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Schach - Opfer, Täter oder Helfer? Die Anzeige eines Ministeriums

Anzeige des BMAS Anzeige des BMAS
Das positive Image des Schachs wird gerne von privatwirtschaftlichen Unternehmen für Werbekampagnen genutzt. Schachfiguren oder Slogans wie "Sie sind am Zug" sind dabei häufig anzutreffen. Jüngst bediente sich nun auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) der Symbolkraft. Eine Anzeige zum sensiblen Thema „Hilfe für Opfer von Gewalttaten“ startete mit einem stilisierten Schachfigurenbild als Aufmacher.

Beim besten Willen gelang es mir aber nicht, einen Zusammenhang zwischen unserem Spiel und der Thematik herzustellen. Ist Schach Opfer, Täter oder Helfer? Unserem Image förderlich scheint die Anzeige mir jedoch keineswegs zu sein. Was meinen Sie dazu?

Zu sehen ist die komplette Anzeige in der Februarausgabe von SBK-leben, dem Magazin der Siemens-Betriebskrankenkasse, auf Seite 2. Zum Download auf SBK

Auf unsere Bitte um eine Stellungnahme erhielten wir vom BMAS bisher keine Antwort.


Banner Schachreisen 2015 vollfarbig blau neuUpdate:

Soeben erreichte mich die Stellungnahmes des BMAS. Anscheinend hat man dort ein völlig anderes Verständnis des Schachs. Nachfolgend die komplette Mail mit freundlicher Genehmigung des Referatsleiters Joachim Zweig. Die für mich völlig unverständliche Passage habe ich blau eingefärbt. Vergleiche zu Optiker- und Malerinnung lasse ich unkommentiert.
 

Sehr geehrter Herr Hickl,

vielen Dank für Ihre mail zu unseren Publikationen und Anzeigen „Hilfe für Opfer von Gewalttaten“, die ein Segment aus Schachfiguren enthalten.
Zunächst eine kleine Richtigstellung: Das 'Schachfigurenbild' verwenden wir schon seit 2004 auf den entsprechenden Veröffentlichungen zum Opferentschädigungsgesetz; von einem 'Start' kann also nicht die Rede sein. Seitdem, also nun schon über 7 Jahren später, ist Ihre Mail die erste Kritik zu diesem Bild.

Nun zur Auswahl des Bildes selbst:
Wie die anderen Bundesministerien arbeitet das BMAS mit verschiedenen 'Schmuckbildern' auf seinen Veröffentlichungen. Dies ist u.a. notwendig, um bei der Vielzahl der Publikationen über das Bild einen Wiedererkennungseffekt zu ermöglichen. Teilweise ist das sehr einfach, weil ein konkreter Gegenstand, eine Situation etc. abgebildet wird, teilweise muss auf symbolische Schmuckbilder zurückgegriffen werden.

Das BMAS verwendet z.B.
für die Arbeitsschutzbroschüre 'Klare Sache'
eine Zeichnung. Das bedeutet aber nicht, dass nur Jugendliche, die von Farbeimern getroffen werden, nun schützenswert sind. (Auch die Malerinnung hat sich bis heute noch nicht beschwert.)
für die Arbeitsrechtsbroschüre
die sich nicht nur an Brillenträger wendet. (Bisher auch noch keine Proteste von der Optikerinnung.)
oder an die Broschüre zur Grundsicherung
die natürlich auch für Menschen gilt, die nach links abbiegen.

Viel wichtiger ist es bei sehr sensiblen Themen - wozu z.B. Gewaltverbrechen und damit Opferschutz aber auch z.B. Themen aus dem Behindertenbereich gehören - ein Foto oder eine Grafik zu finden, durch die betroffene Personen nicht diskriminiert werden oder in diesem konkreten Fall durch die Darstellung einer Gewaltszene gar zur Nachahmung animiert werden.

Aus dem Grund hatten wir uns entschieden, ein Bild mit Schachfiguren zu wählen, da gerade die Plötzlichkeit des Ereignisses - also das Schachstellen einer Figur -  so manchen Spieler genauso überrascht wie das Opfer einer Gewalttat.
Dennoch wissen Sie - besser als ich -, dass es genügend Abwehrmöglichkeiten im Schachspiel gibt, um den Schaden für die eigenen Figuren möglichst gering zu halten oder ein Schachmatt sogar zu verhindern.

Das Gleiche gilt für die Menschen, die Opfer einer Gewalttat wurden. Mit einem wesentlichen Unterschied: Das Spiel für die geschlagene Schachfigur ist endgültig beendet. In der Realität aber gibt es Dank des Opferentschädigungsgesetzes für die Menschen, die Opfer einer Gewalttat wurden, eine Möglichkeit auf Entschädigung und Unterstützung, damit sie weiter aktiv am Leben teilnehmen können.

Dafür steht das Hilfe- und Entschädigungsgesetz und dafür werben wir - sicherlich auch in Ihrem Sinne.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Zweig

Referatsleiter

 

Jörg Hickl

Großmeister, Schachtrainer, Schachreisen- und -seminarveranstalter.
Weitere Informationen im Trainingsbereich dieser Website
oder unter Schachreisen

Webseite: www.schachreisen.eu

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