DSIM Krause gegen Krennwurzn
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Donnerstag, 09 Mai 2019 10:21

DSIM Krause gegen Krennwurzn

Am Rosenmontag oder Faschingsdienstag hat die Krennwurzn einen Artikel über die nun wieder geplante Einführung der Deutschen Internetmeisterschaft (DSIM) geschrieben. Nun ergab ein kurzes Email an den Präsidenten Ullrich Krause des DSB die Möglichkeit eines Streitgespräches über dieses Thema:

Krennwurzn:
Ich lese Ihnen mal was vor aus dem Jahr 2004: "Betrug im Schach" und die Disqualifikationen bei der Deutschen Internetmeisterschaft und dem ACP-Turnier sind ebenfalls Gegenstand der Betrachtung der "Kolumne" in der aktuellen Mai-Ausgabe von "Schach" (Schach 5/2004). Im April 2004 gab es zu diesem Thema auch eine Presseerklärung des DSB, aber wir sind ja nicht hier um Vergangenes aufzukochen: Meine Frage ist eine sehr einfache: warum sollte es heutzutage funktionieren, wenn es vor 15 Jahren schon nicht geklappt hat?

Krause:
Wenn Sie gestatten, würde ich zunächst gerne unsere Motivation für die Einführung der Deutschen Schach-Internetmeisterschaft (DSIM) erläutern, bevor ich auf das von Ihnen angesprochene Problem eingehe. Eines der Themen in meinem Wahlprogramm, mit dem ich 2017 angetreten bin, war Online-Schach. Dafür gibt es mehrere Gründe:

  1. Der DSB sollte Online-Schach nicht als Konkurrenz begreifen, sondern als Chance, verloren gegangene Mitglieder wieder näher an den DSB heranzuführen und neue Mitglieder für die Vereine zu gewinnen.
  2. Eine offizielle Internetmeisterschaft des DSB ist in meinen Augen längst überfällig und ich war damals sehr erstaunt, dass es dieses Turnier in unserer Turnierordnung nicht gibt.
    Ich habe mir dann erklären lassen, dass der Hauptgrund dafür die von Ihnen angesprochenen Betrugsmöglichkeiten seien, die man nicht in den Griff bekommen könne. Damit einher geht außerdem die umgekehrte Gefahr einer falschen Verdächtigung, wie ebenfalls von Ihnen dargestellt. Diese Problematik war übrigens in allen Gesprächen auch das einzige Argument gegen eine DSIM. Anders ausgedrückt: Wenn man dieses Problem in den Griff bekommt, spricht überhaupt nichts gegen ein solches Turnier, ganz im Gegenteil: Wir erhalten dadurch die Möglichkeit, Spieler zu erreichen, die noch nicht oder nicht mehr im Verein aktiv sind.
  3. Ich bin seit vielen Jahren in der IT tätig und habe deshalb im Unterschied zu vielen anderen Schachfunktionären keinerlei Berührungsängste mit dem "Neuland" Internet. 

Nun zu Ihrer etwas provokanten Frage: Ich habe mich mehrmals mit den Mitarbeitern unserer Partnerfirma für die DSIM unterhalten, und mir wurde zugesichert, dass es heutzutage ganz andere Möglichkeiten gibt als vor 15 Jahren, Betrug beim Online-Schach aufzudecken. Die Anti-Cheating Algorithmen sind heute so ausgereift und erfolgreich, dass die FIDE und zahlreiche nationale Föderationen regelmäßige Online-Turniere in ihren offiziellen Spielbetrieb integriert haben. Die Schachföderation der USA führt beispielsweise Online-Turniere durch, deren Ergebnisse die reguläre nationale Wertungszahl beeinflussen. Der entscheidende Punkt ist hier die Statistik: Wenn man nur eine einstellige Zahl von Partien betrachtet, kann man durch reines Glück ein Ergebnis erklären, das aus dem Rahmen fällt. Aber je höher die Zahl der Partien ist, desto unwahrscheinlicher wird es, dass reines Glück für eine Reihe von Gewinnpartien verantwortlich ist. Der Fokus bei dieser Betrachtung liegt übrigens nicht auf einzelnen sehr guten Züge, die man rein zufällig auch finden könnte, sondern auf der Anzahl dieser Züge und vor allem auf der Anzahl der Fehler: Schwächere Spieler machen nun einmal mehr Fehler als stärkere, d.h. die statistische Analyse legt den Schwerpunkt auf die Züge, die nicht so gut waren. Und wenn ein Spieler mit einer Wertungszahl von 1800 (um mal willkürlich eine Zahl zu nennen) in 25 aufeinanderfolgenden Partien mit geringer Bedenkzeit keinen einzigen Fehler macht, ist das sehr auffällig. Wie genau diese Analyse erfolgt (also welche Züge als relevant im Sinne der Analyse identifiziert werden), entzieht sich meiner Kenntnis, und ich gehe davon aus, dass dieses Geheimnis ähnlich gut gehütet wird wie der Google-Algorithmus. Auf jeden Fall kann man Computer-Betrüger dadurch spätestens zum Ende des Turniers mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit identifizieren.

