So sehen Meister aus - Carl Carls vor dem entscheidenden Zug
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Dienstag, 07 März 2017 15:39

140 Jahre Bremer SG

Hoppla, die Bremer SG rockt das deutsche Vereinsschach - heute auf den Tag genau vor 140 Jahren gründeten Honoratioren in der Hansestadt die ehrwürdige, traditionsreiche, charmante und mit dem heutigen Tage auch ganz offiziell hochbetagte Bremer Schachgesellschaft. Wir gratulieren! und freuen uns auf die nächsten 140 Jahre.

140 Jahre - nur die wenigsten von uns werden auf eine solch lange Zeitspanne zurückblicken können. Werder Bremen zum Beispiel, die Fußballer schickten sich erst 1899 und damit 22 Jahre später als die Schachfreunde an, einen Fußballverein zu gründen in der Pauliner Marsch. Und die grün-weiße Schachabteilung erblickte rund fünfzig Jahre später das Licht der Welt - da feierte die BSG schon bald ihren 80. Geburtsstag!
Doch schauen wir einmal genauer hin - vor 140 Jahren war Bismarck Kanzler, Wilhelm Kaiser, Preußen hatte sich gerade ganz Deutschland einverleibt und auch Bayern.
Die Sommer waren wahrscheinlich auch damals schon verregnet, und einen richtigen amtlichen Weltmeister gab es noch nicht, erst ein paar Jahre später sollte die FIDE - nein, die gab es damals auch noch nicht - also, erst ein paar Jahre später sollte sich Wilhelm Steinitz den ersten Titel erkämpfen. Die BSG hat seitdem viele weitere Weltmeister gesehen, doch auch zwei furchtbare Kriege und eine grausame Diktatur. Sie war dabei, wie die Schachuhr eingeführt wurde, die Ligawettbewerbe entstanden im Nordwesten und der Welt, und sie schaffte es Anfang der 2000er Jahre unter Führung von Manfred Breutigam und Alexander Belilovsky auch sehr ehrenvoll in die Schach-Bundesliga, wo sie sogar Werder Bremen im Lokalderby besiegen konnte - was war die Freude groß! Auch ich war einige sehr schöne Jahre mit im Verein, von 1999 bis 2007, ehe ich zu Werder wechselte, eine Straßenecke weiter sozusagen, in Bremen ist das ja alles nicht so weitläufig.

bremen ratskeller um 1900
Der Bremer Ratskeller um 1900 - das wäre doch mal ein schönes Vereinsheim gewesen

In den langen 140 Jahren ihres Bestehens hatte die BSG Besuch von Emanuel Lasker, Mischa Tal, Anatoli Karpov (!) und vielen anderen Größen des Weltschachs, die sich zum Simultan einfanden oder zu mancherlei Beratungspartie. Über Jahre hinweg dokumentierte Pastor Hanno Keller in akribischer Feinarbeit all diese Ereignisse - leider verstarb Hanno im vergangenen Jahr, und so ist es nunmehr Andreas Calic, ein Kenner der Hansestadt und der hiesigen Schachszene, der das Archiv des Vereins weiterführt (ebenso wie die Webseite). Andreas ist zudem eine Art Chronist des aus Bremen stammenden Carl Carls und hat darüber auch im kulturellen Schachmagazin KARL veröffentlicht - bei Fragen wende man sich gerne an ihn!
Und erwähnten wir es schon? Die Vereinsräume waren mit aller Wahrscheinlichkeit auch der Geburtsort der Englischen Eröffnung, oder zumindest der von Carl Carls ausdauernd und gegen alle schachgesellschaftlichen Widerstände gespielten Bremer Partie 1.c2-c4.

