April 2021
Hinaus zum 1.Mai!
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Großes Liga-Halbfinale – und die DSOL hat es geschafft! Weltweite Anerkennung und schachsportliche Kooperation:

- die Spiele des Jekateriner Kandidatenturniers wurden auf 13:00 Uhr gelegt, um ja nicht mit den Abendspielen der DSOL zu kollidieren

- die bundesweite Ausgangssperre beginnt in der Nacht von Samstag auf Sonntag und sowieso erst um 22:00 – damit alle DSOListas nach ihren Knock-Out-Spielen am Freitag noch in Ruhe nach Hause zurückkehren können

- die Zuschauerzahlen bei Sebastian Siebrechts Liga-Show gehen in die Tausende

Liveshow von Sebastian Siebrecht

So soll das sein – und es wäre ja auch bedauerlich, wenn dieser schöne bundesweite Wettbewerb nur so still und heimlich zu Ende gehen würde. Schließlich haben wir doch Halbfinale. Und Finale!

Und einmal mehr sagen wir hier Dank an Frank Jäger, den Beauftragten für Online-Schach im DSB, und sein gesamtes schlagkräftiges, kompetentes und engagiertes Team – ohne sie, und ohne die DSOL, würden wir immer noch hilflos vor unseren heimischen Holzbrettern hocken, die Klötzchen anschauen und auf die erste post-pandemische Ausschreibung für Mannschaftsturniere warten.
 

Mit Grüßen nach Leipzig: Frank Jäger

Zweite Staffel der DSOL also, und mit der Runde der letzten Vier stand am vergangenen Freitag sozusagen schon fast das große Staffelfinale auf dem Programm. Wer sprang da in den Ring, und welches Team konnte am Ende die geballte Schachfaust hochreißen und ins Endspiel einziehen?

Es starteten ja Legionen an Spielern in der DSOL 2.0. Man zählte 13 Ligen, in jeder Liga 4 Staffeln, in jeder Staffel 8 Mannschaften, in jedem Kader 8 Spieler, für jeden Spieler 2 Springer – Heerscharen an SchachjüngerInnen, Unmengen an DWZ-Kraft!

Wohl sortierte die Turnierleitung nach der siebten Ligarunde eine Vielzahl der Apologeten aus. Nur ein paar Auserwählte wurden ins Viertelfinale durchgewunken, was man einerseits hartherzig finden mag, andererseits aber der Turnierordnung entspricht und bereits bei Anmeldung Teil der Abmachung war. Pacta sunt servanda, wie im alten Rom, Verträge und Spielregeln werden eingehalten, klar. Daher also ? no whining, ne lamentari.

Auch wenn man rausgekickt und wie der SV Dinslaken, SC Caissa Falkensee oder Akademie Paderborn 2 nach einem verlorenen Halbfinale krude des Turniersaals verwiesen wird – immer soll man ja auch danach gucken, was gut war und was man erreicht hat, statt nur zu bedauern, was man nicht erreichte.

So jedenfalls hat es Marc Aurel formuliert, römischer Kaiser, Stoiker und laut Vereinschronik der Amici Ludus Scacorum Roma dem Vernehmen nach auch ein starker Amateurspieler (DWZ 2023). Also: lieber über gute Gesundheit freuen, nicht über den verpassten Finaleinzug klagen. Und beim nächsten Mal wird es dann schon wieder besser!

Marc Aurel, 121 - 180 (Foto: Bibi Saint-Pol)

 

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Da ist er, Coach Carlsenstedt! (Foto: Werder Bremen)
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Am vergangenen Freitag spielte die DSOL ihre Viertelfinale aus, die besten Clubs aus allen Staffeln dachten um die Wette auf dem Weg unter die letzten Vier. Es wurde spät und später, und dann, als alle schon längst nach Hause gehen wollten, qualifizierte sich als eine der fast letzten Mannschaften die SF Deizisau mit einem 2,5:1,5 gegen den FC Bayern München.

Deizisau also, ein schwäbisches Juniorenteam, und schon im Halbfinale der obersten DSOL-Liga? Da kann man sagen, was man will – das ist beachtlich, so eine junge Mannschaft, und doch schon recht stark! Da haben die Schachfreunde Deizisau und ihr Kapitän Sven Noppes wohl voll auf ihre Jugend gesetzt, und offenbar werden sie nun dafür belohnt.

Nun ist, zugegeben, die DSOL kein Europapokal der Mannschaften, dafür wären Alexander, Matthias, Dmitrij, Ruben, Georg, Vincent, Andreas und Marc zum jetzigen Zeitpunkt wohl auch noch nicht stark genug?

Aber immerhin, Viertelfinale der DSOL, auch das ist ja etwas in so einem jungen Alter, davon erzählt man seinen Enkelinnen später gerne auch mal einen Schwank. Zum Beispiel von einem Erstrunden-Auswärtsspiel bei Bad Homburg, das 2:2 endete.

Im K.O.Spiel gegen den FCB war Deizisau sofort hellwach, zwei relativ frühe Tore von Alexander Donchenko und Dmitrij Kollars brachten sie früh aufs Siegersträßle, wie man im Schwabenland so sagt. Als schließlich auch Ruben Köllner einen hineingelupften Eckball zum Remis verwandelte, war die Begegnung vorentschieden – Deizisau uneinholbar vorne! Beeindruckend allerdings – bei den Münchner Bayern punktete mit Tino Kornitzky ein relativer Außenseiter in einer messerscharfen, tollen Partie gegen Deizisaus GM Matthias Blübaum. Gratulation!

Hier die mitentscheidende Partie von GM Alexander Donchenko gegen IM Theo Zwanzger:

Und hier für alle Fans des FC Bayern das Spiel von Tino Kornitzky!


So sehr es uns freut für Deizisau, aber ob das so auch reichen wird im Halbfinale, wenn es – und  Achtung! - gegen die Bremer Werderaner geht? Wir gucken uns das an! Und wir übertragen das – die Werdertigers unterbrechen rechtzeitig zum großen Halbfinale ihren Winterschlaf und kommentieren ab 19:30 Uhrdas große Spiel Werder - Deizisau live bei Twitch. Und .. das Heimspiel von Werder 5 gegen den SK Paderborn 5 ebenso, eines der Halbfinale in Staffel 13.

Am Start in der Kommentatoren-Lounge sind entweder Schachfreund IM Jonathan Carlstedt, falls er nicht selber spielt, oder Schachfreund FM Olaf Steffens. Oder beide. Wir freuen uns, wenn Ihr vorbeischaut. (Bringt gerne Bier mit. Oder Saft!)

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Hier der Viertelfinalbericht bei Chessbase - und hier alle Links zu den Halbfinal-Ansetzungen, die alle am kommenden Freitag stattfinden, eine zentrale Runde sozusagen. High Alert!

Jetzt geht‘s ans Eingemachte (Foto: OSt)
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Liebe Leute, Leserinnen, Leser, die Zeiten sind schwierig und fordernd. Vor dem Weiterlesen müssen wir Sie bitten, einen kleinen DSOL-Schnelltest abzulegen, ehe Sie zusammen mit den anderen LeserInnen Zeit auf einer vollgepackten Webseite verbringen können. 

Bitte streichen Sie vorher mit einem Wattestäbchen fünfmal über den linken und fünfmal über den rechten Nasenflügel, um besser nachdenken zu können. Und dann geht es los – auf, auf, gelle, zum großen

DSOL-MONSTER-Taktik-Workout

bei den ehrenwerten Bodenseeperlenfischern!

Conrad Schormann und seine Taktik-Bergleute haben einmal mehr tiefe Stollen in die Partiesammlungen der letzten DSOL-Runden getrieben, und präsentieren in dieser Kompilation eine Fülle aufregendster Aufgaben aus dem Online-Tagebau.

