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La Deutsche Vita in Verden

Die Reiterstadt Verden grüßt Ihre Gäste Die Reiterstadt Verden grüßt Ihre Gäste OSt

Deutsche Meisterschaften beginnen am Freitag

Wenn Ralph Alt den sonnigen Freistaat Bayern verlässt und den Rest des Landes besucht, steht meist ein wichtiges Schachturnier vor der Tür. Denn Ralph Alt arbeitet nicht nur als Richter am Münchner Landgericht - auch beim Deutschen Schachbund hat er als Bundesturnierdirektor eine wesentliche Funktion. Er ist der Mann für die großen Veranstaltungen, und bei den allermeisten, wenn nicht sogar allen nationalen Meisterschaften der letzten Jahre - Schnellschach, Blitzschach, Turnierschach- war er vor Ort und sorgte mit viel Umsicht und einem dezenten bayerischen Flair stets für einen reibungslosen Ablauf.

In ein paar Tagen wird sich der Turnierdirektor einmal mehr auf den Weg machen und die bayerischen Landesgrenzen für einige Zeit hinter sich lassen. Es ruft der Norden, denn in Verden an der Aller beginnen am kommenden Freitag die 85. Deutschen Schach-Meisterschaften!


dresscode
Deutsche Meisterschaft der Schach-Formationen!

Ausgerichtet wird der Wettbewerb in diesem Jahr von gleich zwei Landesverbänden – Schulter an Schulter zeichnen sowohl der Niedersächsische Schachverband als auch der Landesschachbund Bremen für die Durchführung des großen Turniers verantwortlich. Michael S. Langer (Niedersachsen und Deutscher Schachbund), Dr. Oliver Höpfner (Bremen) und Michael Woltmann (Bremen und Deutscher Schachbund) waren die Männer mit der Vision für dieses gemeinsame Turnier, und nach langen Monaten des Vorbereitens, Abstimmens, Arrangierens und Telefonierens ist es nun endlich soweit. Mögen die Züge beginnen!

Unterstützt wird die Veranstaltung im Herzen der norddeutschen Tiefebene maßgeblich von der Toto Lotto Stiftung Niedersachsen (und damit auch ein ganz klein bisschen von mir, denn jede Woche riskiere ich einen Euro zwanzig für Lotto), und dem Apotheken Verbund Koop in Lingen. Danke an die Sponsoren!

Was bisher geschah

JosephBlackburne
Da ist er, Haudegen und zweiter Deutsche Meister: Joseph Blackburne

 

Deutsche Schach-Meisterschaften gibt es ja schon seit einiger Zeit, die Älteren unter uns werden sich erinnern, und tatsächlich begann alles ganz offiziell im Jahre 1879 in Leipzig mit einem Internationalen Schachkongress – was ja allein schon sehr würdig klingt.

Sieger damals wurde der Österreicher Berthold Englisch, bevor zwei Jahre darauf bereits der berühmte Joseph Blackburne den Titel eroberte.
Die 1914 in Mannheim ausgetragene Meisterschaft wurde vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überschattet und musste abgebrochen werden. Ab 1920 war der Wettbewerb nur noch für deutsche Spieler zugelassen, und seit den frühen 1950er Jahren fand das Turnier nicht mehr gemeinsam, sondern geteilt nach Ost (Wolfgang Uhlmann! Rainer Knaak!) und West (Wolfgang Unzicker! Eric Lobron!) statt.

Im Jahr 1991 kam es schachlich zur Wiedervereinigung, und es war Vlastimil Hort, der das erste gesamtdeutsche Turnier in Bad Neuenahr für sich entschied.

Seitdem wird beinahe in jedem Jahr ein neuer Meister ermittelt, und wer oft dabei war, hat schon viel vom Land gesehen – Spielorte waren unter anderem Binz auf Rügen (hübsch!), Bremen (natürlich auch hübsch), mehrmals Altenkirchen im Westerwald, die alte Hauptstadt Bonn und zuletzt immer mal Saarbrücken – dort auch gewann GM Klaus Bischoff im letzten Jahr seinen ersten Titel, den er in diesem Jahr im Norden verteidigen wird.

