
Bobby is back, und der HSV auch
Endlich ist es soweit! Ein Film bahnt sich den Weg in die Kinos, auf den ich schon lange gewartet habe. Wir kehren zurück zum Schach-Match des Jahrhunderts, Bobby Fischer gegen Boris Spassky in Reykjavik 1972, und können bald schon diese große Geschichte im Kino noch einmal nacherleben.
Lange, lange schon war Pawn Sacrifice (Bauernopfer) angekündigt. Doch während er sich offenbar entspannt auf diversen Festivals tummelte, fand man beim Wühlen im Netz nurmehr kleine Werbeschnipsel und sah nie mehr als einzelne Bilder - doch nun hat das Warten ein Ende, und auch das ständige gespannte Nägelkauen. Der Film läuft im Herbst in den USA an, und hier, für unsere treuen Leser, ist nun der erste Trailer.
Im Zentrum von Pawn Sacrifice steht das große WM-Match 1972, doch geht es auch um die Vorgeschichte, Bobbys Jugend, seine Exzentrik in den Turnieren auf dem Weg zur Meisterschaft, und - selbst wenn es traurig ist zu sehen - die anwachsende Paranoia, die auch durch den Gewinn des Weltmeister-Titels leider nicht befriedet wurde.
In ersten Kritiken heißt es, dass der Film handwerklich recht solide seine Geschichte vorträgt, wenngleich ohne viel erzählerische Kreativität. Macht aber nichts, denn das Setting der 60er und 70er Jahre scheint mir hervorragend eingefangen mit viel Liebe zum Detail (und hoffen wir, mit richtig aufgebauten Schachfiguren), und sowohl Tobey Maguire als Bobby Fischer und fast mehr noch Liev Schreiber als brummiger Boris Spassky machen es dem Zuschauer leicht, sich auf den Film einzulassen.
Der echte Bobby Fischer sehr stilvoll bei der Olympiade in Leipzig, 1960 (Bild: Ulrich Kohls)
Wer bis zum Filmstart in Deutschland schon mehr über Bobbys schwierige Beziehung mit der Welt und seine psychische Erkrankung erfahren möchte, dem sei mit "Facing Bobby Fischer" ein längerer Artikel von Dirk Jan ten Geuzendam im neuen New in Chess ans Herz gelegt.
Soweit zum schachlichen Teil dieses kleinen
Artikels - nun kommt Fußball, denn es gibt ja (aus
norddeutscher Sicht) noch etwas zu feiern!
Der HSV gewann gestern mit einem knappen 2 : 1
das zweite Relegationsspiel in Karlsruhe und bleibt
damit zumindest für ein weiteres Jahr in der ersten
Liga. Hurra!
Wenn auch manche (Karlsruher und viele
Bremer) den Sieg für nicht verdient halten, und der
Hamburger Freistoß in den letzten Sekunden des
Spiels wohl eher eine glückliche Fügung war, so
kam die Rettung für den HSV noch gerade eben in
der letzten Minute des Spiels - in letzter Minute nach
51 Jahren und rund 270 Tagen in der Fußball-
Bundesliga. Glück gehabt, Hamburger,
aber auch gut gekämpft bis zum Schluss. Das
zweite Relegationsschweinchen ist Euch gewiss!
Es ist bitter für den Karlsruher SC, doch wie im
Schach ist die Partie erst beendet, wenn der
Gegner aufgibt.
An alle KSCer - nächstes Jahr seid Ihr dann an der
Reihe mit dem Aufstieg!

Krankenbesuch bei Mischa Tal
Moskau ist wieder ganz und gar der Nabel der Schachwelt. In der russischen Hauptstadt hat eine Woche nach der WM das beachtllich (nämlich mit den aktuellen top fünf) besetzte Michail-Tal-Gedenkturnier begonnen. Außerdem läuft noch bis 24. Juni eine sehenswerte Ausstellung von Schachfotos des 20.Jahrhunderts im Haus der Fotografie. Eine der bemerkenswertesten Aufnahmen und außerdem passend zum laufenden Anlass stammt aus dem Juni 1962. Sie dokumentiert Bobby Fischers Besuch bei Mischa Tal, der nach dem dritten von vier Durchgängen das Kandidatenturnier in Curacao abbrechen und sich im Spital behandeln lassen musste. Obwohl vier weitere sowjetische Spieler im Turnier waren, war Fischer der einzige Teilnehmer, der den erkranten Kollegen besuchte - und Tal auch ausdrücklich von seiner späteren Kritik in einem Artikel für Sports Illustrated ("The Russians have Fixed World Chess") ausnahm. Genau fünfzig Jahre ist das her.