2019DSIM 01

Neben den programmgesteuerten Möglichkeiten gibt es aber andere Maßnahmen, die die Anzahl der potentiellen Betrüger von vorneherein stark reduziert: Man muss bei der DSIM unter seinem Klarnamen antreten und wir lassen nur Spieler zu, die Mitglied in einem Schachverein sind oder über eine DWZ-Lizenz verfügen, d.h. wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Außerdem wird die Endrunde zentral gespielt, d.h. die qualifizierten Spieler versammeln sich an einem Ort (möglicherweise auch an mehreren, um die Reisekosten zu reduzieren) und spielen dort an ihrem Notebook. Idealerweise verknüpfen wir das mit einem anderen Event, um die Sichtbarkeit der DSIM zu erhöhen. Spätestens dann wird die Spreu vom Weizen getrennt, denn es wird quasi unter Aufsicht gespielt. Dadurch fliegen auch die Spieler auf, die in der Vorrunde unter falschem Namen gespielt haben bzw. sich während der Partien von einem stärkeren Spieler beraten ließen.

Krennwurzn:
Darf ich, bevor wir zu den technischen Fragen kommen, noch auf einen Widerspruch hinweisen: Sie möchten Spieler erreichen, die noch nicht in einem Verein spielen und wollen nur Spieler unter Klarnamen, die im Onlinebereich zudem eher unüblich sind, spielen lassen, die einem Verein angehören oder eine DWZ-Lizenz haben. Hört sich für mich jetzt nicht nach dem großen Fischen im Neulandteich an.

Krause:
Wir reden hier über eine Deutsche Meisterschaft, die vom Deutschen Schachbund ausgerichtet wird. Die Mitgliedschaft im Deutschen Schachbund (bzw. indirekt über einen Schachverein) ist insofern eine selbstverständliche Teilnahmevoraussetzung. Neu ist in diesem Fall die DWZ-Lizenz, die wir zeitgleich zur DSIM eingeführt haben und die einen Versuch darstellt, ehemalige Mitglieder zurückzugewinnen. Ich spiele seit meinem 13ten Lebensjahr für meinen Verein Schach und habe in all den Jahren etliche Mitglieder kommen und leider auch wieder gehen sehen. Einige wenige finden irgendwann den Weg zurück zum Vereinsschach, aber für die allermeisten gilt das nicht. Ich sehe trotzdem viele dieser ehemaligen Mitglieder regelmäßig wieder, und zwar auf einem Schachserver, entweder als Zuschauer bei einem live kommentierten Turnier oder eben mit der Hand an der Maus beim Schachspielen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die DWZ-Lizenz als günstige Möglichkeit, wieder eine offizielle DWZ zu erwerben, für diese Spieler ein erster Schritt zurück zum Vereinsschach sein kann. Wir haben die DWZ-Lizenz so konstruiert, dass niemand deswegen aus seinem Verein austreten wird, denn eine Bedingung für den Erwerb einer solchen Lizenz ist, dass die letzte Mitgliedschaft in einem Schachverein mindestens zwei Jahre zurückliegt. Die Lizenz ist außerdem im ersten Kalenderjahr kostenlos, so dass die Hürde sehr niedrig ist. Ob uns auf diese Art und Weise viele Fische ins Netz gehen, werden wir sehen.

Krennwurzn:
Und dann wäre noch, dass die Österreicher so eine Serie in den 2010-Jahren mit ähnlichen Zugangs- und Betrugsprüfungen auch starten wollten. Dies ging in die Geschichte dann als Turnierserie ohne Teilnehmer ein, weil eben auch damals die Hürden für die Teilnehmer zu hoch waren.

