DEM Verden: Ein Prinz in meinem Wohnzimmer
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Dienstag, 14 April 2020 09:37

DEM Verden: Ein Prinz in meinem Wohnzimmer

Corona-Krise 2020, keine neuen (Schach-) Veranstaltungen mehr, alles abgesagt!

Wenn man schon nichts Neues mehr spielen darf, was liegt da näher, als einfach ein altes Turnier noch einmal auszutragen? Gedacht, gemacht - und die Landesverbände des DSB (leider ohne DSJ) einigten sich nun im Rahmen einer Telefonkonferenz auf die Deutsche Meisterschaft 2014 im schönen Verden an der Aller. Dieses historische Turnier wird nun ohne Rücksicht auf Kosten, Mühen und den spektakulär hohen Kaffeekonsum erneut gespielt - bis es wieder weitergehen kann mit der auf Eis gelegten Saison 2019/2020 und den aktuellen Meisterschaften in Land und Bund.

Darum: Verden 2014? - Wir sind (noch einmal) mit dabei!

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Daniel Fridman federt alles ab

Tag der Jugend in Verden

Auch für diesen Dienstag hat die umsichtige Turnierleitung schon wieder eine Runde bei den Deutschen Meisterschaften angesetzt, und obwohl es erst am Nachmittag losgeht, lauern die 44 Spieler bereits am Morgen und richten sich so langsam auf die kommenden Gegner ein.

Die Frage „Wer wird der Nächste sein?“ wurde noch des Nachts mit der Veröffentlichung der Rundenauslosung beantwortet, und schon begann die Arbeit der Meister und mit ihr der Blick in den Variantenkoffer, den Laptop, ins Internet, um den nächsten Gegner ein wenig besser zu verstehen und die ersehnte Lücke zu finden in seinem Repertoire. Groß ist die Kunst der Vorbereitung, und die wahren Meister sind auch darin versiert und beschlagen. Wenn sie sich später dann ans Brett setzen, ist der Matchplan schon entworfen und die ersten Züge tief erdacht.

Turnierleitung, nach der 4.Runde. Souverän wie immer: Torsten Bührmann (Netz und so), Dirk Rütemann (Schiedsrichter), Ralph Alt (Hauptschiedsrichter)

Manche Teilnehmer gehen am Vormittag vielleicht noch spazieren oder schwimmen eine Runde im sehr ansprechenden Verdener Hallenbad Verwell, sie statten den Pferden auf der nahen Koppel neben dem Hotel einen großmeisterlichen Besuch ab, frühstücken sogar und trinken Kaffee, doch eigentlich ist dies alles nur der Rahmen – der Tag beginnt um 15 Uhr, und alles kulminiert in diesem Beginn der neuen Runde.

Turniergericht (nach der 2.Runde)

Noch immer ist das Feld in Verden dicht beieinander, doch mit einem wohltuenden halben Punkt hat sich GM Daniel Fridman bereits von den anderen Spielern absetzen können. In der populären Rubrik Deutschland prüft die Schachprinzen (DPrDSchPr) hatte Fridman gestern selbstlos die Rolle des Jurymitgliedes übernommen, um in einem ereignisreichen Match mit Matthias Blübaum das Nachwuchs-Förderkonzept des DSB auf die Probe zu stellen. Der Punkt in einem knapp entschiedenen Endspiel ging dabei an den Mülheimer Großmeister, der nun heute mit Dennis Wagner gleich den nächsten Prinzen bei sich am Spitzenbrett begrüßen wird.

Kunin - Wagner: die weißen Felder sind schwach, und der h-Bauer läuft mal so los

Wird das Spitzenbrett in Verden zu Daniel Fridmans neuem Wohnzimmer? Dennis Wagner würde diese Geschichte lieber anders weitererzählen, und in der Tat scheint er in guter Form zu sein. Erst gestern konnte er mit den schwarzen Steinen einen schwungvollen Punkt gegen GM Vitaly Kunin einfahren. Heute um 15 Uhr also die neue Episode von DPrDSchPr!

