Dünya satranç Olimpiyati!

Fast noch schöner als olympisches Gold: Schach unter blauem Himmel Fast noch schöner als olympisches Gold: Schach unter blauem Himmel OSt

Das war´s in Istanbul. Die Bretter sind verpackt, die Figuren eingeräumt, und auch die Kaffeemaschine ist schon wieder abgestellt. Heute abend noch die große Abschlussfeier im WOW Convention Center, und ab morgen zerstreuen sich über tausend SpielerInnen aus aller Herren/Damen Länder wieder über die weite Welt. Gut, dass die Lufthansa wieder fliegt!

Die deutschen Teams bekamen es am letzten Tag mit weit vorn gesetzten Gegnern zu tun. So kämpften die Damen wacker gegen die Ukraine, verloren aber letztlich und beendeten das Turnier auf dem geteilten 7.Platz. Gold sicherte sich hier die Damenklasse der Russischen Schachschule.

Team Germany (Herren) entsann sich der früheren (ost-)deutsch-russischen Freundschaft und beließ den Russen mit einer 1:3 Niederlage alle Chancen auf den langersehnten Olympiatitel. Auch die Ukraine half dem ehemaligen russischen Brudervolk durch ein 3:1 gegen die bis dahin führenden Chinesen.
Zeitgleich jedoch schaffte es die frühere sowjetische Teilrepublik Armenien, die ungarische Mannschaft mit 2,5:1,5 zu Boden zu ringen und so mit einem halben Brettpunkt Vorsprung die Goldmedaille zu gewinnen. Pech für Russland, schön für Armenien! Unsere Jungs sicherten sich Platz 12 und waren an 14 gesetzt - das ist doch eigentlich ganz gut gelaufen. Doch wer weiß - vielleicht wäre alles noch ganz anders gekommen, wenn Frank Hoppe und ich dabei gewesen wären.

(Damit können wir gleich elegant zur Auflösung unseres spannenden Tippspiels überleiten. Es gab einen Teilnehmer, der genau diesen 12.Platz für das deutsche Team vorhergesagt hat ... die älteren, erfahreneren und abgebrühteren unter unseren Lesern werden ahnen, dass das nur einer gewesen sein kann.
Und tatsächlich: der sensationelle HOLGER HEBBINGHAUS hat auch dieses Tippspiel mit sicherer Hand für sich entschieden! Herzlichen Glückwunsch, das Buch von Robert Hübner geht Dir demnächst zu! (Die Auslosung der zwei weiteren sehenswerten Preise vollziehen wir in den nächsten Tagen.))

risiko
Auch bei diesem Tippspiel ist Holger Hebbinghaus volles Risiko gegangen - und wieder hat es sich gelohnt!

Drei weitere Mannschaften mit deutscher (und Bremer!) Beteiligung sollen hier nicht unerwähnt bleiben:

-          - Die Équipe der Braille Chess Association (IBCA, für sehbehinderte und blinde Spieler) gewann mit 3:1 satt gegen Team Tunesia. Dadurch erreichte die Mannschaft mit 13 Punkten einen atemberaubenden 44. Platz – gesetzt war sie auf 87. Mit Oliver Müller ist in der IBCA-Auswahl auch ein Bremer Spieler dabei (SV Werder). Er holte gegen eine exzellente Gegnerschaft beeindruckende 6 von möglichen 9 Punkten.

-          - Der ICSC (International Committee of Silent Chess) schickte ebenfalls eine erfolgreiche Auswahl ins olympische Rennen – sie wurde 77. und bestätigte damit ihren Setzlistenplatz. Sergey Salov vom Lübecker Schachverein war für uns mit dabei.

-          - Nicht ganz so erfolgreich, aber dem Geist von Olympia entsprechend auf alle Fälle mit dabei war die Damenmannschaft des ICSC (an 56 gesetzt, an 85 gelandet, aber auch das ist ja ein honoriges Ergebnis.). Hier nahm mit Annegret Mucha die Juniorenweltmeisterin von 2008 aus Jena teil und behauptete sich erfolgreich am zweiten Brett.

