November 2016
Wo geht die Reise hin?
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Genug des Wartens, und Butter bei die Fische, wie man hier in Norwegen so sagt - heute abend sehen wir die Entscheidung im New Yorker WM-Match, hurra!

Nach den langen Wochen ereignisarmer Unentschieden zwischen Carlsen und Karjakin, angereichert um quälend öde Spanisch-Spezialvarianten mit frühem Damentausch (furchtbar!) und uninspirierender Colle-Aufbau-Strukturen lauern wir nun auf die vier Schnellpartien, in denen der Weltmeister, unser Weltmeister ermitttelt werden könnte. Zwölfmal Verwaltungsschach bisher, kaum einmal wurde kombiniert und wenig nur geopfert - im Fußball würde man sagen, es fehlten die Torraum-Szenen. Vielleicht wird es heute anders, und endlich wieder erleben wir verwegene Manöver an der Spitze des Weltschachs.

Hat Carlsen bisher nur gepokert? Sah er nur zur Tarnung so müde und zerknubbelt aus am Brett? Jedenfalls scheint ihn das versierte Verteidigen Karjakins irritiert zu haben, der Weltmeister kam einfach nicht durch, versuchte es letztlich mit der Brechstange und - scheiterte. Führung für Karjakin, gefolgt von einer Großchance zum Ausbau des Vorsprungs, doch hier versagten dem starken Russen die Nerven, der reizvollen Möglichkeiten waren bei knapper Zeit zu viele, und er verstolperte beinahe frei vor dem gegnerischen Tor.
So glich Carlsen in der 10.Partie glücklich aus, und mit diesem Gleichstand und in sehr ruhigem Fahrwasser schlenderte das Match der langen Partien seinem Ende zu - die letzte mit Spannung erwartete Runde war bereits nach 35 Minuten beendet, eine weitere flat boring Spanische Partie und ein weiteres Remis. Thomas Richter hat das letzte Viertel des titanischen Ringens mit einigen interessanten Details aufbereitet - es lohnt ein Blick zu unseren Freunden auf dem Schachticker.

Gut also, dass nun Schnellschach gespielt wird! Ich hoffe, Carlsen wird es machen, und Weltmeister bleiben. Der gesamte Wettkampf war zwar nicht doll, wie man in Bremen so sagt, und Carlsen hat wenig oder kaum geglänzt mit irgendeiner Form von wunderbarem, weltmeisterlichem Schach. Von der Tendenz her war er aber doch gefühlt der unternehmungslustigere Akteur, der es öfter über die vierte Reihe ins gegnerische Lager schaffte als sein Gegner Karjakin, und energischer den Versuch wagte, eine Partie für sich zu entscheiden. Das muss belohnt werden, und darum - keine Carlsen-Dämmerung, Magnus soll es machen!

Schauen wir also schnell vorbei bei den wunderbaren Jan Gustafsson und Peter Svidler auf chess24 - die erste Partie läuft bereits! (aber was ist das .... wieder Spanisch, wieder fast Remis ... uah)

GustafssonSvidler
        Best by test - bei Jan und Peter werden auch langatmige Partien
                 zu Perlen kurzweiliger Unterhaltungskunst

20:57 Uhr norddeutscher Zeit: Remis in der ersten Schnellpartie. Die WM ruht für einige Minuten, die Spieler gehen in ihre Ringecken, es folgen Massagen, Workouts, eine Tasse Kaffee, dann geht es weiter. Sehen wir gleich 1.b2-b4, wie schon von Tartakower einst in New York?

21:25 Uhr Ein weiteres Mal 1.e2-e4, e7-e5, und dieses Mal sehen wir die Italienische Eröffnung. Was würde ich mir wünschen, ein wenig mehr Asymmetrie in den Partien zu erleben - Sizilianisch gibt es doch auch, Französisch, 1 .... a7-a6, das auch ist doch ganz schön, und mindestens genauso spannend wie das alte, ehrwürdige Italienisch. Ein Hoch auf die Hypermodernen Eröffnungen!
"We have a fresh game", sagen Svidler und Gustafsson, denn immerhin muss Carlsen keine theoretisch ausgekochte Vorbereitung fürchten. Aber wer denkt an uns Zuschauer? Ein flottes Figurenopfer mal, vielleicht, irgendwo?

21:48 Uhr   Bauernopfer!

Bauernopfer

Weiß gab einen Bauern, vorübergehend nur, Jan Gustafsson wägt ab, und gleich nimmt Karjakin etwas überraschend auf b5. Nach Carlsens Dxe4 und der Antwort Dxc1, dann dem weißen Dxd5 ist es einer der raren Momente in New York, in der das Material ungleich verteilt ist - leichter Vorteil für den Weltmeister, auf dem Brett und auf der Uhr, allerdings sind alle Bauern auf einem Flügel. Was wird es werden?

22:09 Uhr Karjakin wuselt sich wieder heraus aus verschiedenen Kalamitäten und wickelt in ein Endspiel Läufer und Läufer (Carlsen) gegen Turm (Karjakin) ab. Was ist mit dem Weltmeister - verwackelt er wieder seinen Vorteil? Es scheint, er hat etwas leichtfertig verschiedene viel attraktivere Abspiele verschmäht.

"In my part of Hamburg I am considered the biggest endgame authority." (Jan Gustafsson, der sich noch nicht zu einer eindeutigen Einschätzung des Endspiels L + L vs T durchringen mag. Sehr nett - die anderen Teile Hamburgs gehen dann möglicherweise an Endspiel-Chefpapst Karsten Müller!)

22:23 Uhr  Erneut Remis - Carlsen hat die Führung auf dem Fuß, doch er verzieht. Es gibt Partien, Turniere, da wird man seine Grund-Nervosität nicht los, und selbst bei klarem Vorteil entgleitet einem immer noch die Kontrolle. So auch hier, und es ist für Carlsen nicht einfach jetzt, mit diesem vergebenen Punkt weiterzuspielen. Karjakin dagegen, das Schicksal scheint es gut mit ihm zu meinen, und das gibt ihm sicher Kraft für die kommende dritte Schnellpartie. Kurze Pause in New York, Kaffee, Kekse, E-Mails checken. Gleich geht es weiter. Dritte Partie!

keksfreunde
                            Auftanken für die nächste Runde

22:39 Uhr  Zeit fürs Bett in Westeuropa, doch darauf nimmt man in Amerika natürlich keine Rücksicht. Bleiben wir also noch ein bisschen wach, und sehen einen erneuten d3-Spanier von Karjakin - der Herausforderer hat es nicht eilig damit, mal etwas Neues in den Wettkampf einzubringen, und warum sollte er auch.

Ein Blick zu Zeit Online, und wow, Schach an oberster Stelle auf der Startseite heute Nacht!

Zeit Online

23:02 Uhr  Die Spannung kehrt zurück, wir haben - endlich, endlich - eine komplexe Stellung mit Damen auf dem Brett!  Carlsen steht leicht aktiver, hat mehr Zeit und kann über Angriffsideen gegen Karjakins König nachdenken. Karjakin hat kein Spiel und keine Figuren, die schon sinnvolle aktive Felder gefunden haben.

23:23 Uhr Bauernopfer, noch eins!

Bauernopfer2

Magnus steckt einen Bauern ins Geschäft, einmal mehr ist er der etwas mutigere Spieler. Karjakin weiterhin knapp bei Bedenkzeit, aber seine Stellung sieht noch robust aus. Hat sich Carlsen verschätzt? Jeder Fehler kann entscheidend sein, beide Spieler tanzen auf dem Drahtseil.

23:32 Uhr BIG POINT! Karjakin kann sich so schnell nicht orientieren, Carlsen dringt auf den schwarzen Feldern in seine Linien ein und presst. Keine Zeit für tiefe Antworten, Karjakin greift fehl und schnappt einen Bauern auf c7 - doch jetzt schnappt Carlsen zu, gewinnt einen Springer und die Partie. Chapeau! Das ist historisch,  die erste Führung für den Weltmeister im gesamten Wettkampf, und Norwegen stellt den Aquavit kalt!
Doch noch eine Partie steht aus, und die Ansage ist klar - Karjakin soll gewinnen, sonst ist es das für ihn, und Carlsen würde seinen Titel verteidigen. Einen Kaffee jetzt für jeden, kleine Pause, Foot Massage, und dann - Showdown am Hudson River!

 23:41 Uhr Game on - Karjakin muss gewinnen, hört auf zu klammern und eröffnet Sizilianisch.

23:56 Uhr Die letzten 30 Minuten eines dreiwöchigen Wettkampfs? Carlsen steht solide, hat keine Schwächen, mehr Minuten auf der Uhr, und kann den Herausforderer kommen lassen.

h5

00:06 Uhr   Beginn der Nachtschicht, und neue Hoffnung für Karjakin - er hat den schönen Zug h7-h5 aufs Brett gebracht!

(An dieser Stelle vielen Dank an chess24 für die Diagramme und natürlich den furiosen Live-Kommentar!)

00:24 Uhr  Das Brett so voll wie vorher, aber nur noch 4 Minuten übrig für Karjakin, gegenüber Carlsens 10 Minuten

00:37 Uhr Ein Opfer von Sergei Karjakin - Qualität für einen Bauern, aber vielleicht opfert er eher aus Verzweiflung? Carlsen scheint in Kontrolle, hat mehr Zeit, und was soll sein Gegner hier noch drohen?

00:45 Uhr

Congrats

Congratulations, Magnus Carlsen! Der Champion federt alle Tricks ab, dreht mit seiner Mehrqualität das Blatt und beendet das Match mit einem sehr eleganten und wahrlich weltmeisterlichen Weltmeister-Matt. Großartig und ehrenvoll gespielt von Sergei Karjakin, doch es hat nicht ganz gereicht - Carlsen gewinnt den Wettkampf, heute überzeugend, in den zwölf Runden vorher mit erheblicher Mühe, doch was zählt ist das Ergebnis, was sonst.

Glückwunsch also, Magnus!, enjoy and have a gorgeous party!!

 

Von Katzen und Kerzen
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Wir freuen uns sehr, heute wieder ein großes SchachWelt- Interview auszustrahlen - unser Gast ist David Höffer vom ruhmreichen Delmenhorster SK.

David hat unser letztjähriges Bundesliga-Tippspiel "Baden-Baden: Elf Titel sollt Ihr sein" für sich entschieden, in dem er den auch ganz ruhmreichen SV Werder Bremen als Team vorhersagte, das gegen Baden-Baden am meisten Brettpunkte holen würde. Und damit lag er völlig richtig, denn Werder gewann 5 : 3 gegen den Perma-Meister vom Rande des Schwarzwaldes und half dadurch entscheidend mit, die SG Solingen zum Meister zu machen. Ein historisches Ergebnis also - und David hat es geahnt, das spricht (neben vielen anderen Dingen) für ihn!