Weiteres Voranschleichen nach h3?
Und nun kommt auch noch der Turm ins Spiel - und bald wurde der weiße König matt
 
Schöner Sieg gegen starken Titelträger: Dimitrij Kollars

Offenbar war es der inoffizielle Tag der Jugend gestern bei den Meisterschaften - nicht nur, dass Dennis Wagner stürmisch gewann, nein, auch Rasmus Svane spielte nach und nach GM Lev Gutman an die Wand, und Dimitrij Kollars vom Delmenhorster SK wehrte sich zäh gegen den IM Martin Breutigam aus Oldenburg. Nach einem Bauernsturm in der Eröffnung sah es erst nicht gut aus für den 15-jährigen Beinahe-Prinzen, doch nach einer Ungenauigkeit seines ideenreichen Gegners übernahm er die Kontrolle und verfolgte seinen König über das halbe Brett. Punkt für die Jugend in einer dramatischen Partie!

Ein großer Tag für Vincent Keymer!

Während Spartak Grigorian (ebenfalls jung) vom SV Wildeshausen gegen Reinhold Müller (er auch!) einen halben Punkt absicherte, konnte ein weiterer junger Mann in dieser vierten Runde brillieren - wenn das so weitergeht, wird sich der Deutsche Schachbund nie mehr Sorgen machen müssen über seine Zukunft!

Der zehn Jahre alte Vincent Keymer behielt souverän den Überblick und die Nerven in einem schwierigen Lavierspiel gegen IM Yuri Boidmann. Sein erfahrener Gegner hatte wohl die Chance auf eine vorteilhafte Abwicklung, indes als diese ungenutzt blieb, schlug die Stunde des deutschen U10-Meisters. Punkt für Vincent, und zugleich der erste Sieg für ihn gegen einen Titelträger in einer Turnierpartie. Wir gratulieren!

Doch seien wir ehrlich - wie ist das überhaupt möglich? In so einem Alter schlägt man doch noch keinen Internationalen Meister, und wenn doch, dann höchstens in einem Simultanspiel mit vierzig Teilnehmern! Früher wäre so etwas nicht erlaubt gewesen, und daher soll man vielleicht noch abwarten, ob die Turnierleitung das Ergebnis der gestrigen Partie tatsächlich werten wird.

Ich meine, zehn Jahre - in diesem Alter wusste ich noch gar nicht, dass es überhaupt Schachvereine gibt, geschweige denn Internationale Meister! Aber was nützt es, die Zeiten ändern sich, und schon mit acht Jahren reiste Vincent begleitet von seinen Eltern und den ehrenamtlichen Betreuern des DSB schon zu den Jugend-Europameisterschaften in die Slowakei - ein vierter Platz wurde es damals, vor zwei Jahren. Mon dieu! Was ist hier los?
Im Namen aller erwachsenen Teilnehmer bleibt uns daher nur Dank zu sagen an Dr. Hauke Reddmann, dem es in der dritten Turnierrunde gelang, dem eigentlich unstoppbaren Vincent Keymer eine Niederlage beizubringen - sonst wäre er sicherlich gleich durchmarschiert ins Wohnzimmer von Daniel Fridman!

Dies und das

Was bleibt noch zu sagen? Der Niedersachsenhof hatte ein freundliches Einsehen und gab in der gestrigen Runde eine Runde Kaffee, Wasser und heißes Wasser (für Tee) aus - als kleine Wiedergutmachung für die recht späten Arbeitszeiten, die aufgrund des Tanznachmittags am Sonntag notwendig geworden waren. Das in dieser Runde etwas reichlicher gedeckte Getränkebuffet wurde allgemein gewürdigt und genossen. Hoffen wir darum zum Wohle des Schachsports, dass auch in den nächsten Runden der Kaffeetisch so großzügig für alle gedeckt bleibt.