(Indes, ein wohlmeinendes Wort der Warnung gleich vorneweg - Vorsicht vor dem Schlangenotto, der mitten in den ganzen Aufgaben irgendwo ganz unvermittelt auftaucht! Es klingt nach einer mystischen Figur, wie sie einem auch im Herrn der Ringe begegnen könnte – mit eher ungewissem Ausgang.

Tatsächlich aber verbirgt sich hinter diesem schönen, wenngleich ungewöhnlichen Namen ein junger Mann aus Ostwestfalen – und wer sich darüber Späße anmaßt, den möge nach der Partie der Schlangenotto holen!)

Hier im Westfalenblatt erschienen... 

Zum Weiterlesen des Artikels können wir Sie leider erst freischalten, nachdem Sie Ihre aktiven und eindringlichen Lösungsversuche noch einmal mit Ihrer Unterschrift bestätigt haben.

Darum bitte ganz kurz hier zeichnen und mit „Enter“ bestätigen.
 

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Alles ehrlich gelöst, und natürlich nicht gecheatet? Dann geht‘s jetzt los:

Das Viertelfinale der DSOL 2

Viertelfinale, das Wort allein klingt schillernd. Jede der 50 (!) DSOL-Staffeln entsandte nach edlem siebenrundigem Denkerwettstreit ihre zwei formstärksten Teams in die K.O.-Runde. Die letzten Acht sollen es dann ausmachen und ermitteln, wer überhaupt weiterkommen darf unter die letzten Viere, und einen großen Zug näher an den schillernden Pokal nebst Titelgewinn.


Nicht alle finden den Weg bis ins Endspiel

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KK&K Kandidat Kuhn und Krennwurzn
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Die Krennwurzn kannte in Schachösterreich lange Zeit nur einen einzigen – einen „ewigen“ Präsidenten und blickte daher gespannt über die Grenze, wo die Schachpolitik viel lebhafter war. Und da es besonders spannend ist, die Nase in Dinge zu stecken, die einem eigentlich gar nichts angehen, ergaben sich ein paar Interviews mit Deutschen Schachpräsidenten und Präsidentschaftskandidaten – gerne gelesen, aber auch sehr kontroversiell diskutiert. Nun bietet sich wieder die Chance auf ein Interview, denn die Probleme im Deutschen Schachbund wurden in den letzten Jahren nicht weniger und tragfähige Lösungen nicht einmal am Horizont erkennbar. Gerade gab der erst im August gewählte Berliner Präsident Christian H. Kuhn seine Kandidatur als DSB-Präsident bekannt und das führte bei der neugieren Krennwurzn zu einem Interviewwunsch.

Krennwurzn:
Dem Präsidenten Herbert Bastian hat man vorgeworfen, dass er zu viel selbst gemacht hat und kein Großmeister des Delegierens war – dem Präsidenten Ullrich Krause wirft man vor zu viel seinem Geschäftsführer Fenner entscheiden zu lassen. Beide Präsidenten sind persönlich hochinteger und wollen nur das Beste fürs Schach – so jedenfalls der Eindruck der Krennwurzn – sind aber am System in den Mühen des Alltages gescheitert und aufgelaufen. Wie wollen Sie für sich dieses Schicksal verhindern?

Christian H. Kuhn:
Ob der eine zu viel und der andere zu wenig delegiert hat, kann ich von außen nicht entscheiden. Mir ist wichtig, allen Raum für eigene Ideen zu geben, damit sie motiviert bei der Sache sind, und nicht alles von oben vorzugeben. Wichtig ist aber auch, rechtzeitig zu erkennen, welche Themen so brisant werden, dass sie Chefsache sind. Wenn dann noch alle Fakten zeitnah an alle Beteiligten kommuniziert werden, entstehen viele Mühen gar nicht erst.

Krennwurzn:
Das hört sich zumindest theoretisch mal gut an, aber wie sähe das in der Praxis aus? Nehmen wir das aktuelle Problemfeld Nationalmannschaft: Naiditsch zurück nach Deutschland und den Konflikt Pähtz – Meier.

Christian H. Kuhn:
Zur Causa Naiditsch hat mir, der interessierten Öffentlichkeit und anscheinend auch Herrn Naiditsch noch niemand erklärt, wieso man einem Staatsbürger und Mitglied eines DSB-Vereins die Föderationszugehörigkeit verweigert. Hätte man mögliche Gründe bereits vor dem Präsidiumsbeschluss kommuniziert, z.B. im Arbeitskreis der Landesverbände, der ja das Präsidium beraten soll, wäre entweder der Beschluss anders ausgefallen oder der Unmut bei manchen Landesverbänden geringer. Und wenn der geplante Verhaltenskodex für Nationalspieler in Kraft ist und durchgesetzt wird, dürfte der Konflikt Pähtz–Meier auch aus der Öffentlichkeit verschwunden sein und der eine oder andere sich anbahnende Konflikt nie die private Ebene verlassen.

Krennwurzn:
Dass Pähtz, Meier und Naiditsch nicht für den diplomatischen Dienst geeignet sind, ist wohl allen klar. Gründe warum man Naiditsch die Föderationszugehörigkeit verweigert, gibt es doch einige – ich sage es mal flapsig: es gibt kein Rückkehrrecht für Ex-Freundinnen und natürlich geht es auch um Plätze bei nationalen und internationalen Turnieren, die an die Föderation gebunden sind. Zudem sind alle drei nicht mehr bei den Jüngsten und könnten aufstrebenden Talenten Plätze wegnehmen bzw. deren Entwicklung hemmen.

Christian H. Kuhn:
Föderationszugehörigkeit und Nationalmannschaft sind zwei verschiedene Baustellen. Ein GER auf der FIDE-Karteikarte bringt noch nicht automatisch einen Platz in der Mannschaft. Die Kriterien dafür werden wohl gerade überarbeitet, und da wird es nicht nur auf Leistung, sondern auch auf Entwicklung ankommen. Ich habe aber so meine Zweifel, ob man über die Föderationszugehörigkeit anders entscheiden sollte als über einen Ausschluss. Laut Satzung vertritt der DSB das gesamte deutsche Schach, und nach den meisten Kriterien gehört Herr Naiditsch dazu.

Krennwurzn:
Eine nicht unwesentliche Frage könnte ja sein – berechtigt ein GER zur Teilnahme an der Deutschen Einzelmeisterschaft oder sogar Europameisterschaft – da könnten Interessenkonflikte befürchtet werden oder gar Eifersüchteleien. Probleme sind oft nicht so einfach wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Das ist oft auch ein Problem in der öffentlichen Diskussion über Schach – oder?

Christian H. Kuhn:
Die Deutsche Einzelmeisterschaft könnte ein Thema sein, da qualifiziert man sich über die Landesmeisterschaften oder eben via Einladung – wenn ich mir das in der Vergangenheit anschaue, sehe ich aufgrund des Preisgeldes wenig Gefahr. In Frage käme eher das Masters und da stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll ist dem Nachwuchs gegen die stärkste Gegnerschaft antreten zu lassen. Die Aufstellung für Nationalmannschaften ist ein eigenes Thema und da sollte der Blick nicht nur auf die aktuellen Elozahlen gerichtet sein, sondern auch auf die Zukunft.

Eifersüchteleien hat man immer, denn es gibt immer – auch unabhängig von der Personalie Naiditsch – einen oder zwei, die eben knapp nicht dabei sind. Ich habe sogar die Hoffnung, dass sich dieses Gedränge verstärkt, denn vielleicht haben wir auch zukünftig wieder Prinzengruppen. Dies würde ich aber nicht als Grund sehen um Naiditsch nicht unter GER spielen zu lassen. Natürlich hat sich sein Twitch-Auftritt neulich nicht gerade positiv ausgewirkt.