Krause:
Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen dieser Meisterschaft und der DSIM: Wir erheben kein Startgeld, weil uns gesagt wurde, dass das bei einem Online-Turnier nicht nur unüblich, sondern geradezu schädlich ist. Ich vermute, dass das eine Lehre ist, die man aus der von Ihnen benannten österreichischen Meisterschaft gezogen hat. Online-Spieler wollen spontan entscheiden, ob sie an einem Turnier teilnehmen oder nicht, d.h. eine vorherige Anmeldung inklusive Startgeld-Überweisung ist extrem kontraproduktiv.

Krennwurzn:
Kommen wir zum technischen Aspekt der Sache und das ist meiner Meinung nach jener, der die meisten potentiellen Teilnehmer eher abschrecken wird, wenn man sich die Diskussion in diversen Foren und unter den Schachspielern ein wenig anhört. Natürlich hat sich die Welt weitergedreht und die Algorithmen sind besser und treffsicherer geworden – aber das ist nicht nur ein Vorteil, denn viele ehrliche Spieler haben die unterschwellige Angst ungerechtfertigterweise als Betrüger „überführt“ zu werden. Und je besser die Software, desto schlechter die Chancen dann zu beweisen, dass man ein „false positive“ ist – daher verliert man auch hier potentielle Teilnehmer und zwar nicht nur jene, die sich vor Betrug fürchten, sondern um ihren guten Namen Angst haben.

Krause:
Diese Argumentation ist nicht schlüssig: Je besser die Software, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spieler zu Unrecht beschuldigt wird. Und im Falle schlechterer Software hätte man ebenso wenig die Chance, dieses Ergebnis zu widerlegen. Uns wurde versichert, dass die Algorithmen eine extrem hohe Trefferquote haben und sehr zuverlässig sind. Ich spiele seit 15 Jahren Online-Schach und habe schon sehr lange nicht mehr das Gefühl gehabt, dass ich gerade gegen einen Computer gespielt habe. Meine Freunde spielen ebenfalls aktiv im Internet und das Thema "elektronischer Betrug" spielt in unseren Gesprächen über Online-Schach keine Rolle mehr.

Krennwurzn:
Ebenso wie Sie sehe ich Cheating nicht als wirkliches Thema im Onlineschach solange es nicht um Geld und/oder Titel geht. Zahlreiche meiner Schachfreunde glauben viel öfter betrogen zu werden als dies tatsächlich der Fall sein kann. Und ebenfalls geht es bei den „false positive“ nicht um Wahrscheinlichkeiten, sondern um Ängste. Und um die DSIM zu einem Erfolg werden zu lassen, muss man gegen diese „beiderseitigen“ Ängste ankämpfen, denn beide drücken auf die Teilnehmerzahlen.

Krause:
Fragen zum Themenkomplex „Cheating“ waren wie erwähnt in allen Gesprächen zum Thema DSIM die ersten und meistens auch die einzigen, wenn es darum ging, ob die Einführung einer Internetmeisterschaft sinnvoll ist. Wir beide haben das Thema jetzt ziemlich erschöpfend behandelt und ich hoffe deshalb, dass dieses Interview von möglichst vielen Schachspielern mit einer Affinität zum Online-Schach gelesen wird!

Krennwurzn:
Aber nun wirklich zu den Betrügern und den technischen Möglichkeiten gegen diese vorzugehen. Brutalocheater – also Leute, die nur mit Engine spielen, haben heutzutage praktisch keine Chancen unentdeckt zu bleiben. Aber potentielle Betrüger müssen ja nicht ohne Intelligenz vorgehen uns so geheim sind die Algorithmen zur Cheatingerkennung nun auch wieder nicht. Außerdem arbeitet hier der Fortschritt auch wieder gegen uns und nicht für uns! Denn die Leistungsfähigkeit der Rechner ist so gestiegen, dass es locker möglich ist neben der einfachen Zugberechnung durch die Engine einen statistischen Check des Spielstiles einzubauen. Gerüchteweise hört man, dass dies auch schon an die eigenen gespielten Partien angepasst werden kann. Betrüger und Betrugserkenner arbeiten also mit dem gleichen Datengrundmaterial und damit liegen die Vorteile wohl eher bei den Betrügern – wie so oft im realen Leben.

Krause:
Noch einmal: Die Endrunde wird zentral gespielt, also unter Aufsicht. Spätestens dann sind auch die intelligenten Betrüger am Ende ihrer Weisheit angekommen. Ich glaube nicht, dass man in der Vorrunde das Risiko in Kauf nimmt, als Cheater gebrandmarkt zu werden, wenn man bei der Endrunde sowieso nicht mitspielen kann, weil man spätestens dann auffliegen würde.