Heute kommt das Fernsehen, sie sind wahrscheinlich schon im Haus!, und interviewen Spieler und Turnierleiter. Auch zum Rundenbeginn sind die Journalisten von Radio Bremen noch im Saal - und das ist ungewohnt. Bilder, Fotographen, das kennen wir ja ein bisschen, aber Fernsehen, richtiges Fernsehen? Hui! Wir melden uns wieder, wenn es einen Bericht online zu sehen gibt im Netz.

Bis dahin aber - Schach gucken und genießen. Um 15 Uhr geht´s los!

dem2014.schachbund.de

Olaf Steffens

Olaf Steffens

Olaf Steffens ist FIDE-Meister, wohnt in Bremen und spielt dort für den SV Werder II in der Oberliga Nord-West. Obwohl das Schachspiel eigentlich viel zu schwierig für ihn ist, versucht er es immer wieder und schreibt darüber zusammen mit anderen auf www.schach-welt.de.

Während der Deutschen Einzel-Meisterschaft 2014 schreibt er für den Deutschen Schachbund.

Deutsche Meisterschaft in Verden: Gute Nacht Freunde
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Corona-Krise 2020, keine neuen (Schach-) Veranstaltungen mehr, alles abgesagt!

Wenn man schon nichts Neues mehr spielen darf, was liegt da näher, als einfach ein altes Turnier noch einmal auszutragen? Gedacht, gemacht - und die Landesverbände des DSB (leider ohne DSJ) einigten sich nun im Rahmen einer Telefonkonferenz auf die Deutsche Meisterschaft 2014 im schönen Verden an der Aller. Dieses historische Turnier wird nun ohne Rücksicht auf Kosten, Mühen und den spektakulär hohen Kaffeekonsum erneut gespielt - bis es wieder weitergehen kann mit der auf Eis gelegten Saison 2019/2020 und den aktuellen Meisterschaften in Land und Bund.

Darum: Verden 2014? - Wir sind (noch einmal) mit dabei!

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Verden wartet auf Weltmeister Carlsen

Kommt er, oder kommt er nicht? Noch ist nicht sicher, ob Magnus Carlsen, der alte, aktuelle und vielleicht sogar zukünftige Weltmeister sein Versprechen wahr machen wird und nach dem Ende des WM-Kampfes mit dem Fernbus aus Sotschi direkt zu den Deutschen Meisterschaften nach Verden reist. "Mich reizt die norddeutsche Tiefebene", so der Weltmeister, der schon in der heutigen vierten Runde in den Wettbewerb einsteigen könnte, um seine Chancen im Titelrennen zu wahren.

Die Konkurrenz hier in Verden ist natürlich vorgewarnt - und leicht dürfte es nicht werden für Carlsen, denn Daniel Fridman gewinnt Partie um Partie und hat bereits jetzt drei Punkte Vorsprung auf den norwegischen Weltmeister. Spielen wird er heute gegen den anderen Drei-Punkte-Mann Matthias Blübaum. Direkt hinter dem Führungduo tummeln sich mit Dennis Wagner, Vitaly Kunin und Sebastian Siebrecht drei Titelträger - auch an diesen dreien müsste Carlsen sich erst einmal vorbeiarbeiten auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft. Ebenfalls zweieinhalb mit beachtlicher Souveränität erarbeitete Punkte haben Thilo Kabisch und Sebastian Zehnter - sie trotzten gestern sowohl Dennis Wagner und dem wiederum hartnäckig auf Gewinn spielenden Vitaly Kunin zwei wichtige halbe Punkte ab.

Dennis Wagner und ein spielstarker Zuschauer aus der Region

Manchem wird es aufgefallen sein, dass die gestrige Runde entgegen aller Ankündigung erst um 19 Uhr eröffnet wurde. Kurzfristig hatte sich herausgestellt, dass der große Saal des Hotels direkt neben dem kleinen Saal der Schachmeisterschaft für einen sonntäglichen Tanznachmittag vergeben worden war - ummta, ummta, ummta, und von dieser schönen Wendung und dem Fauxpas des Hotels kurzfristig überrascht, beschloss die Turnierleitung, zur Wahrung der Turnierruhe den Rundenbeginn um vier Stunden zu verschieben. Und tatsächlich, um kurz nach 19 Uhr schwang noch einmal "Gute Nacht, Freude, es wird Zeit für mich zu gehen" durch die Luft, und danach - Stille. Die Partien konnten beginnen.