Krennwurzn:
OK – kommen wir zur Bedeutung der Nationalmannschaft für Sie.

Christian H. Kuhn:
Die Nationalmannschaft ist ein Aushängeschild. Allerdings hat sich in letzter Zeit etwas eine Trennung zwischen Nationalmannschaft und normalen Schachbetrieb ergeben. Dasselbe Problem sehe ich auch mit der ersten Bundesliga – der stärksten Liga der Welt, die sich von der 2. Bundesliga abgekoppelt hat. Die Kluft wird da immer größer, wir müssen aber schauen, dass diese Spielstärke nach unten wirkt und wir dann auf Dauer eine gute Nationalmannschaft haben, denn der Unterbau ist ja in Deutschland gut und solide. Aber das Thema Leistungssport ist mir wichtig und wir müssen für die Zukunft bessere Konzepte erarbeiten.

Krennwurzn:
Schach brummt wegen der Netflixserie Damengambit, aber die Öffentlichkeitsarbeit im Schach lässt viele Wünsche übrig.

Christian H. Kuhn:
Nur eine Webseite mit Meldungen zu betreiben reicht nicht aus, man muss auch Events generieren über die es sich lohnt zu berichten und das betrifft nicht nur das Spitzenschach mit Bundesliga und Nationalmannschaften, sondern auch lokale Events mit großer Aufmerksamkeit wie beispielsweise in Hamburg linkes gegen rechtes Alsterufer. Also auch Breitensport kann gute Meldungen generieren, aber viele engen sich auf Spitzensport ein. Es muss auch nicht jedes größere Event von einem Verband organisiert werden, da dürfen durchaus auch die Vereine kreativ sein, aber der DSB sollte unterstützend tätig werden können, wenn Expertise gewünscht oder benötigt wird. Spielen ein oder zwei Vereine beispielsweise in einer Fußgängerzone so wird man das ohne große Hilfe organisieren, möchte man aber 100 Vereine spielen lassen, dann wird man möglicherweise Unterstützung brauchen – aber solche Events schlagen dann auch medial höhere Wellen.

Wir müssen Schach mehr in die Öffentlichkeit bringen – auf die Dorfplätze in die Einkaufszentren und Schach damit sichtbarer machen. Es gibt ja Beispiele, dass so etwas funktioniert – mein Verein die SG Lasker Steglitz-Wilmersdorf hat im Laskerjahr ein Turnier im Einkaufszentrum Boulevard Berlin im laufenden Betrieb organisiert und es hat hervorragend geklappt. 2006 spielte der Berliner Verband seine Schlussrunde im Estrel Congress Center mit 1.504 Schachspieler aus den 60 Berliner Vereinen und leider hat man den Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde nicht beantragt. Das öffentliche Interesse ist da, wir müssen es schaffen diese Erfolge nachhaltig weiterzuführen.

Ich habe von den Holländern folgende Abschätzung gehört: auf einen Vereinsspieler kommen 10 Spieler außerhalb der Organisationen, die regelmäßig spielen und auf diese wieder 10 Gelegenheitsspieler. Wir haben in Deutschland aktuell 82.000 Spieler mal 10 mal 10 wäre eine Zielgruppe von 8,2 Millionen nur in Deutschland. Wenn ich eine Aktion 100.000 starte, dann besiege ich mich schon vorab durch ein zu niedriges Ziel. Die gleiche Gefahr habe ich, wenn ich auf Remis klammere, da ist die Verlustgefahr von Anfang an hoch. Natürlich ist ein Projekt 1 Million nicht kurzfristig realisierbar, aber die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt und den müssen wir jetzt machen.

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Präsident Ullrich Krause - Kandidat Christian H. Kuhn. Foto: Frank Hoppe

Krennwurzn:
Weil wir gerade bei den Mitgliedszahlen sind – Frauen sind im Schach in klarer Unterzahl. Es gibt zwar schon lange eine erfreuliche Anzahl von Mädchen im Schach, aber dann im Erwachsenenalter werden Frauen an den Brettern zur großen Ausnahme – sogar in Aufsichtsräten und Vorständen hat man höhere Frauenquoten als im Schach.

Christian H. Kuhn:
Das ist leider kein großes Thema und der Ruf von Schach als Männerdomäne ist leider sehr gefestigt. Es stimmt, dass in den Meisterschaften fast nur Frauen mit etwas gehobener Spielstärke mitspielen, die es sportlich geschafft haben sich festzusetzen. Leider sind Frauen im Schach oftmals Sexismus ausgesetzt wie beispielsweise beim DSB-Bundeskongress ein Zwischenruf „und gut aussehen tut sich auch“ eines Ehrenmitgliedes bezeugt. Dieses unmögliche Benehmen haben wir bis hinunter in die Vereine, aber wir müssen Räume schaffen in denen sich Frauen wohlfühlen können. In Berlin gibt es Anastasias Matt e.V. - Verein zur Förderung des Mädchen- und Frauenschachs. Und wir brauchen mehr solche Initiativen, mehr Breite dann wird es auch mit mehr Frauen im Schachbetrieb klappen.

Krennwurzn:
Da möchte ich einwerfen, dass gerade die Coronakrise bei uns in Österreich gezeigt hat – wir haben ja im Gegensatz zu Deutschland den Versuch einer Meisterschaft gestartet, der dann abgebrochen werden musste – dass es möglich ist, bessere Spielbedingungen auch für Schach zu schaffen.

Christian H. Kuhn:
Klar die oftmals engen und schlecht durchlüfteten Spielbedingungen helfen sicherlich nicht Frauen für das Schach zu begeistern. Aber wir müssen nicht zwangsläufig Frauen in alte Vereine hineinreklamieren, wenn das vielleicht auch aufgrund des Altersunterschiedes von Haus aus nicht klappen kann. Es kann durchaus Neues entstehen und das Alte erhalten bleiben. Aber der DSB sollte ein aufmerksames Auge darauf haben, wenn irgendwo eine neue Keimzelle entsteht. Zu den Spielbedingungen möchte ich sagen, dass das leider für viele Vereine nicht so einfach ist. Es gibt viele große und kleine Hürden, die das erschweren. Sei es ein Rahmenvertrag mit einem Schließdienst, der um 21 Uhr die letzte Runde dreht oder Mietpreise auch in öffentlichen Einrichtungen, die nicht zu finanzieren sind.

Möglicherweise müssen wir uns da via Sponsoring an Firmen wenden, die Schulungsräume haben, die zu den Zeiten an denen Schach gespielt wird frei sind. Solche Kooperation müssen wir in Zukunft verstärkt suchen, denn meist oft wird Schach in Seniorenzentren gespielt und das trägt nicht zu einem attraktiven Ruf bei. Aber das Thema ist nicht trivial lösbar, wie beispielsweise eine eskalierte Diskussion um einen Spielort in der 2. Bundesliga gezeigt hat.

Krennwurzn:
Ja – diese Diskussion wurde sehr heftig geführt, wir wollen das hier nicht nochmals aufkochen – als Außenstehenden erschienen mir die Standpunkte beider Seiten doch ein wenig extrem.

Christian H. Kuhn:
Nun wir haben da Bestimmungen, die lassen sich in der Praxis nicht umsetzen – auch nicht in der zweiten Bundesliga und meine Erfahrung als Schiedsrichter auch in unteren Klassen zeigt mir ein ähnliches Bild. Bestimmungen und Wirklichkeit klaffen auseinander und zudem sind wir störungsintoleranter geworden. Wenn ich mich zurück erinnere unter welchen Bedingungen noch in meiner Jugendzeit gespielt wurde – da musste man lernen die Ohren auf Durchzug zu stellen. Das Problem ist, dass die Schachspieler als Leute gelten, die nichts konsumieren und das kostet uns Standing in der Gastronomie und damit sind wir Schachspieler bei den Problemen mit den Spiellokalen und -bedingungen nicht ganz unschuldig. Wir dürfen nicht vergessen auch etwas zu geben und nicht nur zu fordern. Wenn wir – als Verein und das gibt es auch in der Praxis – dem Gastwirt ein regelmäßiges Geschäft bei Vereinsabenden, etc. zukommen lassen, dann wird dieser am Wochenende gegenüber selbstmitgebrachten Getränken der Gastmannschaft wohl toleranter sein.

