Klaus Bischoff tritt von seinem Amt zurück
Das Ende einer Ära ist gekommen - wir halten kurz die Luft an und sagen "Vielen Dank, Klaus Bischoff!". Der noch immer amtierende Deutsche Meister verlor heute bei der Deutschen Einzelmeisterschaft in Verden seine Partie gegen Felix Graf und hat damit auch streng theoretisch keine Möglichkeit mehr, in das Rennen um den Titelgewinn 2014 einzugreifen. Bischoff hat daraufhin am Abend alle Ämter nieder- und sich selbst eine Weile hingelegt, bevor man ihn später dann wieder als Privatmann im Hotel Niedersachsenhof begrüßen durfte, befreit von der Bürde und Verantwortung des Meistertitels, den er seit seiner Inauguration in Saarbrücken im September 2014 innegehabt hat.
Trotz aller berechtigten Sentimentalität müssen wir uns in diesem Zusammenhang natürlich mit der Frage auseinandersetzen, ob Klaus Bischoff in seiner vierzehnmonatigen Amtszeit das Wohl des Deutschen Schachvolkes angemessen gemehrt und Schaden von ihm abgewehrt hat.
Wir erinnern uns, dass Baden-Baden unter seiner Ägide einen weiteren Meistertitel holen konnte. Die SG Solingen schnitt derweil sehr passabel und besser noch als Werder Bremen beim Europapokal in Bilbao ab, und mit dem SSC Rostock 07 ist ein Verein von der Ostseeküste in die Bundesliga aufgestiegen.
Das alles sind beeindruckende Erfolge und sprechen für das weitsichtige und weise Wirken des freundlichen Ulmers. Auch seine Expertise war bundesweit geschätzt, als bei dem letzten Kandidatenturnier in (wo war es noch?) niemand so richtig die Züge der internationalen Großmeister zu deuten vermochte. Hier sprang er selbstlos in die Bresche und erklärte dem Volke alle Manöver im Rahmen mehrstündiger Chessbase-Live-Übertragungen. (Ab und zu gab es aber auch eine Pause, da musste man dann selber weiterdenken.)
Schön war also die Zeit, und unbedingt loben wollen wir hiermit den Deutschen Meister 2013 Klaus Bischoff für eine sehr erfolgreiche Amtsperiode! Vielen herzlichen Dank im Namen aller Mitglieder!

Bis die Verdener Meisterschaft entschieden ist, muss der Deutsche Schachbund nun offenbar mit einem zweitägigen Machtvakuum zurechtkommen. Kommissarisch wird sicherlich Präsident Herbert Bastian in Verbindung mit Bundesturnierleiter Ralph Alt Antworten auf die drängendsten schachpolitischen Fragen finden können. Dennoch, es ist gut, dass vermutlich schon am Sonnabend der wichtigste Posten im Deutschen Schach endlich wieder vergeben sein wird.

Gute Chancen auf die Amtsnachfolge hat augenblicklich Daniel Fridman, dessen Namen wir im Rahmen der laufenden Berichterstattung ja schon das eine oder andere Mal und eigentlich die ganze Zeit über gehört haben. Fridman bremste in der siebten Turnierrunde den ungestüm anrennenden Vitaly Kunin aus, der seine Figuren aus der Ferne und auf den ersten Blick gesehen vielleicht etwas zu schwungvoll nach vorne geworfen hatte.

Da am Nebenbrett Dennis Wagner alsbald ein Remis mit Igor Khenkin vereinbarte, liegt Fridman nun wieder mit einem bewährten halben Punkt in Führung - und das würde ja auch am Ende vermutlich völlig für den Turniersieg ausreichen. Zugleich aber toben aus dem oberen Mittelfeld noch die (jungen) Wilden Hagen Poetsch, Felix Graf und Tobias Jugelt heran, die ebenso wie Khenkin und Matthias Blübaum fünf Punkte erspielten und nun zu Fridman ins Wohnzimmer müssen. Los geht es dort mit Tobias Jugelt, der heute gegen Rasmus Svane eine schwerblütige Grünfeld-Partie mit tiefen Manövern zum Gewinn führen konnte.