Leider müssen in dieser Welt oft die Leisen den Lauten weichen - die Tanzwütigen hätten ja eigentlich auch anerkennend sagen könnten, Mensch, Mensch, eine deutsche Schach-Meisterschaft gleich nebenan! Und viele kleine und große Meister direkt hinter dieser dünnen Wand! Da wollen wir mal ein bisschen vorsichtig sein und ganz leise tanzen heute! Doch so kam es nicht, und statt dessen und wie immer waren es die freundlichen Schachsportler, die sich fügten und in die Abendstunden wechselten, sehr zum Missvergnügen des aus einiger Ferne anreisenden Gerlef Meins, den die Nachricht der Spielverlegung nicht mehr rechtzeitig erreichte. Aber vier Stunden Kurzurlaub in Verden - das ist doch vielleicht auch ganz schön? Wir empfehlen hiermit noch einmal das John Lennon-Denkmal, und natürlich das Pferdemuseum. Für den Werderaner endete der Tag zum Glück versöhnlich mit einem Remis gegen GM Rainer Buhmann. Das lange Warten wurde also belohnt, sozusagen. Alles wird gut.

Der späte Rundenbeginn war vermutlich von Vorteil für diejenigen Naturen unter uns, die eher den Eulen als den Lerchen zuzuordnen sind. Alle Eulen und Nachtschwärmer in dem 44-köpfigen Feldes hatten sicherlich bessere Chancen, die bis um 01 Uhr und länger andauernden Partien wacker zu überstehen. Die braven Lerchen natürlich, freundliche Frühaufsteher, werden möglicherweise spät um elfe an ihr Limit gekommen sein. Oder um zwölfe. Oder noch später. Einfach war es nicht, und in der Tat, als um halb eins immer noch gespielt wurde an drei Brettern, da war das Ergebnis sicher auch eine Frage der guten Kondition.

Die Spitzenpaarungen nach Mitternacht

Als spielstarke Eulen erwiesen sich in der Verdener Night Lounge Sergej Kalinitschew, der in der Geisterstunde Matthias Krallmann Gespenster sehen ließ und am Ende einen entscheidenden Bauern gewann, und ebenso Daniel Fridman. In einer komplexen Position mit reichlich weit vorgerückten Freibauern und einem mutig mäandernden Monarchen gelang es ihm nach Mitternacht, Tomislav Bodrozic (einer Lerche, eventuell)  noch einen vollen Punkt abzunehmen.

So sollst Du Schachpartien vorbereiten

Hoffen wir also nach all der Mühsal durch die nächtlich angesetzten Partien, dass die Hotelleitung, warum eigentlich auch nicht, die heutige Kaffeeration im Turniersaal verdoppelt. Oder verdreifacht. Kännchen für alle!

So, und nun? Nun geht die Runde gleich los, und aus Verden darum schöne Grüße in die Welt, an alle interessierten ZuschauerInnen, und an Weltmeister Carlsen. Magnus, am Busbahnhof noch ein paar Kilometer Richtung Autobahn, dann kommt der Niedersachsenhof. Wir spielen gleich rechts, wenn man reinkommt!

dem2014.schachbund.de

Olaf Steffens

Olaf Steffens

Olaf Steffens ist FIDE-Meister, wohnt in Bremen und spielt dort für den SV Werder II in der Oberliga Nord-West. Obwohl das Schachspiel eigentlich viel zu schwierig für ihn ist, versucht er es immer wieder und schreibt darüber zusammen mit anderen auf www.schach-welt.de.

Während der Deutschen Einzel-Meisterschaft 2014 schreibt er für den Deutschen Schachbund.

