Schachreise nach Eilat

Am Strand von Eilat Am Strand von Eilat Datafox - Wikipedia

Nein, Jörg Hickl bietet das (noch?) nicht an, aber das - nicht ganz zentral gelegen aber jedenfalls um diese Jahreszeit attraktiver als z.B. Tromsø oder Khanty-Mansiysk - war Austragungsort des European Club Cups. Für manche Amateurteams war die Reise wohl zu teuer, jedenfalls gab es deutlich weniger Teilnehmer als die letzten Jahre. Wer dabei war für den schien aber die Sonne, wenn auch nicht unbedingt am Schachbrett. Mein Bericht ist dreigeteilt: Wie erging es den Deutschen aus Baden-Baden (von denen Naiditsch und Gustafsson sogar einen deutschen Pass besitzen)? Was passierte ganz oben? Damit beantworte ich teilweise schon die erste Frage ... . Wer konnte sich noch freuen, zumindest über eine seiner Partien?

Baden-Baden spielte traditionell ohne fünf: Anand und Vallejo waren in Bilbao beschäftigt (Carlsen und Aronian auch, aber die waren wohl ohnehin nicht spielberechtigt); Svidler, Shirov und Movsesian entschieden sich für Teams bei denen sie sich mit ihren Kollegen auf Russisch unterhalten konnten. Trotzdem hatten sie eine starke, auf dem Papier an sechs gesetzte Truppe. Baden-Baden spielte ein recht souveränes Turnier ohne Russland (von einigen einzelnen Partien mal abgesehen), das alleine reichte aber nicht um ganz vorne mit dabei zu sein. Gegen Moskau reichte es zu einem 3-3 (aus Moskauer Sicht wohl glücklich für Baden-Baden denn Nisipeanus Turmendspiel war "eigentlich" verloren), die Kämpfe gegen Saratov und Ugra verloren sie. Wobei sie gegen Ugra wohl froh waren dass Shirov Naiditsch gegenüber sass: der Spanier Lette spielt bekanntlich gerne auf Matt aber diesmal fand er nur ein Selbstmatt (die Alternative war ein unangenehmes Schwerfigurenendspiel mit Minusbauer). Aus dem ersten Kampf ein Fragment von Naiditsch gegen einen polyglotten Holländer der auch fliessend Russisch spricht:

Giri - Naiditsch

Giri-Naiditsch

Weiss hat gerade 34.De1-d1? gespielt, warum ist das ein schlechtes Feld für die Tante? Der erste Zug ist naheliegend, insgesamt muss man drei Züge finden.

Auf der Bundesliga-Homepage steht immer noch "Baden-Baden startet stark", nach Runde 1 hatte Georgios Souleidis offenbar keine Zeit mehr (oder veröffentlicht er nur gute Nachrichten?). Auf der Vereinshomepage steht mehr über das Turnier aus Baden-Badener Sicht. Sie wundern oder beschweren sich über das neue Auslosungssystem - nicht ganz zu Unrecht, aber wer vorne mit dabei sein will muss irgendwann auch gegen die Spitzenteams antreten und bestehen. Und auch organisatorisch lief offenbar nicht alles glatt, z.B. betrifft Hotelunterkunft. Am Ende wurden sie erwartungsgemäss bestes nicht-sowjetisches Team - auch bei der Überraschungsmannschaft Ashdod (siehe gleich) spricht man wohl eher Russisch als Hebräisch. Aber alle fünf russischen Teams waren besser.

Ashdod hat zwar nur den viertbesten Israeli (der beste spielte für Moskau) aber dafür die Herren Ivanchuk, Volokitin und Eljanov an den vorderen Brettern - Ukraine war insgesamt reichlich vertreten obwohl sie gar kein eigenes Team hatten. Das reichte um gleich in Runde 1 den hohen Favoriten von SOCAR Azerbaijan (deren Nationalmannschaft plus Grischuk, Topalov, Kamsky und Sutovsky - Geld floss da wohl wie Öl) ein Bein zu stellen. Damit schien der Weg lange frei für St. Peter Svidlerburg die lange alles gewannen, u.a. dank der folgenden Glanzleistung an Brett 1 in Runde 5:

