Population statt Popularität

An diesem Mittwoch endet das Vorgeplänkel des Grand Slam-Finales in Shanghai, und dieses wirft Fragen auf. Nicht so sehr, warum Schirow so gut abschneidet (viel Glück) oder Kramnik so wechselhaft agiert (er lässt sich risikofreudig auf neue, zweischneidige Stellungsbilder ein). Oder warum die Ausgangsidee, die Sieger der großen Turniere zu einem finalen Showdown zu versammeln, nicht zieht (weil der Sieger 2010 fast immer Carlsen hieß). Sondern nach dem tatsächlichen Interesse an Schach in China.

Großteils finanziert werden die Spiele in Shanghai nämlich von den Spaniern, die ihr in Bilbao angestammtes Finale geteilt haben, um es zur Expo zu tragen. Den Sponsoren hat es dem Vernehmen nach sehr gut gefallen. Die erhoffte Breitenwirkung für Schach in China bleibt dagegen aus. Schon die ersten drei Runden konnten nicht, wie gehofft, in einem von 100 000 Expo-Besuchern täglich passierten Glaskasten ausgetragen werden. Und die letzten drei Runden finden quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Privatclub statt.

Solche Partien nahezu ohne Publikum kennt man auch schon von Nanking. Offiziell werden Sicherheitsgründe vorgegeben, tatsächlich haben die Partner vom Chinesischen Schachverband wohl weder Interesse noch große Hoffnung, das internationale Schach in ihrem Land zu vermarkten. Chinas schachlicher Aufstieg speist sich nicht aus Popularität sondern der immensen Population, aus der heraus früh entdeckte Talente rigide gefördert werden.

Beim eigentlichen Finale am 9. bis 15. Oktober in Bilbao (mit Carlsen, Anand und Schirow) wird das Publikum freilich strömen - nicht wieder zum Glaskasten ("Aquarium") auf der Plaza Nueva sondern in die neue Kulturarena des baskischen Wirtschaftszentrums. Olé!

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