DSOL (5): Da haben wir D SALat?

DSOL (5): Da haben wir D SALat? OSt

Mensch, schon 5 volle Runden sind über die Bretter gegangen, Schachdeutschland ist im Fieber – Tausende im Bann der DSOL-Dämonen! Allein wie viele Mails wohl hin-und hergejagt wurden, nur damit alle 1600 DSOListen in dieser Woche komplett und zeitig an ihren Brettern saßen – gerne wüsste ich das.

Fast ist es eigenartig, dass die zweite Saison nun schon auf die Zielgerade geht. Das Saisonfinale naht, aber sind wir auch schon alle dafür bereit?

Es ist doch ein behaglicher Rhythmus, Spieltag, Spieltag, Woche frei, Spieltag, Spieltag, Woche frei – sehr elegant, und nun soll es bald vorbei sein. Was kommt dann? Schaffen wir es überhaupt noch zurück ins lockdownlose, normale und von allen Ligen befreite Leben, und was erwartet uns dort?

Von Cottbus bis Aachen, von Kappeln bis Bad Wimpfen wurden wieder die Endgeräte angeknipst, Heringe und vegane Chips bereitgestellt, und auf ging‘s in die Ligarunde 5. Gucken wir mal, was so passierte!

Montag, 01.März 2021: Aufgalopp

Zweite Fußball-Bundesliga, Stadtderby in Hamburch – der FC St. Pauli schlägt den HSV 1:0. Wo soll das noch enden? Wenn sogar der HSV verliert, ist eigentlich nichts mehr sicher.

Wie ein weißer Ritter tritt der SK Ettlingen auf den Plan und gewinnt mit einem schönen 3 : 1  gegen den SK Bickenbach sein erstes Spiel in der Liga 1D. Bisher waren die Runden eher gegen Ettlingen gelaufen, aber nun sind sie wieder mit im Rennen um das Mittelfeld. It‘s not over till it‘s over.

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In der 6D: die Aachener Tigerlis versalzen dem SC Bad Salzuflen mit 2,5 : 1,5 den schönen Feierabend. Als Tigerli in die DSOL gesprungen, als Königstiger gelandet - Aachen jetzt an der Spitze der Staffel.

The tiger sleeps tonight – aber nicht in Aachen!

Bad Salzdetfurth, die zweite Équipe aus dem Salzmilieu in der 6D, besiegt die Münchner von Roter Turm Altstadt mit 2,5 : 1,5 und rückt vor auf Platz 2.

Und Fulda II? Die Hessen verdienten sich den höchsten Sieg des Tages gleich vor den Toren Bremens – 4:0 in der 7C bei den SF Achim.

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Eppendorf! Unsere Erstliga-Freunde aus Eppendorf mit dem diskret-kryptischen Kampfnamen SKJE brachten Zehlendorf den ganzen Abend zum Grübeln, was oder auch wer sich hinter diesen vier Buchstaben verbergen könnte - und schon war der Kampf vorbei und mit 2,5 – 1,5 entschieden. (SKJE bedeutet ja .. wer weiß es? Auch der Duden gibt keine Auskunft, aber den darf man ja während eines Online-Matches ohnehin nicht aufschlagen).

[Anmerkung der Redaktion: Die SKJE ist ein renommierte Schulschach-Klub und die Abkürzung bedeutet Schachklub Johanneum Eppendorf. 1981/82 spielte die Mannschaft des SKJE sogar in der 1. Bundesliga]

Paul Meyer-Dunker, Vizekanzler des Berliner (!) Schachverbandes, holte für seine Hamburger (!) diesmal den entscheidenden Punkt, nachdem er vor zwei Runden gegen die Laskers aus Köln noch unglücklich die Begegnung hatte kippen lassen. Da sage nochmal jemand was gegen die Funktionäre im Schach.

Und wow, hier das Spiel von Purplepaul gegen IM Raphael Lagunow.

Glücklich der Mann, der so Schach spielen kann.

Angereist mit einem enormen ELO-Plus im Kofferraum, hatten sich die Berliner sicherlich ein wenig mehr von diesem Abend versprochen. Die Tücken des Auswärtskampfes - da sieht man mal wieder, welche Wirkung ein Spiel auf des Gegners Platz haben kann.

Dennoch steht Zehlendorf auf einem hübschen zweiten Platz und bleibt gut im Rennen um die beiden Qualifikationsränge für das Viertelfinale. Und SKJE (SpezialKräfte Jenseits der Elbe) hat nun schon drei Punkte mehr als der Hamburger SK.

