Ausschreiben auf österreichisch

Werner Was-springt-für-mich-raus Stubenvoll Werner Was-springt-für-mich-raus Stubenvoll Walter Kastner

34mal hat das Oberwarter Open stattgefunden. Es gibt nicht viele Opens, die auf eine so lange Tradition zurückblicken. Eine 35. Auflage wird es in dem Ort, der durch eine der meistverkauften Liveaufnahmen Popgeschichte schrieb, wohl nicht geben. Sonst hätten sich die Veranstalter Werner Stubenvoll und Siegfried Posch nicht einen solchen Schmäh bei der Preisgeldausgabe oder vielmehr Preisgeldeinbehaltung erlaubt und damit den Ruf der Veranstaltung ruiniert und den des burgenländischen Städtchens befleckt. Was soll man sagen: Live is life? Oder doch Nanananana?

 

"Doppelpreise sind nicht möglich, es wird der höhere Preis ausbezahlt", heißt es in der Ausschreibung. Üblich ist dann, und so war es auch in Oberwart in der Vergangenheit, dass der niedriger dotierte Preis an den Nächstgereihten geht. Stubenvoll und Posch haben den jeweils niedrigeren Preis einfach einbehalten. Am Beispiel des Turniersiegers erklärt: Peter Schreiner kassierte 1233 Euro als Wertungserster, die für den besten Österreicher ausgelobten 800 Euro verfielen (Schlusstabelle). Insgesamt behielt das bauernschlaue Duo so mehr als 2000 Euro von den ausgelobten Geldern ein. Sonst hätten sie an der Veranstaltung nämlich nicht gut genug verdient. Dass sich irgendeiner der Zukurzgekommenen sein Geld auf juristischem Weg holt, oder gar alle zusammentun, ist nicht bekannt und wäre wohl in der auf dem ÖSB-Forum geführten Diskussion aufgeschienen.

 

Stattdessen haben sich einige erst einmal hilfesuchend an den Österreichischen Schachbund gewandt. Immerhin ist Stubenvoll Vorsitzender von dessen Technischer Kommission, also oberster Regelhüter im österreichischen Schach, und seine Auslegung von Ausschreibungen die einzig gültige, wie ich aus eigener Erfahrung weiß*. Doch der ÖSB erklärte sich für nichtzuständig, weil das Turnier eine Privatveranstaltung gewesen sei. Wenn Ausschreibungen österreichischer Opens künftig nach Oberwarter Weise zu verstehen sind, also Spieler wohlmöglich davon ausgehen müssen, dass alles im Sinne der Veranstalter zu lesen ist, bedeutet das freilich ein PR-Problem für den gesamten Openstandort Österreich. Aber die anderen Veranstalter freuen sich wohl erst einmal, dass mit Oberwart ein Wettbewerber vom Markt verschwindet.

 

Auch Siegfried Posch war früher Funktionsträger beim ÖSB. Wenn mich nicht alles täuscht für Marketing. Er hat keinen Ruf mehr zu verlieren. Um für seine Mannschaft Fürstenfeld das Geld zusammenzukratzen, ist ihm inzwischen fast jedes Mittel recht. Ohne ausreichende Kenntnisse der Technik verkauft er Liveübertragungen, die immer wieder zusammenbrechen. Dass er in der österreichischen Bundesliga zuletzt trotzdem oft zum Zug kam, lag an einem Marketingkniff: Er engagierte den Leiter der Liga, natürlich kein anderer als Werner Stubenvoll, als Übertragungshelfer. Mit dem Herrn der Regeln wollten sich die ausrichtenden Vereine natürlich gut stellen und engagierten lieber Posch und Stubenvoll als den zuverlässigen aber machtlosen Karl Theny. Dass Stubenvoll ohne Zusatzeinnahmen durch die Übertragung an der Bundesliga nicht genug verdient, wird von den Vereinen anscheinend hingenommen. Es gäbe in Österreich vielleicht auch fähige Schiedsrichter mit, sagen wir mal, geringeren finanziellen Ansprüchen.