Zug um Zug in den Wahnsinn - Die Legende Bobby Fischer
Am Donnerstag, dem 4. August 2011, um 22.00 Uhr bringt ARTE Schach der breiten Öffentlichkeit wieder etwas näher. Der Fernsehsender zeigt in deutscher Erstausstrahlung die internationale Koproduktion
„Zug um Zug in den Wahnsinn – Die Legende Bobby Fischer“.
Seit seiner Erfindung im 6. Jahrhundert gilt Schach als Spiel der Könige, als klassisches Kriegsspiel und ultimative Herausforderung an den menschlichen Geist. Im 20. Jahrhundert überragte ein Spieler alle anderen: Der Amerikaner Robert James „Bobby“ Fischer wurde von Beobachtern als Schachgenie und unberechenbarer Exzentriker beschrieben. Mit 15 Jahren war er bereits Schachmeister der USA, sein größtes Ziel war es, Weltmeister zu werden und es auch für ungefähr 20 Jahre zu bleiben.
1972 war es soweit. Im isländischen Reykjavík trat der 29-Jährige im „Match des Jahrhunderts“ gegen den amtierenden Schach-weltmeister an, den Russen Boris Spasski. Seit Jahrzehnten dominierten sowjetische Spieler die Schachweltspitze. Doch in 18 Monaten Vorbereitungszeit auf die Begegnung hatte Fischer in einer beispiellosen Gewinnstrecke von 20 Spielen eine Reihe der besten sowjetischen Spieler besiegt. Aber in Zeiten des Kalten Krieges war das Match um den Weltmeistertitel nicht nur für die Schachwelt bedeutend. Es war gleichzeitig ein Kampf der Ideologien.
Fischer und Spasski wurden in der Öffentlichkeit als Feinde wahrgenommen, die einen Stellvertreterkrieg am Schachbrett führten. Henry Kissinger, der spätere US-Außenminister, hielt es für „gut für Amerika und die Demokratie, einen Amerikaner als Gewinner zu haben.“ Und den bekam die Welt. Fischer besiegte Spasski in einem nervenaufreibenden Match und wurde Weltmeister.
Schach ist ein Spiel wie kein anderes - bereits nach zwei Zügen können über 70.000 verschiedene Figurenkonstellationen entstehen. Manche besessene Spitzenspieler leben in einer abstrakten Welt aus Figuren, Feldern, unvorstellbar vielen möglichen Zügen und Stellungen. Einige finden aus dieser Welt nicht mehr zurück ins normale Leben.
In ihrem Dokumentarfilm rekonstruiert Filmemacherin Liz Garbus aus Originalmaterial und Aussagen zahlreicher Zeitzeugen die Ereignisse um das „Match des Jahrhunderts“. Gleichzeitig entwickelt sie das Psychogramm eines genialen Schachspielers, der sich Zug um Zug in den Wahnsinn spielte.
Dokumentarfilm von liz garbus, zdf/ARTE , USA 2010, 90 Min. - HD. Erstausstrahlung
Die komplette ARTE-Programminfo
Pressekontakt: Vera Berger / Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! / T +33 388 14 24 18 / F +33 388 14 23 50

Als Bobbys Paranoia ihren Zweck verlor
Frank Brady ist Bobby Fischers ausgewogenster Biograph, aber nicht der schnellste. Als "Profile of a Prodigy" ein Jahr nach dem Match des Jahrhunderts erschien, ebbte die Fischermanie bereits wieder ab. Bradys Gesamtwürdigung "Endgame - Bobby Fischer´s Remarkable Rise and Fall - From America´s Brightest Prodigy to the Edge of Madness" (Crown, 26 US-Dollar, Leseprobe bei Amazon) brauchte sogar drei Jahre nach Fischers einsamem Tod in Island. Kein geringerer als Garri Kasparow und sein Ghostwriter Michael Greenguard haben das kürzlich erschienene Buch für die New York Review of Books lobend - und lesenswert - besprochen. Dass es dabei auch reichlich um Kasparow selbst geht, versteht sich von selbst. Fischers Rückzug vom Schach, seine Bedeutung fürs Profischach und sein Einfluss auf die Dynamisierung des Schachs in den Siebzigern kommen aber auch nicht zu kurz. Kasparow bemerkt, dass Brady über die vielleicht wichtigste biografische Enthüllung über Fischer, nämlich dass der ungarische Jude Paul Nemenyi sein leiblicher Vater ist, mit wenigen Worten hinweggeht, kommentiert es aber nicht (ich vermute, dass Brady einfach zu lange selbst an Gerhardt Fischers Vaterschaft geglaubt und diesem nachrecherchiert hat). Schön finde ich die Beobachtung, dass Fischers Paranoia ihren Zweck verlor, als er nicht mehr spielte.
Bradys Buch wird natürlich nicht das letzte über Fischer sein. Im Sommer bringt der Promifotograf Harry Benson einen Bildband mit vielen bislang unveröffentlichten Fotos Fischers heraus.

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