Svidler-Ponomariov

Svidler-Pono
Seit dem 20. Zug steht ein weisser Bauer auf f6 (Live-Kommentator Miroshnichenko war sich nicht sicher ob der stark oder verwundbar war), gerade wollte Ponomariov ihn mit 32.-h6 loswerden. Es folgte (überraschend für Miroshnichenko, vielleicht auch für Ponomariov) 33.h3 Txh3?, und jetzt?
Ansonsten spielte Svidler aber immer remis, u.a. wollte er gegen den finnischen IM Karttunen nicht gewinnen (der volle Punkt war mehrfach drin) und - ich greife voraus - der halbe Punkt fehlte vielleicht am Ende. In der nächsten Runde spielten sie gegen SOCAR die zwischenzeitlich gegen relativ schwache Teams was fürs Brettpunktkonto taten und auch das tschechisch-polnische Team Novy Bor besiegten, wenn auch knapp. Staubsaugerschach (oder Räuberschach?) von Svidler, nach 22 Zügen hatte er mit Weiss gegen Radjabov diese Stellung:

Svidler-Radjabov
Offenbar gab es irgendwelche anti-Remisregeln denn es folgte noch 23.La4 Kf8 24.Lb3!? Lb6!? 25.Lc4!? Lc5!? 26.Lb3! Lb6! 27.Lc4! Lc5! 28.Lb3! Lb6! 29.Lc4!! und erst hier war das remis unterschriftsreif. Im selben Kampf spielten Mamedyarov und der russische Kubaner Dominguez eine wilde Partie in der offenbar beide kein Remis wollten - das wurde dann doch remis wie auch drei andere Partien. Aber Grischuk widerlegte Movesians Berliner Verteidigung (bzw. gewann jedenfalls im Turmendspiel), 3.5-2.5 für SOCAR, alles war wieder offen. St. Petersburg hatte immer noch einen scheinbar beruhigenden Tiebreak-Vorsprung (fragt mich nicht wie der Tiebreak genau berechnet wurde) und besiegte in der Schlussrunde Ashdod. SOCAR vernichtete allerdings Tomsk 5-1, und das (wohl zusammen mit einigen passenden Ergebnissen an den hinteren Tischen) reichte um in der Tiebreak-Lotterie die Nase vorn zu haben. Schon wieder Silber für Russland, da war doch was bei der Olympiade??

So, ich breche hier mal ab, Fortsetzung (Teil 3) folgt in einigen Tagen.

Kommentare   

#1 Gerhard 2012-10-18 17:53
Schöner Artikel!

Minimale Kritik: Die Diagramme sind etwas klein...aber schön anzuschauen (für Schachfans).
In Dia 1 würde ich blinzelnd mit rd5 rd4 kn4 f3 qh3 fortsetzen.
In Dia 2 würde ich bd5 versuchen...mit desaströsen Folgen.
#2 Thomas Richter 2012-10-18 18:37
Hallo Gerhard,

Wie immer danke für das Feedback! Hab'die Diagramme gerade angepasst (von 200x200 zu 250x250), ist es so OK?

Dia 1: richtig - zu dem Zeitpunkt hat es auch Miroshnichenko gesehen, und sogar meinereiner. Weiss musste erst den schwarzen Turm ablenken, sonst wäre -Tc1+ lästig. Es folgte noch 34.-Txe2 35.Lxf7+ Kf8 36.Lxg6 Te8 (was sonst?) 37.Tf7+ Kg8 38.Tg7+ Kh8 (38.-Kf8 39.Tg8+!) 39.Th7+ 1-0 denn im nächsten Zug verlässt der weisse Bauer das schöne Feld f6.

Im zweiten Diagramm geschah 34.-Td5 35.Td4 Se4 (das war wohl gemeint?) 36.f3 und jetzt nicht etwa 36.-Dxh3 (nur Dauerschach nach 37.fxe4) sondern 36.-De5 0-1. Das muss man nicht unbedingt vorausberechnen, es reicht es zu sehen wenn es soweit ist.

Ja und ob das dritte Diagramm schön anzuschauen ist, aber auch das ist mitunter Spitzenschach ... .

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