Warum Caruana dem Kandidatenturnier fehlen wird

Warum Caruana dem Kandidatenturnier fehlen wird Maria Emeljanowa / Zürich Chess Challenge

Als ich hier kürzlich meine Spieler des Jahres 2013 nominierte, habe ich einen Fehler gemacht. Fabiano Caruana hätte einen höheren Platz verdient, vielleicht Platz drei oder vier. Er ist der Spieler, der Carlsens Stil am nächsten kommt. In der Eröffnung sucht er nur eine spielbare, seinem Gegner nicht so angenehme Stellung. Dann kämpft er, stellt Probleme, findet Ressourcen, ist gut in der Chancenverwertung. Nach Zürich, wo er zwar nur das Schnellturnier gewann, aber immerhin geteilter Zweiter wurde und Aronjan dessen erste Marshall-Niederlage in dessen mehr als zwanzig langen Schwarzpartien mit dieser Eröffnung beibrachte, bin ich überzeugt: Der 21jährige mit italeinischen und US-Pass fehlt dem am 11. März beginnenden Kandidatenturnier.

Chanti-Mansisk ist nicht sein Lieblingsort, und die mitunter heftigen Minustemperaturen auch noch im März hätten ihm nicht behagt, aber er hätte Chancen gehabt. Nicht so gute wie Kramnik und Aronjan, aber so gute wie Topalow und, wie ich glaube, bessere als alle anderen. Wissen Sie, wie viele gewertete Partien er in den letzten zwölf Monaten bestritten hat? 114. Auf solche Zahlen kommen Profis, die Opens und Ligen spielen. Aber da kommt kein anderer Weltklassespieler auch nur in die Nähe. In den nächsten zwölf Monaten könnten es bei Caruana wohl auch nur noch halb so viele sein. Einfach, weil kaum Einladungsturniere anstehen und der nächste FIDE-Grandprix bestimmt nicht, wie veröffentlicht am 14. Mai starten wird.

Im letzten Grandprix hat er mehr Punkte gesammelt als jeder andere. Sowohl Punkte im Turnier (26) als auch Grandprixpunkte (460). Doch nach Streichresultat (380) lagen Topalow (25,5 / 455 bzw 415) und Mamedscharow (24 / 415 bzw 395) knapp vorn. Im Weltcup scheiterte Caruana im Viertelfinale an Vachier-Lagrave im Schnellschach. Als nach Kramniks Weltcupsieg ein Eloplatz frei wurde, hatte Caruana knapp das Nachsehen gegenüber Karjakin. Hätte es die FIDE nicht auf einmal eilig gehabt mit der Ausschreibung des Kandidatenturniers, hätte sich gut ein anderer Veranstalter finden können, der Caruana den Platz gegeben hätte. Die Bulgaren sprachen immerhin schon davon (weil Topalow ja qualifiziert ist). Die FIDE hätte auch mit gutem Recht sagen können, ein vierter Russe komme nicht in Frage. Caruanas letzte Hoffnung war, dass Anand sich eine weitere Schlappe ersparen will und aufs Kandidatenturnier verzichtet. Schon Wochen vor dem Meldeschluss am 20. Januar fragte sein Trainer Tschutschelow bei Anand nach. Doch der ließ ausrichten, dass er selbst spielen will.

Kommentare   

#1 Schmidt 2014-02-11 17:25
Bin mit allem einverstanden - das Gleiche gilt m.E. auch für Nakamuara. Mit den beiden wäre das Turnier um einiges spannender und unterhaltsamer geworden. So wird Anand der einzige nicht-russischsprachige Spieler in Chanty-Mansijsk sein, was auch für die Außenwirkung der Kandidatenwettkämpfe nicht unbedingt vorteilhaft ist.
#2 Thomas Richter 2014-02-14 11:39
Caruanas Zeit wird wohl kommen - wobei es durchaus sein kann, dass er auch im nächsten WM-Zyklus die Quali fürs Kandidatenturnier knapp verpasst. Ich würde ihn nicht klar stärker einschätzen als Grischuk, Nakamura oder Karjakin, vielleicht etabliert sich Vachier-Lagrave nun in der Weltspitze, mit Aronian, Kramnik und vielleicht auch Topalov ist immer noch zu rechnen. Das sind schon acht Namen für acht Plätze, und im Weltcup kann immer ein relativer Aussenseiter das Finale erreichen.

Was diesen Zyklus betrifft: jeder hatte drei Chancen, sich zu qualifizieren und die Regeln waren jeweils bekannt (auch wenn andere Regeln andere Spieler bevorzugt hätten). In der GP-Serie galt nun einmal "beste drei von vier Ergebnissen" und relativ viele Bonuspunkte für Platz 1 in einzelnen Turnieren - das hilft tendenziell instabileren Spielern (z.B. Nakamura auch wenn der es nicht geschafft hat). Bei der Elo-Wertung galt nun einmal Mittelwert über 12 Monate: das Geschrei wäre wohl gross gewesen, wenn neben Kramnik auch Aronian das Weltcup-Finale erreicht hätte - dann wäre (aufgrund veralteter Ergebnisse) Radjabov im Kandidatenturnier. Weltcup ist eben Weltcup-Format.

Es gibt auch keinen rechtlichen oder moralischen Anspruch auf einen Freiplatz. Wenn FIDE tatsächlich gesagt hätte "ein vierter Russe kommt nicht in Frage" (irgendwie auch diskriminierend, sie können doch nichts dafür, dass es so viel Konkurrenz im eigenen Land gibt?) gäbe es Argumente pro/kontra Caruana und auch pro/kontra Nakamura.

Betrifft (@Schmidt) Aussenwirkung des Kandidatenturniers: Topalov ist sicher zu Recht beleidigt, wenn man ihn quasi als Russen bezeichnet, nur weil er zu Schulzeiten Russisch lernen musste. Aronian wohnt in Berlin, Kramnik in Paris. Pressekonferenzen mit Swidler sind wohl interessanter als Pressekonferenzen mit Caruana. Es ist ja auch zumindest "interessant", dass Stefan Löffler Ende Dezember Caruana auf acht setzte, und Swidler auf fünf. Nach Zürich hat er seine Meinung geändert; in Wijk aan Zee landete (der gar nicht erwähnte) Karjakin noch vor Caruana.

Zum Schluss: wenn Tschutschelow Anand tatsächlich nahegelegt hat, auf das Kandidatenturnier zugunsten von Caruana zu verzichten, war das zumindest frech bis unhöflich!? Mit demselben 'Recht' hätte er auch Andreikin fragen können?
#3 Friedrich 2014-02-15 12:04
Ich finde auch, daß das Kandidatenurnier mit Nakamura und Caruana noch spannender wäre als es das ohnehin schon zu werden verspricht. Obwohl ich nicht glaube, einer der Beiden sich (Mangels Konstanz) am Ende gegen Kramnik oder Aronian durchsetzen könnten. So sehr ich Svidler als Persönlichkeit und brillanten und immens talentierten Schachspieler schätze, habe ich bei ihm das Gefühl, es fehlt das letzte Quentchen Ehrgeiz um ganz nach Oben zu kommen. Ein Remisangebot in halbwegs ausgeglichner Stellung abzulehnen, scheint er schon als unhöflich zu empfinden. Manche mögen es "Killerinstinkt" oder "Biss" nennen, was ihm im Gegensatz zu Nakamura oder Caruana fehlt.

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