Hübsch gelegen gleich neben dem Weserstadion trifft sich der Verein jeden Montag in den Weserterrassen und richtet in bunter Runde ihre Vereinsabende aus. Es ist ordentlich Rummel dort, wie ich bei diversen Pokalpleiten Pokalspielen und schönen Blitzrunden miterleben konnte - ein lebendiger und inspirierter Verein, wenngleich leider auch hier ein wenig die Jugendlichen nicht so richtig "nachkommen". Schade! Aber die BSG wäre nicht die BSG, würde sie dies nicht auch noch irgendwie hinbekommen, und weiter engagiert im Schulschach, Jugendschach und allein durch ihre Existenz neue und auch junge Mitglieder anlocken. Es sei ihr von Herzen gegönnt!

(Bleiben Sie dran und lesen Sie auch den zweiten Teil über die Bremer Schachgesellschaft - in 140 Jahren ist es soweit!)

 

 

Schach geht auch gut auf Holzfußboden
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Schach ist nicht nur Kultur, Sport, Mathematik, Nervenkitzel und Zeitvertreib zugleich. Nein, es bietet auch wunderbare Anlässe, in die Welt hinauszureisen und an allerlei schönen Orten mit anderen Menschen die Schachfiguren aufzustellen.
Wer von uns wäre zum Beispiel noch nicht in Österreich gewesen, der hügeligen Heimat der Krennwurzn, um dort eine Partie zu spielen und dann in die Straußenwirtschaft weiterzuziehen? Oder hätte eine Turnierpartie genossen in besonderem Ambiente – auf einer Burg, auf einem Berg, auf einem Boot?

Die Freude über das Reisen und über interessante Spielorte teilen wir, egal wie gut wir spielen. Dafür müssen wir keine Großmeister sein. Und an viele Orte werden wir uns gerne erinnern – in den langen Jahren unserer Schach-Karriere sind wir ja möglicherweise viel herumgekommen. Vielleicht haben wir es nicht alle gleich bis nach Moskau geschafft, um wie Niklas Huschenbeth beim Aeroflot-Open mitzuspielen. Auch werden die wenigsten von uns auf Island in einem Geysir gesessen haben, mit einem Schachbrett und/oder einer schönen Frau im Arm (aber schön wäre es gewesen!).

Ich liebte ein Mädchen in Polen
Die hat mir die Unschuld gestohlen
Ich liebte ein Mädchen in der Sowjetunion
Die sagte immer njet mein Sohn
Ich liebte ein Mädchen in Ägypten
So lang bis die Pyramiden wippten
Ich liebte ein Mädchen in Luxemburg
Die liebte Ingo Insterburg

(Insterburg & Co)

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Bannerschachreisen300Der geschätzte Schach-Welt-Leser Tom Cody hat beim Artikel „Kölnisch Open“ treffend angemerkt: „Schachreisen nutzen, um neue Orte und interessante Menschen kennenzulernen: Dieser schöne Aspekt ist vielen Spielern leider abhanden gekommen …“.

Wir wollen daraufhin den Blick noch einmal näher auf die Schach-Reise und den Spielort richten. Denn auch der Ort ist von Bedeutung - man will ja nicht nur schachspielen! Manchmal fährt man sogar lieber zu dem Turnier mit dem schöneren Spielort als dorthin, wo das Teilnehmerfeld stärker ist.

Was aber sind Kriterien, die eine Spielstätte zu so einem besonderen Ort machen würden? Da könnte man zum Beispiel nennen:

- schönes Ambiente, schöne Sitzmöbel, schöne Bedienung (falls Café oder Hotel).

- schöner Blick hinaus auf hohe Berge, auf den Rhein, auf die Autobahn A7.

- ungewöhnliche Location, irgendwie inspirierend. Vielleicht ein Ort, in den man normalerweise nicht hineinkommen würde, der aber für dieses Turnier geöffnet wurde?

- oder irgendwelche anderen Kriterien. Was weiß denn ich? It´s a free country.

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Auch bei mir kommen nun schon einige Jahre am Schachbrett zusammen. Darum jetzt hier in Echtzeit ein Blick auf ganz persönliche ….

