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Als Bobbys Paranoia ihren Zweck verlor

Frank Brady ist Bobby Fischers ausgewogenster Biograph, aber nicht der schnellste. Als "Profile of a Prodigy" ein Jahr nach dem Match des Jahrhunderts erschien, ebbte die Fischermanie bereits wieder ab. Bradys Gesamtwürdigung "Endgame - Bobby Fischer´s Remarkable Rise and Fall - From America´s Brightest Prodigy to the Edge of Madness" (Crown, 26 US-Dollar, Leseprobe bei Amazon) brauchte sogar drei Jahre nach Fischers einsamem Tod in Island. Kein geringerer als Garri Kasparow und sein Ghostwriter Michael Greenguard haben das kürzlich erschienene Buch für die New York Review of Books lobend - und lesenswert - besprochen. Dass es dabei auch reichlich um Kasparow selbst geht, versteht sich von selbst. Fischers Rückzug vom Schach, seine Bedeutung fürs Profischach und sein Einfluss auf die Dynamisierung des Schachs in den Siebzigern kommen aber auch nicht zu kurz. Kasparow bemerkt, dass Brady über die vielleicht wichtigste biografische Enthüllung über Fischer, nämlich dass der ungarische Jude Paul Nemenyi sein leiblicher Vater ist, mit wenigen Worten hinweggeht, kommentiert es aber nicht (ich vermute, dass Brady einfach zu lange selbst an Gerhardt Fischers Vaterschaft geglaubt und diesem nachrecherchiert hat). Schön finde ich die Beobachtung, dass Fischers Paranoia ihren Zweck verlor, als er nicht mehr spielte.

Bradys Buch wird natürlich nicht das letzte über Fischer sein. Im Sommer bringt der Promifotograf Harry Benson einen Bildband mit vielen bislang unveröffentlichten Fotos Fischers heraus.

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