Auch Holger Hebbinghaus hatte im Tippspiel auf Werder getippt, doch aufgrund der besseren Feinwertung gewann David Höffer den Wettbewerb und damit ein persönliches Homestory- Interview mit unserem weltweiten Blog.
Leider hat es ein wenig gedauert, bis die Redaktion alles fertig ausgetüftelt hatte, und dann dauerte es noch einmal, ehe das Ganze hier eingestellt wurde - sorry, David!

Nun geht es aber los, und hier ist es:

Bundesliga-Tippspiel 2015/2016: Interview mit David Höffer

David

Der gefährliche Blitzer David in seinem natürlichen Habitat, hier beiden Norddeutschen Blitz-Einzelmeisterschaften in Barsinghausen.
David
wurde hier Vizemeister!

Hi David, vielen Dank für das Interview hier mit unserem Blog. Wie bist Du zum Schach gekommen?

Schon als kleines Kind war ich an Gesellschaftsspielen aller Art interessiert und war dann so mit dreieinhalb sehr hartnäckig darin, meinen Vater danach zu fragen, wie das Spiel da in der Ecke funktioniere. Er hat dann irgendwann nachgegeben, es mir erklärt und erste Partien mit mir gespielt. Zwei Jahre später stießen wir dann zufällig auf den örtlichen Schachverein, wo ich auch die noch fehlenden Regeln wie Patt und en passant lernte.

Erzähle uns aus Deinem (Schach-) Leben.

Als Kind und Jugendlicher war ich bis auf Ligaspiele praktisch nur im Schnell- und Blitzschach unterwegs, was man heute vielleicht auch gelegentlich noch merkt. :-) In Ostfriesland wachsen die Gelegenheiten zum Turniere spielen nicht auf den Bäumen und in den Neunzigern gab es leider ja noch kein Onlineschach. Seit dem Studium spiele ich beim Delmenhorster SK in der Oberliga (oder auch jeweils ein Jahr mal Zweite und Erste Bundesliga) und nehme dazu das ein oder andere Turnier mit. Höhepunkte des Schachjahres ist meist die Blitzsaison (Norddeutsche Einzel- und Mannschaftsmeisterschaft und wenn es da gut klappt, auch mal die Deutsche).

Wer ist – diese beliebte Frage können wir uns nicht verkneifen – Dein schachliches Vorbild?

Was die Behandlung des Damenläufers angeht Olaf Steffens, bezüglich des Kaffeehausstils Ilja Schneider und fürs Endspiel Malte Markert. In allen Belangen bleiben die Vorbilder aber unerreicht.

schneider  steffens3
Mein Damenläufer ist schon weg, doch das Kaffeehaus ist immer noch da -
       Ilja Schneider - Olaf Steffens, Bremer Blitzmeisterschaften 2012

Zweifelst Du manchmal daran, ob das Schachspielen eigentlich Sinn macht im Leben?

Spielen ist doch generell einer der Sinne des Lebens?!

Im Norden kennt man Dich als Blitzschachungeheuer. Was ist das Geheimnis Deines erfolgreichen Blitzspiels?

Wenn ich gut in Form bin: Reines ziehen ohne groß zu rechnen. Stumpfe Drohungen aufstellen und damit den Gegner beschäftigen. Und wenn ich auf Verlust stehe (was meistens irgendwann passiert), kämpfen bis zum Schluss, aber natürlich nur mit legalen Tricks. Vor kurzem habe ich gehört, dass die DBEM jetzt den Zeitmodus auf 3+2 umstellt. Das wird meine Blitzspielstärke dort gefühlt 200 Punkte kosten...

Hältst Du Bullet-Schach für moralisch einwandfrei?

Absolut. Es ist wie bei anderen Bereichen des Lebens auch: Wenn zwei Erwachsene bei einigermaßen klarem Verstand bereit sind, mal eben ne Schnelle gegeneinander zu spielen, dann spricht nichts dagegen. Verwunderlich finde ich immer, wie viele Leute sich anscheinend darauf einlassen, ohne zu wissen, was sie da tun. Jedenfalls beschweren sich nach der Partie erstaunlich viele, dass man ja nur auf Zeit gewonnen habe. Wer aber Zeit nicht als Faktor haben will, sollte lieber zum Fernschach wechseln.

Wenn Du in der näheren Zukunft mal Blitzweltmeister geworden bist (vor Vizeweltmeister Schneider), werden wir Dich dann trotzdem beim Werder Monatsblitz sehen?
(Vorausgesetzt natürlich, die Borussia hat kein Spiel an dem Donnerstag.)

Definitiv. Aber ich glaube, das wird nichts, nicht nur wegen der dortigen Bedenkzeit von 3+2 (s.o.). Und die Borussia spielt jetzt wieder dienstags oder mittwochs. :-)

Suedtribuene Pascal Philp
So viele Zuschauer bei den Dortmunder Schachtagen - davon können andere Vereine nur träumen! (Foto: Pascal Philp, danke!)

Was müssen die braven Werderaner tun, damit sie mal wieder ein Monatsblitzturnier gewinnen können, bei dem Du mitspielst?

Sich nicht immer die Punkte gegenseitig wegnehmen. Das Feld beim Werder-Monatsblitz ist oft sehr ausgeglichen, wenn sich die Werderaner jeden Monat auf einen einigen würde, der seine restlichen Partien gewinnt, hätte ich wenig Chancen. Den Neu-Werderaner Christian Richter einzusetzen, könnte auch helfen, wie sich neulich gezeigt hat. Oder Spartak Grigorian, der im Februar demonstriert hat, wie es souverän geht.

Was war Dein größter schachlicher Erfolg? Gab es ein besonders tolles Turnier, eine großartige Partie, oder so?

Ich war mal Deutscher Meister, wenn auch nur der Hochschulen. Und da der erste große Erfolg immer im Kopf bleibt, sollte auch die Schulschach-Niedersachsenmeisterschaft 1993 genannt werden. Außerdem war der Aufstieg mit dem DSK in die Schach-Bundesliga 2010 natürlich ein riesiger Erfolg – auch wenn die Saison dort weder für die Mannschaft noch für mich selbst viele Punkte einbrachte.

Wie kann man Dich am besten besiegen?

Ich selbst finde immer, dass es eigentlich ziemlich einfach sein müsste. Deswegen kann ich das genaue Rezept nicht preisgeben. Auf Zeit ziehen gilt aber jedenfalls nicht als die sicherste Methode.

Wie weit würdest Du gehen, um 100 ELO-Punkte dazuzugewinnen?

Es gibt Elo-Punkte fürs Weitgehen? Ich hole direkt mal meinen Wanderrucksack!

Warum schaffen es Katzen immer wieder ins Internet?

Viele Leute reichern ja sogar Artikel mit Katzenbildern an, die gar nichts mit Katzen zu tun haben. Zum Beispiel Artikel über Schach, ein eigentlich sehr katzenarmer Sport (wie übrigens die meisten Sportarten). Auf diese Weise schleichen sie sich immer wieder auf Samtpfoten in Bereiche des Internets, die eigentlich katzenlos bleiben könnten. Was aber oft weniger niedlich wäre.

molly 
                         Schach ist ein durchaus katzenarmer Sport -
       aber vielleicht fehlt es einfach nur an Partnern mit adäquater Spielstärke?


Du bist vor kurzem FIDE-Meister geworden (was ja ein sehr sehr schöner Titel ist ….). Wie hast Du das gemacht – gab es einen speziellen Trainingsplan?

Vielleicht war es einfach die Elo-Inflation. Oder die Varianz, denn ich stand schon seit Jahren immer um die 2240-2280, da muss es ja fast schon irgendwann mal bis auf 2300 ausschlagen. Viel geändert hatte sich im Vergleich zu vorher eigentlich nicht. Ein sehr gutes Turnier in Lüneburg reichte da schon aus.

Was hast Du für Ziele im Schach, jetzt als frischgebackener FM? Zieht es Dich jetzt noch zum IM-Titel hin?

Das wäre natürlich eine super Sache, kommt mir aber irgendwie sehr unrealistisch vor, wenn nicht die 100 Punkte fürs Weitgehen gutgeschrieben werden. Mit bisher null Normen und 95 Elo-Punkten zu wenig steht der Titel jedenfalls nicht kurz vor der Tür.

Dortmund oder Bayern?

Ich muss doch sehr bitten. Auf meiner persönlichen Beliebtheitsskala sind dies ungefähr die Extrempunkte. Na gut, es gibt Schlimmeres als Bayern. Aber nicht im Fußball!

Wen würdest Du als Sekundant in New York lieber unterstützen – Magnus Carlsen oder Sergej Karjakin?

Magnus, auch wenn ich nicht weiß, wie ich ihm weiterhelfen sollte. Aber falls er Colorado als Überraschungswaffe plant, kann er ja mal anrufen.

Was war der schönste Ort für Dich bisher, an dem Du ein Schachturnier gespielt hast?

Bad Wiessee (Berge!), Barcelona (Meer!) und Bremen (schönste Stadt der Welt!). Schach ohne Turnier habe ich aber auch noch an vielen verschiedenen Plätzen in den Walliser Alpen gespielt, mit meinem Vater auf einem kleinen Magnetbrett.

David Hffer Interview 2016
          David Höffer und sein Vater erklimmen schachspielend die Spitze!

Mit Deinem mutigen Tipp „Werder Bremen“ hast Du ja das internationale Schach-Welt-Tippspiel zur Bundesliga 2015/2016 gewonnen, knapp vor Holger Hebbinghaus.
Woher wusstest Du, dass Werder Bremen die meisten Brettpunkte gegen Baden-Baden holen würde? (sogar 5 an der Zahl!)

Als Dortmund-Fan wollte ich natürlich gern Dortmund tippen, doch die wirkten im Schach etwas zu schwach. Daher habe ich mich dann als Bremer für meine Stadt entschieden. Und Werder schießt ja gern viele Tore. Dass ich letztlich in der Feinwertung das Baden-Baden des Tippspiels, Holger Hebbinghaus, hinter mir lassen konnte, lag nur an der meiner Ansicht nach von vornherein eher als Lex Anti-Hebbinghaus anzusehenden Feinwertung (die darin bestand, möglichst nah an Baden-Baden zu wohnen).

Sollte Lister Turm Hannover in der 2.Bundesliga Nord mitspielen dürfen?

Absolut, denn sie haben sich letzte Saison souverän gegen uns im Aufstiegsmarathon der Oberliga Nordwest durchgesetzt. Außerdem haben sie eine der sympathischsten Mannschaften, die ich kenne. Gefühlt handelt es sich übrigens um den Verein, gegen dessen Spieler ich persönlich die beste Bilanz habe – jedenfalls bevor nun Ilja Schneider dorthin (zurück) wechselte.

Was ist das Geheimis des Schachklubs Ricklingen 1908?

In jüngerer Zeit wohl Dennes Abel, ein klassischer Spieler mit großem Verständnis für Strategie. Manchmal auch Taktik, wenn’s klappt (klappt aber nicht immer).

Wie sollte man reagieren, wenn der Gegner mit 1.Sb1-c3, Sg8-f6 2.g2-g4 die Partie eröffnet?

