Marc Lang
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Samstag, 26 November 2011 19:48

Weltrekordversuch im Blindschach

Samstagabend, 20.15 Uhr, nach gut neun Stunden Spielzeit steht es 5:0 für Marc Lang. 41 Bretter und eine lange, sehr lange Nacht liegen vor ihm auf dem Weg zum Blindschachweltrekord. Die medienträchtige Veranstaltung wird flankiert von verschiedenen Veranstaltungen vom Simultan mit Vlastimil Hort über ein 24-Stundenblitzturnier bis hin zu einem sog. „Amateur gegen Meister“ -Turnier mit Nationalspieler Jan Gustafsson. Die Unterstützung durch unterschiedliche Sponsoren führt zu einer professionellen Aufbereitung, die auch ein Fernsehteam des SWR anlocken konnte.

Schneller, höher, weiter

IMG 4644Vor einem Jahr erreichte Lang den Europarekord mit 35 Brettern und schien dies im Vorübergehen erledigt zu haben, denn die nächste Steigerung fiel mit weiteren 11 Brettern deutlich aus. Es gilt den nicht bestätigten Weltrekord des Argentiniers Miguel Najdorf aus den 40er Jahren zu übertreffen. Doch ist es gar nicht einfach die beiden Veranstaltungen zu vergleichen. Möglicherweise hatte Najdorf, in den 50er Jahren einer der weltstärksten Großmeister, Zugriff auf die Partienotationen und natürlich gab es zur damaligen Zeit weder eine Elo- noch eine DWZ-Zahl, die über die Spielstärke der Gegnerschaft Auskunft geben könnte.

Jeder, der ein Simultan sehenden Auges gegeben hat, kennt jedoch die Schwierigkeiten. Bei rund 45 Gegnern muss man mit mehr als sieben Stunden Spielzeit rechnen, es kommt zu zwischenzeitlichen konditionellen Problemen, „Totphasen“, in denen der Simultangeber höchst anfällig ist, und mit zunehmender Spieldauer verlieren die Gegner oftmals die Lust. Partiefragmente bleiben zudem über Jahre hinweg hartnäckig im Gedächtnis haften.

IMG 4669Beim Blindschach treten diese Probleme in ähnlicher Form auf. Zwar wird der Bewegungsapparat nicht besonders beansprucht, doch die immense Dauer stellt riesige konditionelle Anforderungen an den Simultangeber und in gewisser Weise noch größere an die Teilnehmer. Mit einer normalen Schachpartie hat dies nicht mehr viel zu tun. Wer hat schon das Durchhaltevermögen, 24 Stunden am Brett zu bleiben? Sollten die Spieler die Partien ähnlich lang schleppen wie bei „normalen“ Simultanveranstaltungen kann im Extremfall mit einer längeren Veranstaltungsdauer gerechnet werden.

Was mich immer von Blindsimultanvorstellungen abhielt. war jedoch die unheimliche geistige Belastung. Miguel Najdorf wird z. B. nachgesagt, er wäre nach seiner Veranstaltung zwei Tage durch Buenos Aires gelaufen und hätte weder gewusst, wo er wohnt noch wie er heißt….

Drücken wir Marc die Daumen und hoffen, dass die Sache gut über die Bühne geht.

Aktuelle Informationen gibt es auf der gut gemachten Website.

Nachfolgend eine erste Kostprobe:


Update Sonntagmorgen, 06.59 Uhr

Marc Lang gewinnt 34,5:11,5.
Herzlichen Glückwunsch zu dieser unglaublichen Leistungen und zum neuen, erstmals auch offiziell bestätigten Weltrekord!

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Marc Lang
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Freitag, 25 November 2011 19:10

Schaut auf diesen Mann!

Nach dem nicht unbedingt vom Hocker hauenden Moskauer Turnier zurück zu den Ereignissen, an die man sich vielleicht noch erinnern wird: Samstag in aller Frühe startet Marc Lang seinen Weltrekordversuch im Blindsimultan an 46 Brettern. Anders als vor zwei Jahren, als der Günzburger den Deutschen Rekord brach, hat er sich intensiv und durchdacht vorbereitet. Der Schachbund hat einen Vorbericht mit Fotos. Es gibt einen Eventblog und eine Liveübertragung - ich würde mal rechnen bis Sonntag mittag. Bei seinem letzten, dem europäischen Rekord an 35 Brettern, ging für den "Blindsimulanten", wie er sich gerne nennt, alles glatt. Lang (der auf diesem Blog auch noch einen weiteren Fan hat) musste in keiner Partie in ein langwieriges Endspiel. Das wird sich dieses Mal kaum wiederholen. Mein Tipp: es wird viel, viel schwerer, aber er schafft es. Ich halte die Daumen!  

Robert Hübner: Konzentration pur
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Vor einigen Wochen stellte Marc Lang einen Europarekord im Blindsimultanschach auf. Nach knapp 24(!) Stunden waren  25,5 von 35 Punkten erreicht. Angeregt durch die Resonanz zu dieser Veranstaltung bewegte ich Robert Hübner zu einem Blindsimultan an 6 Brettern ablässlich der 1. Schachwoche Sonnenalp. Der Kölner Großmeister, Deutschlands bedeutendster Schachspieler des 20. Jahrhunderts, beeindruckte zuvor durch großartige Ergebnisse im Blindschach. So bezwang er 1997 eine Auswahl der Kölner Schachfreunde mit 5,5:0,5 und zwei Jahre später die erste Mannschaft des Zweitbundesligisten SF Kreuzberg, die einen Eloschnitt von 2300 aufwies, mit 5,5 zu 2,5.

