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Doktor- und "GM-Plag"

Nach zu Guttenberg, Koch-Mehrin nun Schavan – die Liste der Doktoranden, die die Auslegung des Zitatrechts allzu frei handhabten, wird immer länger.

Doch auch unser Sport ist nicht frei von unsauberen Machenschaften bei der Titelerlangung. In Zeiten, in denen die Kürzel GM; IM und FM noch einen hohen Stellenwert besaßen, eröffneten sich Möglichkeiten, die fehlenden Punkte auf suspekten ausländischen Turnieren gegen Bares „zu erwerben“.

Besonders interessant waren dabei die Runden, in denen die Ausländer gegeneinander antreten mussten und oftmals die einzigen Spieler im Turniersaal waren – die Einheimischen hatten angeblich alle Runden bereits „vorgespielt“. Eine strengere Version sind natürlich Turniere, die nie stattfanden, aber ihren Weg zur FIDE-Regelkommission nahmen. Mitte der 90er erfuhr ich aus Kreisen der FIDE: “Es ist kein Einzelfall – wir wissen, dass es das Turnier nie gab, doch die Auswertung trägt den Stempel der Föderation. Soll die FIDE nun vor Ort klagen? Wir sind machtlos.“


In der aktuellen Betrugsdiskussion regen wir uns über Natsidis oder Bindrich auf, doch Schummelei gibt es im Spitzenschach anscheinend an diversen Stellen, bis hin zur Verschiebung ganzer Turniere. Den Nachweis zu erbringen, dürfte jedoch sehr schwer fallen.

Ein Doktortitel soll finanzielle Vorteile von über 30.000 € pro Jahr mit sich bringen. Schach hingegen hat keine finanzielle Bedeutung, weshalb das Interesse an einer Aufklärung naturgemäß geringer ist.

Inzwischen hat der Weltschachbund die Anforderungen zur Titelerlangung deutlich erleichtert und zusätzlich den Titel eines CM (Candidate Master) unterhalb des FIDEmeister-Titels eingeführt. Für die Verleihung ist eine spürbare Gebühr abzuführen. Diese kommerzielle Komponente bremst den Antrieb des Weltschachbundes an einer Aufklärung dubioser Machenschaften sicher nicht unerheblich.

Jörg Hickl

Großmeister, Schachtrainer, Schachreisen- und -seminarveranstalter.
Weitere Informationen im Trainingsbereich dieser Website
oder unter Schachreisen

Webseite: www.schachreisen.eu

Kommentare   

#1 Darth Frank 2013-02-13 13:40
Der CM-Titel ist wohl aber nicht der große kommerzielle Erfolg der FIDE. Den lässt sich kaum jemand eintragen, nicht nur, weil er kostet, auch weil er irgendwie „peinlich“ ist.

Die Zahl der Großmeister dürfte weltweit auf die 1000 zugehen oder schon überschreiten. Punktkauf wird es sicher geben, wie verbreitet das ist kann ich aber nicht einschätzen. Durch die langsame ELO-Inflation (und bessere Trainingsmöglichkeiten) wird es aber auch vergleichsweise leichter, diesen Titel zu erreichen.
#2 Krennwurzn 2013-02-13 14:16
Hier mal die Zahlen aus der FIDE Ratingseite herausgesucht:

GM 1399
WGM 279
IM 3211
WIM 649
FM 6270
WFM 1188
CM 592
WCM 255

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