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Spartak on tour: IM Titel in Aarhus!

Ein neuer IM am Firmament (Foto: Mads Boe) Ein neuer IM am Firmament (Foto: Mads Boe)

von (so gut wie) IM Spartak Grigorian

Einmal mehr bekam ich in einem sonst so mauen Turnierkalender die Gelegenheit ein Turnier am richtigen Brett zu spielen. Das GM-Turnier in Aarhus, organisiert im ortseigenen Chess-House der zweitgrößten Stadt Dänemarks, war in der Vergangenheit ein erfolgsversprechendes Pflaster für Werderaner.
So erzielten Bundesligaspieler Martin Zumsande sowie unser Coach Jonathan Carlstedt, der mir die Teilnahme ermöglichte - vielen Dank noch mal an dieser Stelle! - jeweils eine GM-Norm in Aarhus. Voller Zuversicht, meine letzte IM-Norm dort zu verwirklichen, bin ich dementsprechend die Reise angetreten.

Sicherheitshalber machte ich mich schon einen Tag vor Turnierbeginn auf den Weg nach Aarhus, da ich während Schachreisen schon die eine oder andere lange Grenzkontrolle auf mich nehmen musste. Um die Grenze überqueren zu dürfen, war ich verpflichtet, einen negativen Corona-Test und die offizielle Turniereinladung mit im Gepäck zu haben.
Angekommen an der Grenze verlief die Kontrolle nicht nur überraschend zügig, auch enttarnte sich der Grenzkontrolleur in unserem kurzen Gespräch als ehemaliger Schachspieler. Bei offenem Autofenster und kalten Außentemperaturen bekam ich seine abenteuerliche Geschichte zu hören, wie er als Startnummer 80 den Erstgesetzten des Turniers bezwingen konnte. Erfrischt ging es dann weiter in den Norden, nach Aarhus.

Angekommen begegnete ich zum Turnierbeginn den Favoriten und aus Aarhus stammenden GM Jesper Thybo. Schon vor drei Monaten hatten Jesper und ich das Vergnügen, eine sehr spannende Partie in Innsbruck zu spielen, mit dem glücklicheren Ende für mich.
Dieses Mal konnte ich keinerlei Initiative erlangen, kam nicht mal zur Rochade und gab nach 28 Zügen auf. Kein optimaler Start, doch die Erkenntnisse aus dieser Partie waren für den weiteren Turnierverlauf sehr wichtig. Ich muss meine Figuren besser koordinieren und noch viel wichtiger, schneller rochieren!

In den beiden darauffolgenden und richtungsweisenden Partien für mögliche Normen konnte ich aus den Lehren der ersten Runde und der daraus resultierenden besseren Figurenharmonie 1,5 Punkte erzielen.

Spartak Grigorian - IM Filip Boe Olsen 1–0

Spartak Bericht 1 
 

GM Jonas Bjerre - Spartak Grigorian ½–½

 Spartak Bericht 0


Nach drei Runden stand ich bei 50% und begegnete bereits zwei von drei GMs – alles noch möglich. Entschlossen konnte ich in der nächsten Partie gegen WFM Ellen Fredericia Nilssen einen schönen Angriffssieg erzielen. Meines Erachtens nach hat Ellen die beste Partie des Turniers in Runde 9 gespielt hat.

Deutlich schwieriger wurde es in den Runden 5 bis 7. Alle drei Partien hatten einen ähnlichen Verlauf. Trotz nicht optimal gespielten Mittelspielen schaffte ich nach langen Bemühungen, die Partien in ausgeglichene bzw. unklare Endspiele zu führen.