Ich habe auf jeden Fall schon fast alle denkbaren Reaktionen erlebt. Auf dem Brett empfehle ich für Experimentierfreudige entweder das etwas provokative 2...Sxg4 3.e4 Se5 4.d4 Sec6 5.d5 Se5 6.f4 Sg6 7.f5 Se5 mit Felderschwächen im weißen Lager oder das nicht viel weniger provokative 2...Sxg4 3.e4 Sf6 4.e5 Sg8 mit gutem Vertrauen in die Stabilität der Grundstellung.

Warum ist die Orang-Utan-Eröffnung 1.b2-b4 so furchtbar gefährlich?

Vermutlich wegen des darin oft so gefährlichen Damenläufers, speziell wenn der Weißspieler ein Meister desselben ist. Und weil man gelegentlich unterschätzt, dass Weiß in gute Versionen anderer Eröffnungen überleiten kann (zum Beispiel farbvertauschtes Französisch, wie ich einst am Brett feststellen musste).

David Hffer 2015
Akribische Feinarbeit auch hier: David beim Vorbereiten auf die
      Partie Steffens - Höffer im Werder Schach-Open 2015

Ein paar Grüße und lobende Worte von Dir an Deinen Verein, den traditionsreichen Delmenhorster Schachklub?

Erstmal ein großes Lob an den Fragensteller, dass – im Gegensatz zu mancher sogar offizieller Publikation – die richtige Reihenfolge des Namens eingehalten wurde. Viel zu oft hört man „Schachklub Delmenhorst“, aber es sagt doch auch niemand „SV Hamburg“ zum bekannten Fußball-Relegationsrekordmeister?!

Vor allem für die ausdauernde Jugendarbeit muss dem DSK ein großes Kompliment gemacht werden, seit vielen, vielen Jahren werden da Kinder ans Schach herangeführt und Talente weiterentwickelt, woraus mehrere IM hervorgegangen sind. Noch vor zwei Jahren spielte ich in der Oberliga mit dem gerade als Vierter von der U18-WM zurückgekehrten Dmitrij Kollars, der als Jugendlicher bei uns (und Werder) gefördert wurde.

Die Schach-Bundesliga fragt sich mitunter, was man tun könnte, um die Attraktivität der Liga zu verbessern. Siehst auch Du dort Handlungsbedarf? Und was würdest Du der Schach-Bundesliga empfehlen?

Großangelegte Tippspiele mit wirklich attraktiven Preisen wären sicherlich eine gute Sache. Was mich am Spielbetrieb in den europäischen Ligen immer etwas stört (für die Spieler aber quasi unverzichtbar ist), ist die Möglichkeit, in allen Ligen auf einmal gemeldet zu sein. Insgesamt ist das Potenzial aber einfach auch nicht so groß, denn letztlich ist die Zahl der potenziellen Zuschauer nun mal realistisch betrachtet auf die Menge der Schachspielerinnen und Schachspieler beschränkt und die haben an der Hälfte der Termine auch noch selbst etwas zu tun, weil in den unteren Ligen oft die Termine gleich liegen.

Mir persönlich würde es fürs Interesse bestimmt helfen, wenn der Meister vor der Saison nicht immer fast schon klar wäre, was letztes Jahr ja endlich mal etwas aufgebrochen wurde. Sehr blöd ist außerdem die quasi systemimmanente Wettbewerbsverzerrung, die von fast allen Vereinen betrieben wird, indem die Aufstellungen gegen gute und weniger gute Gegner sich deutlich unterscheidet. Vielleicht helfen da kleinere Kader.

Stichwort „Cheatende Pappnasen“ - welche Zukunft siehst Du noch für einen fairen Schachsport?

Wenn es in ein paar Jahren Chips gibt, die sich Menschen (auch aus nicht-schachlichen Gründen) unter die Haut implantieren lassen, weiß ich da auch nicht mehr weiter. Es hilft wohl ohnehin nur, an das Gute im Menschen zu glauben...

HSV oder Werder?

Werder. By far. Aber ihren Trikotsponsor müssen sie mal los werden.

Welches Youtube-Musikvideo dürfen wir für Dich in dieses Interview einbauen?

Dropkick Murphys – Fields of Athenry


 Ich mag immer gerne die schöne Interview-Frage „Welche Frage würdest Du gerne einmal gestellt bekommen, und was würdest Du darauf antworten?“. Darum nun für Dich, lieber David, wir sind ja hier unter uns:

Welche Frage würdest Du gerne einmal gestellt bekommen, und was würdest Du darauf antworten?

How do you feel after winning the Main Event of the World Series Of Poker?“ Die Antwort wäre vermutlich recht wenig aussagekräftig etwas wie „Great“

 

Wenn Du für ein fragwürdiges Interview ein Statement zu Katzen abgeben müsstest - was würdest Du sagen?

Miau.

 

Welche Partie von Dir sollten wir alle gern einmal sehen? (aber bitte nicht Höffer – Steffens 1:0, im Werder Open von 2016)

Da es ja hier um ein Bundesligatippspiel geht, bietet sich vielleicht meine einzige Gewinnpartie in der SBL an, gespielt in Bremen gegen Ilja Zaragatski.

 [HIER geht es zur sehenswerten Partie Kasparov Höffer vs Zaragatski - mit Dank an Kollege Thomas Richter an die freundliche technische Unterstützung!]

Hoeffer Zaragatski 

David, vielen Dank für dieses Interview!

 

Umkämpfte Krone, immer wieder
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Hui, schon ist wieder Abend, und langsam wandern die Gedanken hin zur schmucken New Yorker Markthalle, in der in diesen Tagen Magnus Carlsen und Sergei Karjakin ihren Titanen-Kampf um die Weltmeisterschaft austragen.

Gleich geht es weiter, fünf Partien sind gespielt, die Erste ein fades Remis, die Zweite ein noch zäheres Remis, doch in den dann folgenden Runden wurde es schon deutlich aufregender. Carlsen und Karjakin klappten ihre Visiere hoch, und viele Schachfans in Old Europe mussten sich die Nacht um die Ohren schlagen, um der Übertragung bis zum (jeweils unentschiedenen) Schluss zu folgen.

Auch wenn die internationale Schachwelt-Redaktion natürlich schon weiß, wie das Match ausgehen wird, wollen wir es zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht verraten und die allgemeine Hochspannung nicht verderben.
Wir verweisen daher auf ein schönes Interview, das das wunderbare Deutschlandradio am vergangenen Samstag mit GM Matthias Blübaum geführt hat - und Matthias als zweitbester deutscher Spieler (Rätsel an die Leser: hinter wem?!) schildert seine Eindrücke vom Auftaktspiel in New York und sagt ein bisschen auch den Ausgang der WM voraus. Ein Hineinhören lohnt - im Link einfach rechts unten auf das Foto klicken, dort befindet sich der kleine "Audio"-Knopf für das Interview.

bowie sichert sich den pokal
Titelverteidiger haben es nicht leicht - oft lauern im Hintergrund schon die Herausforderer!

Und sonst? Bei aller Prominenz, die sich zur Zeit im Fulton Market versammelt hat, fehlt offenbar ein ganz wesentlicher Repräsentant unseres geliebten Weltschachverbandes FIDE.
Viel hörten wir bereits von den zahllosen Reisen des FIDE-Präsidenten Kirsan Ilyumzhinov, der weit über die Grenzen Kalmykias hinaus die Welt besucht und für den Schachsport wirbt. Leider sind die USA zur Zeit offenbar nicht das Reiseziel seiner Wahl - ob es einfach an den Sanktionen liegt, mit denen ihn die Amerikaner zur Zeit belegt haben, wer weiß das schon so genau. Vielleicht passte es ja auch einfach nicht, rein zeitlich.
Als durchaus würdigen Ersatz sehen wir in New York stattdessen den schon rein optisch sehr präsidentiellen Ulrich Stock von der ZEIT - es ist traumhaft, wie er von den Spielen berichtet und die Figurenmanöver auf dem Brett in seinen Artikeln lebendig werden lässt:

"Im 18. Zug scheint der Wumms in Erfüllung zu gehen, als Karjakin seinen noch auf der Grundreihe stehenden Damenläufer abfeuert wie eine Rakete, die nach einem Flug übers ganze Brett am anderen Ende auf dem Feld h6 in die schwarze Königsstellung einschlägt. Im Nu drängt das Publikum näher an die Bildschirme. Stumpf steckt der weiße Läufer im schwarzen Grund. Er zittert noch. Wo bleibt die Explosion?"

Wumms im 18.Zug - wer braucht da noch einen echten Präsidenten?

Vielleicht klappt es ja ein anderes Mal mit einem Besuch von Ilyumzhinov. Solange gucken wir als Schachvolk einfach zusammen mit unserem Vorsitzenden via Internet zu, sowas verbindet ja auch, ganz basisdemokratisch irgendwie. Und schwupp - schon wird es wieder Zeit. Auf geht's zur 6.Runde im WM-Kampf!


                    Berge explodieren, Schuld ist der Präsident (Fehlfarben)

(Und ... na klar, morgen dann Schach-Bundesliga gucken, auch in Bremen. ELO-Bären vor Ort, und zum Anfassen. Ohne Internet ist Schach am Schönsten!)

Europas Pokale: Was vom Schachbund übrigblieb
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Vorbei die schöne Zeit! Nach sieben sehr aufregenden Mannschaftskämpfen beim Europapokal im serbischen Novi Sad sind die beiden deutschen Vertretungen aus Berlin und Bremen wohlbehalten wieder in den Norden zurückgekehrt. Welcome home, aficionados!

Da die Schachwelt-Redaktion nicht nur dem Schach, sondern auch der Förderung von (Jörg Hickls schönen) Schachreisen verpflichtet ist, wollen wir noch ein paar abschließende Worte verlieren zum großen Turnier. Denn fürwahr, es war GROß! Ein gewaltiges Feld von Großmeistern, Internationalen Meistern, FIDE-Meistern und anderen starken Recken uns Reckinnen aus aller Herren Länder, ein Tummelplatz für ELO-Elefanten und aufstrebende Talente - und beim Stichwort Talente wären wir auch schon bei Spartak Grigorian, der sich beim ECC seine erste IM-Norm verdiente.
Im Stil von (mindestens) Anatoly Karpov und Tigran Petrosian erreichte er 5 Punkte aus 7 Partien und trug damit sehr maßgeblich zum prima Ergebnis seiner Werderaner bei. Herzlichen Glückwunsch, SF Spartak!

Auch der SV Werder spielte erfolgreich auf - die Stimmung im von Kapitän Stephan Buchal geleiteten Team war bestens, und mit einem abschließenden Sieg gegen Maria Saal aus Österreich hievte man sich noch auf den sehr respektablen 14. Platz, punktgleich und nur zwei winzige Ränge hinter OR Padova, bei denen immerhin Schwergewichte wie Vachier-Lagrave, Aronian, Gelfand! und Leko! die Figuren dirigierten. Spitze!
Mehr zum Abschneiden der Werderaner berichtet Stephan Buchal auf der SVW- Homepage - hier ist der Link.

