Derzeit wird hitzig über den Deutschen Schachbund und seine ehemalige Nationalmannschaft diskutiert. Forderten die Spieler zu viel oder bemüht sich der DSB nicht um seine Elite?
Zwischen 1990 und 2001 blieben die Honorare der deutschen Spitzenspieler bei Einsätzen auf Schacholympiaden unverändert, mit der Euroumstellung wurden sie kurzerhand um gut 2% reduziert. Anscheinend hat sich bis heute nichts zum Guten gewandelt, denn vor einiger Zeit setzte die Nationalmannschaft zur Meuterei an. Ein Vorstoß, den ich gut nachvollziehen kann. Wer will heute schon mit dem Einkommen von vor 20 Jahren leben? Verständlich also, dass es zu einem längst überfälligen, geschlossenen Aufbegehren der Mannschaft kam. Die Spieler forderten eine Aufbesserung, die den Gesamtetat in der Spitze mit bis zu 20.000 € belastet hätten, doch wäre man auch mit wesentlich weniger zufrieden gewesen. Ich habe das Gefühl, dass letztendlich schon eine Summe in Höhe von gut 5.000 € ausgereicht hätte, um den endgültigen Bruch zu verhindern. Man wollte nur eine Bewegung, einen Kompromiss – ein Bekenntnis des Schachbundes zu seinen Spielern. Doch das blieb aus. Wie auch in meinen mehr als 15 Jahren Spitzenschach (1985-2002), wurde einfach nur auf leere Kassen verwiesen. Nun ist es nicht einfach, für Schach Geld zu generieren, doch seit jeher hege ich Zweifel daran, dass es ernsthaft versucht wird und es Marketing in unserer Sportart gibt.
Leere Kassen hin oder her, es wäre traurig gewesen, wenn der Schachbund nur auf das fehlende Geld verwiesen hätte. Den Spielern den schwarzen Peter zuzustecken, sie sogar aus dem Kader zu nehmen, geht jedoch klar zu weit. Eine Erwartungshaltung, Spieler müssten jederzeit und zu den Bedingungen des Schachbundes bereit sein, Deutschland zu vertreten, ist doch etwas unrealistisch (die jährliche Förderung der A-Kadermitglieder beläuft sich anscheinend nur auf einen 50-70% Kostenzuschuss zur Europameisterschaft). Oder würden unsere Fußballspieler für lau antreten? Und gerade die könnten es sich leisten!
Die jetzt für die Schacholympiade im September in Sibirien gemeldete Mannschaft wirkt wie eine Kapitulation, die Kriterien der Aufstellung sind schwammig. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Nächsten genommen wurden, die die Bedingungen des Schachbundes ohne Widerspruch akzeptierten und es noch als Ehre ansehen, für das Vaterland zu kämpfen. Gerüchteweise wurden die Honorare nun halbiert statt angehoben…
Für die mitgliedermäßig drittstärkste Schachföderation und eines der wirtschaftlich stärksten Länder eine höchst unbefriedigende Situation. Möglicherweise ist es an der Zeit, für Verantwortliche Konsequenzen zu ziehen, doch vielleicht kann der Aufstand auch wieder einmal durch konsequentes Aussitzen gemeistert werden.In der neuen Ausgabe der „Zeitschrift Schach“ finden unsere ehemaligen Spitzenspieler nun anscheinend deutliche Worte. Leider liegt mir das Heft noch nicht vor.
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