Krennwurzn:
Ein Thema ist immer wieder die Homepage des DSB …

Christian H. Kuhn:
Da ich als Berliner Präsident aktuell selbst im Glashaus sitze – unsere Homepage ist gerade im Umbau – sollte ich nicht mit Steinen werfen. Außerdem so schlecht ist die Homepage gar nicht. Leider ist es im Schach generell so, dass bis zu den Schlussrunden ganz vernünftig berichtet wird und dann entweder das Interesse oder die Arbeitsbereitschaft nachlässt. Die Leute arbeiten oft freiwillig und sind am Ende einer Veranstaltung oft mit anderen organisatorischen Aufgaben überlastet und die Homepage – die Information nach außen – leidet darunter. Es muss organisatorisch klargestellt sein, dass übernommene Aufgaben auch erfüllt werden müssen und nicht Stückwerk hinterlassen werden darf.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass sich die rechtlichen Bestimmungen für Veröffentlichungen auch durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht leichter geworden sind und es da sehr viele Fallstricke gibt, wenn es um die Veröffentlichung von Fotos und dergleichen geht. Da muss der DSB den Vereinen und Verbänden klare Richtlinien vorgeben, um Schaden abzuwenden – wenn dann auch noch darauf geachtet wird, dass Fotos von Siegerehrungen etwas lebendiger sind, soll es auch kein Fehler sein.

Krennwurzn:
Das alles kostet im Endeffekt Geld – kommen wir zur Frage: wer soll das bezahlen oder wie könnte Sponsoring im Schach aussehen? Nur wenige wie Carlsen und Nakamura haben langjährige Partnerfirmen – Daniel King machte mal in den 90ern Werbung für Audi, aber mir fällt kein deutschsprachiger Schachspieler mit Werbewert ein.

Christian H. Kuhn:
Carlsen und Nakamura sind natürlich schon extreme Größen in der Schachszene, aber es stimmt das hier Nachholbedarf besteht, denn von den aktuellen Kaderspielern in Deutschland streamt nur Niclas Huschenbeth halbwegs erfolgreich. Aber mit Vincent Keymer haben wir nicht nur ein großes Nachwuchstalent, sondern auch eine Persönlichkeit, die sich vor einer Kamera und einem Mikrophon gut präsentieren kann – das gibt schon mal Hoffnung.

Aber damit man Sponsoring bekommt, braucht man Öffentlichkeit sonst funktioniert das nicht und Öffentlichkeit schafft man durch Spitzensport oder mit großen Breitensportzahlen. Mit der zweiten Liga holt man keinen Hund vom Ofen weg – jedenfalls im Moment.

Krennwurzn:
Bleiben wir ein wenig beim Spitzensport – wäre es nicht Aufgabe des DSB Wirtschaft und Spitzenschachspieler zueinander zu bringen, denn es passt ja nicht jeder Typ zu jeder Firma.

Christian H. Kuhn:
Ich bin beruflich im Verkauf tätig, aber dies – das Aufbauen einer Spielermarke wie Carlsen, Namamura, … fällt in den Bereich Marketing und diese Aufgabe müsste man in der Geschäftsstelle ansiedeln wie die Öffentlichkeitsarbeit auch. Allerdings gebe ich ehrlich zu, dass hierfür wahrscheinlich das Geld fehlt.

Zudem gibt es in der Geschäftsstelle aktuellere Probleme – wir brauchen einen Sportdirektor und einen Nationaltrainer, weil diese Positionen sind vom Dachverband vorgeschrieben um Förderungen zu bekommen. In dieses Feld muss ich mich nach einer möglichen Wahl rasch einarbeiten und gute und tragfähige Lösungen finden. Und eines ist klar, dass aus Vereinsbeiträgen keine weitere Stelle finanzierbar ist, denn dann wäre das die kürzeste Präsidentschaft aller Zeiten.

Krennwurzn:
Corona wird die Geldbeschaffung nicht leichter machen, aber kommen wir zu den Personalien zurück – der Geschäftsführer „ein Glücksfall für das Deutsche Schach“ steht doch etwas in der Kritik.

Christian H. Kuhn:
Ich habe Marcus Fenner 2019 beim Bundeskongress flüchtig kennengelernt und mich dann bei meinem Antrittsbesuch als Berliner Präsident bei einem Essen einige Stunden unterhalten können. Meiner Meinung nach ist er ein vernünftiger Mensch mit brauchbaren Ansichten, der als Angestellter des DSB kein politisches Amt innehat und daher auch loyal Meinungen nach außen vertreten muss, die nicht immer seine sein müssen.

Allerdings lässt man ihm eine sehr lange Leine und er ist auch in der Projektentwicklung involviert und auch den Sportdirektor sollte er mitmachen. Ich persönlich kann nichts Schlechtes über Marcus Fenner sagen – weiß aber, dass andere Leute andere Erfahrungen gemacht haben.

Krennwurzn:
Es gibt ja Titelprobleme, wenn ich das mal salopp einwerfen darf.

Christian H. Kuhn:
Über den Doktortitel kann ich nichts sagen, mir hat er sich als „ich bin der Marcus“ vorgestellt.

Krennwurzn:
Die akademischen Titeln interessieren eigentlich nicht wirklich, aber es stellte sich die Frage ob bei der Vorstellung auf der DSB-Homepage nicht mit den schachlichen Titel etwas geflunkert wurde – da steht „Erfolgreiche Teilnahme an FIDE Seminaren (FIDE Arbiter. International Organizer)“ aber bei der FIDE findet man dazu nichts. Verständlich, dass das nicht allen gefällt?

Christian H. Kuhn:
Ich habe mit Walter Rädler schon mehrmals über Fenner gesprochen, aber da ging es nur um die akademischen Titel – von den schachlichen Titel höre ich jetzt erstmals. Gut das muss ich mir anschauen, ob das in seiner Bewerbung so drinnen gestanden ist.

Krennwurzn:
Ich schicke Ihnen die Unterlagen zu – aber sollte sich ein Geschäftsführer sich nicht generell aus dem Sportlichen heraushalten und sich neben der administrativen Tätigkeit auf die Öffentlichkeitsarbeit konzentrieren?

Christian H. Kuhn:
Jeder gewählte Präsident wäre nach den Turbulenzen im Leistungsschach nach der Wahl gut beraten Marcus Fenner von der Position des Sportdirektors abzuziehen. Es gibt genügend andere Aufgaben für den Geschäftsführer. In meinem noch unfertigen und etwas schwammigen Personaltableau für meine Mannschaft habe ich schon ein paar gute Leute für Öffentlichkeitsarbeit und auch Spitzensport im Auge – vielleicht sogar als Team!

Krennwurzn:
Krause-Fenner gelten als Duo – würde da eine Übernahme von Fenner die Wahlchancen nicht reduzieren.

Christian H. Kuhn:
Dann ist es so. Es gab Leute, die sagten mir, ich unterstütze Dich, wenn Du Fenner rauswirfst. Ich kündige keinen Angestellten einfach auf Zuruf ohne dass sich dieser etwas zu Schulden kommen hat lassen. Sollte sich beweisbar herausstellen, dass es im Bereich Leistungssport zu Verfehlungen kam – wie beispielsweise, dass Zahlungen am Leistungssportreferent vorbei nicht satzungskonform frei gegeben wurden – dann muss der DSB über disziplinarrechtliche Konsequenzen nachdenken. Aber bitte nicht auf Zuruf und aufgrund weil man jemanden persönlich nicht leiden kann!