Die Berliner Schachfreunde halten sich mit Eindrücken zu den abschließenden Turnierrunden auf ihrer Homepage (noch) etwas bedeckt, doch soll man hier nicht so viel erwarten, denn jeder Bericht macht Mühe und kostet Zeit, und alle Berichterstattung ist letztlich ja freiwillig und schnödes Ehrenamt.
Berlin landete am Ende ein wenig unterhalb ihres Startlistenplatzes Nr. 33 und beendete den Wettbewerb mit einer knappen Niederlage gegen JSV Sissa und die Foreest-Brüder aus den Niederlanden. Doch immerhin - die Hauptstädter hatten gleich zu Beginn gegen ANDROID ALKALOID spielen dürfen/ müssen, den späteren Turniersieger aus Mazedonien, übervoll mit Spielstärke und Weltklassemeistern, und das ist ganz sicher unvergesslich.

BobbyFischer1960inLeipzigUlrichKohls
Toll ist es, auf die Großen zu treffen: Bobby Fischer in Leipzig, 1960 (Foto: Ulrich Kohls)

Und damit schon genug des langen Berichtens - denn wozu gibt es Links? Wir freuen uns, zum Kollegen Thomas Richter im Schachticker hinüberzuschalten, der in seinem Abschlussbericht ausführlich auf Sieger- und deutsche Teams in Novi Sad eingeht. Auch eine schöne Bildergalerie hat er noch dazugezaubert - wir sagen danke für Spirit, Flair und die Liebe zum Schach, die bei Thomas immer und immer wieder durchscheinen!

Gerne, sehr gerne würden wir an dieser Stelle auch zum Deutschen Schachbund durchstellen, dem Verband unseres Vertrauens, der auf seiner reichlich bestückten Seite von vielerlei berichtet - nur nicht vom Europapokal, und schon gar nicht von den beiden .... deutschen Mannschaften im Turnier, und dass sie überhaupt dabei waren. Schade auch!

Chessbase immerhin, Partner des DSB mit einer wunderbaren Seite für neueste Nachrichten aus aller Welt - hier finden die geneigten LeserInnen Berichte zum Tage aus Novi Sad, die Marco Baldauf (SF Berlin!) aus Serbien sendete, und ebenso eine abschließende und sehr gelungene Würdigung der deutschen Mannschaften und Einzelspieler (u. a. noch einmal zu Spartak, und Elisabeth Pähtz).

Nur, was tut sich beim Schachbund? Wir lesen von "Train the trainer" in Baden-Baden, dem neue Magnus-Film im Preview, dazu auch drei Problemschachaufgaben, aber ..... eine, bitte nur eine einzige Meldung zum ECC? Zu Novi Sad, Berlin oder Bremen? Leider nicht. Wäre es zu viel erwartet, wenn jemand über das Europaturnier berichten oder wenigstens dorthin verlinken würde auf der offiziellen Seite unseres Verbandes?

SchachbundNovember
                                                                  Der Schachbund im November

Vielleicht werde ich auf meine alten Tage wie so viele andere grummelig, bärbeißig, und mäkele nur noch herum.  Allerdings, in Österreich klappt das irgendwie besser mit den Berichten - die Schachfreunde links und rechts der Alpen wurden solide informiert zu ihren Teams in Serbien, zu Maria Saal und zu Pamhagen, das ist doch ganz sympathisch, und mit Foto noch dazu.
Auch die Verbandskollegen in der schönen Schweiz berichten vom internationalen Turnier, indes der Koninklijke Nederlandse Schaak Bond schweigt dazu ebenso wie die deutsche Seite, nur in einer anderen Sprache.
Wir sind also nicht allein, und dennoch - wäre es nicht ganz schön, würde unser DSB aus seinen Mitteln von guten 1 Million € pro Jahr etwas mehr für Öffentlichkeitsarbeit bereitstellen als die doch etwas kläglichen 15.000,-€, die zum Beispiel im Jahr 2015 verfügbar waren?

Das sind, Moment einmal, wir berechnen es kurz ....  stolze 1,5 % des gesamten Schachbund- Etats, und wie man hört, sind selbst diese Mittel im vergangenen Jahr noch einmal tüchtig gekappt worden. Mon dieu! So drängt unser Sport nach vorne?

Bei allem Ehrenamt und viel, viel gutem Engagement in der Pressestelle des DSB - ich schlage einfach mal vor, den bisherigen Betrag für Öffentlichkeitsarbeit zu verfünffachen, mindestens - dann klappt es auch besser mit einer noch würdigeren Außendarstellung für Presse, Sponsoren, Interessierte auf der DSB-eigenen Seite. Wer dafür ist, hebe jetzt die Hand. -

Vorbei und Schachgeschichte ist nun erst einmal der Europapokal, und wer es mitverfolgen konnte, nimmt viel mit von einem aufregenden, intensiven und wundervollen Weltklasse-Turnier.
In drei Tagen schon geht es weiter, am Wochenende gehen landauf, landab die Ligaspiele weiter bis hin zur Bundesliga, und jeweils abends spielt und knetet Weltmeister Magnus seinen Herausforderer Karjakin in New York. Freuen wir uns, dass so viel los ist in diesen Wochen. Goldene Schachzeiten!

ChessBase EVO 14
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15. November 2016

ChessBase EVO 14

Die Krennwurzn sitzt verunsichert und wortlos vor einer Rezension – das können Sie nicht glauben lieber Leser? Ist aber die Realität – schon einige Zeit liegen mir Betaversionen von ChessBase 14 vor und ich weiß nicht, was ich davon halten soll, also zäume ich das Pferd von hinten auf und gebe eine klare Kaufempfehlung ab!

CB14 01


Ist ChessBase 14 besser als ChessBase 13? Check! Hat es neue Funktionen? Check! Ist es das Geld wert? Check! Soll man sich ChessBase 14 kaufen – ein klares Check, denn man darf hier ruhig ein wenig egoistisch sein, denn:

die WM und Weihnachten stehen vor der Tür – gönnen Sie sich etwas für Ihr Hobby!

Ja und wo zum Henker hat die Krennwurzn dann noch ein Problem? Naja lassen wir die krennwurzischen (Pseudo?!)-Bauchschmerzen mal beiseite und werfen einen Blick auf die neuen Funktionen:

Assisted Analysis (AA)

Sicherlich DIE Innovation von ChessBase 14 und auch eine kleine Vorentscheidung wohin der Weg im ewigen Streit Analyse bzw. Übertragung mit oder ohne Engine gehen könnte: die Analyse mit Engine ohne Enginebewertung!

CB14 02

Klickt man den Turm c8 an, so färben sich alle möglichen Zugfelder in den Farben tiefrot (absoluter Blunder) über diverse Rot-, Gelb- und Grüntöne bis tiefgrün (guter Zug) ein. Die Engine zeigt eine Bewertung des möglichen Zuges ohne die bekannten Plus oder Minus x,yz oder sogar das gefürchtete 0,00 auszuwerfen. Der User bekommt zwar eine maschinelle Unterstützung, muss dann aber diese farblichen Informationen selbst in Varianten umsetzen. Ich persönlich habe das bei den Übertragungen der WM Partien getestet und war wirklich begeistert, denn man starrt nicht mehr sklavisch auf Zehntelveränderungen von Enginebewertungen, sondern versucht selbst wieder mehr zu verstehen und wird aber sofort ein wenig aufgeweckt, wenn der eigene Wunsch- oder Fragezug im tiefen Rot erscheint.

CB14 03

Wieder der Tc8, aber diesmal in Schwarz und die Farbgebung ist ein wenig blasser und hier zeigt sich auch eine kleine Schwäche des Systems, dass meiner Meinung nach noch nicht optimal auf Engine und Datenbankerkenntnisse zugreift. Der stärkste Zug Txc4 ist in der Stellung sehr hellgrün – vielleicht aus zu menschlicher Angst, es könnte ein Rechenfehler vorliegen – und der Zug Le6 ist tiefgrün. Beide Züge gewinnen, aber Txc4 ist kräftiger und auch schöner!

CB14 04

Noch nicht umgesetzt ist die Einbindung von Tablebaseinformationen, aber das ist gar nicht so schlecht, denn hier kann sich der Laie ein wenig eine Vorstellung davon machen, wie die Maschine bei der Farberstellung arbeitet. Vielleicht sollte man hier ebenso wie bei Eröffnungsstellungen die Farbe Blau für Theorie einsetzen.

Aber diese Funktion ist wirklich ein Highlight und ich denke es wird mit den schon implementierten Features wie Drohung anzeigen, etc und den zu erwartenden Weiterentwicklungen eine wirklich wertvolle Funktion für die Zukunft werden.

Video AA Matthias Wüllenweber von CB


Taktische Analyse (TA)

Mit dieser von Fritz übernommen und verbesserten Funktion kann man nun auch in ChessBase 14 eine einzelne Partie oder mehrere Partien aus einer Datenbank einer schnellen automatischen Analyse unterziehen und man bekommt für den Durchschnittsspieler sicherlich sehr brauchbare Ergebnisse und eine gute Übersicht, was in der eigenen Partie alles möglich gewesen wäre.

CB14 05

Man bekommt so einen schnellen Überblick über die Partie und das ist sicherlich auch ein praktisches Feature, wenn man schnell ein paar Analysen für die Homepage des Vereins oder eines Turniers braucht – denn so in zirka 20 Minuten je nach Leistungsstärke des eigenen Computers hat man brauchbare Ergebnisse, die man nur noch mit eigenem Senf auffetten muss – eine Arbeitserleichterung!

Video TA Matthias Wüllenweber von CB

Viele kleine Verbesserungen

Es kommt mehr Farbe ins Spiel – nein keine Angst, die FIDE hat keine zusätzliche Farbe ins Regular aufgenommen – ChessBase hat einen Weg gesucht, Partien mit vielen verästelten Kommentaren etwas übersichtlicher zu machen und die Varianten und Untervarianten in zarte Pastellfarben gehüllt.

CB14 06

Die Schnellkommentierungsleiste wurde ausgebaut und auch die Trainingsfragen wurden überarbeitet und sind nun noch besser nutzbar. Eine ChessBase eigene Konvention wurde über Bord geworfen und Speichern ersetzt nun wie in vielen Programmen üblich die aktuelle Partie ohne wie bisher ungewollt Dubletten in der Datenbank zu erzeugen. Ersetzen entfällt daher komplett und will man eine eigene Version speichern, so bleibt der übliche Weg „Speichern als …“. Ich denke eine sehr sinnvolle Änderung – manchen wird hier die vollwertige Rückgängigfunktion fehlen, aber ich vermute mal, dass dies bei Schachpartien, Varianten und Kommentaren nicht so einfach umzusetzen wäre.

