Die nächste Ausgabe gilt ab Juli 2013
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Donnerstag, 06 September 2012 08:56

Augenmaß kriegt wieder eine Chance

Die unsägliche Gängelung von uns Schachspielern durch übertriebene Sanktionen und machtgeile Schiris wird möglicherweise dieser Tage in Istanbul eine Spur zurückgedreht. Dies im Zuge der alle vier Jahre möglichen Reform der Laws of Chess. Diesem Positionspapier aus der Schiedsrichterkommission des DSB zufolge wird der FIDE-Kongress wahrscheinlich beschließen, dass Nullkarenz nicht automatisch gilt, wenn es in der Ausschreibung vergessen wurde, und dass ein Mobiltelefongeräusch nicht mehr zum Partieverlust führt, wenn die Ausschreibung eine andere Sanktion vorsieht. Das Abstrafen von Vergesslichkeit hat schon mehr als genug Frust hervorgerufen. Gelten würden die Regeln, die ein wichtiges Stück Augenmaß zurückbringen, ab 1. Juli 2013. Ich könnte mir fast vorstellen, dann mal wieder ein konservatives Schachturnier zu organisieren. Erstmal aber am 30. September am Adria in Wien etwas auf der innovativen Seite, nämlich ein "baskisches Turnier" (zwei Partien gleichzeitig gegen den gleichen Gegner).   

Werner Was-springt-für-mich-raus Stubenvoll
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Freitag, 17 August 2012 06:21

Ausschreiben auf österreichisch

34mal hat das Oberwarter Open stattgefunden. Es gibt nicht viele Opens, die auf eine so lange Tradition zurückblicken. Eine 35. Auflage wird es in dem Ort, der durch eine der meistverkauften Liveaufnahmen Popgeschichte schrieb, wohl nicht geben. Sonst hätten sich die Veranstalter Werner Stubenvoll und Siegfried Posch nicht einen solchen Schmäh bei der Preisgeldausgabe oder vielmehr Preisgeldeinbehaltung erlaubt und damit den Ruf der Veranstaltung ruiniert und den des burgenländischen Städtchens befleckt. Was soll man sagen: Live is life? Oder doch Nanananana?

 

"Doppelpreise sind nicht möglich, es wird der höhere Preis ausbezahlt", heißt es in der Ausschreibung. Üblich ist dann, und so war es auch in Oberwart in der Vergangenheit, dass der niedriger dotierte Preis an den Nächstgereihten geht. Stubenvoll und Posch haben den jeweils niedrigeren Preis einfach einbehalten. Am Beispiel des Turniersiegers erklärt: Peter Schreiner kassierte 1233 Euro als Wertungserster, die für den besten Österreicher ausgelobten 800 Euro verfielen (Schlusstabelle). Insgesamt behielt das bauernschlaue Duo so mehr als 2000 Euro von den ausgelobten Geldern ein. Sonst hätten sie an der Veranstaltung nämlich nicht gut genug verdient. Dass sich irgendeiner der Zukurzgekommenen sein Geld auf juristischem Weg holt, oder gar alle zusammentun, ist nicht bekannt und wäre wohl in der auf dem ÖSB-Forum geführten Diskussion aufgeschienen.

 

Stattdessen haben sich einige erst einmal hilfesuchend an den Österreichischen Schachbund gewandt. Immerhin ist Stubenvoll Vorsitzender von dessen Technischer Kommission, also oberster Regelhüter im österreichischen Schach, und seine Auslegung von Ausschreibungen die einzig gültige, wie ich aus eigener Erfahrung weiß*. Doch der ÖSB erklärte sich für nichtzuständig, weil das Turnier eine Privatveranstaltung gewesen sei. Wenn Ausschreibungen österreichischer Opens künftig nach Oberwarter Weise zu verstehen sind, also Spieler wohlmöglich davon ausgehen müssen, dass alles im Sinne der Veranstalter zu lesen ist, bedeutet das freilich ein PR-Problem für den gesamten Openstandort Österreich. Aber die anderen Veranstalter freuen sich wohl erst einmal, dass mit Oberwart ein Wettbewerber vom Markt verschwindet.

 

Auch Siegfried Posch war früher Funktionsträger beim ÖSB. Wenn mich nicht alles täuscht für Marketing. Er hat keinen Ruf mehr zu verlieren. Um für seine Mannschaft Fürstenfeld das Geld zusammenzukratzen, ist ihm inzwischen fast jedes Mittel recht. Ohne ausreichende Kenntnisse der Technik verkauft er Liveübertragungen, die immer wieder zusammenbrechen. Dass er in der österreichischen Bundesliga zuletzt trotzdem oft zum Zug kam, lag an einem Marketingkniff: Er engagierte den Leiter der Liga, natürlich kein anderer als Werner Stubenvoll, als Übertragungshelfer. Mit dem Herrn der Regeln wollten sich die ausrichtenden Vereine natürlich gut stellen und engagierten lieber Posch und Stubenvoll als den zuverlässigen aber machtlosen Karl Theny. Dass Stubenvoll ohne Zusatzeinnahmen durch die Übertragung an der Bundesliga nicht genug verdient, wird von den Vereinen anscheinend hingenommen. Es gäbe in Österreich vielleicht auch fähige Schiedsrichter mit, sagen wir mal, geringeren finanziellen Ansprüchen.

 

*Als ich voriges Jahr ein kleines Einladungsturnier in Wien veranstaltete, musste ich Stubenvoll eine Ausschreibung schicken. In dem eigentlich allein für die offizielle Dokumentation erstellten Brief vergaß ich die Karenzzeit zu erwähnen. Dass ich alle Teilnehmern in den Einladungen informiert hatte, dass wir keine Nullkarenz anwenden, war Stubenvoll ebenso egal wie, dass ich nach Bemerken des Formalfehlers von allen Teilnehmern vor dem Turnier die Zustimmung einholte, die vergessene Karenzzeit auf eine Stunde zu setzen. Nein, wir mussten mit Nullkarenz spielen. Sonst würde er dafür sorgen, dass die Turnierresultate nicht anerkannt werden. Dass Stubenvoll auch noch zwei Stunden vor der ersten Runde unangemeldet auftauchte (ich war nach dem morgendlichen Aufbauen duschen gegangen) und sich bei der Geschäftsführerin des Designkaufhauses Stilwerk polternd beschwerte, dass eiligst ein Turnierleitertisch herzurichten sei, fand ich auch nur bedingt hilfreich. So lange Stubenvoll reinpfuschen darf, werde ich mich als Veranstalter zurückhalten. Dabei sollte ich ihm eigentlich dankbar sein. Der einzige Fernsehbeitrag über die von mir in Wien ausgerichtete Bundesligarunde wäre ohne ihn wohl nicht sendereif gewesen.