Jetzt ausprobieren: Fischerschach!

Fischerschach oder Chess960, wie es mittlerweile auch offiziell im FIDE-Sprech heißt, ist die einzige Schachvariante, für die es offizielle Regeln gibt. Im Appendix F zu den Laws of Chess http://www.fide.com/fide/handbook.html?id=125&view=article ist Bobby Fischers geniale Variante reglementiert. Das ist echtes Schach vom ersten Zug an statt erst ab dem 15. oder 25.Zug, wenn die Theoriekenntnisse enden. Schade nur, dass es so gut wie keine Turnierangebote gibt. Das wichtigste war ja das Mainzer Festival. Und nach Amsterdam fahren zum einzigen mir bekannten Fischerschachklub http://www.fischerz.nl/ , der nach der genialen 80er-Popgruppe Fischer-Z benannt ist, kommt ja eherfür wenige in Frage.

Da fällt mir, ähem, brühwarm ein, dass der Meldeschluss für ein Chess960-Fernturnier unmittelbar bevorsteht. Wer´s probieren mag, findet die Ausschreibung hier http://www.bdf-fernschachbund.de/turnierangebote/ausschreibungen/1-chess960-preisgeldturnier.htm. Und kommenden Sonntag, den 17. Februar in Wien, kann man Chess960 sogar in einem fein dotierten Schnellturnier http://www.viennamindsportsfestival.com/schedule/?event=chess (1.Preis 300 Euro garantiert, im Schnellturnier vorher und im Blitzturnier hinterher noch mehr) am Brett spielen.

Kommentare   

#1 marcchan 2013-02-10 17:49
Ich verstehe den Vorteil, dass gegenüber dem FIDE Schach die Bedeutung der Vorbereitung nahezu ausgehebelt wird.
Trotzdem bin ich skeptisch. Ich finde die allermeisten Chess960-Anfangsstellunge n schlicht unästetisch. Es schüttelt mich, wenn ich sie schon sehe.

Wenn man den Horizont erweitern will, es gibt doch genug andere Varianten, die sogar der historischen Bedeutung genügen. Shogi, das japanische Schach, sei hier nur EIN Beispiel - was ja auf diesen Seiten löblicherweise mit einer Kurzerklärung bedacht wurde. Zusätzlicher Vorteil: Die Remisquote im Shogi ist praktisch 0.

Wie sieht das eigentlich mit der Remisquote bei Chess960 aus? Gibt es dazu Statistiken? Würde mich interessieren, wie gross der Impact die Anfangsstellung darauf ist.
#2 Woltmann 2013-02-11 11:48
Ich sehe das sehr ähnlich wie marcchan. Ich bin wohl zu konservativ für chess 960. Was mich bis heute am Schach fasziniert ist der Ausschluss von Zufällen. Der Gedanke an eine Auslosung passt einfach nicht zum Schach. Eine interessante Alternative ist übrigens Kurierschach (http://de.wikipedia.org/wiki/Kurierschach) - eine mittelalrterliche Variante.
#3 Jörg Hickl 2013-02-11 17:06
Die Notwendigkeit des Fischerschachs haben bisher nur Wenige erkannt. Leider wird das Schach der TOP20 viel zu häufig als Maßstab genommen, doch für die breite Masse hat es kaum eine Bedeutung. Selbst auf meinem Niveau spielt die Eröffnungstheorie keine entscheidende Rolle, und man kann ohne größere Kenntnisse auskommen, wenn man sich etwas spezialisiert.

Auch beim Mainzer Festival schien es nur aufgrund des ansprechenden Preisfonds für die Spitzenspieler interessant zu sein. Die Elogruppe unter 2000 war nur sehr bescheiden vertreten.
#4 Thomas Richter 2013-02-11 19:28
Ich gehöre ja selbst zur Gruppe mit Elo knapp unter, manchmal auch knapp über 2000 und sehe das so: wen das "normale" Schach ausreichend fordert und mitunter überfordert der braucht nicht unbedingt Chess 960. Auf meinem Niveau und noch weit darüber (bis 2700?) heisst Eröffnungskenntnis nicht unbedingt lange Varianten auswendig lernen, sondern eher Stellungen anstreben in denen man sich einigermassen auskennt und einen groben Plan hat.
Wenn ich doch "Chess 960 Stellungen bekomme" fühle ich mich eher unsicher und etwas unwohl - passierte zuletzt letzten Samstag in einem Mannschaftskampf, mein Gegner spielte 1.f4.

