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Kann ein Fisch ein Früchtchen sein?

In diesen Tagen scheint die Frage „wer von wem abgeschrieben hat“ sehr aktuell zu sein. Ein deutscher Minister musste wegen Abschreibens zurücktreten, aber auch in der Welt des Computerschachs halten sich hartnäckige Gerüchte, dass nicht alle Engines aus der Feder des jeweiligen Autors stammen.

  

Früher war – natürlich möchte man fast sagen – alles viel einfacher: es gab das von Dr. Hyatt programmierte Crafty dessen Code sich jeder frei anschauen kann und auch verwenden durfte und darf, wenn er sich an die Lizenzvorgaben hält.

 

Die restlichen Engineprogrammierer waren alle kommerziell unterwegs und verkauften ihre Produkte entweder selbst und/oder über Hersteller von Schachcomputer bzw. später als PC-Software. Die Szene war sehr übersichtlich und so manche Eifersüchteleien und Spionagevorwürfe waren nur Insidern bekannt.

 

Dann kam aber 2004 das Programm Fruit von Fabien Letouzey auf den Markt und schnell spielte es stärker als die arrivierte Konkurrenz und schockte damit die Schachwelt. Doch Mitte 2007 hat der Autor das kommerzielle Projekt eingestellt und die Software unter GPL Lizenz inkl. Sourcecode veröffentlicht.

 

Ein wesentlicher Teil dieser Vorgaben nach der GPL Lizenz ist, dass aus freier Software nur freie Software entstehen darf – es ist also ein Verstoß gegen die GPL Lizenz aus freier Software oder Teilen davon kommerzielle Software zu erstellen.

 

Fruit wurde von der breiten Schachöffentlichkeit gar nicht wahrgenommen und wäre wohl nur eine Fußnote der Geschichte geworden, wenn nicht just zu jener Zeit der Aufstieg von Rybka des Programmierers und IMs Vasik Rajlich begonnen hätte. Da die Spielstärke Rybka's derart über den arrivierten Programmen lag, konnte auch die beste Marketingmaschine nicht verhindern, dass bald schon jedermann wusste, welches Programm der Maßstab in der Schachwelt ist – denn seit 2007 hat Rybka die World Computer Chess Championship (WCCC) immer gewonnen.

 

Und schon fast solange halten sich die Gerüchte, dass Teile von Rybka nicht vom Autor selbst stammen. Erst als der Rybkaautor sich beklagte, dass sein erfolgreiches Programm selbst geklont würde, meldete sich Fabien Letouzey zu Wort und sagte, dass er bei dem Klone Strelka - dessen Sourcecode veröffentlicht wurde - Ähnlichkeiten zu Fruit erkennen würde. Die Klonediskussion erhitzte die Gemüter und die Tastaturen der Forenschreibern glühten, aber im Wesentlichen passierte nicht viel.

 

Doch nun haben sich zwölf Schachprogammierer (Fabien Letouzey, Zach Wegner, Mark Uniacke, Stefan Meyer-Kahlen, Ed Schröder, Don Dailey, Christophe Theron, Richard Pijl, Amir Ban, Anthony Cozzie, Tord Romstad, Ralf Schäfer, Gerd Isenberg, Johannes Zwanzger) in einem offenem Brief an die ICGA (International Computer Games Association) gewandt und fordern diese auf, die Angelegenheit zu prüfen. Und nun interessieren sich nicht nur mehr die Schachmedien für die Causa sondern auch heise online berichtet darüber - kommt da etwa nach Jahren ähnlich wie bei Googleberg etwas Unaufhaltsames ins Rollen?

 

Und da sind wir bei der Anfangsfrage angelangt: Darf man die Arbeit von anderen im digitalem Zeitalter einfach kopieren und als die eigene ausgeben?

 

Oder einfacher: Kann ein Fisch ein Früchtchen sein?

 

Nachtrag 4.3: Auch der Spiegel Online berichtet unter: Programmierer vermuten Intelligenzklau

Krennwurzn

Anonymer aber dennoch vielen bekannter kritischer Schachösterreicher! Ironisch, sarkastisch und dennoch im Reallife ein netter Mensch - so lautet meine Selbstüberschätzung! Natürlich darf jeder wissen wer die Krennwurzn ist und man darf es auch weitererzählen, aber man sollte es nicht schreiben, denn die Krennwurzn hat so eine abkindliche Freude damit „anonym“ zu sein – lassen wir ihr doch bitte diese Illusion!

Motto: Erfreue Dich am Spiel, nicht an der Ratingzahl! Das Leben ist hart, aber ungerecht (raunzender Ösi)!
 

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