(Wobei wir es natürlich nicht vergessen wollen zu erwähnen, dass der HSK die Saison eher nicht mit voller Kapelle spielt und neben GM Luis Engel vielfach der nachrückenden Jugend eine Chance gibt – sehr sympathisch.)

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Und wir bleiben noch ein wenig in Berlin, denn was müssen wir da lesen? Berolina boven!

Die ständige Vertretung der Berolina Mitte steht in der Staffel 2A ganz oben! Und das, obwohl deren Unterschiedsspieler Frank Hoppe, Schachbulle und Globaler Chief WebAdmin des Deutschen Schachbunds, bisher noch gar nicht eingesetzt wurde. (Auch bei der Schacholympiade 2012 hätten wir Frank ja schon gerne im deutschen Kader gesehen – wurde aber nix.)

Die Berliner Kombinierer obsiegten auch im fünften Spiel und setzten sich mit 2,5 : 1,5 gegen die SG Arnstadt-Stadtilm durch.

Unter Mithilfe modernster Datenübertragungs-Endgeräte konnten wir ein exklusives Interview mit den Berolinistas führen – hier ist es!

- Glückwunsch Euch allen! zum so erfolgreichen Auftreten Eurer drei Teams in der zweiten Auflage der DSOL. Wie nehmt Ihr die Stimmung in Berlin wahr, seit Berolina Mitte in der Staffel 2D Tabellenführer ist?

Frank: Die Stimmung in Berlin wird wahrscheinlich nicht sein als anderswo, seitdem uns die Pandemie fest im Griff hat. Die erste DSOL konnten wir dank des Pandemielochs letzten Sommer noch vor unseren Schachcafé "en passant" auf dem Gehweg spielen. Straßen- und U-Bahn-Hochviaduktlärm inklusive. Das hat sogar unsere ehemalige Vorsitzende Katja Sommaro an das (Online-)Brett gelockt, obwohl ihr das nerdige vor-dem-Computer-sitzen eher nicht liegt.

In der zweiten DSOL-Saison müssen wir leider alle von zuhause spielen. Und kaum ist der Straßen- und U-Bahnlärm weg, läuft es gleich viel besser. Und Katja spielt glücklicherweise trotzdem mit.

- Was bedeutet es Euch, dass Ihr mehr Punkte habt als beispielsweise Zehlendorf und die SF Berlin in den anderen Ligen?

Frank: Ich habe die anderen Mannschaften aus Berlin gar nicht so auf dem Schirm. Nur die Ergebnisse der Zehlendorfer von Helmut Flöel schaue ich mir fast immer an.

- Was ist das Geheimnis Eures bisherigen Durchmarschs - tretet Ihr gemeinsam in Eurem Spiellokal an, bereitet Ihr Euch intensiv vor?

Frank: Das wäre schön, wenn wir sozusagen hybrid spielen könnte. Das Geheimnis unseres Siegeslaufes ist wohl, das ich diesmal noch nicht mitgespielt habe in Mannschaft eins. Mit Andreas Volkmer, Georg Richter und Wolfgang Vandré haben wir drei grundsolide Spieler, die alle mindestens auf 2100er Niveau spielen. Und mit Uwe Sabrowski haben wir einen starken vierten Mann, der durch die Pandemie sehr viel zuhause ist und fleißig Schach trainieren konnte. Nach den Partien analysieren wir diese im sogenannten "Hoppe-Stübchen" (Zoom-Call; eine Wortschöpfung von Georg) und quatschen noch über die nächsten Vorhaben.

- Seht Ihr Euch als das Union Berlin des Schachsports?

Frank: In welcher Hinsicht? Vielleicht weil wir aus Prenzlauer Berg sind und Union hier viele Anhänger hat?! Aber inzwischen hat es viele Schwaben hierher gezogen. Und ein gebürtiger Schwabe ist jetzt unser Vorsitzender.

- Wie bei der Schacholympiade 2012 hoffen viele Fans aus dem ganzen Land auf den Einsatz Eures Schachbullen, Frank Hoppe, in der ersten Mannschaft. Wann wird es soweit sein?

Frank: Ich war in der 4. Runde kurz davor vielleicht zum Einsatz zu kommen. Glücklicherweise zog dann der SC Großhansdorf seine erste Mannschaft zurück, unsere 2. Mannschaft war plötzlich spielfrei und Uwe (dort aufgestellt) konnte oder wollte wieder in Mannschaft eins spielen. Außerdem ist der Schachbulle eher ein Schachlamm geworden.