Nun gibt es auf jedem Niveau auch Spielertypen wie Aronian oder Nakamura die sich (auch) in unkonventionellen bis chaotischen Stellungen wohlfühlen. Aber das heisst doch (hoffentlich!!?) nicht dass nur die "echtes Schach spielen"?
#5 Krennwurzn 2013-02-11 20:52
Wenn ich wie Ivanov in die Lage komme, Houdini und Rybka 10-0 vom Brett zu fegen, dann käme für mich der Zeitpunkt sich ernsthaft mit Fischer-Schach zu beschäftigen.

Quelle Ivanov: whychess.com/en/node/6864
#6 Losso 2013-02-11 22:09
Du meine Güte. Wenn Fischerschach schon unkonventionell sein soll, dann sollte ich meine Problemschachecke hier umgehend einstellen. ;-)

Es gibt im Schach noch so viel zu entdecken, warum im 21. Zug des Marshall-Gambits suchen?
#7 Schmidt 2013-02-12 09:58
zitiere Losso:

Es gibt im Schach noch so viel zu entdecken, warum im 21. Zug des Marshall-Gambits suchen?


Genau dagegen hatten die Vorredner doch argumentiert: Für den Amateurschachspieler beginnen Partien in der Regel spätestens nach 10-12 Zügen, insofern besteht kein so großer Bedarf, die Stellung schon von Anfang an zu randomisieren (gibt es das Wort?).
Abgesehen davon teile ich die Abneigung gegen Eröffnungstheorie nicht, die gegen das klassische Schach ins Feld geführt wird. Man kann es auch positiv sehen: In der Eröffnung laden sich zwei Spieler zum Tanz, Weiß fordert mit 1. d4 auf zum geschlossenen Spiel, Schwarz überführt in den Wolga-Walzer, Weiß versucht mit f3 seinen "Tanzpartner" aus dem Takt zu bringen etc. In den Eröffnungen steckt ein großer Teil der Schachgeschichte und -kultur - die Namen der Eröffnungen weisen darauf hin -, und sie erlauben uns die Illusion, auf den Spuren von Tal und Kasparov zu wandeln und sich eine gewisse schachliche Identität anzueignen. Es bedarf zudem großer Erfahrung (Varianten auswendig lernen und PC-Analyse reichen eben in der Regel nicht!), um sie zu meistern. Im Übrigen: Dass auch auf Super-GM-Ebene das Schach nicht schon nach den ausanalysierten Eröffnungen endet, stellt ja nicht nur Carlsen immer wieder unter Beweis. Also: Lange Rede, kurzer Sinn: Ich plädiere für eine Ehrenrettung des klassischen Schachs und der Eröffnungstheorie!
#8 Erich Weiß 2013-02-12 10:05
Die Frage, die sich unsere Schachspieler seit einiger Zeit stellten, war immer: "Wie hat es Borislav Ivanov geschafft, sich Computerzugang zum Cheaten zu verschaffen?" Aber die Antwort muss lauten: Borislav Ivanov ist der Computer!
Der Beweis kann überzeugend mittels Nutzung der wie immer überzeugenden Wikipediaquellen geführt werden.
Bei der der Analyse des Namens fällt sofort auf, dass in de.wikipedia.org/wiki/Iwan_(Name) als typisch slawischer Name schlechthin gilt, sowie FRITZ (sic!) als typisch deutscher. Weiterhin fällt auf, dass o.g. Herr seinen 10-0 Score "nur" gegen Rybka und Houdini erreichte, aber nie die Rede von Fritz ist.
Und nicht zuletzt der Vorname wird in de.wikipedia.org/wiki/Boris als die slawische (bulgarische und russische) Kurzform von Borislaw 'starker Siegreicher' erklärt.

Noch Fragen?
#9 Thomas Richter 2013-02-12 18:05
@Losso: Vielleicht hast Du mich falsch verstanden - mit "unkonventionell" meinte ich nicht unattraktiv. Ich schaue mir auch mal Problemschach oder Chess960 an (auch wenn es für mich nicht höchste Priorität hat). Nur würde ich nicht endlos über einem Problem brüten und Chess960 eher nicht selbst spielen.

Zum Vergleich: Ich höre mir auch Musik an die ich nicht selber spielen würde (Analogie zum Partieschach wäre wohl irgendwo zwischen interpretieren, improvisieren und komponieren). Ich schaue mir auch Sportarten an die ich niemals selber ausüben würde.
Nur würde ich widersprechen wenn jemand z.B. Free Jazz als einzig wahre Musik bezeichnet - und um im Bild zu bleiben, klassische Musik ist veraltet, überflüssig und kann abgeschafft werden. Oder wenn jemand Skispringen und nur Skispringen als echten (Winter)Sport akzeptiert. Zumindest ist Chess960 ja auch für Anfänger nicht lebensgefährlich :-) .

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