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Die große Schachpolitik streift Berlin

Klamme Kassen und Mitgliederschwund plagen den Deutschen Schachbund. Das sind eigentlich nicht die besten Vorzeichen, unter denen Präsident Robert von Weizsäcker seine Prioritäten nun im internationalen Schach setzt. Obwohl als VWL-Professor an der TU München eigentlich ausgelastet will er zusätzlich auch Vorsitzender der Europäischen Schachunion (ECU) werden.

Auf eine Nachfrage, die ich im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen stellte, sagte von Weizsäcker, es sei auch nicht seine eigene Idee gewesen, sondern Kasparow habe ihn vor einigen Wochen angerufen und darum gebeten. Dazu muss man wissen, dass Kasparow Karpows Kandidatur für die FIDE-Präsidentschaft massiv unterstützt, ja gewissermaßen dieser Tage der wichtigste Strippenzieher seines früheren Rivalen am Brett ist. Eine zweite Front, an der unter den europäischen Verbänden für transparentere, demokratischere Verhältnisse gestritten wird, kann im Kampf gegen das System Iljumschinow nur nützen.

Am Freitag um 12 Uhr präsentiert von Weizsäcker im Berliner Maritim Hotel seine Kandidatur im Beisein von Kasparow und Karpow. Nicht die geringste Überraschung dabei sind die Mitstreiter, die im Falle seiner Wahl von Weizsäckers ECU-Vorstandsteam bilden würden. Da steckt geballte Prominenz und Elomasse dahinter: Nigel Short würde stellvertretender Präsident, weiter sind Ivan Sokolov und Johan Hjartason (wer sich nicht erinnert: der Isländer war 1988 WM-Kandidat, wechselte später ins Juristenfach und arbeitet seit vielen Jahren für Islands bekanntestes Unternehmen, das keine Bank ist, deCODE) dabei. Das organisierte Schach müsse nämlich wieder mehr den Spielern als den Funktionären dienen, so von Weizsäcker, der sich als Fernschachgroßmeister selbst als Spieler und nicht als Funktionär versteht.

Am Abend ziehen von Weizsäcker, Karpow und Kasparow übrigens weiters ins ARD-Hauptstadtstudio, wo sie der Kabarettist Matthias Deutschmann und Moderator Markus Spieker erwarten. Im Fernsehen wird das allerdings nicht zu sehen sein, sondern als Livestream, vermutlich auf der Schachbund-Seite oder bei Chessbase. Das Schachsoftwarehaus hat die Veranstaltung nämlich angeleiert und finanziert sie im wesentlichen auch. Ein paar wenige Zuschauerplätze sind noch frei. Anmeldung über den Deutschen Schachbund: (030) 3000780

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