Die Teilnehmer 2014

Klaus Bischoff Schwetzingen 2013
Klaus Bischoff reist als Titelverteidiger nach Niedersachsen. Hier sieht man ihn als Kommentator bei
der großen Bundesliga-Endrunde in Schwetzingen 2013.


Es sind gut 45 Spieler, die aus nah und fern nach Verden reisen werden. Ein weites Feld also, denn wie jedes Jahr entsendet jeder der 16 Landesverbände seine beste(n) Spieler(in). Hinzu kommen Startplätze für Klaus Bischoff als amtierender Meister, Oliver Müller als Meister des Blinden- und Sehbehindertenschachbundes, Michael Schulz als Deutscher Amateurmeister 2013 und Hagen Poetsch als Dähne-Pokalsieger 2013.

Soviele Meister auf einmal, da müssen sich die übrigen Spieler schon auf Einiges gefasst machen!

Und doch, einige werfen davon unbeeindruckt ihren Hut in den Ring, denn die Kommission Leistungssport nominierte unter anderem noch die Schachprinzen Rasmus Svane, Dennis Wagner und den frischgebackenen Großmeister Matthias Blübaum für das Turnier.

Ergänzt wird das Feld durch Vincent Keymer, Jugendspieler vom SV Gau-Algesheim, der mit seinen gerade einmal zehn Jahren vor einer spannenden Herausforderung steht,durch den Bundespräsidenten (Abt. Schach) Herbert Bastian und natürlich durch Lev Gutman, den früheren WM-Sekundanten von Viktor Korchnoi und als solcher bereits eine Schachlegende.

Abgerundet wird das Feld durch eine ganze Reihe von lokalen Matadoren, die von den beiden ausrichtenden Verbände Bremen und Niedersachsen eine Wilde Karte erhielten. Ungefähr zehn werden es sein - schauen wir mal, wie sie sich bewähren. Die Luft in Verden ist ja nicht nur frisch und klar, sondern auch dünn – vor allem im Turniersaal, und jeder Punkt wird schwer verdient sein.

Aktuelle Liste der Teilnehmer

Das Regelwerk

Kein Schachturnier ohne Regeln, auch beim Deutschen Schachbund ist das so, und was an neuen Richtlinien von der FIDE ersonnen wurde, findet sich in der Ausschreibung für Verden wieder:

  • Keine Handys im Turniersaal – zumindest, wenn man Spieler ist
  • Grundsätzlich kein Remis vor dem 40.Zug
  • Pünktlich sein, pünktlich sein, pünktlich sein – es gilt Nullkarenz zum Rundenbeginn, und wer dann noch nicht auf seinem Stuhl sitzt, hat verloren und kann den Nachmittag im Verdener Pferdemuseum verbringen (Montags aber Ruhetag).

Wer kann Deutscher Meister?

Schach ist ja kein Glücksspiel, und somit haben im Prinzip alle 45 Spieler die Möglichkeit, den Titel zu gewinnen.
Da Schach aber kein Glücksspiel ist, stehen die Chancen für einige Teilnehmer wiederum besser als für andere – ob man das nun fair findet oder nicht.

Zu gewinnen gibt es reichlich Geld, es warten 5.000,- € für den ersten Platz, und als Favoriten für diesen Preis nennen wir in diesem Vorbericht natürlich alle Spieler mit einer hohen ELO-Zahl, als da wären GM Daniel Fridman, Meister von 2008 und 2012, Mannschafts-Europameister gar von 2011, zählt unbedingt zu diesem Kreis, ebenso wie Großmeister Igor Khenkin (er gewann 2011 in Bonn) und die GM Vitaly Kunin und Rainer Buhmann, die beide bereits einmal den Wettbewerb als Vize-Meister beendeten und gleichfalls hochrespektable Wertungszahlen haben.

