Diese Seite drucken

Hamburger SK schreibt Schachgeschichte

Wir würden nie zum FC Bayern gehen: der Hamburger SK gewinnt in Bremen Wir würden nie zum FC Bayern gehen: der Hamburger SK gewinnt in Bremen Andree Schondorf

Tjaja, so kann das gehen - da richtet man liebevoll ein Turnier aus in den eigenen Vereinsräumen, und dann kommen die Gäste aus Hamburg und schnappen sich schon wieder den schönsten Pokal!
Beim dritten Fußball-Schachturnier des SV Werder Bremen gelang es dem Team aus der anderen, etwas größeren Hansestadt, den Titel des Vorjahres zu verteidigen und erneut einen feinen Pokal über die Landesgrenzen hinweg bis hin zur Elbe zu entführen. Hummel Hummel! Das ist bisher noch keinem Team bei diesem Turnier gelungen, und selbst der OSG Baden-Baden nicht - fürwahr also ein historischer, ein großer Tag für den Schachsport. -
ivanchuk-ray morris hill
Fußballschach? Ach na ja, wenn´s nicht unbedingt sein muss ... (Photo: Ray Morris-Hill)

Obschon, es wurde am Ende recht knapp in diesem Jahr, deutlich knapper als im Vorjahr. Nach dem Vormittag lagen noch die ganz in Gelb spielenden Fußbrothers Jena knapp in Führung vor dem SV Werder - die Jenaer hatten sich in den je zehnminütigen Begegnungen als kompaktes Team präsentiert und waren sogar ganz ohne Gegentor durch den Fußballwettbewerb gekommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Hamburger SK mit anundfürsich wenig beeindruckenden 5:5 Punkten zusammen mit dem holländischen Team von Dr. Max Euwe (Enschede) und den Publikumslieblingen von Deep Chess aus dem Rheinland (moinmoin Jungs, und hallo Sarah Hoolt!) in der sicheren Mitte des Feldes angesiedelt. Am Ende der Tabelle lagen nach dem Ende der Fußballrunde die wackeren Spieler des Delmenhorster SK.
Doch wer in der Mittagspause mutzumaßen wagte, dass die Hamburger in diesem Jahr schon zu viele Punkte liegengelassen hatten, um sich noch ganz nach oben zu kämpfen, wurde schon bald eines Besseren belehrt. Tatsächlich gelingt es dem sympathischen Verein aus dem Norden jedes Jahr aufs Neue, mit neuen Talenten zu überraschen.
War im vergangenen Jahr noch Loek van Wely (huch!) überraschend ins Team der Hamburger gerückt, präsentierte der HSK nunmehr mit dem Internationalen Meister und
Schachjournalisten Georgios Souleidis einen gefährlichen Goalgetter mit griechischen Wurzeln.
Zusammen mit Merijn van Delft, Felix Meißner und Raimund Klein tummelten sich heute in Bremen noch einige weitere Fußballtalente und vor allem schachliche Rohdiamanten in den Reihen des HSV, die mit Namen zu benennen mir leider nicht möglich ist. Es gibt einfach zu viele von ihnen in Hamburg, und sie wachsen so schnell in die Höhe und erreichen GM-Stärke, dass man gar nicht mehr hinterherkommt mit den ganzen Namen. Erst vor kurzem hörte ich, dass der HSK mit gut 29 Mannschaften am Ligabetrieb teilnimmt. Chapeau!
fritz

 Ein wichtiges Detail am Rande: der HSK ist nicht identisch mit dem HSV!
                                      (obwohl, irgendwie ja doch, oder?)

