Wer stoppt Melanie Ohme?

Schach kann auch grün-weiß sein Schach kann auch grün-weiß sein OSt

Es sind wieder einmal harte Tage für Männer – heute gewinnt Angela Merkel die Bundestagswahl, und bereits gestern musste FIDE-Meister Joachim Asendorf in der ersten Runde des Bremer Großmeisterturnieres gegen Melanie Ohme die Hand zur Aufgabe reichen. (Wie die Forschungsgruppe Fritz herausfand, geschah das zu einem Zeitpunkt, an dem sich Joachim gerade wieder eine ausgeglichene Stellung erkämpft hatte. Aber nach 79 schwer erarbeiteten Zügen entscheidet manchmal einfach die Optik der Stellung und die momentane Psyche, ob man noch weiterringt oder lieber aufgibt.)


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Asendorf - Ohme 0:1

So also dominieren in Deutschland und nun auch im schönen Bundesland Bremen die Frauen, und hinzu kommt, dass Melanie (die der SV Werder als Teilnehmerin natürlich hocherfreut an der Weser begrüßt) heute auch gegen den Bremer GM Gennadiy Fish gut dagegengehalten hat und am Ende mit einem Remis belohnt wurde. Wer soll Melanie nun noch stoppen?

Vielleicht hilft es ja, dass morgen die dritte Runde im Weserstadion gespielt wird? Fußballstadien sind immerhin die letzten Refugien des Mannes und bieten somit eine Art Heimvorteil. Doch wenn auch dort Vlastimil Babula die junge Leipziger Nationalspielerin nicht aufhalten kann, wird es einmal mehr eng für die Männerwelt.

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So ist es in Bremen - selbst bei Großmeisterturnieren hat man immer auch einen Blick für Fußball.

Ich persönlich hatte gestern die Ehre und das Vergnügen, Melanie Ohme in einer für das Fernsehteam von Radio Bremen arrangierten Schaupartie gegenüberzusitzen. Damit habe ich es sogar bis auf Melanies Homepage geschafft! (allerdings als namenloser Gegner, als klassischer N.N. sozusagen, aber das ist ja auch ok).
Es ging in dieser Partie darum, dass für das Fernsehen vor Turnierbeginn ein paar Züge dargestellt werden. Ganz genau erinnere ich mich nicht mehr, aber das Team baute dafür eine Stellung auf, in der Weiß in etwa das  eigenwillige 2…..Lc8-e6 !? gezogen hatte.

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 In der folgenden Stellung dagegen sollte Weiß für die Reportage einen passenden Zug machen:

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Wie wäre es hier zum Beispiel mit e2-e4?

 Melanie und dann auch ich (als Werder-Ansprechpartner zu diesem Zeitpunkt) wendeten ein, dass es doch nicht so richtig realistisch wäre, würden es diese beiden Positionen in einen Fernsehbericht über ein Großmeisterturnier schaffen. (Wenn man eine Reportage über eine Fußballmannschaft macht, wirft man ja auch keine Handbälle aufs Feld.)

Nach einigem Zögern war es dann für das Fernsehteam ok, dass wir für den Filmbericht eine Partie mit echten Zügen spielen dürften. Das taten wir dann auch, und bald schon landeten wir in einem verzwickten Sizilianischen Mittelspiel. Aber immerhin – echte Schachzüge, und Radio Bremen hatte alles gefilmt!

War das nun sozusagen ein Sieg des Schachs? Oder haben wir das nette Team von Radio Bremen damit endgültig verprellt? Denn eigentlich war es ja wirklich großartig, dass das Fernsehen überhaupt da gewesen ist! Und ist Schach denn nun überhaupt Sport? Schwierige Fragen, und die Antwort können sicher andere viel besser geben als ich (Jörg Hickl, Jan Gustafsson, Angela Merkel).
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Radio Bremen live vor Ort - hier aber schon bei der echten Partie Asendorf - Ohme

Doch immerhin - so war auch ich also mal ein klein wenig mit dabei und spielte mit bei einem echten GM-Turnier. Das ist etwas für die Enkel! Hier sind die originalen ersten Züge unserer Partie:

Olaf Steffens – Melanie Ohme

Werder Bremer Großmeisterturnier 2013 (!), Rahmenprogramm
1.e2-e4, c7-c5
2.Sb1-c3, d7-d6 (fies)
3.f2-f4, Sb8-c6
4.Lf1-b5!?, Lc8-d7
5.Sg1-f3

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 Später kam dann irgendwie noch f4-f5, und es wurde alles ein wenig kompliziert. Ich kann froh sein, dass die Partie dann nach einigen Zügen abgebrochen wurde – denn so wie Melanie hier im Norden aufspielt, hätte sie auch mich bestimmt bald glatt vom Brett geweht.

