Daniel Fridman
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Samstag, 10 März 2012 15:47

Daniel Fridman ist Deutscher Meister 2012

Mit eindrucksvollen 7,5 aus 9 gewinnt der an 1 gesetzte Daniel Fridman die Deutsche Meisterschaft 2012. Herzlichen Glückwunsch zum verdienten Turniersieg.

Handelten wir vor zwei Tagen noch Igor Khenkin als klaren Favoriten, ließ dieser in den beiden letzten Runden das Turnier „austrudeln“. Einmal mehr zeigte sich, dass eine risikoaverse Einstellung ausgezeichnet für Mannschaftskämpfe und solide Einzelturniere ist, Turniersiegen aber im Weg steht. Dabei hatte Khenkin das leichtere Restprogramm bei einem halben Punkt Vorsprung. Doch mit zwei mehr als farblosen Remispartien gegen Spieler um die 2400 Elo (seine Eloerwartung lag bei dieser Gegnerschaft bei rund 80%), bei denen bereits die Eröffnungswahl eine gewisse „Are we friends today?“-Grundhaltung signalisierte, blieb am Ende nur der zweite Platz.

Trotzdem waren die beiden Topgesetzten eine Klasse für sich. Der Pulk auf Platz 3 (Kotainy, Siebrecht, Stern und Wagner) weist einen ganzen Punkt Abstand auf.

Khenkins Eloabstand auf den drittenTitelaspiranten, Rainer Buhmann, vergrößerte sich mit diesem Turnier auf fast 40 Punkte, was die lästige Nominierungsdiskussion für die anstehende Schacholympiade in Istanbul durchaus wieder anheizen könnte.

Details unter http://www.dem-2012.de/

Vorentscheidung auf der Deutschen Meisterschaft?
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Das Schach des Wettkampfs folgt nicht immer dem unabdingbaren analytischen Anspruch der Trainingsphase. Mit fortgeschrittener Stunde steigt die Fehlerquote erheblich, und auch starke Großmeister bleiben von groben Schnitzern nicht verschont. In Zeitnot spielt niemand gut! Jüngstes Beispiel war die heutige Partie am Spitzenbrett der Deutschen Meisterschaft zwischen Niklas Huschenbeth (Deutscher Meister 2010) und Titelverteidiger Igor Khenkin.

Das Gleichgewicht war lange Zeit nicht wesentlich gestört, und die Partie erreichte ein remisliches Turmendspiel, aus dem ich mich als Zuschauer ausklinkte. Ein erneuter Blick rund 30 Minuten später offenbarte, dass die Irrungen hier erst begangen:

huschkhenk350

Huschenbeth,Niclas (2509) - Khenkin,Igor (2632)

49...Kd4 50.h6 gxh6= 51.Kf5?? -+ Ein eigentlich folgenschwerer Fehler, der den schwarzen König ins Spiel kommen lässt. 51.Tg1 (g7 verbietet sich wegen Tf7+) e3 52.Kf3 e2 53.Kf2 b5 54.Ke1 Tg7 55. Kxe2 führt schnell zum Remis

bannerendspiel anz51...Te8??= Lässt die Chance ungenutzt: 51...e3 52.g7 Tf7+ Dieses lästige Zwischenschach hatte Huschenbeth wohl übersehen. Nun kommt der weiße Turm nicht hinter den e-Bauern, was im weiteren Verlauf noch essentielle Bedeutung hat. 53.Kg6 Txg7+ 54.Kxg7 e2 55.Tg1 Ke3 Weiß muss den Turm für den Bauern geben und der schwarze b-Bauer entscheidet. 52.g7 Tg8 53.Kg6 e3 54.Tg1??-+ (-7 BE) Damit lenkt Weiß fast in die letzte Variante ein und verliert kampflos. Das Remis war jedoch nahe: 54.Kh7 Txg7+ (oder 54...e2 55.Kxg8 e1D 56.Tg4+ Kc5 57.Kh8) 55.Txg7 e2 56.Td7+ Remis durch Schachs von hinten Kc4 57.Te7 Kd3 58.Td7+ Kc2 59.Tc7+ Kd2 60.Td7+ Ke1 61.Txb7. e2 55.Kxh6 Ke3 56.Kh7 Txg7+ 57.Kxg7 Kf2 58.Tb1 e1D 59.Txb7 Dc3+ 60.Kh7 Dh3+ 0–1

Eigentlich einfach – oder? Zuschauer mit Computerunterstützung sehen mehr…

Auf hoher See, vor Gericht und bei einer Turnierpartie ist man jedoch in Gottes Hand.

Nach sieben Runden weist Khenkin einen halben Punkt Vorsprung auf und ist somit klarer Anwärter auf den zweiten Titel in Folge.