Während ich in Runde 5 gegen FM Jens Ramsdal ein extremes Risiko eingegangen bin und dafür belohnt wurde, hatte ich in Runde 6 großes Glück. GM Henrik Danielsen führte seinen 40. Zug, trotz mehr als fünf Minuten auf der Uhr, nicht aus.
Das Endspiel in Runde 7 war nach der Zeitkontrolle sicherlich vorteilhafter für die starke Schweizerin WIM Lena Georgescu. Allerdings spürte ich im weiteren Verlauf, dass sie überhaupt keine Gewinnversuche unternimmt. Zwar hatte ich an mehreren Stellen die Möglichkeit, Züge zu wiederholen, dennoch probierte ich in nachteiliger Stellung einen interessanten Gewinnversuch - mit Erfolg. IM-Norm sicher!

FM Jens Ramsdal - Spartak Grigorian (Runde 5)

Spartak Bericht 1

51.Kf5 Kg7 52.Rg6+ Kf7 53.Rf6+ Ke8 [Der sehr riskante Versuch auf Gewinn zu spielen. Bereits bei 50...a5 hatte ich das Figurenopfer geplant. Während ich das Opfer berechnen konnte, waren mir die Varianten nach 54. Ke6! unklar] [53...Kg7 erlaubt die Zugwiederholung] 54.Ke6! [54.Nc7+ Ke7 55.Nxb5? Rf1+–+] 54...Kd8 55.Kd6 a4 56.Kxc5 a3 […] 85. 0–1

Aber wie der Name des Turniers schon andeutet, es gibt mehr als nur eine IM-Norm zu holen. Nächster Angriff - GM-Norm!

norisko
No risk-o, no fun-o - auch bei Normtunieren ist das so  (Foto: OSt)

Um diese zu erlangen, brauchte ich noch 1,5 Punkte aus den zwei verbleibenden Partien. Runde 8 war demnach eine enorm wichtige Partie für mich, zum einen war ich Favorit und zum anderem meine letzte Weiß Partie.
Meine Eröffnungswahl brachte meinen Gegner schon nach fünf Zügen an die Grenzen seiner Theoriekenntnisse. Drei Züge später beging er einen Fehler, der mir 2017 auch widerfahren ist. Den Mehrbauern konnte ich sicher zum vollen Punkt verwerten.

 SpartakBericht 2
 

Wie schon beim CD Meier Gedenkturnier brauche ich in der letzten Runde mindestens ein Remis. In einer zweischneidig angelegten Partie überspielte ich meinen Gegner mit dem Minoritätsangriff am Damenflügel, kennzeichnend für die Richter-Rauzer-Variante im Sizilianer.

Mit sechs Siegen in Folge stand ich demnach bei 7,5/9 Punkten und überfüllte die IM-Norm um zwei Punkte, die GM-Norm um einen halben Punkt. Ein weiteres Turnierhighlight ist der sehr leckere Kaffee gewesen, den ich jetzt schon vermisse und welcher wahrscheinlich mein gutes Abschneiden erklärt. ;)

Kaffee Meisterkaffee
Die Marke für junge IMs ...  (Foto: OSt)

Großes Dankeschön an die Organisatoren und Helfer aus Aarhus, ein wirklich großartiges Schachturnier mit optimalen Spielbedingungen in familiärer Atmosphäre.

Danken möchte ich auch Werder Bremen, insbesondere meinem Trainer Alexander Markgraf. Aber auch meinem ehemaligen Schachklub Wildeshausen und ersten Trainer Jens Kahlenberg, die mich bis zum heutigen Tage unterstützen. Alex und Jens begleiten mich schon seit über zehn Jahren und haben einen großen Einfluss auf meinen Werdegang.

Ergebnisseite Chess House Aarhus 2020

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

Kommentare   

#1 Krennwurzn 2021-01-09 14:23
3k4/8/4KR2/pbpN3p/2p5/2P3 P1/7P/2r5 w - - 0 55
Bin ich blind? Verliert in der Partie Ramsdal -Grigorian Schwarz nach 54. ... Kd8?? 55. Tf8+ Le8 56. Sf6 nicht die Figur und die Partie?
#2 Olaf Steffens 2021-01-09 15:26
Da müssen wir gut gucken, so ganz ohne Brett - kompliziert wie beim Mannschaftskampf!
Ich meine aber, dass Schwarz mit 56....Te1+ die Figur decken kann, und dann flott mit ...a5-a4 ins Rennen geht. Bin aber nicht ganz sicher. Was würdest Du sagen?
#3 Krennwurzn 2021-01-09 16:44
57. Kd5 und der wK hält den a-Bauern