gruppe2

Der Eloschnitt derTeilnehmer war mit knapp 1600 deutlich niedriger. Doch trotzdem nahm Hübner seine Aufgabe keineswegs leicht. Ihm bei der Arbeit zuzuschauen, war ein besonderes Erlebnis. Er wirkte nicht schwächer als am Brett. Die gewaltige geistige Präsenz war zu jeder Zeit spürbar und manifestierte sich in einem 6:0 nach knapp dreieinhalb Stunden Spielzeit. Eine Leistung, die seiner Meinung nach trainierbar ist, ich mir aber in dieser Form nicht unbedingt zutraue....

gezeichnet
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Mittwoch, 01 Dezember 2010 00:07

Medienrummel um Marc Lang

Alle Achtung: das hat Marc Lang gut gemacht! Der Blindschachspezialist ist in unzähligen Medien präsent. Etliche regionale und einige überregionale Blätter wurden auf das außergewöhnliche Thema aufmerksam und berichteten vom Reihenspiel ohne Spielsteine.

Das Medium Radio vertrat das „Schwabenradio“ (SWR 4, immerhin!), welches gleich zwei Beiträge sendete, einen davon am Sonntagmorgen direkt nach geschlagener Schlacht. radio

Und sogar das Fernsehen zeigte Schach. Im SWR wurden dem außergewöhnlichen Anlass rund 5 in der Landesschau eingeräumt.

http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=5940412http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=5940412

Um das Ganze noch mal kurz zusammenzufassen. Lang war bereits Deutscher Rekordhalter in der Blindsimultandisziplin, am Wochenende hat er seine eigene Bestmarke nun auf 35 Bretter hinaufgeschraubt. Eine Wahnsinnstat, doch damit nicht genug. Dies soll nur eine Durchgangsstation sein; im nächsten Jahr will er sich an 46 Gegner herantrauen, was eine Verbesserung des offiziellen, noch von der Zeit kurz nach dem zweiten Weltkrieg herrührenden Weltrekords von Miguel Najdorf bedeuten würde. Najdorf wollte damit einst die Aufmerksamkeit der Welt auf sich lenken in der Hoffnung, von seinen in Polen zurückgebliebenen Angehörigen Lebenszeichen zu erhalten. Die Hoffnung, die Lang lenkt, ist eine, die uns alle umtreibt: die, Schach populärer werden zu lassen und von der Öffentlichkeit wahrgenommen und geschätzt zu werden.

Für das Schach hat er beste, nämlich durchweg positive Werbung betrieben und dafür sind wir dankbar.

werbung

Es braucht scheinbar eine verrückte Idee, um die Aufmerksamkeit der Medien zu erreichen. Wenn tausende Schachspieler aus aller Welt irgendwo in Sibirien zur Schacholympiade zusammenkommen, dann ist das der Presse kaum einen Einspalter wert. Auch Kämpfe zwischen Großmeistern, selbst wenn es um die Weltmeisterschaft geht, verlieren schnell an Reiz. Es muss schon aberwitzig und wider der Natur sein, wenn man die Medien zum Atufhorchen bewegen will.

Wir wollen nicht anfangen, über Sinn und Unsinn solcher Jahrmarksszenerien nachzudenken. Wohl muss man nicht verrückt sein, um sich einem solchen kräftezehrenden Ringen auszusetzen, aber vielleicht können durch die enorme Anspannung der geistigen Kräfte die Sicherungen durchbrennen. Schon Tarrasch hat solcherlei gemutmaßt, jedenfalls ist eine gute Physis wie eine starke Psyche vonnöten.

Zudem ist es wichtig, eine Utopie zu haben und das Durchhaltevermögen, diese dann umzusetzen. Bei Lang vereinen sich glücklicherweise ein paar  günstige Eigenschaften. Unabdingbar ist sein Talent für solche Blindsimultanvorstellungen. Aber der Rummel um seine Person wäre nicht so groß, wenn er nicht als dieser „Normalo“ rüberkommen würde: der fürsorgende Familienvater von nebenan, unkapriziös, weder abgehoben noch arrogant. Keiner der üblichen Psychopaten, als die die Schachspieler ansonsten in Wort und Bild immer dargestellt werden, weder der zerstreute Professor noch der egozentrische Machtmensch, der das Ego der Gegner zertrümmern will. Einer von uns mit einer kleinen, wenngleich faszinierenden Begabung. So also kann man die Medien für sich einnehmen, auch wenn man es gar nicht will. Denn wenn er geahnt hätte, wie viele Anrufe er bekommen würde und wie viele Interviews Arbeitsplatformer führen müsste, hätte er sich vielleicht doch lieber diskret im Hintergrund gehalten, so Lang. Bescheiden eben, aber sicher auch mit einer ordentlichen Prise Koketterie durchzogen. Um einen lustigen Spruch ist der gebürtige Ditzinger selten verlegen. Unterhaltsam schreiben kann er übrigens auch, man sehe die Artikel auf seinem Blog:   http://www.schach-sontheim.de/blindsimultan/blog

Nicht zu vergessen ist die gewichtige Rolle, die der Schachklub Sontheim/Brenz bei der Realisierung der Veranstaltung spielte. Der Verein und seine Führung gaben Langs verrückter Idee volle Rückendeckung und setzten sich engagiert für das Gelingen des Ganzen ein. Und der Aufwand, der hierfür betrieben wurde, war sicher kein geringer! Hier noch der Hinweis auf die Homepage dieses umtriebigen Vereins auf der Ostalb, gerade am Rande von Baden-Württemberg: http://www.schach-sontheim.de/

Nichtsdestotrotz war die Provinz (Sontheim hat kaum mehr als 5000 Einwohner) für ein Wochenende der Nabel der deutschen Schachwelt. Herzlichen Glückwunsch und viele Grüße in meine alte Heimat!