Die Reiterstadt Verden grüßt Ihre Gäste
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Freitag, 10 April 2020 12:07

La Deutsche Vita in Verden

Deutsche Meisterschaften beginnen am Freitag

Wenn Ralph Alt den sonnigen Freistaat Bayern verlässt und den Rest des Landes besucht, steht meist ein wichtiges Schachturnier vor der Tür. Denn Ralph Alt arbeitet nicht nur als Richter am Münchner Landgericht - auch beim Deutschen Schachbund hat er als Bundesturnierdirektor eine wesentliche Funktion. Er ist der Mann für die großen Veranstaltungen, und bei den allermeisten, wenn nicht sogar allen nationalen Meisterschaften der letzten Jahre - Schnellschach, Blitzschach, Turnierschach- war er vor Ort und sorgte mit viel Umsicht und einem dezenten bayerischen Flair stets für einen reibungslosen Ablauf.

In ein paar Tagen wird sich der Turnierdirektor einmal mehr auf den Weg machen und die bayerischen Landesgrenzen für einige Zeit hinter sich lassen. Es ruft der Norden, denn in Verden an der Aller beginnen am kommenden Freitag die 85. Deutschen Schach-Meisterschaften!


dresscode
Deutsche Meisterschaft der Schach-Formationen!

Ausgerichtet wird der Wettbewerb in diesem Jahr von gleich zwei Landesverbänden – Schulter an Schulter zeichnen sowohl der Niedersächsische Schachverband als auch der Landesschachbund Bremen für die Durchführung des großen Turniers verantwortlich. Michael S. Langer (Niedersachsen und Deutscher Schachbund), Dr. Oliver Höpfner (Bremen) und Michael Woltmann (Bremen und Deutscher Schachbund) waren die Männer mit der Vision für dieses gemeinsame Turnier, und nach langen Monaten des Vorbereitens, Abstimmens, Arrangierens und Telefonierens ist es nun endlich soweit. Mögen die Züge beginnen!

Unterstützt wird die Veranstaltung im Herzen der norddeutschen Tiefebene maßgeblich von der Toto Lotto Stiftung Niedersachsen (und damit auch ein ganz klein bisschen von mir, denn jede Woche riskiere ich einen Euro zwanzig für Lotto), und dem Apotheken Verbund Koop in Lingen. Danke an die Sponsoren!

Was bisher geschah

JosephBlackburne
Da ist er, Haudegen und zweiter Deutsche Meister: Joseph Blackburne

 

Deutsche Schach-Meisterschaften gibt es ja schon seit einiger Zeit, die Älteren unter uns werden sich erinnern, und tatsächlich begann alles ganz offiziell im Jahre 1879 in Leipzig mit einem Internationalen Schachkongress – was ja allein schon sehr würdig klingt.

Sieger damals wurde der Österreicher Berthold Englisch, bevor zwei Jahre darauf bereits der berühmte Joseph Blackburne den Titel eroberte.
Die 1914 in Mannheim ausgetragene Meisterschaft wurde vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überschattet und musste abgebrochen werden. Ab 1920 war der Wettbewerb nur noch für deutsche Spieler zugelassen, und seit den frühen 1950er Jahren fand das Turnier nicht mehr gemeinsam, sondern geteilt nach Ost (Wolfgang Uhlmann! Rainer Knaak!) und West (Wolfgang Unzicker! Eric Lobron!) statt.

Im Jahr 1991 kam es schachlich zur Wiedervereinigung, und es war Vlastimil Hort, der das erste gesamtdeutsche Turnier in Bad Neuenahr für sich entschied.

Seitdem wird beinahe in jedem Jahr ein neuer Meister ermittelt, und wer oft dabei war, hat schon viel vom Land gesehen – Spielorte waren unter anderem Binz auf Rügen (hübsch!), Bremen (natürlich auch hübsch), mehrmals Altenkirchen im Westerwald, die alte Hauptstadt Bonn und zuletzt immer mal Saarbrücken – dort auch gewann GM Klaus Bischoff im letzten Jahr seinen ersten Titel, den er in diesem Jahr im Norden verteidigen wird.