Krennwurzn:
Mir scheint das politische Schachdeutschland in drei Lager aufgeteilt: Das „alte Bastianlager“, das Krause-Lager und jene, die mit beiden nicht können.

Christian H. Kuhn:
Das sehe ich nicht so - ich sehe im Wesentlichen das „Krause-Lager“ und das „Jordan-Schulz-Lager“

Bastian hat seine Fans, ist aber Geschichte. Persönlich kenne ich Bastian seit meiner Jugend – ich bin auch Saarländer und habe dort als 13jähriger an einem Simultan gegen Bastian teilgenommen und bin damit erst richtig zum Schach gekommen. Krause kenne ich persönlich nicht so gut, er hat einige richtige Dinge ins Rollen gebracht, allerdings ist sein Umgang mit Kritik nicht der meine: gibt es Kritik dann kommt es zur Funkstille.

Krennwurzn:
Jordan erscheint mir doch etwas problematisch und man könnte ihn ein wenig augenzwinkernd eine „österreichische“ Herangehensweise unterstellen.

Christian H. Kuhn:
Zur Klärung läuft da ein Gerichtsverfahren und da ich als Präsident möglicherweise Parteienstellung erhalten würde, ist es ratsam sich dazu vorher nicht öffentlich zu äußern.

Krennwurzn:
Gut dann kommen wir zum Fall Schulz.

Christian H. Kuhn:
Da muss ich jetzt auch wieder vorsichtig sein, da der arbeitsrechtliche Teil noch in der zweiten Instanz ist. Das Problem von Jörg Schulz ist, dass er nicht wirklich verstanden hat, dass er Angestellter ist. Er hat sich 30 Jahre in der DSJ unverzichtbar gemacht und viele Vorsitzende haben davon profitiert – das ist unbestreitbar. Er hat viel gemacht, vieles richtig aber auch manches falsch. In zwei Jahren wäre er an die Pensionsgrenze gekommen und die DSJ wäre gut beraten gewesen einen Personalwechsel einzuleiten. Ich bin der Ansicht man hätte das Thema ruhiger und im Hintergrund ohne großen Knall auf offener Bühne besser für alle Beteiligten lösen können. Natürlich klärt in einem Rechtsstaat das Gericht letztgültig Streitereien, aber ein Verband sollte nur dann zu Gerichtsverfahren greifen, wenn es anders wirklich keine Lösung gibt, denn auch wenn man gewinnt, können Beschädigungen zurückbleiben.

Krennwurzn:
Weil wir gerade bei Gericht und Beschädigungen sind. Kommen wir zum auch nicht so glücklich verlaufenen Verfahren gegen Falko Bindrich des DSB und damit zum Themenkreis Cheating und Nationalmannschaft.

Christian H. Kuhn:
Auf der Sachebene haben wir die Schiedsrichterentscheidung und die war korrekt. Bindrich hat sich hinterher „strunzdoof“ angestellt - das darf man so schreiben. Persönlich glaube ich nach Ansicht der Partien nicht, dass Bindrich damals gecheated hat. Aber man wollte ein Exempel statuieren und daraus haben wir sehr viel gelernt: seit damals gibt es die Spielervereinbarung in der 1.+2. Bundesliga.

Juristisch würden wir die bis in die untersten Klassen wohl brauchen, aber da stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit. Wir dürfen dabei praktische Probleme nicht außer Acht lassen. In der ersten Bundesliga muss ein versperrbarer Raum für Handys und Wertsachen zur Verfügung gestellt werden – darunter nicht. Ich biete als Schiedsrichter auf eigenes Risiko an, die Handys in meinem Koffer zu verwahren, aber das ist ein freiwilliges Angebot von mir. Wir alle wissen, dass es nicht immer und überall möglich ist Wertsachen im Auto zu lassen und daher werden Leute das Handy mithaben müssen. Ich denke wir sollten hier flexibler werden ohne Cheating Türen zu öffnen.

Cheating ist eine grobe Unsportlichkeit – einen Computer in einer Schachpartie zu benutzen ist so was ähnliches wie beim Fußball jemanden das Knie kaputt zu treten. Und dafür geht man vom Platz und dafür wird man gesperrt!

Krennwurzn:
Noch mal zurück zu Bindrich – er hat seine Strafe abgesessen und wäre ein Thema für die Nationalmannschaft.

Christian H. Kuhn:
Er hat die Strafe nicht abgesessen, denn das Amtsgericht hat ja entschieden, dass die Sperre nach damaligen Regeln nicht zulässig war. Sicherlich ist Bindrich spielstärkenmäßig noch im Kontakt mit dem B-Kader, aber ich glaube nicht, dass sich das Kaderthema aufdrängt. Es wird gerade an einem Verhaltenskodex gearbeitet um beispielweise auch Themen wie die zweiwöchige Sperre von Elisabeth Pähtz am lichess-Server zu betrachten, denn auch dies hatte keine wirklichen Auswirkungen im DSB.

Krennwurzn:
Da gibt es ja wilde Gerücht bis hin, dass möglicherweise Aronian in dieser Männerrunde dabei waren.

Christian H. Kuhn:
Gerüchte gibt es viele und soziale Medien würden ohne Gerüchte gar nicht existieren. Aber wir müssen uns schon am Wahrheitsgehalt orientieren. Ich weiß nicht wie es gelaufen ist, habe verschiedene Information und viele verfolgen dabei auch eigene Interessen. Daher wäre ein Verhaltenskodex für KaderspielerInnen eine Notwendigkeit.

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Christian H. Kuhn als Schiedsrichter

Krennwurzn:
Könnte es sein, dass Elisabeth Pähtz dem Druck des ewigen liefern müssen erlegen ist und zu viel ausgelagert hat um Content und Präsenz zu liefern.

Christian H. Kuhn:
Ist durchaus denkbar – sie hat da eine recht vertrauensselige Art des Managements an den Tag gelegt. Das wäre einer Person mit weniger ausgeprägtem Selbstbewusstsein so nicht passiert.

Krennwurzn:
Kommen wir zum ruhigsten aber ebenso nicht ganz Unproblematischen in der Runde – Georg Meier hat ja den Wunsch geäußert nach Uruguay zu wechseln.

Christian H. Kuhn:
Darüber habe ich mit ihm telefoniert und das ist ja noch nicht in Stein gemeißelt. Wir sind in vielen Sachfragen ähnlicher Meinung und er kann sich einen Verbleib in der deutschen Nationalmannschaft durchaus vorstellen, wenn sich manche Sachen ändern – nur ein Wechsel im Präsidentenamt wäre wohl zu wenig. Es muss sich im Bereich Spitzensport einiges ändern und die Lage ist zurzeit nicht leicht, da muss die kommende Führung (Sportdirektor, Bundestrainer, …) Vertrauen aufbauen.

Klar gesagt werden muss auch, dass auch hier Geld ein limitierender Faktor ist und es wohl ohne einen Sponsor für die Nationalmannschaften nicht funktionieren kann, denn eine Finanzierung über Mitgliedsbeiträge führt immer zu heftigen Diskussionen. Auch die Spitzenspieler müssen sich bei ihren Forderungen an die Realitäten des DSB annähern. Und wenn ich mir beispielsweise den Umgang von Naiditsch mit Sponsoren in Erinnerung rufe, so trägt das nicht unbedingt bei Sponsoren zu finden.