[Event "Aarhus Chess House GM"]
[Site "Aarhus DEN"]
[Date "2020.12.02"]
[Round "5.3"]
[White "Ramsdal, Jens Albert"]
[Black "Grigorian, Spartak"]
[Result "0-1"]
[ECO "D30"]
[WhiteElo "2292"]
[BlackElo "2433"]
[SetUp "1"]
[FEN "8/5k2/5R2/pbpN1K1p/2p5/2 P3P1/7P/2r5 b - - 0 53"]
[PlyCount "5"]
[EventCountry "DEN"]


{[#]} 53... Ke8 {Der sehr riskante Versuch auf Gewinn zu spielen. Bereits bei
50...a5 hatte ich das Figurenopfer geplant. Während ich das Opfer berechnen
konnte, waren mir die Varianten nach 54. Ke6! unklar} (53... Kg7 {erlaubt
Zugwiederholung}) 54. Ke6 (54. Nc7+ Ke7 55. Kg5 (55. Nxb5 $4 Rf1+ $19) 55...
Be8 $11) 54... Kd8 $4 (54... Bd7+ 55. Kd6 $14 {reicht aber nicht zum Gewinn}) (
54... Ba4 $11) 55. Kd6 $2 (55. Rf8+ $3 Be8 56. Nf6 Re1+ {deckt die Figur} 57.
Kd5 $1 {der König kann den a-Bauern halten} a4 (57... Rd1+ 58. Kxc4 Ke7 59.
Rxe8+ Kxf6 60. Rh8 Kg6 61. Kxc5) 58. Kxc4 a3 59. Kb3) 55... a4 0-1
#4 Thomas Richter 2021-01-09 20:02
Die Krennwurzn ist vielleicht ein bisschen sehbehindert: 54.-Kd8?? verliert keine Figur. Dabei sind die zwei Fragezeichen dennoch berechtigt, da es die Partie verliert - am Ende entscheidet wohl ein Tempo im Bauernendspiel.

58.Kxc4 Te6 (plant -Ke7 um die sonst ewige Fesslung aufzulösen, aber es reicht nicht) 59.Txe8+ Txe8 60.Sxe8 Kxe8 61.Kd3 (auf Umwegen zum a-Bauer, Weiß bleibt im Quadrat) 61.-Kf7 62.Kc2 Kf6 63.Kb2 Kf5 64.h3! Ke4 65.Ka3 Kf3 66.g4! hxg4 (nach 66.-h4 ist der weisse g-Freibauer natürlich schneller als der zukünftige schwarze h-Freibauer) 67.hxg4 Kxg4 68.Kxa4 Kf5 69.Kb5.
Wenn der schwarze König nun von f5 nach d5, d6 oder auch d3 rennen könnte wäre es remis - meine Jugendlichen sagen vielleicht "das war aber knapp!".
#5 Umumba 2021-01-09 23:03
Riesen-Glückwunsch Spartak, zu dieser Übererfüllung aller denkbaren Normen! Jetzt muss ich mich endlich nicht mehr nach jeder Partie gegen dich fragen, wieso du eigentlich kein IM bist (wie es schon seit Jahren der Fall ist).
#6 Krennwurzn 2021-01-10 10:48
Also ich würde den Jugendlichen sagen: 61. h3 und wann immer der sK auf die dritte Reihe kommt, kann er nicht gleichzeitig den c-Bauern schlagen und den verbliebenen Königsflügelbauern halten und zusätzlich ist der wK sehr aktiv und jodelt über die schwarzen Damenflügelbauern: Ja die hole ich alle ab ;-) (Jadihoiolea)

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