Samstag, 11 Februar 2012 01:24

Unter Killern und Womanizern

Vor kurzem hab ich in Wien ein unbedeutendes Schachdings organisiert. 34 Großmeister dabei, nicht weiter der Rede wert. Die Schachkommunisten der Tageszeitung Standard haben es schon richtig eingeordnet mit den Stichwörtern "Verdorfung" (Wien) und "Virtualisierung" (so viele Zuschauer wie ewig nicht). Na ja, eine massenmediale Einrichtung (ORF 1) meinte aber, wahrscheinlich von wegen öffentlich-rechtlichem Bildungsauftrag, das ganze nicht links liegen lassen zu dürfen, und schickte ein dreiköpfiges Team. Angeführt von einem weißgekleideten Herrn, der sich Hermes nannte, taten sie ihr Bestes, die für die Reduktion des Veranstalterdefizits dringend benötigen Gastroerlöse durch die frühzeitige Konsumation geistiger Getränke anzukurbeln, und holten sich anschließend einige Zuschauer, den Schiedsrichter und auch zwei Spieler vor die Kamera, damit die Fernsehzuschauer mal was Wichtiges über Schach erfahren. Etwa, was ich auch noch nicht wusste, dass in Österreich anscheinend nicht mattsetzen sondern töten gesagt wird oder wie ein Schachspieler eine Frau aufreißt. Unter Killern und Womanizern ist man also bei so einer Schachliga, so so. Vielleicht keine Sternstunde des Fernsehens beim Schach aber doch irgendwie sternige dreieinhalb Minuten in der ORF1-Late-Night-Show Willkommen Österreich (Sendetermin 9. Februar) kamen heraus:

bannerendspiel anzDass der Österreicher Schach für eine ernste Angelegenheit hält, ist somit geklärt. Darüber darf man sich von Thomas Stipsits Kabarettabend "Bauernschach" (hier der Trailer) nicht täuschen lassen. Danke (ach, sind wir jetzt schon im Werbeblock?) an den Stadtsaal Wien, wo der Stipsits das Programm im Februar jeden Sonntag spielt, der so blöd nett war, fürs Aufhängen von einigen Plakaten und Auflegen einiger Waschzettel sechs Freikarten (für meine Helfer) rauszurücken. Und an die Firma Hoanzl, der eine DVD-Aufnahme davon zu einem unverschämten Preis vertreibt. Aber der von Stipsits gerettete Originaltext des von Falco zu "Jeannie" umgedichteten Heulers ist es wert: Chess is just a little boring game in a cold, cold world....