Krennwurzn:
Das klingt ja logisch – aber denken Leute, die dem DSB und/oder dem Serverbetreiber aus welchen Gründen auch immer negativ gesonnen sind, immer logisch? Oder wollen die nur irgendwie stören oder zeigen, dass Störungen möglich sind?

Krause:
Wenn man immer Rücksicht auf die potentiellen Störenfriede nimmt, kann man gar keine Schachturniere mehr ausschreiben. Nach meiner Erfahrung wollen eigentlich alle Teilnehmer an einem Schachturnier in erster Linie das schönste Spiel der Welt spielen und in zweiter Linie den sportlichen Erfolg suchen – manchmal auch in umgekehrter Reihenfolge. Ich glaube deshalb nicht, dass wir ernsthafte Störungen bei der DSIM erleben werden.

2019DSIM 02

Krennwurzn:
Ein kleines Problem – eher als Abschreckung von der Teilnahme für stärkere Spieler könnte sein, dass diese fürchten in den Vorrunden intelligenten Cheatern ausgesetzt zu sein und daher schlechter abschneiden könnten – also einfache Zufallsopfer sein zu können.

Krause:
"Intelligente Cheater" sind für alle Gegner ein Problem, oder? Insofern verstehe ich die Fokussierung auf die "stärkeren" Spieler nicht. In unserem Konzept sind diverse Freiplätze für die Endrunde vorgesehen (davon übrigens einige für die DSJ), d.h. die wirklich starken Spieler brauchen nicht durch die Mühle der Vorrunden zu gehen - ähnlich wie bei den Deutschen Einzelmeisterschaften.

Krennwurzn:
Ungelöst bleibt auch das Problem, dass desto stärker die Spieler werden, desto weniger Hilfe brauchen sie von der Maschine und desto schwieriger wäre es Betrug nachzuweisen. Hätte Fabiano das Matt in 35 „gefunden“ in dem berühmten Endspiel, wäre er möglicherweise Weltmeister geworden und keine statistische Methode der Welt hätte das als Betrug erkennen können.

Krause:
Peter Svidler hat sich bei einem Live-Kommentar wie folgt zum Thema E-Doping geäußert: Er sagte sinngemäß, dass es für einen Spieler seiner Stärke vollkommen ausreichend ist, wenn man dreimal pro Partie in den kritischen Stellungen einen Computer zu Rate ziehen dürfte. Das ist nicht weiter überraschend, aber seine nächste Aussage war es schon: Die Stellungsbewertung als solche ohne Angabe von Varianten würde in den allermeisten Fällen reichen, weil der Spieler den potentiell starken Zug auch selber entdeckt, aber eben nicht sicher ist, ob ein Opfer durchschlägt, um ein Beispiel zu nennen. Der von Ihnen genannte Fall ist ganz anders gelagert: Für dieses Matt hätte es einer ganzen Reihe sehr genauer Züge bedurft, und das wäre dann vielleicht doch aufgefallen. Außerdem ist es ein Unterschied, ob man in einer Turnierpartie einen Tipp bekommt, über den man dann noch in Ruhe nachdenken kann oder ob man sich in einer Blitzpartie innerhalb von Sekunden für einen Computerzug entscheiden muss. Der einzig valide Betrugsversuch ist deshalb der mit einem Schachprogramm, das "menschliche Züge" aufweist und idealerweise noch an geeigneten Stellen unkritische Fehler einbaut wie von Ihnen oben beschrieben. Dieses Problem lösen wir wie gesagt durch die zentrale Endrunde, bei der man live Farbe bekennen muss.

Krennwurzn:
Ich möchte das Projekt DSIM ja nicht schlecht reden, aber ich denke schon, dass hier sehr, sehr viele Gefahren lauern, die nicht so einfach zu umschiffen sind. Außerdem fehlt dem Projekt auch ein wenig der Pep. Es gibt ja schon erfolgreiche Konkurrenzveranstaltungen, die das live streamen und viel mehr Aktion bieten als reines Onlineschach auf einer Plattform. Könnte es nicht sein, dass der DSB mit einer altbackenen DSIM im Teich der neuen Zeit einfach baden geht?