CB14 07

Praktisch ist auch, dass man jetzt aus dem Programm direkt Zugriff auf seinen CB-Account hat – allerdings fehlt hier noch der Zugriff auf den Shop, aber das kann ja noch werden. Es gibt weitere – ich möchte fast sagen unzählige – kleine Verbesserungen an allen Ecken und Enden des Programms, die man nicht alle testen und erwähnen kann, da hilft nur sich das Programm selbst zu kaufen – Schleichwerbung ;-). Eine möchte ich dennoch erwähnen: man kann jetzt Suchmasken speichern und die aktuelle Stellung direkt in die Suchmaske übernehmen.

Warum meckert die Krennwurzn trotzdem?

Jetzt mal Butter bei die Fische!! ChessBase 14 ist besser als die Vorgänger, es gibt wesentliche Neuerungen und die Krennwurzn hat Bauchschmerzen und weiß nicht was sie schreiben soll??

„Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin!“ – dieses Bonmot, das es auch als Buchtitel gibt, könnte ein Teil der Antwort sein. ChessBase „EVO“ 14 ist wirklich solide und brav, aber es ist keine „sündige, teuflische Eva“ die wirklich reizt und Sehnsüchte auslöst. Eine – nein DIE – beste Datenbanksoftware für Schach, aber es fehlt mir ein wenig der Blick auf die Konkurrenz und deren Angebote und die damit verbundenen klaren Konter. Das Angebot von ChessBase ist mittlerweile so vielfältig, dass man es auch als unübersichtlich bezeichnen könnte.

Die Konkurrenz punktet nicht mit mehr oder besseren Features sondern mit Einfachheit und Übersichtlichkeit. Wenn man weiß wie, dann bekommt man bei ChessBase mehr und tiefere Informationen als anderswo, aber anderswo bekommt mag man zwar weniger Informationen erhalten, aber diese werden viel einfacher am Silbertablett serviert. Vielleicht wird die Krennwurzn alt, faul und träge, aber die verdammte Aufgabe in unserer Informationsgesellschaft ist nun mal die Informationen schnell, kompakt und übersichtlich zu liefern – auch wenn es unmöglich ist, die im Schach enthaltene Information twitterlike in 140 Zeichen zu liefern, so wünschen wir uns das Unmögliche doch … versteckt in unserem Herzen!

Konkret ansprechen möchte ich dabei beispielsweise den Teil „Übertragungen“ bei playchess.com:

CB14 08

Wenn ich auf diese Liste schaue, bekomme ich Augenkrebs, der Kopf wird glutrot, wie nach einer zu starken Prise Kren am Jausenbrot und dann setzen tiefe Depressionen ein! Ich ungeduldiger User kann nicht nach Spieler suchen (das geht sogar bei der CB-Gratisapp am Handy), die Turniere sind nach Tag, Runden und sonst noch was aufgespalten. Und wenn ich jetzt noch wissen möchte, wie es im Turnier steht? Die Partien in ChessBase speichern und dann die Turnierstatistik aufrufen geht – aber das ist jenseits aller Eleganz! Aber ich wünsche mir noch mehr: ich will nicht nur eine Tabelle, sondern eine Livetabelle – am besten eine in der ich selbst noch rumbasteln kann und was-wäre-wenn Spielchen visualisieren könnte …

Natürlich könnte man auch aktuelle Nachrichten in den Übertragungsbereich eingliedern oder schneller und einfacher zugänglich machen – die meisten Informationen sind ja schon im ChessBase System vorhanden – sie müssen nur mehr „einfach“ – das ist die große Schwierigkeit – für den User zugänglich gemacht werden!

Ja, ja – so eine „sündige, teuflische Eva“ könnte schon noch Würze in das Schachleben der Krennwurzn bringen – und die Krennwurzn könnte sich noch viel mehr vorstellen!

CB14 09


Fazit der Krennwurzn

CB14 ist eine konsequente Weiterentwicklung der Vorgängerversion mit ein paar wirklich netten Neuerungen, aber es ist „nur“ eine Evolution und keine Revolution.

Was mir neu gut gefiel:

  • Assisted Analysis (NEU) – die Neuerung!!
  • Taktische Analyse (NEU)
  • Kleine Verbesserungen und
  • wenig optische Veränderungen zur Vorversion

Was mir noch fehlt:

  • Vereinigung von ChessBase und Fritz GUI (Grafische Benutzeroberfläche)
  •  Zusammenstutzen und Vereinheitlichung des Angebotes (Jäten)
  •  Schreibweise verbessern und Spielerlexikon haben auch noch Potential
  •  individuelle Anpassungsmöglichkeiten in der Ribbon Button Leiste
  • Übersicht über alle Einstellungen, Abos, ... in einem Report (html)
  • Firmeneigenes Supportforum

Und bitte nicht vergessen: die WM und Weihnachten stehen vor der Tür – gönnen Sie sich etwas für Ihr Hobby!

CB14 01


Systemanforderungen ChessBase 14 - Herstellerangaben

Minimum:
Pentium-PC, 1 GB RAM, Windows 7, DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9 und Internetverbindung (Aktivieren des Programms, ChessBase Cloud und Updates).

Empfohlen:
PC Intel Core i5, 2.8 GHz, 8 GB RAM, Windows 10, DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit 512 MB RAM oder mehr, Windows Media Player, Adobe Flash Player (Live-Übertragung), DVD-ROM Laufwerk, Full-HD Monitor und Internetverbindung (Aktivieren des Programms, ChessBase Cloud und Updates).

Internet: Info und Shop www.chessbase.de


Kleingedrucktes (nicht lesenswert)

Lob, Geschenkkörbe, Weinflaschen und Sympathiebekundungen per Email an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Kritik, Beschwerden, Unmutsäußerungen bitte nur an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! – aber bitte nur bezüglich des Programms, nicht aber über die Krennwurzn – dafür können die nichts!

Ich lege auch eine pdf-Version zum Download bereit – wer ganz erzürnt ist, bitte ausdrucken und ganz genüsslich ganz heftig klein zerreißen und dann gemütlich hinsetzen und ein gutes Glas österreichischen Rotwein trinken!

Danksagung

An jene Leser, die es so weit geschafft haben und noch nicht eingeschlafen sind!

Und zu guter Letzt an ChessBase Hamburg für die Bereitstellung der Betaversionen und der Geduld mit der Krennwurzn!

Frank Hoppe for President!
Freigegeben in Blog

Leider wurde mein Vorschlag, den Berliner Frank Hoppe zum nächsten US-Präsidenten zu machen, jenseits des Atlantiks bisher nicht aufgegriffen - die Amerikaner werden schon sehen, was sie davon haben. So immerhin kann Frank weiterhin als Stütze des Deutschen Schachbundes agieren, und gut, das immerhin ist für uns alle eine positive Sache, wenngleich es nicht direkt der Rettung der Welt dienen mag. Aber wer weiß!

Gestern bewegten die Meister in Novi Sad wieder Figuren über das Brett, und wie schon jüngst in den USA zeigte sich nun auch in Old Europe, dass es leider nicht mehr so richtig weit her ist mit der schönen Idee der Völkerverständigung.
Zum einen ja wird beim Schachsport a) ohnehin nicht viel geredet und verständigt, und b) schützt auch die schönste Völkerverständigung offenbar nicht davor, dass einzelne Vereine ihre Gegner recht skrupellos und im Neo-Trump-Stil zu Boden werfen.

Wir hörten davon bereits im Bericht zur ersten Runde im Europapokal, und auch die nachfolgenden Paarungen 3 und 4 zeitigten hohe und ganz und gar unsolidarische Siege von St. Petersburg und AVE Novy Bor gegen das friedliebende Team von Werder Bremen. Mit am Ende doch deutlichen 4,5 : 1,5 - und 5 : 1 - Niederlagen im Gepäck machten sich die Hanseaten am Ende auf zum abendlichen Essen, doch nun gut, es waren zwei sehr starke Gegner gewesen, und einige Highlights und gute Einzelergebnisse gab es ja auch!

Die Berlin Chessfriends als zweite deutsche Gesandtschaft konnten in der dritten Runde ein mitreißendes Match für sich entscheiden und besiegten das belgische Team Eupen knapp mit 3,5 : 2,5.
Zum Einsatz kam dabei auch unerwartet der Ersatzmann Jens Ebeling, der ein spielentscheidendes Unentschieden gegen den hochfavorisierten Norbert Coenen zum Mannschaftssieg beitrug. Rainer Polzin berichtet von der Schönheit im Kampf auf der Homepage der Berliner!
Der gestrige Tag bescherte den Berlinern eine andere Hauptstadt mit "B" - im Spiel gegen Belgrad einigte man sich letztlich folgerichtig auf ein 3 : 3. Völkerverständigung, so sieht sie aus.

Wir freuen uns, heute noch einmal die internen Werder-Kommunikationskanäle ganz in der Tradition der Welt-Geheimdienste anzuzapfen und zwei Berichte von Mannschaftskapitän Stephan Buchal hier ins Netz zu stellen - Werderleaks sozusagen. Das Turnier indes geht gleich schon wieder weiter, heute mit der fünften Runde und unter anderem mit den Begegnungen:

SF Berlin - SC MPO Maria Saal   

       (wenn das mal nichts für die Krennwurzn ist!)

SV Werder Bremen - Oslo Schakselskap

Die weiteren Paarungen findet man hier  - an den vorderen Tischen weilen unter anderem der Vorjahressieger SYBERIA, dann Ashdod, Zhiguli, Mednyi Vsadnik, Ladya Kazan und als Vertreter der Arzneimittelbranche meine Freunde von ALKALOID.
Und die Amerikaner? Sie haben keinen Vertreter nach Novi Sad geschickt, und man mag das schon deuten als erstes Anzeichen von Isolationismus, ganz im Sinne des President Elect.
Hätte doch bloß Frank Hoppe die Wahl gewonnen!

****************************************

Stephan Buchal (Kapitän elect des SV Werder) berichtet nun für uns über die Runden drei und vier aus grün-weißer Sicht. Vielen Dank!

3.Runde: Gut gekämpft!

Als nächstes geht es also gegen die St. Petersburger Riesen, angeführt vom siebenmaligen Russischen Meister Peter Svidler. Die Mannschaft hat einen ELO-Schnitt über 2700 und ist damit durchschnittlich etwa 250 ELO-Punkte „schwerer“ als wir. Wir haben nichts zu verlieren, also mutig voran.

Sven Fed

Besonders mutig ist Sven, der gegen Fedoseev gleich im 7. Zug „einen Springer für ein Schach“ opfert (siehe Bild: gleich zieht Sven 7.Ld3!!?? – hat er vergessen, vorher auf f8 zu tauschen?). Einige im Team (inklusive Captain) glauben an einen Fingerfehler. Dieser Eindruck wird durch die Körperhaltung der Kontrahenten verstärkt: während Sven ins Grübeln kommt und sehr langsam weiterspielt, blitzt Fedoseev die nächsten Züge herunter und wirkt dabei selbstbewusst bis arrogant. Nach einigen Zügen wird den zahlreichen Kiebitzen bewusst, dass Sven vielleicht doch etwas (aber nicht genug?!) Kompensation für die Figur hat. Und plötzlich passiert es: Fedoseev ist sichtbar fassungslos, er ist auf einen kleinen Trick von Sven hereingefallen und hat eine glatte Figur eingestellt – einige GMs können im Vorbeigehen ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
Sven hat nichts weniger und eine Riesenstellung. Aber leider wenig Zeit. Er findet nicht den richtigen Plan, um seine Stellung entscheidend zu verstärken, Fedoseev bekommt Gegenspiel und übernimmt wieder die Initiative. In Zeitnot kann Sven die Partie nicht halten ... sehr, sehr schade!