Krennwurzn:
Kommen wir zur nächsten Personalie: der Nationaltrainer musste – endlich und viel zu spät wie manche meinen – seinen Hut nehmen. Wie sieht da Ihre Meinung zur Nachfolge aus.

Christian H. Kuhn:
Zuerst gibt es da einmal strukturellen Aufklärungsbedarf – was sind die Aufgaben eines Bundestrainers. Mit der Landesverbandbrille betrachtet, stellt sich schon die Frage: da gibt es eine Vollzeitstelle und es ist nicht klar definiert welche Aufgaben zu erfüllen sind. Nur ein gehobener Mannschaftsführer zu sein, ist definitiv viel zu wenig. Jedenfalls muss der Aufgabenbereich klar geregelt und transparent kommuniziert werden.

Krennwurzn:
Ja das klingt vernünftig, aber mit dem scheidenden Bundestrainer gab es schon einige Probleme. Neben Defiziten im Umgang mit Menschen sollte es auch Defizite in der deutschen Sprache gegeben haben und zwar in der Form, dass er Förderansuchen und -berichte an die Sportbürokratie nicht erledigen konnte.

Christian H. Kuhn:
Dafür haben wir eine Geschäftsstelle und dort hätte man nach fachkundigem Rat fragen können. Ein muttersprachlicher Trainer, der auch die Sprache der Spieler spricht, wäre zu bevorzugen – allerdings, wenn man beispielsweise einen bezahlbaren 2700er bekommen würde, sollten gute Englischkenntnisse für die Kommunikation ausreichen – da müssen wir moderner und globaler denken.

Krennwurzn:
Gibt es da schon Kandidaten, Namen …

Christian H. Kuhn:
Gehört habe ich noch nichts und ich habe schon mit ein paar Kaderspielen gesprochen, was ihre Wünsche wären. Prinzipiell sollte es jemand sein, der schon auf 2650+ Niveau gespielt hat oder nachweislich und erfolgreich Leute dieses Bereichs trainiert hat. Aber er sollte Verständnis für die Spielweise der Topspieler mitbringen – nicht nur für die Züge, sondern auch für die Vorbereitung, etc. Er muss mit den Spielern auf Augenhöhe sprechen können und er muss ihnen Input geben und die Spieler müssen mit diesem Input etwas anfangen können. Nur die Leute bei Mannschaftsturnieren nach vermuteter Tagesform aufzustellen reicht da bei weitem nicht! Wie so etwas funktionieren könnte hat die Zusammenarbeit mit Rustam Kasimdzhanov und dem errungenen EM-Titel 2011 gezeigt. Allerdings ist mir klar, dass wir so ein Kaliber momentan für das deutsche Schach nicht finanzieren können.

Krennwurzn:
Da fallen mir jetzt auf die Schnelle wenige deutsche Kandidaten ein. Jan Gustafsson und Klaus Bischoff kämen mir in den Sinn, wenn ich das Denken wie Weltklassespieler voraussetzte.

Christian H. Kuhn:
Jan Gustafsson hätte alle Voraussetzungen, allerdings ist er ein viel beschäftigter Mann und ich bin mir auch nicht sicher, ob wir ihm ein finanziell interessantes Angebot machen könnten. Klaus Bischoff wäre mit seiner Lebenserfahrung ein interessanter Mann, aber es ist die Frage, ob er sich das überhaupt vorstellen könnte.

Krennwurzn:
Ich dachte mit Blick auf die Computerisierung des Schachs eher an die jüngere Generation wie beispielsweise den Streamer und Trainer Steve Berger.

Christian H. Kuhn:
Steve streamt gut – auch für uns – aber ob er als Trainer schon genug Erfahrung hat, um beispielsweise einem Matthias Blübaum in der Eröffnung weiterzuhelfen, da habe ich meine Zweifel. Aber grundsätzlich sollte er auch altersbedingt die Sprache der Spieler sprechen und auch im Umgang mit Computer die notwendige Expertise mitbringen. Aber natürlich das könnte natürlich eine längerfristige Lösung sein.

Krennwurzn:
Da möchte ich noch einmal einhaken. Beim Wechsel von Levon Aronian von Armenien in die USA wurde die Computerunterstützung ebenfalls thematisiert. Heutige Spieler brauchen ja mindestens gute Workstations die kostenmäßig schon in den fünfstelligen Eurobereich kommen können. Topleute sollen sogar Zugang zu noch mehr Rechenleistung haben oder sich diesen kaufen. Wäre da eine Zusammenarbeit mit Firmen nicht ein Thema, denn da wird es schnell sehr teuer und das Zeug veraltet auch sehr schnell.

Christian H. Kuhn:
Ich glaube wir sehen diese Entwicklung schon. Beim Turniersieg in Wijk von Jorden van Foreest mit seinem sehr jungen Sekundaten Max Warmerdam dürfte eine sehr gute Vorbereitung mit Computer einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Auf diese Entwicklung sollte der DSB ein Auge haben, denn so könnte das Spitzenschach der Zukunft funktionieren.

Finanziell wird das schwierig und da wären Kooperationen mit Firmen und Universitäten sicherlich eine Hilfe. Allerdings hat man als Verband natürlich auch das Problem: wer darf wann diese Erkenntnisse nutzen. Darf der Spieler – oder welcher Spieler - die Neuerung nur in Spielen für die Nationalmannschaft oder auch in anderen Partien. Das kann zu Grundsatzdiskussionen führen. Ein sehr schwieriges Thema, aber damit muss sich ein künftiger Sportdirektor und auch Bundestrainer beschäftigen.

Krennwurzn:
Bleiben wir beim Geld. Beim Poker beispielsweise gibt es unzählige Bücher über Bankroll-Management – also wie man sich wirtschaftlich als Profi oder gar Amateur verhalten sollte. Im Schach ist Geld ein Geheimthema und an Sozialversicherung und Pensionsvorsorge wird gar nicht gedacht.

Christian H. Kuhn:
Da gibt es in Deutschland keine gewachsene Struktur und auch die Vorstellung das zwingend im Amateursportbereich zu halten ist weit verbreitet. Ein grundsätzliches Spannungsfeld ist die Gemeinnützigkeit und Profisport – aber andere Verbände haben gezeigt, dass das Problem lösbar ist, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Schach doch eine Randsportart ist und da eben manches schwieriger ist und uns damit für diese Lösung einfach das Geld fehlt.

Wir sind im Ehrenamt und müssen die damit verbundenen Einschränkungen akzeptieren, natürlich können wir davon träumen, dass beispielsweise der Bahnchef Richard Lutz seinen schlechtbezahlten Vorstandsjob aufgibt und ehrenamtlicher Schachpräsident wird.

Krennwurzn:
Das würde ihre Wahlchancen deutlich mindern ?

Christian H. Kuhn:
Da würde ich gar nicht antreten, aber das würde zu einem anderen Modell führen, dass wir in der Ära Robert von Weizsäcker schon hatten. Das Problem besteht, dass die anfallende Arbeit dann von den Vizepräsidenten wieder im Ehrenamt erledigt werden muss – vielleicht sollten wir generell über einen hauptamtlichen Präsidenten nachdenken. Professionelle Arbeit zum Ehrenamtspreis ist ein Wunschtraum, den leider viele nachlaufen, aber wir müssen uns fragen, ob wir als Schach mit der aktuellen Struktur fit für die Zukunft sind.

Im Deutschland ist die 50+1 Regelung sehr populär das darf man nicht vergessen und professionelle Strukturen müsste man wegen der Gemeinnützigkeit wohl ausgliedern. Aber es stellt sich die Frage, ob wir damit die kritische Größe zum Überleben schaffen. Wenig Aufmerksamkeit in der Presse bewirkt wenig Sponsoren, wenig Sponsoren bewirken weniger Aufmerksamkeit – diesen Teufelskreis müssen wir durchbrechen.