Krause:
Wir haben die DSIM bewusst noch nicht in der Turnierordnung verankert, weil wir uns eine einjährige Probezeit verordnen wollten. Wir werden auf Basis der Erfahrungen des ersten Jahres dann entscheiden, wie es weitergeht. Wie schon erwähnt: Eine Deutsche Schach-Internetmeisterschaft gehört zum Turniertableau meines Erachtens einfach dazu und ich würde mich deshalb sehr darüber freuen, wenn die Probezeit erfolgreich verläuft und wir danach jedes Jahr einen Deutschen Schach-Internetmeister ermitteln. Österreicher können übrigens auch gerne mitspielen, wenn sie die Teilnahmevoraussetzungen erfüllen.

Krennwurzn:
Am Ende des Interviews möchte ich noch zur Frage zurückkommen: Ist die Konzeption der DSIM nicht etwas konservativ und altbacken? Freiplätze lösen altbekannte Debatten aus, eine „analoge“ Endrunde, kein Videostream, usw. Sorry, aber ich sehe da nichts Innovatives mit dem man junge moderne Schachschichten ansprechen könnte.

Krause:
Wir wollen Schachspieler aller Altersklassen ansprechen. Zu viel Innovation kann auch abschreckend wirken – ein gutes Beispiel war das Ambiente, in dem das Kandidatenturnier im vergangenen Jahr gespielt wurde. Mir hat das sehr gut gefallen, aber ich habe auch viele Stimmen gehört, denen das Kühlhaus zu modern war. Die DSIM 2019 ist ein erster Schritt, um den manchmal etwas konservativen DSB mit dem innovativen Online-Schach zu verknüpfen. Die Idee mit dem Video-Stream nehme ich gerne mit, wenn Sie gestatten!
Alles in allem bin ich optimistisch, dass wir Ende 2019 den ersten Deutschen Internetmeister ermittelt haben und dass dieser ein Jahr später auch die Möglichkeit haben wird, seinen Titel zu verteidigen.

Krennwurzn:
Ich danke für das Gespräch und wünsche alles Gute für die Wahl 2019 und die DSIM – auch wenn ich bei beidem ein wenig Bauchschmerzen habe.

Salto nullo
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Mittwoch, 30 März 2011 11:11

Salto nullo

Böse Zungen werfen dem ÖSB oftmals gerne Untätigkeit und eine gewisse Abneigung sich modernen Gegebenheiten anzupassen vor. Das weder das eine noch das andere stimmt, kann man leicht daran erkennen, dass der ÖSB eine innovative Internetturnierserie mit Meisterschaftscharakter ins Leben gerufen hat.

Die Serie trägt den stolzen Namen „Österreichischen Meisterschaft im Internetschach“ wird im Schnell- und im Blitzschach ausgetragen und hat alles was notwendig ist: eine Internetseite, Ausschreibung Blitz, Ausschreibung Schnell, Durchführungsbestimmungen, Infos zum Serverzugang, Turnierleiter, Bankverbindung, etc...  – wirklich alles da was man sich nur wünschen kann inklusive ÖSB-Logo und Segen! Es fehlt nur eines: die Mitspieler - jedenfalls traf das auf die ersten beiden Blitzturniere und das erste Schnellschachturnier zu. Und natürlich fehlen auch Berichte über die Turniere - allerdings was soll man über Turniere ohne Teilnehmer schreiben.

s0_bericht

Im Forum des ÖSB nahm der Turnierverantwortliche dazu Stellung und konnte sich das mangelnde Interesse nicht erklären, denn man hatte doch alles so gut geplant, der Präsident und der Generalsekretär waren informiert und man reiste sogar zum Serveranbieter nach Hamburg, um vor Ort ... fast hätte ich geschrieben die Turnierräumlichkeiten zu begutachten, aber dies hätte man ja auch von Österreich mit einem PC mit Internetzugang erledigen können. Zusätzlich hat man noch einige Leute befragt und nur positive Reaktionen bekommen und so ist es vollkommen unerklärlich warum niemand tatsächlich mitgespielt hat.

Da man in Österreich bei einem Misserfolg einen Schuldigen braucht, wurde natürlich schnell einer gefunden: die Krennwurzn! Hatte die doch am 19. März mittags ein Posting zur Betrugsgefahr bei Meisterschaften und beim Spiel um Geld beim Onlineschach mit Verlinkung zur Artikelserie in der Schachwelt abgesetzt und dies muss alle potentiellenTeilnehmer blitzartig davon abgehalten haben, um 19 Uhr beim ersten Blitzturnier teilzunehmen. Eine bis dahin vollkommen unbekannte Gefahr wurde öffentlich gemacht und den österreichischen Schachfreunden muss der Schock tief in die Glieder gefahren sein – langer Rede kurzer Sinn: Schuld ist die Krennwurzn! Eindeutig und logisch total nachvollziehbar!