Auch an den anderen Brettern war teilweise mehr drin: Matthias überrascht Svidler mit einer alten Hauptvariante im Franzosen und gleicht locker aus. Aber ein, zwei Ungenauigkeiten im Mittelspiel bringen dem Petersburger wieder Chancen. Zwar übersieht er in Matthias‘ Zeitnot eine Gewinnfortsetzung, aber auch so reicht es, um in ein gewonnenes Turmendspiel abzuwickeln.

Am 2. Brett ist Jan glänzend vorbereitet und bekommt eine aussichtsreiche Stellung gegen den Weltklassemann Dominguez Perez. Er knetet ihn stundenlang, aber der Kubaner ist zäh und kann das etwas schlechtere Endspiel halten.

Eine Klasse-Leistung zeigen Vlastimil Babula und Spartak Grigorian. Vlastimil muss stundenlang eine starke Initiative von Vitiugov aushalten, aber auch seine aktive Verteidigung hält stand und am Ende hat er null Probleme das Endspiel Turm gegen Turm+Springer zu remisieren.

Spartak gerät aus der Eröffnung heraus in eine strategisch schwierige Stellung gegen Maxim Rodshtein, der in dem damenlosen Mittelspiel Raumvorteil, aktive Türme und bessere Leichtfiguren hat. Ich kann mir nicht vorstellen, solch eine Stellung gegen einen beinahe 2700er zu halten. Aber Spartak ist unglaublich zäh und hält den geduldigen, stundenlangen Gewinnversuchen seines Gegners stand. Klasse!

Thorben dagegen verliert im frühen Mittelspiel einen Bauern und muss sich mit einem noch schlechteren Endspiel herumplagen. Aber sein chinesischer Gegner ist für seine außergewöhnlich gute Technik bekannt und lässt ihm keine Chance.

Naja, 3 Remis und 3 Niederlagen sind gefühlte 50% [Anmerkung der Redaktion: :-)  ]
Es hätte schlimmer kommen können gegen diese Super-Mannschaft – aber es wäre auch mehr drin gewesen!

4

Mednyi Vsadnik (RUS)

Rtg

19

SV Werder Bremen

Rtg

4½:1½

GM

Svidler, Peter

2742

-

GM

Bluebaum, Matthias

2641

1:0

GM

Dominguez Perez, Leinier

2752

-

GM

Werle, Jan

2551

½:½

GM

Vitiugov, Nikita

2718

-

GM

Babula, Vlastimil

2548

½:½

GM

Bu, Xiangzhi

2698

-

IM

Koop, Thorben

2430

1:0

GM

Rodshtein, Maxim

2696

-

Grigorian, Spartak

2280

½:½

GM

Fedoseev, Vladimir

2673

-

Charmeteau, Sven

2305

1:0

 

 

4. Runde: Schon wieder lauter 2700er …

von Stephan Buchal

Wer gehofft hatte, dass wir nach der Petersburger Prüfung jetzt einen schlagbaren Gegner bekommen würden, sah sich getäuscht. Mit tschechischen Mannschaft aus Novy Bor wartete der Fünfte der Setzliste auf uns, praktisch genauso stark wie St. Petersburg.

Beim Frühstück fragt mich Vlastimil, ob ich nicht für ihn einspringen möchte. Für ihn sei es nicht so angenehm, gegen seine alten Freunde (mit denen er 2013 den ECC gewonnen hatte) zu spielen – aber selbstverständlich würde er spielen, wenn es mir lieber wäre … ich war sehr überrascht und hin-und-hergerissen. Einerseits war ich mental ganz auf meine Rolle als „non-playing captain“ eingestellt – aber natürlich ist es äußerst reizvoll, gegen so ein starkes Team mitzuspielen. Auf der anderen Seite wäre es eine erhebliche Schwächung unserer Mannschaft – aber hatten wir überhaupt eine Chance? Also spiele ich mit!

Novi Bor tritt praktisch in Bestbesetzung gegen uns an, im ELO-Schnitt wieder über 2700. Der Kampf beginnt furios: Spartak traut sich was! Er hat gegen „fire-on-board“ Alexei Shirov die Botwinnik-Variante vorbereitet, bekanntlich ist Shirov einer der größten Kenner dieses halsbrecherischen Abspiels. Aber Spartak kennt sich auch aus, und so zaubern beide in Windeseile eine für den Laien abenteuerliche Stellung aufs Brett (Matthias‘ lakonischer Kommentar zu der Variante: „alles ausanalysiert - Remis im 40. Zug“). Spartak versucht Shirov aufs Glatteis zu führen, aber der rutscht nicht aus. Im Gegenteil, irgendwann ist Spartak unsicher und greift daneben. Shirov „opfert“ die Dame, aber behält genug Material übrig, um unseren tapferen Jungen zu besiegen. Wer nichts riskiert, lernt auch nichts. Das nächste Mal ist er dran, bestimmt!

Matthias hat wieder Schwarz, diesmal gegen die Nr. 10 der Welt. Er testet Harikrishna mit derselben Variante vom Vortag gegen Svidler – „ich will wissen, ob das gegen diese GMs hält!“. Es hält. Was für Svidler noch eine Überraschung war, Harikrishna hat sich bestimmt bestens vorbereitet. Aber Matthias gleicht wieder scheinbar mühelos aus und hat sogar Chancen auf leichten Vorteil. Wie er äußerst selbstkritisch anmerkt, unterläuft ihm im Mittelspiel ein „unglaublich dummer Fehler“, Harikrishna bekommt Angriff und lässt sich diese Chance nicht entgehen. Sehr schade, die zweite vermeidbare Niederlage gegen zwei Weltklasseleute hintereinander, aber Matthias hat einmal mehr bewiesen, dass er mit diesen Top-GMs mithalten kann!

Jan bekommt mit Weiß gegen den Carlsen-Sekundanten Wojtaszek nichts aus der Eröffnung heraus und wickelt gekonnt ins Remis ab. Sven steht mit Schwarz gegen Wang Hao immer etwas schlechter und verliert relativ chancenlos. Mir selber misslingt meine Partie gegen Sasikiran vollständig, eine drastische Weißniederlage in 29 Zügen ist die logische Folge.

Die beste Partie aus unserer Sicht gelingt Thorben („meine erste Partie gegen einen 2700er“). Gegen den Grünfeld-Experten David Navara kommt er mit Schwarz gut aus der Eröffnung, erreicht die etwas bequemere Stellung - und überspielt Navara vollständig! Kurz vor der Zeitkontrolle hat er ihn auf der Rolle, aber findet bei knapper Zeit nicht den Ausheber. Der Tscheche holt das Beste aus der Stellung heraus und kann sich gerade so ins Remis retten. Natürlich ist Thorben über die vergebene Chance enttäuscht – aber ein Schwarzremis gegen Navara ist wirklich ein glänzendes Ergebnis.

Schade, dass wir nach unserem perfekten Start zweimal hintereinander verloren haben, aber immerhin gegen richtig gute Mannschaften. Und deshalb sind wir schließlich hier!

5

AVE Novy Bor (CZE)

Rtg

19

SV Werder Bremen

Rtg

5:1

GM

Harikrishna, Pentala

2768

-

GM

Bluebaum, Matthias

2641

1:0

GM

Wojtaszek, Radoslaw

2744

-

GM

Werle, Jan

2551

½:½

GM

Navara, David

2725

-

IM

Koop, Thorben

2430

½:½

GM

Shirov, Alexei

2677

-

Grigorian, Spartak

2280

1:0

GM

Wang, Hao

2680

-

Charmeteau, Sven

2305

1:0

GM

Sasikiran, Krishnan

2654

-

FM

Buchal, Stephan

2339

1:0

 

Stephan Buchal

Homepage und Fotos beim SV Werder

Gleich geht's los!
Freigegeben in Blog

Gerne schalten wir heute wieder zum Europapokal nach Novi Sad, um einen Blick auf die Bretter vor Ort zu werfen. Immerhin sind ja zwei deutsche Mannschaften am Start, die heute gegen wahrlich internationale Gegnerschaft antreten - heute laufen wir einfach mal mit beim Spiel von Werder Bremen, und wenn auch nicht move by move, so doch ab und an mit einigen Diagrammen verziert kommentieren, so gut es eben geht.

Die Paarungen sind wie folgt:

AVE Novy Bor - SV Werder Bremen

Pentala Harikrishna - Matthias Blübaum (SVW)

Jan Werle (SVW) -  Radoslaw Wojtaszek (Novy Bor)

David Navara (Novy Bor) - Thorben Koop (SVW)

Spartak Grigorian (SVW) - Alexei Shirov (Novy Bor)

Hoa Wang/ Wang, Hao (Novy Bor) - Sven Charmeteau (SVW)

Stephan Buchal (SVW) - Krishnan Sasikiran (Novy Bor)


15:15 Uhr: Was ist passiert?

NovyBor1515

Quelle: Chess24

Und - Abbruch!

Danke fürs Zuschauen - wir beenden die Übertragung aber schon wieder!

Leider ist es parallel etwas schwierig, Bilder hochzuladen und in den Server/ auf die Seite hochzubringen, zu kommentieren und wieder neu hochzuladen, alles rein technisch zu zeitintensiv und überhaupt - man kann ja auch alles selber angucken live auf dem ECC-Server. Es ist (mir) auch nicht möglich, Partie-Diagramme von der Turnierseite herunterzuladen und hier nach und nach einzustellen. Sehr schade, aber tja, dann ist das so.
Außerdem, die Katzen wollen raus! Darum: einen schönen Nachmittag allen! :-)null

*********************

UPDATE 16:06 Uhr: Es geht doch weiter!

 

Ok, da sind wir wieder - für die Katzen ist es sowieso viel zu kalt draußen, und mit etwas Glück und den freundlichen Leuten bei chessbomb.com gibt es nun doch einen Weg, die Diagramme aktuell einzuspielen.

Darum, ein kurzer Blick auf die Partien. Wir beginnen mit Navara - Koop. Es ist alles ein wenig statisch und nicht viel los, aber auch wenn ich mich nicht auskenne, so sieht der weiße Springer auf e5 doch etwas unangenehm aus für Schwarz. Natürlich alles noch nicht schlimm, aber zusammen mit der c-Linie, die Navara schon besetzt hat, und dem dadurch etwas weichen Feld c6 fühlt sich das besser an für Weiß. Es ist so eine Stellung, die ich mit Weiß höchstens remisieren würde, und mit Schwarz verliere - aber das muss ja nichts heißen.

