
Chess-Meeting Dortmund: Giri, Meier und Bischoff im Interview
Nach der gestrigen Runde sprach das Team von Deep Chess mit Georg Meier, Anish Giri und Kommentator Klaus Bischoff.
Während Kramnik mit zwei Punkten Vorsprung faktisch als Sieger des Sparkassen-Chess-Meetings-2011 feststeht, entäuscht Tata Steel Gewinner Hikaru Nakamura auf breiter Front. Für das heutige Aufeinandertreffen prognostiziert Georg Meier deshalb auch wiederum "Not gegen Elend". Die 150-zügigen Partie der Vorrunde wird lange in Erinnerung bleiben.
Rundenbeginn ist wiederum 15 Uhr. Die Partien können auf der Website des Veranstalters live mitverfolgt werden.

Was hat die FIDE gegen Giri?

Hallo Dortmund!

Schon 17 drüber
Russische Dreiklassengesellschaft
Russland hat keine Liga, aber eine bärenstarke Mannschaftsmeisterschaft. Sie findet derzeit in Olginka, einem Badeort am Schwarzen Meer statt, siebzig Kilometer nordwestlich vom bisherigen Austragungsort Dagomis, die nächste größere Stadt ist Tuapse, wo Kramnik geboren wurde und aufgewachsen ist. Die zwölf Mannschaften sind von äußerst unterschiedlicher Stärke. Man kann sich das vorstellen wie fünfmal Baden-Baden, viermal HSK und dreimal Delmenhorst. Die HSKs sind gegen die Baden-Badens chancenlos (nun ja, einen Mannschaftspunkt haben die Mittelklasseteams gegen die fünf Spitzenteams doch erzielt), die Delmenhorsts sind es gegen alle anderen. Dafür ist es spannend zwischen denen, die einer Klasse angehören. Von den Spitzenteams haben Ekonomist Saratow und Jugra Chanti-Mansisk kein gutes Jahr erwischt. Das nominell stärkste Team St Petersburg hat seine Punkte auch nicht optimal verteilt. Gemeinsam vorne liegen Tomsk und Moskau, die je nur ein Unentschieden gegen St Petersburg abgegeben und Saratow und Chanti-Mansisk geschlagen haben und zwischen denen in der vorletzten Runde an diesem Freitag (live ab 12.30 Uhr) die Entscheidung fällt. Moskau hat die internationalste Truppe mit Gelfand (Israel), Wang Hao (China), Caruana (Italien, der einzige echte Westler in der ersten Liga), Giri (Niederlande, aber russischer Pass, seine Mutter heißt zwar Olga ist aber nicht zu verwechseln mit der in der Frauenliga antretenden Olga Giria) und Europameister Potkin. Die meisten Punkte am ersten Brett hat übrigens neben Ponomarjow (danke für den Hinweis, Thomas) der nicht zu den bekannten Größen unseres Spiels gehörende aber Insidern für seine Brachialoriginalität bekannte Boris Sawtschenko.
Psychological elements in chess
Even, the worlds very best are not spared from it and occasionally fail under those pressures. Recently, we had a few examples involving the world very top.
The following month two stars met in a traditional Wijk aan Zee tournament, Kramnik again playing white, game happening after the rest day, moment Kramnik had a stable tournament with his form steady improving, while Carlsen having a rollercoaster tournament (already losing two of his games).
Obviously, their London game and a failure of Kramnik to cash in on the easily won position played a crucial psychological role.
Die beiden Kramnik-Carlsen-Partien zum Nachspielen

