Schwarz am Zug, was tun?
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Sonntag, 12 August 2012 21:25

Remis mit 26 Mehrbauern

Ich mache mal da weiter wo ich zuletzt aufgehört habe - Stellungen aus tatsächlich gespielten Partien mit dem Auftrag "Schwarz zieht und gewinnt" (mitunter auch Weiss, aber hier ist Schwarz dran). Unterschiede zum letzten Mal sind: es gibt nur eine Stellung (zu der ich dann noch die ganze Partie zeige), und die beteiligten Spieler haben den Gewinn beide nicht gesehen sondern erst hinterher auf der Pressekonferenz davon erfahren. Das Ganze geschah auf der russischen Meisterschaft. Svidlers Springer hatte gerade auf c5 einen Elefanten gefressen (so heisst der Läufer im Google-übersetzten Schachrussisch), und Vitiugov versäumte es ihn dafür zu bestrafen und gab stattdessen, mit noch etwa 30 Sekunden auf der Uhr, Dauerschach.

Dabei hatte er in dem Moment, und nochmal zwei Züge später, laut Houdini 26 Mehrbauern (oder noch mehr, für Leute die nur Klötze zählen hat Schwarz ja Turm und Läufer weniger). Das ist natürlich nicht wörtlich gemeint, erstens ist ja sogar im Tandem 16 Mehrbauern das absolute Maximum, zweitens wer will schon 26 Mehrbauern die nur die eigenen Figuren behindern? Sagen wir also, Houdini bewertet die Stellung als -26, gewonnener geht kaum für Schwarz. Aber warum? Was haben beide Spieler nicht gesehen? Wer diese Frage beantworten kann (am besten in 30 Sekunden) darf dann spekulieren warum sie es nicht gesehen haben. Den Chessbase-Pfeil habe ich spasseshalber drin gelassen - obwohl ich inzwischen weiss wie man das abstellen kann - aber Lxh1 ist jedenfalls nicht die Lösung.

Wie versprochen gibt es noch die gesamte Partie, allerdings ohne Kommentar. Ich kann zwar die französische Sprache recht fliessend (habe einige Zeit in Frankreich verbracht), aber von der französischen Eröffnung habe ich so gut wie keine Ahnung. Im Gegensatz zu Vitiugov, der nicht nur Grossmeister der gehobenen Kategorie ist sondern auch ein Buch über Französisch geschrieben hat. Ob er diese Variante schon mal auf dem Brett hatte und ob sie in seinem Buch besprochen wird entzieht sich meiner Kenntnis.

Noch ein paar Worte zum Turnier insgesamt: Es wurde sehr viel remis gespielt, nicht immer war es so spektakulär wie in dieser Partie, oft war es nicht zu vermeiden. Zur Strafe müssen oder dürfen am Montag gleich sechs Spieler nachsitzen und im Schnellschach den russischen Meister ermitteln - 5/9 reichte zum geteilten ersten Platz, aber eben nur zum 1.-6. Platz. Dabei sind, in alphabetischer Reihenfolge, Alekseev, Andreikin, Jakovenko, Karjakin, Potkin und Svidler. Letzterer besiegte nach überstandenem Abenteuer gegen Vitiugov heute Grischuk mit Schwarz und übernahm dadurch dessen Platz im finalen Finale.

Wird sich einer aus dem A-Team durchsetzen? Entscheidet der K-Faktor? Oder gewinnt am Ende wieder mal Svidler? Dass K nicht doppelt dominieren würde war schon vorher klar denn Kramnik hat auf seine Teilnahme verzichtet. Nur beim olympischen Marathon den ich mir heute auch angeschaut habe herrschte altmodische K-Dominanz: Kiprotich gewann vor Kirui, Kipsang und Keflezighi, aber das nur nebenbei.