Wie ist es nun, nach der Olympiade? Nach elf aufregenden Runden und zwei eingestreuten Ruhetagen können wir nun endlich wieder ruhig schlafen und müssen uns keine Sorgen mehr machen über die schwierigen Gegner des nächsten Tages.
So wie nach einer Fußball-Weltmeisterschaft fordert ein Schachturnier in dieser Dimension eine Menge Energien bei Spielern und auch bei Zuschauern – man denke nur

- an Melanie Ohme, die jeden Tag gebloggt hat,

- an die vielen Spieler, die sich elf Vormittage lang um die Lücken in ihrem Eröffnungsrepertoire sorgen mussten

- an unsere Katze, die bei der Live-Übertragung immer auf der Tastatur lag und

- an Frank Hoppe vom DSB, der trotz seiner Nicht-Nominierung für das deutsche Team ehrenvoll und unermüdlich Ergebnisse und die lesenswerten Berichte von Jens-Uwe Maiwald auf der Schachbund-Seite eingepflegt hat.

coveru1anzAlles in allem ein großes Spektakel, und (wenn man sich für Schach interessiert) ein wundervolles Ereignis.

Ich finde, die deutschen Mannschaften haben es super gemacht, bei den Damen und bei den Herren. Vielleicht ist ein anderes Mal wieder mehr drin, aber das muss ja auch nicht sein. Man kann nicht immer Erster werden.
Auch so war es toll zuzusehen bei den Runden, denn die Live-Übertragung auf der Turnierseite war super. Trotz des guten Wetters hat es mich manchmal länger am Laptop gehalten als geplant. Danke darum, an Trainer und Teams, für die spannende Unterhaltung!

Post-Olympische Leserfrage: Noch immer sind uns die Schachwelt-Leser eine seriöse Antwort schuldig. Wieso findet die Schacholympiade um Himmels willen alle zwei Jahre statt, und nicht im Abstand von vier Jahren? (Dank an Holger Hebbinghaus für einen ersten Erklärungsansatz!)

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

Kommentare   

#1 Losso 2012-09-09 22:26
Winter- und Sommerolympiade finden zweijährig(!) im Wechsel statt. Schach ist ein Sport für alle Jahreszeiten, daher der zweijährige Turnus.
#2 Thomas Richter 2012-09-09 22:32
Kleine Ergänzung oder Korrektur: Armenien gewann nicht wegen dem halben Brettpunkt, sondern wegen etwas das Olympiad Sonneborn-Berger Tiebreak heisst: Brettpunkte pro Match mal Mannschaftspunkte des Gegners am Ende des Turniers, wobei der schwächste Gegner aussen vor bleibt. Wenn ich es richtig überblicke war am Ende entscheidend dass Armenien in Runde 2 Bangladesh 4-0 besiegte während Russland gegen die (nominell deutlich stärkeren) Griechen nur ein 3-1 schaffte.

Eigentlich wollte ich für Deutschland Platz 7 tippen (hab' das aber rechentechnisch nicht hinbekommen) und hätte damit nach Runde 10 genau richtig gelegen.

Das war's erstmal, mehr vielleicht demnächst in diesem Theater auf andere Weise ...
-1 #3 StefanM 2012-09-10 07:03
In der letzten Runde zeigte sich mal wieder, warum Khenkin so ein beliebter Mannschaftsspieler ist: Mit Weiss schnell ums Remis winseln, wenn der Gegner ein paar Elo-Punkte mehr hat, und die Schwarzbretter ihrem Schicksal überlassen.
#4 Gerhard 2012-09-10 17:35
Ich bin selber schuld, daß ich hier im Quiz nicht gewonnen hab. Wollte zuerst 12 tippen, dann aber spiegelte ich das Ergebnis elegant an der 13...nun, selber schuld!

Ich finde, Deutschland hat sich gut geschlagen, war ständig im Kreis der Heavyweights. Daß sie am Schluß gegen Russland spielen mussten, war Pech.
Mein Kompliment an die Spieler!

Bei Spielern anderer Mannschaften habe ich häufiger ein Remis gesehen, was nicht unbedingt zweckdienlich war. Das war oft usus. Da ein Medaillienplatz ja eigentlich nicht mehr drin war, ist es egal.

Es gab eigentlich keine Mannschaft mit durchweg stark auftretenden Spielern. Jede Mannschaft hatte Schwachpunkte. Vielleicht war es im Grunde einzig Aronian zu verdanken, daß Armenien Gold gewann, wer weiß?!

Auf alle Fälle gab es einen ganzen Strauss hochkarätiger Begegnungen. Von dem polnischen Spitzenspieler wusste ich noch nichts, aber wie der seine Partie gegen Nakamura führte, das war schon sehr bemerkenswert.

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