Komisch ist nur, dass in den Durchführungsbestimmungen vom 1. März bereits ein Passus enthalten ist, der die Verwendung von Schachsoftware untersagt und unter Strafe stellt. Außerdem soll eine Überprüfung aller Partien mit einer Betrugserkennungssoftware durchgeführt werden - vier Tage sollte diese Überprüfung maximal in Anspruch nehmen und erst dann werden die Preisgelder ausbezahlt. Warum war beim Lesen dieser Zeilen niemand geschockt, sondern erst als die Krennwurzn ...

s0_ueberpruefung

Kommen wir zu etwas Erfreulicherem: Preisgelder gibt es zu gewinnen! In den Durchführungsbestimmungen steht: Preisgelder werden in den Ausschreibungen bekannt gegeben - in den Ausschreibungen steht: es werden mindestens drei Geldpreise ausgespielt; wie hoch die sein könnten oder nach welchem Schlüssel die berechnet werden – Fehlanzeige! Gut Preisgelder sind der Krennwurzn total egal, denn die Gefahr in einen Preisgeldrang zu kommen hält sich in überschaubaren Grenzen. Aber es sollte doch Spieler geben für die Preisgelder interessant sind und bei offiziellen Meisterschaften sollten entweder fixe Preise ausgelobt werden oder aber von Teilnehmerzahlen abhängige fixe Verteilungsschlüssel angegeben werden. Dazu kann man in den Durchführungsbestimmungen nur lesen, dass das Nenngeld abzüglich Organisationskosten ausgespielt wird.

Nenngeld muss man natürlich bezahlen, das leuchtet sogar der Krennwurzn ein: 12 Euro fürs Blitz- und 15 Euro für Schnellschach. Und das für eine Turnierserie mit dem klingenden Namen  „Österreichischen Meisterschaft im Internetschach“ – da bin ich dabei! Aber halt - das Kleingedruckte soll man immer lesen!

s0_nenngeld

Das Nenngeld ist nicht für die Serie sondern für jedes einzelne Turnier, dann mal schnell den Taschenrechner zücken und rechnen: 13x Blitz + 1x Bundesland + Finale sind 180 Euro und für Schnellschach dann 225 Euro – in Summe 405 Euro Nenngeld – etwas weniger, wenn man’s nicht ins Finale schafft! Gut dafür hat man keine Extrakosten für Anreise und Unterkunft, aber möchte man nicht auch gerne Menschen treffen.

In den Durchführungsbestimmungen wird dann auch noch verlangt, dass man die Bankdaten bekannt gibt, damit mögliche Gewinne überwiesen werden können. In den Medien wird immer zu Recht gewarnt, dass man mit der Weitergabe von Bankdaten sehr vorsichtig sein sollte und es ist nicht ersichtlich, warum man dies dann für mögliche Gewinne vorab machen sollte – wo doch den meisten klar sein sollte, dass sie keine machen werden und jenen die welche machen werden die Höhe unklar ist.

Zudem muss man am Server, der von einer privaten Firma betrieben wird, zwingend seinen Namen bei den Benutzerdaten eintragen, was aber laut Serverbedingungen eine freiwillige Angelegenheit ist. Zusätzlich seine ÖSB-ID bei den persönlichen Daten eintragen. Selbstverständlich ist klar, dass man bei der „Österreichischen Meisterschaft im Internetschach“ seinen Namen glaubhaft machen muss – es sollte aber genügen, wenn man dies dem Veranstalter ÖSB gegenüber macht und aus datenschutzrechtlicher Vorsicht sollte man nicht einen Veröffentlichungszwang auf einem privaten Server vorschreiben.

s0_anmeldung

Natürlich hat man sich auch über die möglichen Teilnehmerzahlen Gedanken gemacht und der Turnierverantwortliche hat im ÖSB-Forum die Zahl von 10 Teilnehmern als Kalkulationsgrundlage angegeben. In Worten ZEHN in Zeichen ##### ##### um diese gigantische Anzahl anschaulich zu machen – und ja es geht um die „Österreichischen Meisterschaft im Internetschach“. Hoffentlich fängt da jetzt ja kein Preisgeldjäger zum Rechnen an.

s0_teilnehmer

Und all diese Planung, diese Arbeit mit Ausschreibung, Durchführungsbestimmungen, Abschätzungen von Risiken, usw. wird mit ein paar Tastendrucken einer Krennwurzn bezüglich Betrugsmöglichkeiten zunichte gemacht! Ich sage es Ihnen ehrlich: an so einer Selbstüberschätzung leidet nicht einmal die Krennwurzn! Wäre es daher doch nicht denkbar, dass man ...