16:16 Uhr: Auftritt Spartak

Der deutsche U18-Meister 2015 gegen einen der größten und begeisterndsten Kombinateure der jüngeren Neuzeit - und es ist Spartak, der die Initiative ergreift und seine Figuren frisch ins schwarze Lager kegelt. Das kann nicht ganz verkehrt sein!

Doch was genau ist los? Das direkte Abzählen der Figuren ergibt einen Turm mehr für Shirov, und das ist in den Händen eines Großmeisters ja immer schon gar nicht so wenig. Spartak dagegen hat einen Bauern bis auf die siebte Reihe gedrückt, und ein paar Löcher in Shirovs Königsstellung gerissen. Doch wo sind die Figuren, die sich dort noch hineinsetzen könnten? Nach dem Tausch der dunklen Läufer jetzt ... oha, das sieht nicht ganz so gut aus für Werder, oder?

16:26 Uhr Levon Aronian 

 

Aber halt, falscher Mannschaftskampf! Wir meinten natürlich

16:26 Uhr Matthias Blübaum

Wie gut, dass wir keine Großmeister sind, und diese Stellung nicht verstehen müssen. Doch auch für Großmeister wird es schon tricky genug sein, indes, dafür dass Matthias Französich eröffnet hat, steht er nun schon sehr aktiv und hat - immer wichtig! - ein optisches Übergewicht am Damenflügel, wo seine Figuren sich tummeln und lebhaft herumschwadronieren. Es bleibt natürlich die Sorge um den Isolani auf d5, auf lange Sicht zumindest, aber die gefühlte Stellungsbewertung ist für mich noch ganz in Ordnung. Erstmal weiterspielen, und abwarten.

16:36 Uhr Nichts mehr

Chessbomb hat gerade gewarnt vor dem zu großzügigen Einsatz seiner Diagramme auf anderen Seiten:

"Terms and Conditions

The ChessBomb embedded widgets are free and ad-supported. Their use is allowed only on web pages that conform to the following requirements:

  • The page must be compliant with the Google AdSense Program Policies.
  • If Google AdSense ads are used on the same page, then there must be no more than 2 (two) AdSense for Content ad units on it (not counting the ad unit within the ChessBomb widget itself).
  • If more than one ChessBomb widget is put on the same page, the total number of Google AdSense for Content ad units must not exceed 3 (including the ad units within the ChessBomb widgets).

We will monitor and block domains which fail to observe the above requirements."

Das klingt gefährlich, ich fühle mich ertappt, und setze das darum erst einmal aus. Zeit für einen Kaffee! Sobald Google irgendwo auftaucht, oder ab heute auch Donald Trump, ziehe ich mich erst einmal zurück.

Wir kommen später wieder, mit neuen Diagrammen, falls möglich.

16:43 Uhr Kurze Werbepause!

17:03 Uhr Anhaltende Werbepause (unsere Techniker stöbern noch nach neuen Diagrammen)

17:21 Uhr Fail

Leider keine neuen Bilder vom Wettkampf und den Brettern - Chessbase zeigt mir nichts, was aber mehr an meinen Rechten liegen wird als an Chessbase, und sonst an anderer Stelle kann man den Partien folgen, aber keine Diagramme herauseisen, die hier in den Artikel gehen könnten. Leider, leider - damit müssen wir für heute enden!

Mehr und aktuelle Daten zeigt aber nach wie vor die Turnierseite. Viel Spaß beim Zuschauen!

**************

Hatte ich es schon geschrieben? Es ist schade (eigenartig, überraschend, ...), dass der Europapokal und speziell die deutschen Teilnehmer kaum erwähnt werden auf zwei großen Seiten:

- beim Deutschen Schachbund kommt der ECC nicht vor, und somit auch SF Berlin und Werder Bremen nicht auf internationaler Ebene. Das ist schade, und auch wenn mit Frank Hoppe einer der herausragenden Kämpfer für das Gute beim Schachbund wirkt - der Europapokal ist dort noch nicht angekommen. Internationales Schach? Kann man doch mal erwähnen? :-)

- Chessbase ist als Sponsor des DSB auch eher verhalten mit Informationen zum großen Turnier in Novi Sad, zumindest wenn es um ein, zwei oder auch drei Worte zu den beiden deutschen Teilnehmern geht. SF Berlin? SV Werder Bremen? Scheinen gar nicht dabei zu sein, und in den ersten drei Turnierberichten nur am Rande des Randes erwähnt. Danke, Chessbase, für diese Förderung und Anerkennung des bundesdeutschen Schachsports. Kompliment allerdings, und das ist nicht ironisch gemeint, für die Bilderauswahl - es macht Spaß, die wirklich tollen Fotos vom Turniergeschehen anzusehen, das ist sehr inspirierend.

Und wir? Wir melden uns ab, diesmal wirklich. Guten Abend allerseits!

Oso de anteojos o andino (Tremarctos ornatus), un habitante de los páramos (en el zoológico de Quito) (oder so!)
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09. November 2016

ECC: Die Bären sind los

09/11   never forget

11/09   always regret

(Fundstück im Netz zum Ausgang der US-Wahlen)

Ein guter Tag heute, um schachzuspielen und sich am Brett sitzend von den Dramen des Weltgeschehens abzulenken. Amerika hat gewählt, Novi Sad hat gelost, und wir sehen heute beim Europapokal unter anderem und aus (nord-) deutscher Sicht die folgenden feinen Paarungen:

SF Berliner Bären - Ein serbisches Team mit "O"

AVE Novy Bor - SV Werder Bremen

Die Schachfreunde Berlin treffen heute auf die lokalen Matadoren aus Belgrad. Die Mannen aus der deutschen Hauptstadt haben sich bislang sehr und sehr achtbar geschlagen und gegen ELO-schwere Vertretungen aus aller Herren Länder solide gepunktet. Omladinski Sahovski Klub Paracin ist ungefähr ähnlich stark besetzt wie die Schachfreunde, und somit ist alles möglich.

Etwas weniger möglich mag es aussehen bei der zweiten Begegnung mit Bundesliga-Beteiligung. Hier trifft Werder Bremen auf die an 12 gesetzte Tschechen von Novy Bor. In dem tschechischen Spitzenteam lauern Großmeister-Bären an allen Brettern, und die Einzelpaarungen stellen sich dar wie folgt:

Harikrishna, Pentala - Blübaum, Matthias

Wojtaszek, Radoslaw - Werle, Jan

Navara, David - Koop, Thorben

Shirov, Alexei - Grigorian, Spartak

Wang, Hao - Charmeteau, Sven

Sasikiran, Krishnan - Buchal, Stephan

 

Wagen wir eine Prognose?

Nachdem es für Bremen gestern eine Art Packung gab bei der ehrenvollen 1,5 : 4,5 Niederlage gegen St. Petersburg, werden heute die Figuren wieder neu gemischt. Sollte ich wetten, würde ich mein Geld natürlich auf Grün-Weiß setzen - Spartak an vier ist eine sichere Bank (er hat ja Weiß), und auch Stephan Buchal gegen Sasikiran, da müsste doch etwas drin sein für Werder. Damit wären es schon zwei Punkte für den SVW, und nun gut, mal sehen, was an den übrigen Brettern passiert.

Denken wir an SF Lotte - das SF steht für Sportfreunde oder sogar Schachfreunde, und im DFB-Pokal haben die Lotter kürzlich ja immerhin schon zweimal gewonnen - erst gegen Werder, und dann auch noch gegen Leverkusen. So gesehen ist alles möglich - wir gucken uns das mal an.

Los geht es um 15 Uhr, und chess24 überträgt wieder in gewohnter Qualität. Auf geht es also, mit Berlin und Bremen in die vierte Runde!

 

 

ECC: Berlin und Werder starten ins Turnier
Freigegeben in Blog

Moinmoin, aus dem fernen Serbien erreichte uns ein informeller Rundenbericht, den Werder-Kapitän Stephan Buchal für den kleinen Hausverteiler der Schachabteilung des SVW geschrieben hat. Stephan war so nett zuzustimmen, dass wir den Report hier als kleines zeitgeschichtliches Dokument auch im Blog veröffentlichen dürfen - et voilà! Danke, und Grüße nach Novi Sad!

Runde 1: Gelungener Auftakt

von Stephan Buchal, SV Werder Bremen

In der ersten Runde kam es wie üblich zum „Schweizer Massaker“: Während es bei Einzelturnieren schon mal vorkommt, dass ein top-gesetzter Spieler einen halben oder sogar vollen Zähler abgibt, ist dies bei 6er-Mannschaften fast ausgeschlossen. Wenn ein Großmeister schwächelt, können es die anderen fünf locker ausgleichen.

So geschehen auch in der 1. Runde des ECC: alle 31 Mannschaften aus der oberen Hälfte gewannen ihre Begegnungen gegen die „Underdogs“ mindestens mit 4,5 Brettpunkten. Einzige Ausnahme war die britische Mannschaft von Cheddleton, deren 3 Großmeister David Howell, Simon Williams und Tamas Fodor zusammen 1 Punkt holten und von Glück sagen konnten, dass es gegen „Ezerelio Vaivorykste“ (schon mal gehört? Liegt in Litauen)noch zu einem knappen 3,5:2,5 reichte.

Deutlich besser machten es unsere Jungs gegen die dänische Mannschaft von „Bronshoj Skakforening“. Ich war gerade dabei, meine erste ausführliche Runde durch den überfüllten Turniersaal zu drehen als Spartak mich unterwegs abfing und seinen ersten Sieg in der Championsleague vermeldete. Es war die erste Gewinnpartie im Wettbewerb überhaupt – allerdings keine besondere Glanztat, denn sein Gegner hatte vergessen, einen angegriffenen Springer wegzuziehen.

Die Partie war vorbei, also musste Spartak umgehend den Turniersaal verlassen … diese aus meiner Sicht sehr dumme „anti-cheating“-Maßnahme ist in offiziellen FIDE-Events mittlerweile gang und gäbe und war schon im „Captains Meeting“ vor der Veranstaltung heftig kritisiert worden, natürlich hauptsächlich von den Vertretern der Amateurmannschaften, die als echte Schachfans und Mannschaftsspieler natürlich lieber im Turniersaal blieben.

Der nächste volle Zähler bahnte sich frühzeitig bei Sven an. Er zeigte sich gegen die Aljechin-Verteidigung seines Gegners absolut sattelfest und wies gegen eine etwas zweifelhafte Variante klaren Vorteil nach. Er sammelte eine Qualität ein und verwertete diese sicher. Unsere Spitzenspieler hatten es mit drei erfahrenen dänischen IMs zu tun: Als erster konnte Matthias in einem komplizierten Mittelspiel seinen Gegner fast mühelos überspielen. Vlastimil konnte dagegen erst durch dynamisches Spiel in der Zeitnotphase seinen Gegner niederringen.