- Noch etwas zu außerhalb der DSOL: ich hörte, dass Euer zweites Brett Georg Richter in seiner Jugend dem großen Friedrich Sämisch (1896 - 1975, Foto) begegnete. Georg, magst Du uns dazu mehr erzählen?

Georg: Das ist so nicht ganz richtig. Als Sämisch 1975 verstarb, war ich zehn Jahre. Erzählungen über Sämisch kenne ich nur über meine Großeltern. Mein Großvater Prof. Erik Richter (Problemkomponist, zweifacher Landesmeister von Schleswig-Holstein und ehemaliger Spieler der Kieler Schachgesellschaft) weckte in mir das Interesse für das Schach, leider verstarb er 1981 mit 91 Jahren bevor ich annähernd eine Spielstärke erreicht hatte, um ihm ein ebenbürtiger Gegner zu sein. Sämisch lernte mein Großvater in der Vorkriegszeit in Berlin bei seinen regelmäßigen Schachcafebesuchen kennen, nach seinem Umzug 1950 nach Plön/Holstein spielte er mit Sämisch für die Kieler Schachgesellschaft.

Einige wenige kuriose Details über Sämisch erfuhr ich über meine Großmutter, die selbigen in sehr gemischter Erinnerung hatte: Bereits wenige Wochen nach seiner Hochzeit zog Sämisch für einige Zeit bei meinen Großeltern ein. An sämtlichen Orten der Wohnung an der sich Sämisch bevorzugt aufhielt, musste Linoleum ausgelegt werden, da er grundsätzlich keine Aschenbecher benutzte. Neben Zigaretten waren Kaffee und Sahnetorten seine bevorzugten Grundnahrungsmittel. Als meine Großmutter zu einer Schachpartie einmal Kaffee und selbstgebackenen Marmorkuchen servierte, antwortete er: "Gnädige Frau, Danke - aber "Leute" Kuchen esse ich nicht.

Im schachlichen Nachlass meines Großvaters entdeckte ich unlängst neben zahlreichen Schriftverkehr mit seinen Freunden Teschner und Bogoljubow eine Karte von Sämisch mit einem Schweizer Poststempel aus den 50-er Jahren mit folgendem Inhalt: "Sehr geehrter Herr Professor, leider läuft das Turnier nicht wie erwartet. Könnten Sie bitte etwas Geld für die Rückreise anweisen".

(Zur Ergänzung nur: eine Skizze von Sämisch zeichnet auch Martin Hahn in einem charmanten Text.)

Frank: Im Übrigen bin ich begeistert über Georgs Einsatz für unseren Verein. Er ist im November 2019 vom SK 1879 HD-Handschuhsheim zu uns gekommen. Ich lernte ihn erst einige Wochen später kennen, hatte aber bis dahin schon viel Gutes über ihn gehört, wie er sich für unseren Verein interessiert, sich sofort integrierte und Kontakte knüpfte. Als wir ihn endlich für die Berliner Mannschaftsmeisterschaft (BMM) melden konnte, haben wir uns auch mit seiner Leistung bereits nach 8 von 9 Runden souverän für die Landesliga qualifiziert. Leider brach danach die Pandemie aus und die BMM wurde abgebrochen.

- Und eine letzte Frage an Wolfgang Vandré, Euren Chef (= 1.Vorsitzender der Berolina). Was macht für Dich die Berolina aus?

Wolfgang: Meine Verbindung zu Berolina ist fast schon libidinös. Abseits vom Schach kannst du hier Schriftsteller finden, Polarforscher, einer der mit dem Kajak den Yukon runterfuhr. Mein Vorvorgänger hat das Amt des 1.Vorsitzenden 55 Jahre lang bekleidet.

Als ich vor einem Jahr in seine Fußstapfen trat, hatte ich keine Ahnung von einer Pandemie und was sie mit uns anstellt, wirtschaftlich, sozial, sportlich. Dank einiger engagierter Leute und guter Online - Angebote ist es uns gelungen, den Laden halbwegs zusammenzuhalten.

- Euch allen vielen Dank für dieses Interview!

Die Berolina-Mitte

Dienstag, 02.März 2021: Muße

Der Lockdown wird bis Ostern verlängert – vielleicht reicht es noch für eine 3.Staffel der DSOL?

Kein großer Tag für die erste und zweite Online-Liga – jeweils nur 2 Begegnungen in allen acht oberen Staffeln. Was ist da los?

Aber irgendwann muss man ja auch mal ruhen, Muße walten lassen, Heringe und vegane Chips nachkaufen. Auch das ist wichtig, gerade in Zeiten wie diesen. DSOL? Wir können später sagen, dass wir dabei gewesen sind!

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Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

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