bei einem Match über beispielsweise 36 Partien stellt sich die Frage nicht mehr, dann würgt die exakte Rechnung die Maschine ab, während die Monte-Carlo-Simulation eine sehr gute Näherung auswirft.

zitiere Guido Montag:

@darth frank: Versuch doch mal, logisch zu denken.


Du verstehst offensichtlich nicht, wie Mathematiker (ich oute mich…) so ein Problem behandeln. Als Mathematiker trifft man eben gerade keine Aussage wie „Calsen gewinnt das Match mit 88% Wahrscheinlichkeit.“
Der Mathematiker macht es stattdessen so:

1. Es wird ein sogenanntes Modell gebaut. Hier ist das Modell, dass der Ausgang der einzelnen Partien zufällig ist mit Wahrscheinlichkeiten für Sieg, Niederlage und Remis. Weiterhin sollen alle Partien die gleichen Wahrscheinlichkeiten haben und statistisch unabhängig sein (im Fachsprech “unabhängig identisch verteilt“).

2. Das Modell wird parametrisiert, das heißt es werden konkrete Werte für die Wahrscheinlichkeiten festgelegt.

Die Mathematische Aussage ist dann: „UNTER DEN OBIGEN ANNAHMEN gilt …“. Und die ist IMMER richtig (Bei so einfachen Sachen verrechnet man sich nicht.)

Es ist möglich, dass das Modell die Realität nur schlecht nachbildet. Beispielsweise könnten die Wahrscheinlichkeiten von Partie zu Partie anders sein. Vielleicht lässt Anand im Verlauf des Matches mangels Kondition nach und Carlsen nicht. Oder die einzelnen Partien sind nicht statistisch unabhängig, weil der im Match Zurückliegende mehr riskieren muss und dadurch mit größerer Wahrscheinlichkeit verliert. Dann gilt auch die Aussage nicht.
Man könnte ein komplexeres Modell bauen was diese Aspekte berücksichtigt. Dazu muss man aber wieder neue Annahmen treffen die eventuell nicht die (unbekannte) Realität wiederspiegeln.

Die Parametrisierung ist der zweite (hier m.E. größere) Knackpunkt. Die Gewinnerwartung wird aus der ELO-Differenz ermittelt. Die ELO ist mathematisch ein Schätzer, und ein Schätzer kann daneben liegen. Wenn Anands ELO aus irgendwelchen Gründen 30 Punkte zu niedrig ist und Carlsens 30 Punkte zu hoch, bleiben von 95 Punkten Differenz nur 35 Punkte übrig und alles sieht ganz anders aus.

Zum logisch denken können: Ich würde wegen so einer Rechnung keine größeren Wetten platzieren, insbesondere zweifele ich nach den ersten beiden Partien an der Gewinnerwartung von 0,65 - 0,35 für Carlsen.
#10 Krennwurzn 2013-11-11 15:35
zitiere Darth Frank:
zitiere Guido Montag:
@darth frank: Versuch doch mal, logisch zu denken.

Du verstehst offensichtlich nicht...

Ich möchte Euch bitten, den Diskurs ohne persönliche Seitenhiebe zu führen - er ist ohne solche sicherlich spannender und stressfreier zu lesen ;-)

zitiere Guido Montag:
Aber warum 40000 mal würfeln, wenn ich auch 531000 exakt rechnen kann?

Das ist relativ einfach erklärt - statistische Berechnungen enthalten immer Unwägbarkeiten - das stellen Wahrscheinlichkeiten nun einmal dar - daher gibt es keine "exakte Berechnung" -> dh. die Berechnung wird ab einer Schwelle nicht mehr aussagekräftiger, weil Unwägbarkeiten nicht weggerechnet werden können.

Exakt gibt es in der Statistik (im realen Leben) einfach nicht!
#11 Guido Montag 2013-11-15 16:46
Die Welt jubelt :sad: :sad: :sad:
Wir haben einen neuen Weltmeister
#12 Krennwurzn 2013-11-15 17:25
Hoffentlich bekommen wir nun noch ein paar superspannende Partien zu sehen - kann mir nicht vorstellen, dass Anand den Verlust der WM brav nach Hause spielen möchte!
#13 Darth Frank 2013-11-15 19:34
Ich würde den alten Mann jetzt noch nicht abschreiben.

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