NEIN! Daran darf man als gelernter Österreicher erst gar nicht denken!

Mit dem fünften Teil findet die Serie „Effektives Schachtraining“ ihr vorläufiges Ende. Schwerpunkte sind diesmal "Schach im Internet" und "Brauche ich einen Schachtrainer?".

Schach im Internet

Live-Übertragungen von Veranstaltungen
sind interessant und durchaus empfehlenswert, wenn auch zeitaufwändig und anstrengend. Die intensive Auseinandersetzung mit mehreren Partien gleichzeitig erfordert eine hohe Konzentration. Unterschiedlichste Stellungstypen erhöhen die Breite des eigenen Repertoires. Allerdings fehlt dabei der gedankliche Austausch mit einem Schachpartner.

Spielen auf einem Schachserver – Vorsicht Suchtgefahr!
Immer häufiger weichen Spieler auf dieses relativ neue Medium aus. Die Vorteile liegen auf der Hand: Spielpartner sind immer verfügbar
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und ohne die häusliche Umgebung verlassen zu müssen, können schnell ein Partien geblitzt werden. Allerdings fehlt hier die Seriosität. Verluste schmerzen nicht, nach ein paar Minuten kommt die nächste Partie – es geht um nichts! Der wichtigste Teil des Schachlernens – die Analyse findet nicht statt. Und auch das mit einer ernsthaften Turnierpartie verbundene Lampenfieber tritt nicht auf – die Konzentration ist entsprechend. Zudem sind die Umgangsformen aufgrund der möglichen Anonymität nicht immer so wie man es sich wünscht.
Besteht kein Anspruch besser zu werden, kann hier die Freizeit auch kurzweilig gestaltet werden. Allerdings überschreitet man schnell den Punkt an dem es zur Sucht wird. Vor einigen Jahren machte ich diese Selbsterfahrung – ähnlich meinem ersten Kontakt mit Computerspielen, als mich das morgendliche Zwitschern der Vögel daran erinnerte, dass auch Schlafen ein Teil des menschlichen Lebens ist. (Siehe auch Nakamura-Hickl 14:0)


Das Arbeiten am Monitor
Schach am PC erleichtert die motorische Seite des Arbeitens sehr. Es müssen keine Figuren aufgebaut werden, und der User kann sich schnell durch eine Partie klicken. Leider oftmals viel zu schnell, was dem Lernen wenig zuträglich ist! Zudem findet unser Kampf um DWZ-Punkte auf einem dreidimensionalen Turnierbrett statt. Es entsteht eine Prägung, unsere Leistung ist wesentlich höher als an einem Bildschirm. Für das Schachlernen sollte der Computer nur als Datenlieferant dienen und die Stellung auf dem Brett aufgebaut werden.


Brauche ich einen Schachtrainer?
Eine Frage die jeder, in Abhängigkeit von den eigenen Zielen, individuell für sich beantworten muss. Lernen bedeutet nicht nur Spaß sondern artet zuweilen auch in Arbeit aus. Eine Anleitung kann dabei sehr hilfreich sein!
Doch was bei Golf, Tennis und anderen Sportarten längst Standard ist, führt im Schach ein Dornröschendasein: Die Zusammenarbeit mit einem Trainer. Dabei kann eine gute Beratung schnell zu deutlichen Fortschritten führen. Aufgrund erheblicher Kosten (mit ein paar Stunden ist es leider nicht getan) bleibt jedoch für Anfänger zumeist nur der autodidaktische Weg. Ab einer Spielstärke von ca. 1400 DWZ sind ausreichende Grundkenntnisse vorhanden, um Einzeltraining zielgerichtet zu gestalten.
Die erste Anlaufstelle sollte der lokale Schachverein sein. Ein florierendes Vereinsleben eröffnet die Möglichkeit, sich mit Anderen auszutauschen und Meinungen Spielstärkerer einzuholen.
Vielleicht finden Sie dort einen netten Spielpartner, der Ihnen weiterhilft. Vereinzelt bieten engagierte Vereine kostengünstiges Gruppentraining an. Fragen Sie unbedingt nach!
Stellt die materielle Seite keine Beschränkung dar, ist eine frühzeitige Zusammenarbeit mit einem Trainer ratsam - sie hilft das Einschleifen grober Fehler zu vermeiden. Fortgeschrittene Spieler pendeln sich nach jahrelanger Aktivität vielfach in einem engen Wertungsbereich ein. Diese DWZ-Wand einzureißen ist ohne fremde Hilfe kaum mehr möglich.

