Wird Meier (links) am Brett Zähne zeigen?
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Donnerstag, 21 Juli 2011 09:20

Hallo Dortmund!

Dass sich Schachfestivals im Sommer terminlich auf die Füße treten, ist kaum zu vermeiden. Die Dortmunder Schachtage, die an diesem Donnerstag im Schauspielhaus losgehen, sind vor einigen Jahren selbst in die theaterfreie zweite Julihälfte und damit genau den angestammten Termin von Biel gegrätscht. Dass auch die FIDE ihre erstmals nicht mehr im Vier-Jahres-Rhythmus ausgetragene Mannschafts-WM auch noch auf diese Zeit legt, ist gemein (zumal es am Austragungsort, dem subtropischen Ningbo, im Juli heiß und regnerisch ist). Die früher belächelte WM ist so gut besetzt wie nie und verspricht nach dem 1:3 der Russen gegen Aserbaidschan am Mittwoch bis zum Abschluss am kommenden Dienstag hochspannend zu verlaufen. Auch Biel kostet Dortmund internationale Aufmerksamkeit, schraubt Carlsen dort doch mit jedem Sieg seine Weltranglistenführung und Elozahl weiter nach oben.  
 
Dabei hätte Dortmund dieses Jahr mal wieder etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Das Teilnehmerfeld ist das interessanteste seit langem. Dass der in Dortmund zuletzt nur langweilende Leko fehlt (so einen Knaller wie gestern bei der Mannschafts-WM gegen Iwantschuk hat er in "seiner zweiten Heimat" bei jährlicher Teilnahme zuletzt 2002 abgeliefert) und mit Anish Giri und Hikaru Nakamura zwei aufstrebende und nicht um Worte verlegene Hoffnungsträger eingeladen worden, ist unbedingt zu loben. Außerdem den unvermeidlichen Kramnik und Aeroflot-Sieger Le.
 
Zu mehr als einem deutschen Teilnehmer hat man sich trotz des (nicht nur von mir) überdeutlichen Lobs für das Londoner Modell (viermal Weltklasse, viermal nationale Spitze) nicht durchringen können. Kurioserweise wurde Naiditsch von den eigentlich elogeilen Dortmundern ausgerechnet im Jahr seiner besten Zahl ein (in jeder Beziehung um ein Jahr verspäteter) Denkzettel verpasst. Dafür kann er dankbar sein, denn in diesem Feld wäre er meines Ermessens erster Anwärter auf den letzten Platz und einen fetten Eloverlust. Dafür erhält Meier seine erste Chance auf so hohem Niveau. Seine Generalprobe, ein Schnellturnier bei den Maccabi-Spielen in Wien, wo er an die 100 Elopunkte mehr als der Zweitbeste hatte, gewann der Trierer zwar mit 17,5 aus 22, gab dabei aber mehr Punkte ab als erwartet. Ich glaube nicht, dass Meier wie Gusti bei seiner einzigen Dortmunder Chance 2008 den Turniersieg in Greifweite haben sondern mit jedem erbeuteten halben Punkt zufrieden sein wird. Und hoffentlich eine oder zwei gewinnt.
 
Wer kommentiert im Schauspielhaus? Gusti und Naiditsch? Wäre mal interessant gewesen (und ein Anreiz vorbeizuschauen), aber Klaus Bischoff und Sebi Siebrecht werden sicher auch einen guten Job machen.
Schöpferische Pause für Leko
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Was bisher über das Teilnehmerfeld der diesjährigen Dortmunder Schachtage nach außen sickert (Le Quang, Nakamura!, Giri!!, ein deutscher Spieler, der nicht Naiditsch heißt!!!), deutet auf ein Umdenken hin. Der seit über einem Jahrzehnt trotz schon seit längerem unbefriedigenden Ergebnissen gesetzte Peter Leko wird trotz seines Dortmunder Managers Carsten Hensel heuer nicht dabei sein.

Was macht der Ungar, der von 20 bis 30 praktisch ständig in den Top Ten war und nun auf Rang 26 abgerutscht ist, eigentlich? Seit der Schacholympiade hat man von dem 31jährigen nichts gehört. Schon in Chanti-Mansisk wollte Leko eigentlich nicht mitspielen, hat sich aber breitschlagen lassen. Seine Website wird schon seit 2009 nicht mehr aktualisiert. Nun gönnt er sich, was er schon nach seinem knappen, durch ein Unentschieden gegen Kramnik verlorenen WM-Kampf 2004 hätte tun sollen, eine schöpferische Pause. Nicht weil er Vater würde, auch nicht für eine größere Reise, sondern einfach, um wieder frische Ideen und frischen Mut zu tanken. Jahrelang bestritt er fast ausschließlich Weltklasseturniere und konnte zuletzt gegen starke Konkurrenten, obwohl es ihm an Spielverständnis sicher nicht fehlt, kaum noch gewinnen. Obwohl er kämpfte, hängt ihm wegen seiner vielen Remis und allzu soliden Eröffnungen das Image des Langweilers an. Nun trainiert er zuhause in Szeged, kriegt gelegentlich Besuch von Analysepartnern wie Berkes und Balogh (ob er auch seinerseits wieder Kramnik wie bei der WM 2008 als Sekundant  im Kandidatenturnier hilft, ist nicht bekannt) und rüstet sich mit hoffentlich mutigeren Varianten fürs Comeback. Voraussichtlich in der zweiten Julihälfte, aber eben nicht in Dortmund sondern bei der Mannschafts-WM im chinesischen Ningbo.   

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