Doch wer weiß, vielleicht kann ja die Dokumentation dieser ersten Züge meine männlichen Schachspielerkollegen im Turnier bei ihrer Vorbereitung ein wenig unterstützen. Nicht, dass der jungen Dame der Sieg hier in Bremen zu leicht gemacht wird!

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Nanu, wer mag das sein? Melanie Ohme live in Bremen.

Aber was nützt es schon - spätestens seit heute wissen wir natürlich, dass der Trend ohnehin zum Frauensieg geht – in der Politik (Angie!), und wie es aussieht, jetzt auch bei uns. Im Schach. Was für Zeiten.

Nachtrag:
Es hat sich mittlerweile herausgestellt, dass das Fernsehteam wirklich nur einzelne Figuren und vielleicht mal eine Hand dazu aufgenommen hat. Es ging ihnen wirklich nur ums Detail - das ganze Brett und die mutig entworfene Position mit dem Läufer auf e6 kamen gar nicht ins Bild. Erleichterung darum, und ein Lob den Journalisten - unsere schachlichen Sorgen waren unberechtigt!

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

Kommentare   

#1 Holger Hebbinghaus 2013-09-23 16:48
Ob das Weserstadion wirklich einen Heimvorteil für Werder darstellt, wage ich zu bezweifeln, zumal Melanie für einen hessischen Verein spielt.
(Übrigens vermute ich sehr, dass deinen zweiten Zug ein Ghostwriter von Radio Bremen eingetippt hat. :lol: )
#2 Olaf Steffens 2013-09-23 21:25
Lieber Schachfreund Hebbinghaus,

danke für den Hinweis! (ist schon korrigiert - es war na klar der Springer von b1 nach c3).

Moin aus Bremen!

Olaf
#3 joerg005 2013-09-24 02:31
" Aber nach 79 schwer erarbeiteten Zügen entscheidet manchmal einfach die Optik der Stellung "

Stimme zu, dass die Haltung von M. O. am Brett zu diesem doppelt späten Zeitpunkt - 79 Züge und jetzt 0230 Uhr - deutlich attraktiver als die ihres Gegners ist.
#4 joerg005 2013-09-24 02:50
" 1.e2-e4, c7-c5
2.Sb1-c3, d7-d6 (fies)
3.f2-f4 "

Hey Olaf, warum hast Du nicht 3. Sb1 gespielt, dann wäre doch Deine Vorschlagsposition erreicht und RB hätte seine Stellung gehabt?!
#5 Sven Joachim 2013-09-24 23:00
Heute musste Melanie einen kleinen Rückschlag gegen den Top-Punktelieferanten des Turniers hinnehmen. Obwohl sie durchaus im Sinn hatte, mir die letzte Rate für einen Audi zu schenken, gab die Stellung das einfach nicht her, und am Ende konnte sie mit dem Remis hochzufrieden sein. Brillant allerdings ihr Springeropfer für meinen vorletzten Bauern im Endspiel, es kostete mich fast eine halbe Stunde um einzusehen, dass danach nichts mehr zu machen war, was durch die Tablebases bestätigt wird.
#6 Losso 2013-09-25 09:31
Das Springeropfer könnte man glatt als Gewinnversuch sehen.
Ansonsten wünsche ich Dir viel Erfolg für die weiteren Runden. Ich habe übrigens gehofft, Dich bei der Problemlösemeisterschaft in Bremen zu treffen. Immerhin Olaf hatte mal vorbei geschaut.
#7 Olaf Steffens 2013-09-25 11:07
Hi Losso,

ich wohne ja auch ein bisschen näher dran als Sven .... und kann glatt immer mit dem Rad hinfahren. :-)

Ansonsten heute 5.Runde - alles Gute dafür, Sven. Du bist unser Mann!
#8 Schachorganisator 2013-09-30 08:00
Nun hat es für Melanie Ohme doch nicht ganz gereicht: mit 4 aus 9 verfehlte sie die IM-Norm bei den Männern um einen halben Punkt.
Das Schicksal teilt sie mit Matthias Blübaum, dem auch ein halber Punkt fehlte, allerdings zur GM-Norm.

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