Anforderungen an den Trainer
Fachkundige Unterstützung kann den schachlichen Fortschritt erheblich erleichtern, von Beginn an das Entstehen grober Verständnisfehler verhindern, bei der Auswahl der richtigen Lektüre behilflich sein und vieles mehr.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten ist für eine Akzeptanz bei dem Schüler eine wesentlich höhere Spielstärke des Trainers Grundvoraussetzung, was aber wiederum mit anderen Schwierigkeiten verbunden sein kann. Reichen die didaktischen Fähigkeiten um die Probleme des deutlich schwächeren Spielers verstehen können? Klären Sie dies in einem persönlichen Gespräch. Dabei werden Sie schnell feststellen ob die Chemie stimmt – ein wesentlicher Faktor für ein erfolgreiches Zusammenarbeiten.
Für Schachtraining bieten sich zwei Formen an. Die klassische des Einzeltrainings erfolgt am Schachbrett, setzt aber einen Trainer in unmittelbarer Umgebung voraus, um die Reisekosten gering zu halten. Da häufig kein entsprechend qualifizierter Spieler zur Verfügung steht, hat sich mit Aufkommen der neuen Medien auch das Training via Internet etabliert. Kommuniziert wird sinnvollerweise gleichzeitig mit Telefon und Serverschachbrett. Abzuraten ist von Angeboten über einen Chat-Client (via Tastatur) abzuraten. Die Interaktivität ist hierbei nur begrenzt gegeben.
Beachten Sie immer, dass selbst der beste Schachtrainer Ihnen die Arbeit nicht abnimmt und die unabdingbare Nachbearbeitung ebenfalls zeitliche Ressourcen in Anspruch nimmt.

Was kostet das und an wen kann ich mich wenden?
Grundsätzlich sollte Einzeltraining auf eine längere Laufzeit ausgerichtet sein. Der Erfolg stellt sich oftmals erst deutlich zeitverzögert ein. Im Gegensatz zu einem Sprinter, der nach einigen Wochen messbar schneller läuft, ist eine DWZ-Steigerung nicht umgehend nachweisbar.
Die Preise einer 60–minütigen Einheit variieren erheblich. Je nach Spielstärke, Erfahrung und Reputation ist zwischen 20 und 75 € alles zu finden.
Informationen zu Schachtrainern erhalten Sie in unserer Rubrik Schachtraining oder bei der Geschäftsstelle des Deutschen Schachbundes, www.schachbund.de, Tel. 030/3000780 oder mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Und für alles gilt: Ohne Wiederholung geht es nicht!

„I liked this book by Capablanca, Chess Fundamentals. I still do. I read it still. Some of the examples he gives I can still recognize. I built my career on them.“
V. Anand in einem Interview für Outlook Business, Indien, Dezember 08.

Wir lernen nicht für den Augenblick oder eine Prüfung in der nächsten Woche. Es kann Jahre dauern, bis die im Training behandelte Situation auf dem Brett auftaucht. Dementsprechend muss die Information verinnerlicht werden. Ohne Wiederholung geht das nicht! Zuviel neuer Input führt zur Überlastung und ist für den Lernenden von Nachteil. Es empfiehlt sich, durchgearbeitete Schachbücher nach einiger Zeit wieder zur Hand zu nehmen. Können Sie dann Diagramme und Inhalte wieder ins Gedächtnis rufen, zeigt sich der Erfolg der Arbeit - das Buch kann nach wenigen Stunden wieder zur Seite gelegt werden. Sind die Konstellationen jedoch neu, war die erste Beschäftigung mit dem Werk anscheinend nicht intensiv genug. Immerhin führt es zu lebenslanger Freude an dem immer wieder neuen Buch - kostengünstig, aber in Bezug auf Trainingserfolg etwas unbefriedigend.

Bisher erschienen:

Effektives Schachtraining (1)

Effektives Schachtraining (2)  Schach in der Theorie

Effektives Schachtraining (3) - Schach in der Praxis

Effektives Schachtraining (4) - Tipps für eine höhere DWZ