Giri nach mehr
Anish Giri hat in Wijk aan Zee auch seine Schwarzpartie gegen Anand remisiert. Aber nicht etwa remis gehalten. Es war der Weltmeister, der zu kämpfen hatte. Es war ihre erste reguläre Partie, aber voriges Jahr spielten sie vor dem WM-Kampf Sparringspartien zu Eröffnungen, die Anand für Topalow testen wollte. Zwei davon hat Giri übrigens gewonnen, wie er dem NRC Handelsblad kürzlich verriet. Dass er den Ruhetag blokartend am Strand verbracht hatte, rächte sich jedenfalls nicht. Schon um den 20.Zug herum war Schwarz am Drücker, obwohl Anand keinen offensichtlichen Fehler begangen hatte. Während der Inder brütete, wie er sich behaupten konnte, sah man Giri entspannt herumspazieren und sich den Stellungen des C-Turniers widmen. In der Endphase drängten sich Hunderte hinter der Absperrung, um einen Blick auf Giri, Anand und ihre Stellung zu erhaschen. Der einzige Fehler, den der sehr lebendig und lesenswert schreibende Livekommentator Ian Rogers in Giris Spiel nachweisen konnte, war sein letzter Zug. Mit 49...Tb6 hätte der 16jährige zwar nicht unmittelbar gewonnen, aber wohl auf Gewinn gestanden, meint der australische Großmeister. Nach 49...Td2? kam Anand mit dem Schrecken und einem halben Punkt davon. Giri hatte nach 50.Tc7 c2 51.Tc6+ Kh5 den Zug 52.Tff6 nicht auf der Rechnung. Aber wir haben Giri auf der Rechnung. Seine Fortschritte, seit er vor nicht ganz drei Jahren in die Niederlande übersiedelte, suchen im Spitzenschach ihresgleichen. Bei seinem ersten Weltklasseturnier behauptet er sich auf Augenhöhe. Einem gewissen Magnus Carlsen war das nicht gelungen. In Elopunkten legte Giri in den letzten drei Jahren doppelt so viel zu wie der Norweger im entsprechenden Alter.
Der hat übrigens an diesem Samstag einen sehr hübschen Sieg gegen Wang Hao eingefahren, und beißt sich vermutlich in den Hintern, gegen Giri und Nepo nicht remis genommen zu haben. Denn dann wäre er jetzt punktgleich mit Leader Nakamura, der vor seinem ersten großen Turniersieg steht.

Wijk aan Zee: Star der zweiten Reihe Ilya Nyzhnik
Letztes Jahr hatte im B-Turnier Anish Giri als Zwölfter der Setzliste sein Coming-Out. Dieses Jahr scheint ihm der 15-jährige Ilya Nyzhnik in nichts nachzustehen. In der Juliausgabe unseres Magazins stellten wir ihn bereits als Newcomer vor ("Wer wird der neue Magnus Carlsen?", SW 07/2010). Nach seinem heutigen Sieg gegen den einzigen deutschen Teilnehmer, Sebastian Siebrecht, führt er das Turnier mit 5,5 aus 7 an. Nicht schlecht, bedenkt man, dass das dritte Turnier mit einem Eloschnitt von 2507 ungefähr dem Niveau der aktuellen deutschen Nationalmannschaft entspricht.

Stellung nach 16. Sd5
Warum nun das Turmopfer 16. - Da4??? Solange man nicht Shirow heißt, gelten die Grundregeln des Schachs: Play simple chess - spiele einfaches Schach! Extravaganz bringt keine Punkte. nach 16. - Dd8 17. Dxc4 Ta7 ist die Welt noch in Ordnung. Einige Züge später gab es die Quittung: Material zählt fast immer!

Da wurde wohl etwas verwechselt. bei Shogi ist es sinnvoll die Grundreihe des Gegners zu erreichen, da die Figuren die stärkste Wirkung nach vorne erzielen. Beim Schach hingegen sollte der König, zumindest im Mittespiel, schön zu Hause bleiben

Wijk in Bildern

Carlsen bei der Auslosung
Die neue Dekoration des Spielsaals
Carlsen-Giri: Eroeffnungsphase am Brett
Carlsen-Giri: Giri analysiert

Ivan Sokolov kommentiert live

Jugendsimultan im Zelt: Viele zukuenftige Giris

Strand-Springer

Giri nach der Partie gegen Nakamura

Selten verlor eine Nummer eins so
Carlsen 1.0 - Giri (aka Carlsen 2.0)