Tolle Orte für Turnierpartien

Nicht alle Schachpartien/-turniere werden in Gemeindezentren, Gasthäusern, Hinterzimmern, Bahnhofskneipen, Turnhallen oder Schulen ausgetragen. Auch wenn diese Spielorte völlig tadellos und in Ordnung sind – den besonderen Charme und die Pracht verbreiten eher andere Örtlichkeiten:

- Der Große Saal im Rathaus in Völklingen (mit Blick auf ein gewaltiges, wenngleich kriegerisches Wandgemälde beim Völklinger Open 2003)

- die Weserterrassen in Bremen (Spielort der Bremer Schachgesellschaft, jeden Montag! – mit einem tollen Blick auf die Weser, die dort mal nach Westen und mal nach Osten durchs Flußbett fließt. Sowas gibt´s!)

- das Bootshaus des Ruder-Club Favorite Hammonia (direkt an der Binnenalster in Hamburch! – leider hat sich die zwischenzeitlich sehr erfolgreiche Schachabteilung des Ruderclubs 2002 wieder aufgelöst)

- die Festung Ehrenbreitstein beim Koblenz Open 1991 - ok, ich weiß, schon lange her!

- das Straßenbahnmuseum Köln-Thielenbruch (Kölner Open 2011)

- der Gasthof Zur Treene in Schwabstedt/ Nordfriesland (sehr sehr urig – dort wurden unter anderem einige Landesmeisterschaften von Schleswig-Holstein ausgetragen)

- das alte Casino in Travemünde, fast direkt an der Lübecker Bucht gelegen (mittlerweile findet das Open aber ein paar Meter weiter im Binnenland statt)

- das Kurhaus in Bad Zwischenahn, ein schöner Saal mit Blick auf das Zwischenahner Meer (ist aber in Wahrheit ein See!).  Hier findet in jedem Jahr der Nord-West-Cup statt. Aber Vorsicht einmal mehr vor der Niedersächsischen Schachjugend, die hier in Scharen angemeldet wird.


Andere besondere Orte der Schachgeschichte

- eine kleine Raumkapsel der Russen, die von dort aus eine Partie Schach gegen das Kontrollzentrum auf der Erde spielten (wann genau? – konnte ich leider nicht herausfinden)

- ein Ozeandampfer auf dem Weg von Buenos Aires nach New York, in dem einige Amateure gegen Weltmeister Czentovic um Geld spielen – in der Schachnovelle von Stefan Zweig.

- der 107.Stock des World Trade Center (WM-Kampf 1995 zwischen Kasparov und Anand)

- der Marshall Chess Club in Manhattan, von dem aus Bobby Fischer seine Partien auf dem Havana Open 1965 spielte – per Telex! (Fischer durfte wegen eines US-Embargos gegen Kuba nicht persönlich anreisen.)

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Schach-Welt, der Blog für alles, wofür sonst kein Platz ist, fragt zu dieser Thematik heute mal ganz offiziell bei der verehrten Leserschaft an:

Was sind/ was waren für Sie/ für Euch die nettesten Orte zum Schachspielen?


(Und, nein!, damit sind nicht die Toiletten gemeint – auch wenn es immer wieder Leute gibt, die versuchen, von dort aus ihre Partien zu gewinnen.)

Wir suchen die schönsten Orte in der Kategorie Turnierpartie. Unter allen Kommentaren verlosen wir schöne Preise (Che Falquito, aufgepasst!):

1) Der Sieger kann (wieder einmal) eine Partie einschicken, die wir hier im Blog von einem Titelträger auf Deutsch oder Ungarisch kommentiert veröffentlichen (mal sehen, wen wir dafür rankriegen können!)

2) Eine CD „Tom Jones – Millenium Collection“ (smashing!)

3) Ein Jahr Reisebegleitung von Kirsan Iljumschinow (genaue Reiseziele werden gerade verhandelt. Vielleicht fällt dieser Preis aber auch aus!)


Also, dann mal los. Viel Spaß – wir freuen uns und sind neugierig auf die Einsendungen!