Schwer einzuschätzen sind natürlich auch die gefährlichen Schachprinzen, mit denen der Schachbund in Verden seinen gestandenen Fachkräften einmal mehr das Leben schwer macht, und wer weiß, auch René Stern aus Berlin, der Stadt der Schachtaktiker, mag ebenso zum erweiterten Anwärterkreis zu rechnen sein.
Und natürlich, natürlich steht auch Klaus Bischoff auf unserem Zettel weit oben, denn zum Einen ist er the one, der im letzten Jahr gewann, er ist eine feste Größe im Turnierschach und kennt durch das stetige Kommentieren von Bundesligakämpfen, Kandidatenturnieren und WM-Kämpfen natürlich alle Tricks und Manöver der Weltspitze. Und das kann in Verden ja nur von Vorteil sein!

Ob auch die anderen Teilnehmer in die vorderen Ränge vordringen können? Wir verden sehen! Und damit kommen wir gleich zum nächsten Punkt, der da lautet …

Als Zuschauer in Verden

mit schwalbe oder so
 Das schöne Salzburger Land - etwas nördlicher und nicht unweit von hier liegt auch Verden

Verden (ausgesprochen Ferden) liegt ebenso auf einer gedachten Linie zwischen Rügen und dem Ruhrpott, und ebenso direkt zwischen Flensburg und dem Bodensee. Kaum ein anderer Ort des Bundesgebietes bietet sich daher für die Deutschen Schach-Meisterschaften so an wie Verden an der Aller - hier laufen alle Linien in einzigartiger Weise zusammen, und das gilt natürlich auch für die Bahnlinien, die von hier aus bis nach Hannover, Bremen, Bad Harzburg, und darüber hinaus bis nach Rom, Istanbul und Wladiwostok führen (Umsteigen aber nicht vergessen).

Eine Reise nach Verden (op plattdütsch: Veern) lohnt ja eigentlich immer, denn wie wir hörten, gibt es dort das Deutsche Pferdemuseum und tatsächlich auch das einzige Denkmal für John Lennon in der gesamten Bundesrepublik (!). Der Vogelpark Walsrode ist ganz in der Nähe, ebenso wie das Wolfscenter in Dörverden – anders als das bei niedersächsischen Hühnern und Schweinen für seine Mastbetriebe gefürchtete Cloppenburger Land bekundet die Region rund um Verden noch eine sympathische Verbundenheit mit der Natur.

An jedem Freitag abend trifft sich der Schachclub Verden und lädt zum Vereinsabend im (Achtung!) Scharfrichterhaus.
Die Deutsche Meisterschaft dagegen wird ausgetragen im Hotel Niedersachsenhof – einer bewährten und behaglichen (wie man so sagt) Location für wichtige Turniere, denn auch das Schachland Niedersachsen trägt hier alljährlich im Januar seine Meisterschaften aus.

Die Partien in dem neunrundigen Wettbewerb beginnen von Freitag an täglich um 15:00 Uhr Verdener Ortszeit. Die letzte Runde am Sonnabend, dem 29. November, wird dagegen schon in relativer Herrgottsfrühe um 11:00 Uhr eröffnet.

Alle Begegnungen werden bundesweit live ausgestrahlt und, wer weiß, im Netz auch ein wenig kommentiert – wenn Klaus Bischoff einen Augenblick erübrigen kann. Hier auf der Turnierseite veröffentlichen wir an jedem Tag Rundenberichte und Fotos.
Was aber der Blick ins Netz oder das geschriebene Wort nur anzudeuten vermag, findet man direkt im Turniersaal – die Spannung am Brett, das Fiebern der Spieler, und die Atmosphäre bei den Partien vor Ort. Ein Besuch im Niedersachsenhof sei hiermit empfohlen – die Reise mag lang und ermüdend sein, doch die Veranstaltung ist es unbedingt wert. Einen Besuch bei der Deutschen Meisterschaft 2014 wird man so bald nicht wieder machen können.

Möge auch der Münchner Bundesturnierdirektor Ralph Alt eine schöne Woche im hohen Norden verbringen, damit es nachher nicht etwa heißt:

Alles Glück dieser Erden
liegt auf dem Rückweg aus Verden. (?)

Hoffentlich nicht. Auf zur DEM nach Verden! Op nach Veern!

Turnierseite des DSB (mit täglichen Rundenberichten)

Interviews mit den Teilnehmern

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

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