Offener Brief von 12 KaderspielerInnen

Was soll man machen, wenn 12 von 19 KaderspielerInnen des Deutschen Schachbundes einen offenen Brief schreiben, um - neben anderen wichtigen Punkten - auf nachhaltige Probleme in der Zusammenarbeit mit Bundestrainer Dorian Rogozenco hinzuweisen? Einige der UnterzeichnerInnen kenne ich nicht persönlich, aber zahlreiche schätze ich sehr, und wenn die Frage ist, was wir mit so einem Brief tun sollen? Wir veröffentlichen ihn!

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Offener Brief, 21. November 2020

Die Entwicklungen der letzten Monate im Bereich Leistungssport des DSB beunruhigen uns zutiefst, daher sehen wir uns gezwungen zu handeln.

Das Präsidium des Deutschen Schachbundes ist nicht bereit, sich mit den Problemen auseinanderzusetzen – einem lösungsorientierten Dialog wird kontinuierlich ausgewichen. Der einzige verlässliche Partner der KaderspielerInnen, der Leistungssportreferent Andreas Jagodzinsky, wurde zuletzt soweit isoliert, dass er seinen Rücktritt bereits angekündigt hat. Nachdem getroffene Absprachen ignoriert und zugesagte Kompetenzen zurückgenommen wurden, hat nun auch Alexander Naumann zum großen Bedauern aller Spielerinnen mitgeteilt, dass er als Frauenkapitän nicht mehr zur Verfügung steht.

In Deutschland sind die nötigen Mittel und SpielerInnen vorhanden, um mittelfristig auf Erfolge im Bereich Leistungssport hinzuarbeiten. Die Leistungssportförderung ist aktuell jedoch geprägt durch mangelnde Struktur, fehlende Kontinuität und Intransparenz. Die zuletzt dramatische Verschlechterung der Lage ist ebenso unnötig wie traurig.

Ohne Not trifft der Bundestrainer destruktive Entscheidungen, die ein unerträgliches Ausmaß erreicht haben. Insbesondere die Kaderspielerinnen sind einem Umgang ohne jeglichen Respekt ausgesetzt. Angesichts der abschätzigen Haltung, die der Bundestrainer vielen SpielerInnen entgegenbringt, und einem von persönlichen Sympathien und Animositäten geprägten Entscheidungsklima ist eine weitere Zusammenarbeit für uns nicht vorstellbar. Ein Neuanfang ist zwingend notwendig. Solange Dorian Rogozenco Bundestrainer ist, stehen wir für Einsätze in der deutschen Nationalmannschaft nicht mehr zur Verfügung.

Wir fordern eine transparente Förderung, die Angebote schafft und Anreize bietet, sowie einen respektvollen und sachlichen Umgang mit allen SpielerInnen. Wir wünschen uns Willen zur Veränderung. Wir hoffen, dass die Führung des Schachbundes Voraussetzungen schafft, unter denen im Bereich Leistungssport wieder alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Gerade in der aktuellen Situation sollte man sich einer Sache nicht mehr verschließen - dem konstruktiven Dialog mit den Spielerinnen und Spielern.

gezeichnet,

Josefine Heinemann   Sarah Papp   Vincent Keymer
Hanna Marie Klek    Matthias Blübaum Dmitrij Kollars   
Melanie Lubbe Daniel Fridman Georg Meier
Annmarie Mütsch Andreas Heimann   Rasmus Svane
Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

Kommentare   

#1 Krennwurzn 2020-11-22 09:37
Die Ära stand von Anfang an unter keinem guten Stern

https://www.schach-welt.de/BLOG/blog/dorianalleinimtv
#2 MiBu 2020-11-23 19:55
Wie ich soeben auf der DSB-Seite lese, hatte die Aktion ausgesprochen schnellen Erfolg: "Das Präsidium des Deutschen Schachbundes und Bundestrainer Dorian Rogozenco haben sich in beiderseitigem Einvernehmen dazu entschlossen, künftig getrennte Wege zu gehen." Ob jetzt alles gut, darf aber wohl bezweifelt werden - oder werden Jagodzinsky und Naumann den Rücktritt vom Rücktritt erwägen?
#3 Olaf Steffens 2020-11-24 09:55
Wow ... und hups, das ist mal eine Reaktion beim Schachbund. Danke für den Hinweis!

https://www.schachbund.de/news/ende-der-zusammenarbeit-mit-dorian-rogozenco.html
#4 Olaf Steffens 2020-11-24 10:47
@Krennwurzn:

Dann könnten wir uns ja dieses Mal bewerben, und den neuen/ den nächsten Bundestrainer bekanntgeben und zu uns einladen? Was meinst Du?
Ob DAS allerdings ein gutes Omen wäre? Weiß man nicht.
#5 MiBu 2020-11-24 19:22
Weiß jemand, ob Joachim "Jogi" Löw Schach spielen kann? Trainererfahrung hat er ja, und Zeit in Kürze womöglich auch...
#6 Krennwurzn 2020-11-27 10:32
Wir werden selbst Bundestrainer @Olaf :roll:

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