20.Sg5?
2010 im Schnelldurchlauf
Los ging es mit der Mannschafts-WM im türkischen Bursa und einem Favoritensieg Russlands. Überraschend holten die USA mit dem überragenden Nakamura und Indien, obwohl ohne Anand, die Medaillen vor den höher eingeschätzten Team aus Aserbaidschan und Armenien. Den besten Start des Jahres erwischte Alexei Schirow in Wijk aan Zee mit fünf Siegen en suite. Am Ende wurde er dann doch noch überholt von dem trotz seiner erst 19 Jahre seit 1.Januar Führenden der Weltrangliste Magnus Carlsen. Die B-Gruppe wurde eine Beute des nächsten Carlsen, des 15jährigen Anish Giri.
Weltmeister Anand riss sich in Wijk aan Zee bei seinem letzten Test vor seinem Titelkampf kein Bein aus und holte seine üblichen plus zwei. Anders einen Monat später Wesselin Topalow: Mit unberechenbarem, hoch riskantem Schach gewann der Herausforderer in Linares, wo allerdings weder Carlsen, Anand noch Kramnik am Start war. Das wahrscheinlich stärkste Open des Jahres gewann der 18jährige Vietname Le Quang Liem. Während die Nationalspieler bei der EM in Rijeka unter ferner liefen mit ansahen, wie der 19jährige Jan Nepomnjaschtschi als Nummer 35 der Setzliste Europameister wurde, holte sich ein anderer Junior, der 18jährige Hamburger Schüler Nicolas Huschenbeth den deutschen Titel.
Korruption ist im Weltschach sonst eher auf Funktionärsebene ein Problem. Hoffnungen auf Veränderung nährte die Kandidatur von Anatoli Karpow um die FIDE-Präsidentschaft mit maßgeblicher Unterstützung von Garri Kasparow und dessen Draht zu Financiers im Westen. Das Turnier im rumänischen Bazna mauserte sich zum Elitewettbewerb. Der Sieger hieß einmal mehr Carlsen. Derweil eskalierte ein seit längerem schwelender Streit zwischen den Nationalspielern und dem Deutschen Schachbund um Honorare und die Bedingungen für Profis in Deutschland. Dazu gehört etwa auch, dass in Dortmund nur Naiditsch willkommen ist (das unzureichend gemanagte Turnier gewann heuer Ponomarjow) und in Mainz, dem Treffpunkt des Schachs in Deutschland, aufgrund der Wirtschaftskrise das Programm auf zweieinhalb Tage eingedampft werden musste.
Bei der Schacholympiade holte dann eine Ersatzauswahl mit Platz 64 das mit Abstand schlechteste deutsche Ergebnis. Im sibirischen Chanti-Mansisk enttäuschte auch Gastgeber Russland und musste Gold den leidenschaftlicheren, von einem entfesselten Wassili Iwantschuk angeführten Ukrainern überlassen. Dafür dominierten die Russinnen den Frauenwettbewerb. Bei der FIDE-Wahl unterlag Karpow mit praktisch der selben Marge wie vier Jahre zuvor Bessel Kok gegen Kirsan Iljumschinow, dessen Hintermänner seit 1995 in die eigenen Taschen wirtschaftend das Chaos verwalten.
Kurz danach schockte der Norweger, dessen WM-Sieg für viele nur eine Frage der Zeit ist, mit dem Rücktritt aus dem im Frühjahr anstehenden Kandidatenturnier. Keinen klaren Sieger gab es in Moskau. Aronjan (der anschließend die Blitz-WM gewann), Mamedscharow und Karjakin teilten am Ende Platz eins. Das wäre nach der üblichen Wertung auch in London der Fall gewesen. Weil ein Sieg dort aber drei Punkte wert war, wurde Carlsen vor McShane und Anand zum Sieger erklärt. Zwischendurch setzte Marc Lang, FIDE-Meister aus Günzburg, mit einem Blindsimultan gegen 35 Gegner das deutsche Schachhighlight des Jahres. Die Frauen-WM im türkischen Antakya wurde von den Chinesinnen dominiert. Den Titel holte sich die 16jährige Hou Yifan, so dass sie sich künftig wohl öfter mit Männern messen darf.
Russischer Meister wurde nach einem Stichkampf, in dem es nur Remisen gab, und obwohl er zuvor im regulären Vergleich gegen den gleichaltrigen Karjakin unterlegen war, der mittlerweile 20jährige Nepomnjaschtschi. An die Weltranglistenspitze kehrt aber, nachdem zwischenzeitlich Anand vorne war, Carlsen (ebenfalls 20) zurück.
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