Eine Mörder-WM

Links vorne sitzt Aljechin, recht der mutige Inspektor Links vorne sitzt Aljechin, recht der mutige Inspektor ORF

Selten habe ich so gelacht, wenn Schach im Fernsehen war. Die Soko Donau ermittelt bei der Schach-WM: Mehrere Titelanwärter müssen ihr Leben lassen, bevor die Ermittler "mit Schach am Ziel" sind. Die Stadt, in der tatsächlich mit diesem Slogan geworben wird, ist Wien und das für Schachgrößen so gefährliche Pflaster. Wer sich die Soko Donau im Schachfieber geben will, muss sich allerdings ziemlich ranhalten: Wohl nur noch bis zum frühen Montagabend ist die vierzigminütige Folge "Schachmatt" in der ORF-Mediathek abrufbar.

Man sollte freilich nicht zu genau hinschauen. Die absurde Handlungskonstruktion (aber in welchem Fernsehkrimi ist sie das heute nicht) wird an einem Matt in drei Zügen aufgefädelt, das der überraschend schachkundige Inspektor auf einem Schachbrett mit verkabelten Feldern und Zeitzünder exakt lösen muss - sonst bumm! Das Problem wäre allerdings, jedenfalls dem nach zehneinhalb Minuten aufscheinenden Diagramm zufolge, nebenlösig. Unter anderem in zwei Zügen.

Man sollte auch von der Recherche nicht zu viel erwarten. Sie geht in etwa soweit, dass einige der Protagonisten bekannte Namen wie Aljechin und Lasker tragen. Das passt zur Handlung, die in einer sehr imaginierten Vergangenheit spielt, die aber mit unserer vertrauten Schachgeschichte wenig gemein hat: Die Titelanwärter sind im Durchschnitt über fünfzig. Nach der Ausscheidung der Kandidaten soll eine einzige Partie zwischen Weltmeister und Herausforderer den Titel entscheiden. Die besten Spieler halten sich junge Schüler, deren Kreativität sie aussaugen, um sie dann fallenzulassen. Analysiert wird nicht mit dem Computer. Die Schachuhren ticken mechanisch. Einzig mit einer Übertragungsleinwand ist Schach ein wenig im digitalen Zeitalter angekommen. Natürlich dürfen auch ein Fantasyfigurenset und ein sicher für aufmerksame Zuseher gedachtes Finde-das-Spiel-mit-dem-falschen-Eckfeld nicht fehlen.

Wenn der Drehbuchschreiber oder die Produktionsfirma einen Schachberater engagierten, wurde wohl fürs Wegschauen bezahlt. Unter den Komparsen entdeckte ich einen Schachhändler und einen Verbandsfunktionär. Letzterer darf sogar namentlich als Weltmeisteranwärter aufscheinen. Aber nicht nur Funktionärsseelen werden bedient. Ja zum Abschluss rutscht selbst mir ein Lob durch: Dass sich ein Schiedsrichter umbringt, fand ich eine gelungene Pointe.

Kommentare   

#1 Darth Frank 2013-09-30 09:35
Der Klassiker beim Schach im Fernsehen ist immer noch das einzügige Matt, immer völlig überraschend und aus heiterem Himmel für den Unterlegenen.

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