Die Teilnehmer 2014

Klaus Bischoff Schwetzingen 2013
Klaus Bischoff reist als Titelverteidiger nach Niedersachsen. Hier sieht man ihn als Kommentator bei
der großen Bundesliga-Endrunde in Schwetzingen 2013.


Es sind gut 45 Spieler, die aus nah und fern nach Verden reisen werden. Ein weites Feld also, denn wie jedes Jahr entsendet jeder der 16 Landesverbände seine beste(n) Spieler(in). Hinzu kommen Startplätze für Klaus Bischoff als amtierender Meister, Oliver Müller als Meister des Blinden- und Sehbehindertenschachbundes, Michael Schulz als Deutscher Amateurmeister 2013 und Hagen Poetsch als Dähne-Pokalsieger 2013.

Soviele Meister auf einmal, da müssen sich die übrigen Spieler schon auf Einiges gefasst machen!

Und doch, einige werfen davon unbeeindruckt ihren Hut in den Ring, denn die Kommission Leistungssport nominierte unter anderem noch die Schachprinzen Rasmus Svane, Dennis Wagner und den frischgebackenen Großmeister Matthias Blübaum für das Turnier.

Ergänzt wird das Feld durch Vincent Keymer, Jugendspieler vom SV Gau-Algesheim, der mit seinen gerade einmal zehn Jahren vor einer spannenden Herausforderung steht,durch den Bundespräsidenten (Abt. Schach) Herbert Bastian und natürlich durch Lev Gutman, den früheren WM-Sekundanten von Viktor Korchnoi und als solcher bereits eine Schachlegende.

Abgerundet wird das Feld durch eine ganze Reihe von lokalen Matadoren, die von den beiden ausrichtenden Verbände Bremen und Niedersachsen eine Wilde Karte erhielten. Ungefähr zehn werden es sein - schauen wir mal, wie sie sich bewähren. Die Luft in Verden ist ja nicht nur frisch und klar, sondern auch dünn – vor allem im Turniersaal, und jeder Punkt wird schwer verdient sein.

Aktuelle Liste der Teilnehmer

Das Regelwerk

Kein Schachturnier ohne Regeln, auch beim Deutschen Schachbund ist das so, und was an neuen Richtlinien von der FIDE ersonnen wurde, findet sich in der Ausschreibung für Verden wieder:

  • Keine Handys im Turniersaal – zumindest, wenn man Spieler ist
  • Grundsätzlich kein Remis vor dem 40.Zug
  • Pünktlich sein, pünktlich sein, pünktlich sein – es gilt Nullkarenz zum Rundenbeginn, und wer dann noch nicht auf seinem Stuhl sitzt, hat verloren und kann den Nachmittag im Verdener Pferdemuseum verbringen (Montags aber Ruhetag).

Wer kann Deutscher Meister?

Schach ist ja kein Glücksspiel, und somit haben im Prinzip alle 45 Spieler die Möglichkeit, den Titel zu gewinnen.
Da Schach aber kein Glücksspiel ist, stehen die Chancen für einige Teilnehmer wiederum besser als für andere – ob man das nun fair findet oder nicht.

Zu gewinnen gibt es reichlich Geld, es warten 5.000,- € für den ersten Platz, und als Favoriten für diesen Preis nennen wir in diesem Vorbericht natürlich alle Spieler mit einer hohen ELO-Zahl, als da wären GM Daniel Fridman, Meister von 2008 und 2012, Mannschafts-Europameister gar von 2011, zählt unbedingt zu diesem Kreis, ebenso wie Großmeister Igor Khenkin (er gewann 2011 in Bonn) und die GM Vitaly Kunin und Rainer Buhmann, die beide bereits einmal den Wettbewerb als Vize-Meister beendeten und gleichfalls hochrespektable Wertungszahlen haben.