Da mittlerweile auch Thorben seine Partie relativ sicher gewonnen hatte, lagen wir nach 4 Stunden sauber 5:0 vorne. Leider konnte Jan den Triumph nicht komplettieren. Er hatte aus der Eröffnung heraus eine sehr gute Stellung erreicht, dann aber etwas leichtfertig einen Bauern eingesammelt, was dem Gegner eine gefährliche Initiative einbrachte. Kim Pilgaard gewann den Bauern zurück und behielt die bessere Stellung; nach der Zeitkontrolle wurde klar, dass Jan keine Chancen hatte, das entstandene Endspiel zu halten. Eine unnötige und etwas ärgerliche Niederlage, aber auch eine gute Leistung des dänischen IM.

Stephan Buchal

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Auch die Schachfreunde Berlin weilen ja im Süden und bekamen es in der ersten Runde gleich mit einem gewaltigen Gegner zu tun, ALKALOID, dem gewaltigsten Gegner (fast) überhaupt.
Ich weiß nicht genau, wofür ALKALOID steht, aber es klingt ein bisschen wie eine Mischung aus einem Star Wars Planeten und einer Firma aus dem metallisch-industriellen Komplex. Jedenfalls hat die Mannschaft einige passable Spieler in ihren Reihen - und die SF Berlin berichten auf ihrer Homepage ganz hautnah und mit Fotos von der Begegnung dieser ersten Runde. Ein Blick lohnt!

Und sonst? Heute geht es weiter, um 15 Uhr!

Turnierseite ECC

Auf geht's in Novi Sad
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Seit dem Sonntag läuft er wieder, der Europapokal der Landesmeister im Schach. Austragungsort für den European Club Cup (ECC) in diesem Jahr ist Novi Sad, und das ist in - na, na, wo? - in Serbien und relativ direkt neben Belgrad. Ein schöner Ort!

In diesen Tagen der Spaltung, Bösartigkeit und Provokation, und des amerikanischen Wahlkampfs tut es gut zu sehen, dass man auch einfach zusammensitzen kann, schweigen, und die Dinge ehrenvoll und gesittet gemeinsam an einem Tisch zu regeln weiß. Auch hier, beim Schach und beim ECC, wird immer jemand gewinnen, doch hinterher kann man sich noch die Hand geben und vielleicht anlächeln, selbst wenn man sich vorher stundenlang behakt hat. Das spricht doch für uns Schachspieler - keine bösen Fouls, keine Beschimpfungen, und niemand zündet Bengalos. Zudem gibt es Kaffee! Gut also, dass dieses schöne Spiel und dieser sehr sehr schöne Sport auch auf Vereinsebene in Europa seinen Meister ermittelt. Wir schauen nach Novi Sad!

Die aus Deutschland entsandten Teams sind in 2016 die SF Berlin und der SV Werder Bremen. Beide Teams haben vermutlich nur bedingt Titelchancen, jedoch wird die Stimmung gut sein so früh im Turnier, auch wenn die Berlin Chessfriends heute schon mit 1: 5 herbe unter die Räder kamen gegen die stark favorisierten Bären von Alkaloid - allein Rainer Polzin und Jan Lundin wussten die hohen Favoriten auszubremsen und eroberten gegen die GM Jakovenko und Kryvoruchko sehr stark zwei halbe Punkte. Chapeau!

Werder machte es heute andersherum und fuhr gegen die Südskandinavier von Bronshoj Skakforening ein rundes 5 : 1 in die Scheune. Zwar unterlag der Bremer Holländer Jan Werle, doch fünf Siege an den anderen Brettern reichten für einen glatten Sieg. Morgen wird die Kragenweite der Gegner eine andere sein - da sollen die Werderaner mal gut aufpassen! Am Brett wird dann KGSRL Gent lauern, mit einem Insider am ersten Brett, denn der Bremer (Franzose) Romain Edouard führt dort die Steine. 
(Mit Grüßen an die SF MiBu und Thomas Richter - es wird Euch vielleicht freuen nach Eurer Ermittlung der längsten Vereinsnamen, dass KGSRL Gent nun auch beim Europapokal noch einmal auftaucht. Und, liebe LeserInnen, habt Ihr neulich gut aufgepasst - wofür nochmal steht KGSRL!?)

Am Montag um 15 Uhr wird die zweite Runde eingeläutet - alle Spiele der ersten 16 Tische live und störungsfrei im Netz bei chess 24, absolut prima. Allerdings frisst das Zuschauen immer sehr viel Zeit, und eigentlich wollten wir doch rausgehen und durch die Blätter rascheln. Früher war es einfacher - Turniere wurden gespielt, die Fans hatten ihre Ruhe, und erst Wochen später erfuhren wir in den Schachmagazinen unseres Vertrauens von Partien und Ergebnissen.
War das nicht eigentlich viel entspannter? Heute muss man immer kämpfen, um nicht schon wieder im Netz klebenzubleiben und sich die Nase am Bildschirm bei einer fesselnden Partie-Übertragung plattzudrücken. Die Neugier siegt zumeist, die Lethargie und die Schwerkraft. Doch sollen wir aufpassen, denn so angenehm das Zuschauen auch ist - rausgehen und im Laub zu rascheln, das ist ja auch ganz schön!

Man kann natürlich auch rausgehen UND sich eine Schachpartie ansehen - das taten auch diese jungen Serben, als sie das Brett von zwei älteren Herren im Park belagerten. War das noch nett? Ist das schon unschön? Schach trifft auf die wahre Welt.

Das d6-Repertoire - Kompaktes Eröffnungswissen für Vereinsspieler
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Derzeit wird der internationale Schachbuchmarkt geradezu überschwemmt von qualitativ hochwertigen Eröffnungswerken. Dort werden nicht selten auf über 600 Seiten pro Buch Spielempfehlungen gegen alle möglichen Systeme von renommierten Großmeistern abgegeben. Sogar mehrbändige Repertoireempfehlungen gegen eine einzelne Eröffnungsvariante wie z.B. Sizilianisch oder Französisch sind keine Seltenheit mehr, oft überschreiten diese 1000 Seiten und mehr!


Das kann man gut oder schlecht heißen, gut für Fernschachspieler, Profis und Kontrollsüchtige, schlecht für den stinknormalen Schächer, der eigentlich nur halbwegs vernünftig aus der Eröffnung kommen will und sich dabei regelmäßig überfordert und auch erschlagen fühlt. Meiner Meinung nach gilt es leider nur allzu oft entweder in das eine oder andere Extrem zu verfallen:

Entweder Eröffnungsbücher die mehr an die Encyclopædia Britannica oder auf der anderen Seite an schnell zusammengeschusterte Broschüren erinnern. Weder das eine noch das andere helfen dem normalen Hobby und Vereinsspieler wirklich effektiv. Was er wirklich bräuchte und was ihm auch wirklich helfen würde: Ein Buch, dass ihn nicht über- und auch nicht unterfordert. Ein Buch, dass ihm verständlich macht, warum er ausgerechnet diesen Stellungstyp anstreben soll und warum er in dieser einen verflixten Stellung gerne auch die schwarzfeldrigen Läufer tauschen kann obwohl das  uf den ersten Blick wie Selbstmord aussieht. Ein Buch, dass ihm keine falschen Hoffnungen macht und ihm auch klar macht: Es gibt nicht die perfekte Eröffnung, nur eine sehr gute und vernünftige Herangehensweise an diese Problematik. Ein Buch, das Erklärungen und Informationen bietet, die sich ein Mensch auch merken und umsetzen kann.

cover d6 front 250pxGM Jörg Hickl und IM Erik Zude haben zumindest für mich alle diese Punkte mustergültig in die Tat umgesetzt. Ihr neues Buch bietet auf ca.225 Seiten ein kleines aber feines Repertoire mit Schwarz auf Basis von 1...d6 an.

Nach den Zügen 1.e4 d6 2.d4 Sf6 3.Sc3 e5 bzw. 1.d4 d6 2.Sf3 Sf6 3.c4 Sbd7 4.Sc3 e5 werden die Antoshin bzw. Altindische Verteidigung analysiert und besprochen. Daneben gibt es aber natürlich auch noch Spielempfehlungen gegen Englisch und diverse Flankeneröffnungen. Dazu werden 49 sorgfältig ausgewählte Meisterpartien ausführlich kommentiert und analysiert. Was dabei sehr positiv auffällt:

Textkommentare bilden die klare Mehrheit und Analysen gibt es nur da, wo auch unbedingt erforderlich, ansonsten wird sehr Wert auf erklären/vermitteln/verstehen gelegt.

Sehr offen und ehrlich auch die Aussage, die hier behandelten Varianten mögen zwar qualitativ nicht so hochwertig wie die Mainstreamvarianten sein, dieser kleine Nachteil wird aber aufgewogen durch das bessere Verständnis der betreffenden Stellungen. Dazu gibt es im Buch mehr als ein paar sehr gute Beispiele, wo Weiß theoretisch aus der Eröffnung heraus leichten Vorteil besitzt, dieser aber a) sehr flüchtig ist und b) Schwarz aufgrund seines besseren Stellungsverständnisses dieser Eröffnung leicht ausgleicht.

Ein umfangreiches Variantenverzeichnis und eine ebenso große Bibliographie zeigen, dass beide Autoren ihre Hausaufgaben gewissenhaft gemacht haben. Ich habe die Varianten im Buch auch stichprobenweise mit Komodo 10 geprüft und mit bereits vorhandenen Publikationen und Analysen verglichen. Hier konnte ich nirgends eine Diskrepanz feststellen.

Was mir auch noch auffiel: Beide Autoren geben an vielen Stellungen ihre eigenen Einschätzungen ab obwohl sie selber zugeben, dass die Engine manchmal eine Stellung positiver oder negativer bewertet als sie selbst. Manchmal weiß der Mensch halt noch etwas besser, worum es in dieser oder jener Stellung wirklich geht. Sehr beeindruckend und zugleich auch ein Punkt, an dem ich ins Grübeln gekommen bin: sind wir nicht alle im Laufe der letzten Jahre immer mehr unkritisch zu Engine-Gläubigen geworden die vor Ehrfurcht vor einem +0,5 erstarren? Warum haben wir es erlaubt, dass durch die elektronischen Rechenmonster unser geliebtes Schach von einem phantasievollen Spiel das oft durch märchenhaft anmutende Manöver und Opfer durchdrungen war, zu einem kalten, berechenbaren Mathematikrätsel degradiert wurde?

Wir sollten die Dinge wieder zurechtrücken, so wie es sein sollte: Engines für eine schnelle kurze Fehlerüberprüfung, alles andere macht das Schach kaputt. Aber zurück zum Buch:

Da einzige, dass ich mir vielleicht noch für zukünftige Werke wünschen würde, wäre eine Zusammenfassung, sozusagen die goldenen Regeln die man beachten muss. Ansonsten kann ich das Buch wirklich nur jedem empfehlen der vernünftig aus der Eröffnung kommen will und nicht so viel Zeit und Energie in seine Vorbereitung stecken will/kann.

Martin Rieger

224 Seiten, Softcover, ISBN 978-3-9817134-2-8, Erscheinungsdatum: Oktober 2016, Schachreisen-Verlag, Bezugsquelle: im Buchhandel oder portofrei (D) direkt beim Verlag unter www.schachreisen.eu