Und so kam es, wie es kommen musste - Hamburch punktete sich satt durch den Schachwettbewerb und holte am Ende die drei Punkte auf, mit denen sie zur Mittagspause noch hinten gelegen hatten. Hilfestellung bekamen sie  von den Fußbrothers aus Jena, die in der Schlussrunde den bis dahin führenden Bremern einen Teilpunkt abluchsten und Werder damit auf den zweiten Platz hinabstießen, knapp vor dem Team von Dr. Max Euwe. So kann das gehen - Glückwunsch nach Hamburg, habt Ihr klasse hinbekommen!
(Aber freut euch nicht zu früh: im nächsten Jahr wird das nichts mehr mit dem Titel. Wir in Bremen kennen jetzt alle Eure Tricks!)
Den vierten Platz holte sich die Fußbrothers, knapp gefolgt vor den Meistern der Herzen Deep Chess und Deep Delmenhorst.
Umsichtig vorbereitet und organisiert wurde das Turnier zum allergrößten Teil von Andree Schondorf und einem freundlichen Unterstützer-Team am Schiedsrichtertisch und bei anderen Dingen im Hintergrund, ohne die es nicht geht. Andree hat auch den offiziellen Artikel und die offiziellen Fotos für die Werder-Homepage vorbereitet - zu finden ist dies alles unter diesem Link.

fuballschach
 Fußballschach - mehr kann man eigentlich nicht verlangen von einem Sonntag

*********************************************************************************************************************************

Kein Blitzturnier ohne Regelfragen - und darum folgen am Ende noch drei knifflige Situationen mit der Bitte an die verehrten Leser um Auflösung. Ich bin da nämlich gar nicht so sicher - wer weiß Rat?

a) A und B spielen eine Partie Blitzschach! Bei A fällt die Platte, B reklamiert! A kann aber einzügig mattsetzen und hat das auch vor. Wer hat gewonnen?

b) Heute aus dem Turnier: T und O spielen eine Partie Blitzschach! T gibt wiederholt Schach auf den selben Feldern, O weicht mit seinem König immer wieder auf dieselben Felder aus. Kann T irgendwann auf Remis durch dreifache Zugwiederholung reklamieren, oder gibt es das im Blitzschach gar nicht?

c) Ganz allgemein: M und S spielen eine Partie Blitzschach! S bietet Remis an, M überlegt eine Weile. Während M noch so nachdenkt, fällt sein Plättchen. S reklamiert auf Gewinn, aber M pocht auf das schwebende Remisangebot. Wie ist die Rechtslage?

Die Leser haben das Wort! 

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

Kommentare   

#1 TAR 2013-06-03 06:33
Zu a): FIDE-Regeln, Art. 6.9: Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1.a), 5.1.b), 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spielers durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen matt zu setzen.

Art. 5.1 a): Die Partie ist von dem Spieler gewonnen, der den gegnerischen König mattgesetzt hat. Damit ist die Partie sofort beendet, vorausgesetzt, dass der Zug, der die Mattstellung herbeigeführt hat, regelgemäß war.

Wenn also B nicht vorher aufgegeben hat (Art. 5.1 b)) oder beide Spieler ein Remis vereinbart haben (Art. 5.2 c)), gewinnt B (denn mattgesetzt wurde nicht), sofern er Art. A.4.d.2) berücksichtigt: Um einen Gewinn durch Zeitüberschreitung zu beanspruchen, muss der Antragsteller beide Uhren anhalten und den Schiedsrichter benachrichtigen. Dem Antrag wird nur stattgegeben, wenn nach Anhalten der Uhren das Fallblättchen des Antragstellers noch oben und das seines Gegners gefallen ist.

Zu b): Art. 9.2: Die Partie ist remis aufgrund eines korrekten Antrages des Spielers, der am Zuge ist, wenn die gleiche Stellung mindestens zum dritten Mal (nicht notwendigerweise durch Zugwiederholung)
a)
sogleich entstehen wird, falls er als erstes seinen Zug auf sein Partieformular schreibt und dem Schiedsrichter seine Absicht erklärt, diesen Zug ausführen zu wollen, oder
b)
soeben entstanden ist und der Antragsteller am Zug ist.