 

*Als ich voriges Jahr ein kleines Einladungsturnier in Wien veranstaltete, musste ich Stubenvoll eine Ausschreibung schicken. In dem eigentlich allein für die offizielle Dokumentation erstellten Brief vergaß ich die Karenzzeit zu erwähnen. Dass ich alle Teilnehmern in den Einladungen informiert hatte, dass wir keine Nullkarenz anwenden, war Stubenvoll ebenso egal wie, dass ich nach Bemerken des Formalfehlers von allen Teilnehmern vor dem Turnier die Zustimmung einholte, die vergessene Karenzzeit auf eine Stunde zu setzen. Nein, wir mussten mit Nullkarenz spielen. Sonst würde er dafür sorgen, dass die Turnierresultate nicht anerkannt werden. Dass Stubenvoll auch noch zwei Stunden vor der ersten Runde unangemeldet auftauchte (ich war nach dem morgendlichen Aufbauen duschen gegangen) und sich bei der Geschäftsführerin des Designkaufhauses Stilwerk polternd beschwerte, dass eiligst ein Turnierleitertisch herzurichten sei, fand ich auch nur bedingt hilfreich. So lange Stubenvoll reinpfuschen darf, werde ich mich als Veranstalter zurückhalten. Dabei sollte ich ihm eigentlich dankbar sein. Der einzige Fernsehbeitrag über die von mir in Wien ausgerichtete Bundesligarunde wäre ohne ihn wohl nicht sendereif gewesen.

Kommentare   

+1 #1 Krennwurzn 2012-08-18 11:11
Das wäre ein Fall für die FIDE Ethics Commission (ETH) www.fide.com/fide/directory/fide-commissions.html?comid=31&task=committee

Die Frage ist, ob sich Betroffene die Mühe machen den Fall vor die Kommission zu bringen?
+1 #2 Losso 2012-08-19 11:38
So etwas ähnliches habe ich mal in kleinerem Rahmen in Stralsund erlebt: Dort waren Spieler des Heimvereins startgeldfrei, was dann dazu geführt hat, dass der gesamte Preisgeldfonds von den auswärtigen Spielern gefüllt wurde. Zudem wurde bis zuletzt nicht kommuniziert, wie die Preisgeldverteilung sein würde. Das war richtig lächerlich. Der Drittplazierte, der fast ich geworden wäre, ist mit einer Parkscheibe nach Hause gegangen (ich glaube, es waren über dreißig Teilnehmer).

Inzwischen gibt es den Verein nicht mehr, aber einer der Organisatoren ist heute im Vorstand des DSB.
#3 Gerald Fix 2012-08-19 14:25
betr. Losso

Wenn die Höhe des Startgelds vorher festgelegt wird (und so sollte es ja sein), dann ist es egal, wer einzahlt. Dann spricht auch nichts dagegen, wenn der Gastgeber startgeldfrei bleibt. Anders sieht es natürlich aus, wenn das Startgeld als Prozentsatz der Einnahmen ausgelobt wird. Dann sollten alle Teilnehmer einzahlen.
#4 Losso 2012-08-19 17:01
Leider kann ich nicht mehr nachvollziehen, ob die Startgeldfreiheit der Mitglieder des Heimvereins bereits in der Ausschreibung stand. Fakt ist, dass die Startgelder ausgeschüttet wurden, zu welchem Prozentsatz weiß ich nicht, da das ja nicht kommuniziert wurde. Der Preisfonds für die Geldpreise ergab sich aus den eingezahlten Startgeldern derjenigen, die nicht dem Heimverein angehörten (so viel kann ich durch persönlichen Kontakt zum späteren Sieger mit Sicherheit sagen) und aus ein paar Sachspenden - wie gesagt, für den Dritten war das eine Parkscheibe.
Jedenfalls gab es keine wirkliche Kompensation für das Ausbleiben der Startgelder der Gastgeber.
#5 Krennwurzn 2012-08-20 11:51
Hier geht's ja nicht wie in Stalsund um die Ausschüttung des Startgeldes als Preisgeld sondern darum, dass von dem ausgelobten Preisgeldfond von fast 10.000 Euro kolportierte 2.000 Euro nicht ausgezahlt wurden, weil sie Doppelpreise darstellen.
#6 Losso 2012-08-20 22:42
@Krennwurzn:
Hier und da handelt es sich um eine Übervorteilung einzelner - da die Spieler des Stralsunder Vereins ja trotzdem um den Geldpreis mitspielen durften, liegt der Fall gar nicht so weit entfernt. Ich habe auch schon andere Turniere mitgespielt, wo die Spieler des ausrichtenden Vereins startgeldfrei waren. Dann hat der Verein deren Startgeld übernommen, das dann (zumindest mit einem gewissen Prozentsatz) in den Preispool wanderte.

Wobei es bei Stefans Beispiel natürlich um andere Summen geht, die dann allem Anschein nach der Veranstalter selbst einbehielt.

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