Krennwurzn:
Also einen Schritt zurück und kleiner denken?

Christian H. Kuhn:
Das wäre ein schwerer Fehler!! Klein gedacht haben wir schon genug! Wir dürfen eben unser Licht nicht unter den Scheffel stellen – wir müssen unser Potential besser nutzen und öffentlich sichtbarer machen.

Krennwurzn:
Sichtbar machen ist ein gutes Stichwort. Das Team Krause hat mit Ralph Alt als Vizepräsident Sport einen prominenten Namen in die Waagschale geworfen und so manche Kommentatoren fragen sich: welche Persönlichkeiten bietet das Team Kuhn?

Christian H. Kuhn:
Die Personalfindung ist ein zähes Geschäft, und viele geeignete Kandidaten wollen kein Amt beim DSB, weil ihnen der Spaßfaktor nicht hoch genug ist. Aber es geht voran, und ich hoffe, in den nächsten Tagen als Vizepräsident Sport und als Leistungssportreferenten je einen GM vorstellen zu können.

Krennwurzn:
Welchen Amtsführungsstil kann sich die Schachwelt von einem Präsidenten Kuhn erwarten? Bastian war in der Anfangszeit als Präsident in verschiedenen Foren für die Schachspieler greifbar, Krause äußert sich öffentlich sehr selten – er lässt äußern. Wie würde das ein Präsident Kuhn anlegen? Sehen wir den ersten streamenden Präsidenten der auch für ein jüngeres Publikum begreifbarer und sichtbarer wird?

Christian H. Kuhn:
Denkbar wäre das, ich habe da keine Kontaktängste. Im Berliner Schachverband haben wir das schon diskutiert, uns dann aber dagegen entschieden, weil sich keine sinnvollen Ziele fanden, die mit dem Aufwand eines Präsidenten-Streams erreichen lassen. Und um zu streamen, nur um modern auszusehen, ist der Aufwand zu hoch. Aber das kann auf DSB-Ebene anders aussehen, und da ist ein monatlicher präsidentieller Newsletter per Stream genauso denkbar wie ein quartalsweises Town Hall Meeting auf Twitch.

Krennwurzn:
Ich danke Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen alles Gute für Wahl!

Das waren Zeiten: Hübner vs Petrosian, Januar 1971 in Wijk aan Zee
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Beim Aufräumen, Umsortieren, Staub aufwirbeln in meinen Gemächern stolperte ich über ein lang vermisstes Exemplar der englischen Schachzeitung Not the British Chess Magazine (N.T.B.C.M.), mutmaßlich aus dem Jahr 1984, als die Welt noch eine andere war - genügend Elefanten in Afrika, noch keine tödlichen Neonicotinoide auf den Feldern, die alle Insekten und bald dann auch uns dahinraffen werden - darum, Leute, kauft und unterstützt BIO-Lebensmittel, dringend dringend dringend.

Und 1984, Bayern wurde noch nicht jedes Jahr Meister in jenem Jahrzehnt, stattdessen auch mal der ... Hamburger SV! (bedauerlicherweise nur war ich zu dieser Zeit noch nicht HSV-Supporter, sondern, sorry about that, ein Anhänger des FC Bayern München - so ist das manchmal in der Jugend, bei mir jedenfalls).

Doch ich schweife ab? Und in der Tat, das ist ja das Problem in diesem Internet, dass immer genug Platz ist zum Schreiben und die Sätze ewig weitergehen können, denn es gibt keine Seitenbegrenzung und mein Schachwelt-Blog-Präsident und Großmeister Jörg Hickl sieht das auch nicht so eng, so dass man theoretisch schreiben und schreiben und schreiben und schreiben könnte, und schreiben und schreiben und schreiben, bis irgendwann mal der Strom ausfällt oder man in die Küche muss, um abzuwaschen und damit den häuslichen Frieden zu wahren oder aber um ein kaltes Getränk aus dem Kühlschrank - aber genug der langen Worte.
Jetzt wieder Schach, versprochen!

 Not the British Chess Magazine

Das Not the British Chess Magazine also von 1984, es erscheint nach eigenen Angaben ansonsten alle 150 Jahre. Noch ist also etwas Zeit, ehe die nächste Ausgabe auf den Markt kommt. Vorbestellen lohnt.
Denn in diesem wunderschönen Magazin wird Investigation noch ganz groß geschrieben - man findet aktuelle Recherchen zu Bobby Fischer, eine Einführung für das große WM-Match Karpov - Kasparov sowie einige Ausführungen zu vegetarischem Schach.
Ergänzt wird dies unter anderem um einen historischen Blick auf die längste Fernpartie wohl aller Zeiten, begonnen zur Zeit der Kreuzzüge zwischen einem französischen und einem englischen Ritter - und weitergespielt über die Jahrhunderte bis heute. Der Postweg kann zäh und langsam sein, wir kennen das.

Eine Meldung neben anderen erregte nun meine Aufmerksamkeit, denn es geht dabei um Robert Hübner, Großmeister und Legende wie Jörg Hickl und Vincent Keymer. Das N.T.B.C.M. berichtet:

The fastest double default. Hubner and Rogoff were paired together on Board 1 for the World Students Team Championship, playing for West Germany and the USA respectively.
Hubner had just finished an extremely long game and asked to be rested but his match captain would not agree.
They first agreed an instant draw but the arbiter told them they must play a game of reasonable length. Now over 200 moves were played at breath-taking speed. As usual a 0-0 result.

Flott online übersetzt mit Dank an www.pons.de (das hätte sich 1984 so auch noch niemand vorstellen können):

Die schnellste doppelte Voreinstellung. Hubner und Rogoff waren zusammen an Board 1 für die World Students Team Championship, jeweils für Westdeutschland und die USA.
Hübner hatte gerade ein extrem langes Spiel beendet und bat darum, ausgeruht zu werden, aber sein Match-Kapitän wollte nicht zustimmen.
Sie stimmten zunächst einem sofortigen Unentschieden zu, aber der Schiedsrichter sagte ihnen, sie müssten ein Spiel von angemessener Länge spielen. Jetzt wurden über 200 Züge mit atemberaubender Geschwindigkeit gespielt. Wie üblich ein 0-0 Ergebnis.

Beide Spieler also, Rogoff und Hübner, wurden offenbar genullt, weil sie den Turnierregeln mit ihrem Verhalten (200 schnelle Züge!) keinen Respekt erwiesen.

Wir fragen: Wahr oder Legende - stimmt diese Geschichte, oder ist sie einfach nur sehr schön ausgedacht? Einschätzungen bitte kostenfrei unten im Kommentarbereich. Wir lösen auf in 113 Jahren, sobald das nächste N.T.B.C.M. erschienen ist!


Könnte man gerne mal wieder ins Programm aufnehmen - Schach der Großmeister (hier aus dem Jahr 2002)

Das Damengambit
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Wir wandeln nicht auf Beth Harmons Spuren. Doch zugegeben, Netflix erfolgreichste Miniserie aller Zeiten, Das Damengambit, inspirierte, ein längst überfälliges Projekt anzugehen.

Michael Prusikins erfolgreichem Erstlingswerk "Feuer frei! Angriffsstrategien für Vereinsspieler" folgt nun ein Buch zur Eröffnungstheorie:

Das Damengambit - ein Schwarzrepertoire für Vereinsspieler

Schachreisen-Verlag, April 2021, 206 Seiten, deutsch, VKP 24,90 €, ISBN 978-3-9817134-3-5


Jetzt versandkostenfrei (nur D) bestellen in unserem SHOP oder ab nächster Woche im Buchhandel.