Dieser Artikel wird in den Blitzschachregeln nicht aufgehoben. Ein Problem besteht aber darin, die Korrektheit des Antrages zu beweisen. Falls ein Spieler die Partie notiert hat (wozu er nach Art. A2 nicht verpflichtet ist) oder der Schiedsrichter die Partie beobachtet hat, kann die Korrektheit festgestellt werden. Ansonsten läuft die Partie weiter und der Schiedsrichter sollte sie beobachten. Falls dann während der Beobachtung wieder dreimal die gleiche Stellung auftritt, kann ein weiterer Antrag gestellt werden.

Zu c): Art. 9.1.1: a) Das Turnierreglement darf bestimmen, dass Spieler ohne die Zustimmung des Schiedsrichters entweder für eine bestimmte Anzahl von Zügen oder gar nicht Remis vereinbaren dürfen.
b) Falls das Turnierreglement eine Remisvereinbarung zulässt, gilt folgendes:
(1) Ein Spieler, der remis anbieten möchte, tut dies, nachdem er einen Zug auf dem Schachbrett ausgeführt und bevor er seine Uhr angehalten und die seines Gegners in Gang gesetzt hat. Ein Remisangebot zu einer beliebigen anderen Zeit ist zwar gültig, aber Artikel 12.6 muss berücksichtigt werden. An das Angebot können keine Bedingungen geknüpft werden. In beiden Fällen kann das Remisangebot nicht zurückgezogen werden und bleibt gültig, bis es der Gegner annimmt, mündlich ablehnt, ablehnt durch Berühren einer Figur in der Absicht, diese zu ziehen oder zu schlagen, oder die Partie auf andere Weise beendet wird.

Die Partie ist aber nach Art. 6.9 bereits durch Zeitüberschreitung beendet worden, also gewinnt S (wiederum muss er Art. A.4.d.2) berücksichtigen). Art. 5.2.c) (Die Partie ist remis durch eine von den beiden Spielern während der Partie getroffene Übereinkunft. Damit ist die Partie sofort beendet (siehe Artikel 9.1)) ist nicht anwendbar, da die Übereinkunft erst nach Partieende stattfindet.
#2 Olaf Steffens 2013-06-03 15:37
Hey TAR,
schönen Dank - damit sind alle Fragen geklärt. Du bist ein Fuchs!

Der Spieler O in Situation b) war übrigens (leider) ich ...

Mein Gegner aus Delmenhorst hatte noch zwei Sekunden Zeit übrig und reklamierte zu Recht Zugwiederholung. Weil ich es nicht besser wusste (siehe oben), sagte ich, dass es Remis durch Zugwiederholung im Blitzen nicht gibt, spielte weiter und gewann dann gleich auf Zeit.
Hinterher wurde intensiv (aber freundlich) diskutiert, wie es denn ist mit dieser Regel - nun ist klar, dass Delmenhorst hier den halben Punkt und ein Mannschaftsremis gegen uns hätte bekommen sollen.
#3 TAR 2013-06-03 15:47
In solchen Fällen ist es immer das Beste, die Uhr anzuhalten und den Schiedsrichter zu holen! Er sollte die Regeln kennen.

Fall c) hatte ich auch schon als Schiedsrichter zu beurteilen.
#4 Umumba 2013-06-04 02:43
Zu erwähnen ist noch, dass es sich möglicherweise um die unsinnigste Zugwiederholung der Geschichte von beiden Seiten handelte: Weiß gab das Schach auf h4 und e7, Schwarz pendelte mit dem König zwischen g7 und h6. Nach Dh4+ wäre allerdings jeweils das starke Df2xh4 mit Mehrdame gut für Schwarz gewesen, nach ...Kg7 dann wiederum ebenso stark Dh4xf2 mit Mehrdame für Weiß. :lol: Aber schlagen kostet natürlich auch wertvolle Zeit und weit übers Brett greifen erst recht...

Die Teilnahme an unserer Kommentarfunktion ist nur registrierten Mitgliedern möglich.
Login und Registrierung finden Sie in der rechten Spalte.