Nominierungsroulette zur EM - Der Fall Khenkin
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Mittwoch, 21 September 2011 14:42

Nominierungsroulette zur EM - Der Fall Khenkin

Gerade ein paar Tage ist es her, dass wir vom Comeback der alten Nationalmannschaft und der Hoffnung auf ein Ende der Querelen berichteten und schon verdunkelt sich der Himmel erneut. Betroffen ist diesmal der etwas undankbare fünfte Platz. Die Nominierung Rainer Buhmanns, mit Elo 2606 die Nr. 8 der deutschen Rangliste, löste bei vielen Lesern Verwunderung aus. Rangierte doch unter Anderem der amtierende Deutsche Meister, Igor Khenkin, deutlich vor ihm.

Darüber ob Ballack oder Lahm der bessere Fußballspieler ist, lässt sich trefflich streiten, im Schach hingegen gibt es eine klare Leistungseinschätzung über die Elozahl. Nur selten basieren Mannschaftsaufstellungen auf anderen Kriterien. Warum wich der Bundestrainer von dieser klaren Vorgehensweise ab? Wir machten uns auf die Suche und trafen dabei auf ratlose und enttäuschte Spieler:

Deutschlands Nummer 5 (Elo 2628), Alexander Graf:

Es ist schon 4 Jahre her, dass ich aus dem Team gestrichen wurde. Der Grund wurde mir nicht mitgeteilt. Wegen des Alters vermute ich. Seitdem hatte ich keinen Kontakt mit dem DSB.“

 

seminar-Banner-anz300Igor Khenkins Ratlosigkeit

Damit ist für Graf das Thema Nationalmannschaft wohl passé. Nicht jedoch für den amtierenden Deutschen Meister, Igor Khenkin (2624). Von ihm erreichte uns folgende Stellungnahme:

 

"Letztlich ist Uwe Bönsch natürlich der Bundestrainer und hat das Recht und die Pflicht die Mannschaftsmeldung für die EM zu machen. Aber wie Viele, frage ich mich natürlich auch, nach welchen Kriterien denn die Mannschaft aufgestellt wird ? Die ersten Vier werden wohl nach ELO-Zahl aufgestellt, der fünfte Teilnehmer aber nicht. Sowohl Alexander Graf wie auch ich haben doch eine erheblich bessere Zahl. Nicht einmal der Deutsche Meistertitel war hier ausschlaggebend, auch danach habe ich weiter sehr erfolgreich gespielt und meine ELO-Zahl weiter verbessert. Aktuell habe ich die gleiche ELO-Zahl wie Jan Gustafsson (ELO 2631).

Letztlich mag es noch neben der ELO-Zahl andere Kriterien geben, warum aber nur für den fünften und nicht für alle. Welche Kriterien sind es denn überhaupt?

Hierzu schrieb mir Uwe Bönsch nichtssagend:

"Heute wurden die Mannschaften für die Europameisterschaft nominiert. Leider muss ich dir mitteilen, dass du in der aktuellen Aufstellung nicht berücksichtigt wurdest. Verschiedene Faktoren haben bei der Wahl der Spieler eine Rolle gespielt. Am Ende fiel die Entscheidung jedoch auf Grund des Gesamtpakets."

Welche Faktoren, was für ein Gesamtpaket? - das sind leere Worthülsen. Da ich nicht weiß, warum man mich nicht berücksichtigt, fühle ich mich schlecht behandelt und bin sehr enttäuscht. Es ist eben besonders schmerzhaft, wenn man durch so einen Willkürakt - der nicht sinnvoll begründet wird – daran gehindert wird für sein Land zu spielen. Daher appelliere ich noch einmal an Uwe Bönsch und die Verantwortlichen vom DSB, mir doch irgendwie objektive Gründe für meine Nichtberücksichtigung mitzuteilen."

Igor Khenkin

Nun stellt sich die Frage, ob persönliche oder triftige interne Gründe für die Entscheidung vorliegen. Doch auch dann sollten diese zumindest den Betroffenen, unter Umständen auch der Öffentlichkeit, mitgeteilt werden und natürlich nicht in Form einer unpersönlichen e-Mail.

Khenkins Weg über unseren Blog wirkt wie das letzte Mittel und offenbart, dass die interne Kommunikation nicht funktioniert. Bei unbeteiligten Beobachtern kann schnell der Eindruck entstehen, es gäbe kein Miteinander und Funktionäre die selbstherrlich die Ohnmacht der einzelnen Spieler ausnutzen.

bannersr400anzVon einem der bestbezahlten Funktionäre des deutschen Schachs erwarte ich eine deutlich andere und intensivere Art der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Die Hauptaufgabe eines Bundestrainers liegt dabei in der Führung einer Nationalmannschaft, ihr sich gegebenenfalls unterzuordnen, eben alles für guten Teamgeist und bestmögliches Abschneiden zu tun. Schachliche Unterstützung hingegen kann er auf diesem Niveau kaum noch bieten, aber das muss er auch nicht.

Solange sich Erfolge einstellen, kann man über vieles hinwegsehen. Allerdings fällt mir auf Anhieb keine Veranstaltung innerhalb der letzten 10 Jahre ein, in der eine deutsche Mannschaft über den Setzlistenplatz hinauskam.

Es liegt vieles im Argen!