Auf den Rängen punktet sich momentan die Jugend erfolgreich durch den Wettbewerb. Da ist einerseits Dimitrij Kollars mit einem weiteren Punkt gegen das etablierte Fachpersonal in Gestalt von Thilo Kabisch, ebenso wie Vincent Keymer, der gegen Tomislav Bodrozic zwar wackelte, am Ende aber unter dem Einsatz von Taktikspray noch zu einem vollen Zähler kam.
Einen weiteren schönen Punkt für die Jugendwertung steuerte Spartak Grigorian bei - was mich für ihn freut, meiner eigenen Turnierbilanz allerdings eher abträglich ist. Spartak, Oldenburger Sportler des Jahres 2011 und mein alter Blitzkumpel hier in Verden, ließ mich und meinen Angriff einfach auflaufen und wickelte dann ganz unkollegial in ein angenehmes Endspiel ab. So muss man´s machen!
Was sonst noch geschah

Wir kommen schon wieder zum Schluss und weisen ein weiteres Mal gerne auf einen sehenswerten Fernsehbericht hin. Nun soll man ja gar nicht so viel Fernsehen gucken, aber in diesem Fall ist es unzweifelhaft in Ordnung: SAT 1 Regional war ja gestern in Verden zu Besuch und hat einen breit gestreuten Bericht zu Schach und Meisterschaft produziert. Sehenswert!
Medienfuchs und Netz-Admin Torsten Bührmann, hier vor Ort in der Turnierleitung tätig, hat auf der Seite des Niedersächsischen Schachverbandes eine Kollektion aktueller Medienbeiträge aus aller Welt kreiert. Internationale Pressestimmen sozusagen, Funk, Fernsehen, Zeitung, NSA - ein Blick lohnt auch hier.
Bevor es morgen um Punkt 15 Uhr weitergeht (Handys aus!), hier noch ein Hinweis in eigener Sache. Hier in Verden wird ja auf Teufel komm´ raus jeden Tag stundenlang Schach gespielt. Das ist sehr schön und wird uns in Kürze auch den demokratisch legitimierten Nachfolger von Klaus Bischoff bescheren. Unser Sport hier lebt indes nicht allein von den Spielern und ihren aufregenden Zügen, wir brauchen auch immer viele viele Kräfte, die in ihrer freien Zeit all das anbahnen, was hier in neun Runden Turnierschach letztlich kulminiert. Um es einmal staatstragend zu formulieren:
Zur Würdigung ihrer umfangreichen Unterstützung bedanken wir uns hiermit herzlich bei allen ehrenamtlichen Helfern und freundlichen Funktionären, ohne die diese ganze Meisterschaft niemals möglich gewesen wäre.
Es macht sicher nicht immer nur Freude, was es rund um den Schachbetrieb ständig zu organisieren und abzuklären gibt. Ohne Eure Arbeit, Mühe und Koordination für Tuniere und Ligen wären wir Spieler wirklich ziemlich aufgeschmissen!
Wir möchten alle einmal kurz vorstellen heute, bevor es am Freitag und Samstag in die atemberaubenden Schlussrunden geht und weder Spieler noch Zuschauer mehr einen klaren Gedanken abseits des Schachbretts fassen können.
Darum heute - einige Porträts der Organisatoren, als da wären:
Michael S. Langer, Vorsitzender des Niedersächsischen Schachverbandes und auch DSB-Vizepräsident (Finanzen)
Dr. Oliver Höpfner, Präsident des Landesschachbundes Bremen
Michael Woltmann, Vorstand des Landesschachbundes Bremen und DSB-Vizepräsident (Verbandsentwicklung und Öffentlichkeit)
Ralph Alt, Bundesturnierleiter und Hauptschiedsrichter
Dirk Rütemann, Schatzmeister Niedersächsischer Schachverband und Schiedsrichter hier vor Ort
Torsten Bührmann, Sportdirektor im Niedersächsischen Schachverband und Netz-Admin
Bernd Laubsch, Allgemeine wohlwollende Unterstützung und Reservespieler
Frank Hoppe, Schachbulle und Webmaster (unter anderem) des Deutschen Schachbundes. Schrieb ich schon, dass der DSB ohne seine Netz-Arbeit nicht mehr sehr lange existieren würde? Frank war auch so nett, alle folgenden Porträts schon zu formatieren und hier in einiger Kleinarbeit im Server einzustellen.
Olaf Steffens
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