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Das Autobahngambit

Anand hat nicht darauf vertraut, dass sich die Flugsicherheitslage zu seinen Gunsten ändert, sondern hat sich ins Auto gesetzt. Diesen Dienstag im Laufe des Nachmittags wird er in Sofia erwartet. Statt eines locker wegzusteckenden Flugs nahm er eine wie es heißt vierzigstündige Fahrt in Kauf (auf der hoffentlich nicht das passiert ist, was sich José Diaz ausmalt). Das wird ihm noch Tage in den Knochen stecken.

Diese sportliche Geste des Inders als Selbstverständlichkeit abzutun, weil auch andere Sportler dieser Tage lange Reisewege in Kauf nehmen, etwa die Stars des FC Barcelona, wäre falsch, sondern verdient hohe Anerkennung. Schließlich waren mindestens drei Länder (Österreich, Ungarn und Rumänien oder Jugoslawien) zu durchqueren mit entsprechenden Visaformalien. Außerdem muss nicht nur der Weltmeister reisen sondern sein ganzes, internationales Team. Auch einige Offizielle (ab Mittwoch ist eine FIDE-Vorstandssitzung in Sofia angesetzt) haben übrigens ihre Schwierigkeiten mit der Anreise.

Mit Anands Eintreffen sollte wenigstens die Eröffnungsfeier wie geplant am Mittwoch stattfinden können. Er hat seine Teilnahme versprochen, will aber die Pressekonferenz auslassen, um sich auszuruhen. Bisher haben die Bulgaren insistiert, dass die erste Partie am Freitag stattfinden soll. Aber sie haben es nicht geschafft, Anands Lage zu würdigen. Der WM-Verantwortliche der FIDE Makropoulos zeigt in diesem Interview mehr Verständnis für die Beteiligten und moderiert - was freilich auch von ihm erwartet wird.

Um den Schaden nicht zu vergrößern, wäre es natürlich gut, wenn das Match nun wie geplant durchgezogen werden kann. Wie aber könnten die Bulgaren die Chancengleichheit zwischen dem seit drei Wochen in Sofia logierenden Herausforderer und dem reisegestressten Weltmeister wiederherstellen? Hier ist die Schachweltblog-Lösung: Topalow soll in den nächsten Tagen von Sofia aus im Reisebus mindestens zweimal bis ans Schwarze Meer und zurück fahren. Etwaige Interviewverpflichtungen erledigt er von unterwegs. Selbst die Pressekonferenz würde unterhaltsamer, wenn Topalow über eine verwackelte Liveschaltung seine Antworten gibt.

Nennen wir es das Autobahngambit.

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