Kasan? Wunderbar! Viel besser als Chanti-Mansisk

Offiziell ist es noch nicht. Die FIDE schweigt sich noch aus. Aber laut einem Bericht des russischen Sport Ekspress plant Iljumschinow eine Verlegung nach Kasan in Zentralrussland. Was es so dringend zu verlegen gibt? Ist doch klar, die Schacholympiade.

Im abgelegenen Chanti-Mansisk drohte sie die traurigste und wenigstbesuchte seit Moskau 1994 zu werden. Die Hotelzimmer in dem sibirischen Ölstädtchen reichen mit Mühe für Spieler und Funktionäre, nicht aber für Journalisten und Fans. Obwohl in Kasan mit erheblich mehr Anreisenden zu rechnen ist, würde der ökologische Fußabdruck (CO2-Bilanz) der Schacholympiade um sicher vierzig Prozent gesenkt, was nicht nur an den für fast alle anreisenden Teams günstigeren Flugrouten liegt, sondern auch, weil in Chanti-Mansisk in der zweiten Septemberhälfte schon heftig geheizt werden muss.

Man kann trefflich spekulieren, dass durch diesen Schritt die Optik von Iljumschinows Wiederwahl als FIDE-Präsident aufgepeppt werden soll. In Chanti-Mansisk, wo die Veranstalter ihm geschäftlich verbunden sind und anreisende Delegierte Unsummen für Charterflüge und Hotelzimmer mit Geld oder ihrer Stimme bezahlen müssten, hätte doch nach Karpows Scheitern alle Welt von Korruption gesprochen. Zugleich will der starke Mann im Russischen Schachverband Arkadi Dworkowitsch mit der von ihm initiierten Verlegung beweisen, was er organisatorisch hebeln kann. Für Deutschland kommt die Nachricht leider zu spät: Hätten Naiditsch und Co gewusst, dass die Reise nicht in die Einöde Sibiriens sondern in die besuchenswerte tartarische Hauptstadt geht, wären ihre Honorarforderungen gegenüber dem DSB wohl moderater ausgefallen. Mit diesen Teams laufen übrigens andere Länder auf...

Au verdammt. Die geplante, aber offiziell unbestätigte Verlegung betrifft gar nicht (wie der gesunde Menschenverstand nahegelegt hätte) die Schacholympiade. Sondern das Kandidatenturnier, bei dem im nächsten Jahr Anands nächster Herausforderer zu ermitteln ist ud das vertraglich längst Aserbaidschan zugesagt war. Doch es sind nicht die Aseris, die nun kräftig protestieren (dürfen sie doch dem Vernehmen nach ihren Ausrichterfreiplatz, nämlich für Mamedscharow, behalten), sondern Topalow, der nicht in Russland spielen mag. Als Grund der Verlegung muss übrigens Aronjan herhalten, der als Armenier in Baku nicht hätte antreten können.

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