Schwer einzuschätzen sind natürlich auch die gefährlichen Schachprinzen, mit denen der Schachbund in Verden seinen gestandenen Fachkräften einmal mehr das Leben schwer macht, und wer weiß, auch René Stern aus Berlin, der Stadt der Schachtaktiker, mag ebenso zum erweiterten Anwärterkreis zu rechnen sein.
Und natürlich, natürlich steht auch Klaus Bischoff auf unserem Zettel weit oben, denn zum Einen ist er the one, der im letzten Jahr gewann, er ist eine feste Größe im Turnierschach und kennt durch das stetige Kommentieren von Bundesligakämpfen, Kandidatenturnieren und WM-Kämpfen natürlich alle Tricks und Manöver der Weltspitze. Und das kann in Verden ja nur von Vorteil sein!

Ob auch die anderen Teilnehmer in die vorderen Ränge vordringen können? Wir verden sehen! Und damit kommen wir gleich zum nächsten Punkt, der da lautet …

Als Zuschauer in Verden

mit schwalbe oder so
 Das schöne Salzburger Land - etwas nördlicher und nicht unweit von hier liegt auch Verden

Verden (ausgesprochen Ferden) liegt ebenso auf einer gedachten Linie zwischen Rügen und dem Ruhrpott, und ebenso direkt zwischen Flensburg und dem Bodensee. Kaum ein anderer Ort des Bundesgebietes bietet sich daher für die Deutschen Schach-Meisterschaften so an wie Verden an der Aller - hier laufen alle Linien in einzigartiger Weise zusammen, und das gilt natürlich auch für die Bahnlinien, die von hier aus bis nach Hannover, Bremen, Bad Harzburg, und darüber hinaus bis nach Rom, Istanbul und Wladiwostok führen (Umsteigen aber nicht vergessen).

Eine Reise nach Verden (op plattdütsch: Veern) lohnt ja eigentlich immer, denn wie wir hörten, gibt es dort das Deutsche Pferdemuseum und tatsächlich auch das einzige Denkmal für John Lennon in der gesamten Bundesrepublik (!). Der Vogelpark Walsrode ist ganz in der Nähe, ebenso wie das Wolfscenter in Dörverden – anders als das bei niedersächsischen Hühnern und Schweinen für seine Mastbetriebe gefürchtete Cloppenburger Land bekundet die Region rund um Verden noch eine sympathische Verbundenheit mit der Natur.

An jedem Freitag abend trifft sich der Schachclub Verden und lädt zum Vereinsabend im (Achtung!) Scharfrichterhaus.
Die Deutsche Meisterschaft dagegen wird ausgetragen im Hotel Niedersachsenhof – einer bewährten und behaglichen (wie man so sagt) Location für wichtige Turniere, denn auch das Schachland Niedersachsen trägt hier alljährlich im Januar seine Meisterschaften aus.

Die Partien in dem neunrundigen Wettbewerb beginnen von Freitag an täglich um 15:00 Uhr Verdener Ortszeit. Die letzte Runde am Sonnabend, dem 29. November, wird dagegen schon in relativer Herrgottsfrühe um 11:00 Uhr eröffnet.

Alle Begegnungen werden bundesweit live ausgestrahlt und, wer weiß, im Netz auch ein wenig kommentiert – wenn Klaus Bischoff einen Augenblick erübrigen kann. Hier auf der Turnierseite veröffentlichen wir an jedem Tag Rundenberichte und Fotos.
Was aber der Blick ins Netz oder das geschriebene Wort nur anzudeuten vermag, findet man direkt im Turniersaal – die Spannung am Brett, das Fiebern der Spieler, und die Atmosphäre bei den Partien vor Ort. Ein Besuch im Niedersachsenhof sei hiermit empfohlen – die Reise mag lang und ermüdend sein, doch die Veranstaltung ist es unbedingt wert. Einen Besuch bei der Deutschen Meisterschaft 2014 wird man so bald nicht wieder machen können.

Möge auch der Münchner Bundesturnierdirektor Ralph Alt eine schöne Woche im hohen Norden verbringen, damit es nachher nicht etwa heißt:

Alles Glück dieser Erden
liegt auf dem Rückweg aus Verden. (?)

Hoffentlich nicht. Auf zur DEM nach Verden! Op nach Veern!

Turnierseite des DSB (mit täglichen Rundenberichten)

Interviews mit den Teilnehmern