Weg frei für höhere Ziele
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Montag, 20 Dezember 2010 10:16

Weg frei für höhere Ziele

Es kommt nicht häufig vor im Schach, dass die Eloliste eines Jahrgangs von einer Spielerin angeführt wird. Judit Polgar war lange die Nummer eins der 1976 Geborenen. Bis Anish Giris Aufstieg war Hou Yifan Elobeste des Jahrgangs 1994. Zuletzt flachte die Entwicklung der Chinesin allerdings ab. Was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass sie dazu verdammt ist, China beim Sammeln von Frauentiteln zu helfen. Je früher Hou Weltmeisterin wird, umso früher kann sie sich oder vielmehr der Chinesische Verband ihr höhere Ziele setzen, also im richtigen Schach, Verzeihung, im Männerschach, auch nicht richtig, in der offenen Schachklasse, klingt bescheuert ist aber wohl politisch korrekt.
Bei der WM im türkischen Antakya ist Hou nun drauf und dran, diesen Schritt zu nehmen, der ihr vielleicht vor der Schacholympiade 2012 den Weg in die chinesische Herrenauswahl, Verzeihung Offene-Gruppe-Auswahl (oh Mann) ebnet. Im Halbfinale setzte sie sich deutlich gegen die nach Elo etwas höher klassierte Inderin Humpy Koneru durch (die klare Nummer eins der Frauen Judit Polgar hat die Frauen-WM noch nie gespielt, was ihr von der Frauenschachmafia, äh von einigen Kolleginnen übel genommen wird, die anscheinend ernsthaft glauben, dass es dann mehr Publizität und höhere Preisgelder für alle gäbe). Nach einem Sieg in der ersten Partie reichte Hou in der zweiten ein Remis, aber von Klammern nicht die geringste Spur. Sie steckte beherzt zwei Bauern ins Geschäft und blieb bis zum Ende am Drücker. Als Humpy (sicherheitshalber erwähne ich jetzt mal: das ist keine Anbiederung, sondern Humpy und Hou sind die Hauptnamen, wie Anand oder Mao) ihr remis bot, konnte nur Hou noch (mittlerweile mit einem Bauern mehr) gewinnen, aber war ja nicht nötig.


Im Finale über vier Partien ist Hou hohe Favoritin gegen ihre 111 Elopunkte schwächere Landsmännin (Frage an die Sprachpolizei: darf man noch Landsmännin schreiben?) Ruan Lufei.