Ein komplettes Schwarzrepertoire gegen geschlossene Systeme

cover damengambit front 200Michael Prusikins „Das Damengambit“ bietet eine sichere, aber durchaus kämpferische Waffe gegen geschlossene Eröffnungen wie Katalanisch oder das beliebte Londoner System. Außer 1. e4 wird nahezu alles behandelt. Selbst Exoten wie Grobs Angriff, Bird und der Nimzowitsch-Larsen Angriff finden Beachtung.

Neben konkreten Empfehlungen beinhaltet das Buch eine ausführliche Besprechung relevanter Bauernstrukturen und Mittelspielideen.

Der aus 36 Aufgaben bestehende Test unterstützt die Leserschaft bei der Überprüfung des Lernfortschritts.

Großmeister schreiben oftmals für Großmeister. In der „Für Vereinsspieler“-Reihe adressiert Michael Prusikin jedoch ein breites Spektrum der Schachspieler.

Bei überschaubarem Aufwand profitieren Amateure wie Turnierspieler gleichermaßen von seinem Repertoirebuch.

 

Großmeister Michael Prusikin gehört mit einer Elozahl von 2550 zu den besten deutschen Schachspielern. Als Trainer verhalf er diversen deutschen Nachwuchstalenten zu internationalen Titeln.

2018 wurde Prusikin der Titel des FIDE Senior Trainers verliehen. Beinahe zeitgleich erschien in derselben Reihe sein Erstlingswerk „Feuer frei! Angriffsstrategien für Vereinsspieler“.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 7

Teil 1: Typische Bauernstrukturen und allgemeine Ideen 9

  1. 1. Die Karlsbader Bauernstruktur 11
  • Schwarze Angriffsideen am Königsflügel 12
  • Die Capablanca-Formel 20
  • Den Botwinnik-Plan wirksam bekämpfen 26
  • Entgegengesetzte Rochaden 28
  • Verteidigungsideen gegen den Minoritätsangriff 31
  1. 2. Typische Strukturen im Tartakower-System 40
  • Der Isolani 40
  • Die hängenden Bauern 43
  • Die „weiche“ Karlsbader Struktur 47
  • Schwarze Bauernmehrheit am Damenflügel 55
  • Offene Linien c und d 57

Teil 2: Eröffnungstheorie 61

Karlsbader Variante 63

Harrwitz-Angriff (4.Lf4) 72

  1. 4. Sf3 a6!? 76

Tartakower-Variante 85

Katalanisch 98
Londoner System 114
Colle-System 120
Zukertort-System 123
Damenbauernspiel 127
Hodgson-Angriff 127
Torre-Angriff 131
Blackmar-Diemer-Gambit 137
Veresov-Angriff 138
Königsindischer Angriff 146
Reti-Eröffnung 148
Bird-Eröffnung 157
Nimzowitsch-Larsen Angriff 165
Der Linksspringer 167
Grobs Angriff 170
Orang-Utan 171

Der Abschlusstest 173

Der Abschlusstest - Antworten 180

Variantenverzeichnis 198

Trainieren, trainieren, trainieren
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Von IM Dirk Schuh

Ich denke, mein schachlicher Werdegang ist recht ähnlich zu dem anderer Schachspieler. Über die Schach-AG an meinem Gymnasium kam ich (natürlich viel zu spät) mit 14 in den Schachverein. Dieser konnte zwar kein regelmäßiges Training anbieten, aber die beiden Betreuer Klaus und Frank haben mir immer wieder bei schachlichen Fragen weitergeholfen. Ansonsten war ich auf mich allein gestellt und habe alles an Schachinformationen eingesaugt, was ich beschaffen konnte.

Da dies natürlich kein geordneter Trainingsplan war, beschäftigte ich mich vor allem mit Dingen, die mich interessierten, also Eröffnungen und Taktik. Endspiele übte ich gar nicht, da ich davon ausging, dass ich meine Partien vorher entscheide oder im Endspielbereich mit ein wenig Rechnen auch so klar komme. Aus heutiger Sicht bin ich sehr überrascht, dass ich es mit dieser Strategie auf eine DWZ von über 2200 und eine IM-Norm brachte. Danach merkte ich gegen stärker werdende Gegner aber, dass ich taktisch, wenn überhaupt, höchstens Kleinigkeiten wie Bauern gewann und regelmäßig gute Stellungen im Endspiel versemmelte. Das Nachholen der Endspielfertigkeiten war gar nicht so einfach und ich bereute ein wenig, dass ich damit nicht eher begonnen hatte. Bei meinen Schachschülern lege ich heute darum einen großen Wert auf das regelmäßige Berechnen und Ausspielen von Endspielen, damit sie es später einmal leichter haben.

Luke Adams
Bis zum Endspiel ist es oft ein weiter Weg

Zum Glück gibt es heutzutage einige exzellente Endspielbücher, die einem weiterhelfen können. Eines davon ist "The 100 Endgames You Must Know" von GM Jesus De La Villa, zu dem bei New in Chess jetzt das "Workbook" erschienen ist. Der ambitionierte Endspiellernwillige erhält hier insgesamt 300 Endspielaufgaben mit jeweils ansteigenden Schwierigkeitsgraden in 12 Kapiteln. Die jeweiligen Aufgabenstellungen geben dabei gewisse Hilfestellungen. Mal soll man einen Remisweg finden, dann muss man sich zwischen zwei Zugkandidaten entscheiden oder ausrechnen, ob sich ein bestimmter Abtausch lohnt.

100 Endgames

Ich habe mich nach der Lektüre der Einleitung, die noch einmal den hohen Stellenwert von Endspielkönnen erklärt, gleich ans Werk gemacht und die ersten Aufgaben zu lösen versucht. Zu Beginn gibt es gemischte Endspiele, die typisches Wissen erfordern. Die meisten habe ich zum Glück geschafft, aber gerade bei dem Endspiel Turm gegen Läufer ohne Bauern auf dem Brett hat es mich erwischt, obwohl ich die Endstellung sogar kannte. Mir schwante da schon Böses, aber zum Glück gibt es ab Kapitel zwei nicht nur feste Themen, in diesem Fall Springer gegen Bauern, sondern auch jeweils eine Einleitung, die noch einmal wichtige theoretische Stellungen erklärt und den Geist des Lesers auf die kommenden Aufgaben einstimmt. Danach kann jeder schauen, wie weit er kommt, aber ein paar Aufgaben sollten auch wenig erfahrene Endspieler schaffen.

Für mich ist dieses Konzept sehr gelungen. Man kann anhand der einzelnen Themen gut sehen, was einem liegt oder was man lieber wiederholen sollte und lernt nebenbei noch weitere Endspielfeinheiten. Die Lösungen sind nicht nur reine Varianten, sondern erklären auch kurz und knapp die wichtigen Themen der Stellungen. Hier und da hätte ich mir ein paar mehr Nebenvarianten in den Lösungen gewünscht, da nicht alle meine Fragen geklärt wurden, aber das ist auch immer Geschmacksache!

Die Auswahl der Aufgaben ist auch praktischer Sicht in meinen Augen hervorragend gelungen und bietet einen guten Überblick über typische Probleme, die in Endspielen zu lösen sind. Gerade im Spiel gegen stärkere Gegner ist das Halten von schlechteren Endspielen zum Beispiel eine wichtige Fähigkeit, die man anhand der Fragestellungen in diesem Buch sehr gut üben kann.

Insgesamt ist dies ein gutes Trainingswerkzeug für Leute, die meinen, dass sie ganz gut im Endspiel sind und dies überprüfen möchten, für Leute, die an ihren Defiziten im Endspiel arbeiten wollen oder einfach jene, die gerne knobeln und Aufgaben lösen. Bei einer Spielstärkeuntergrenze bin ich nicht ganz sicher, aber ab 1300 DWZ sollten zumindest die ersten Aufgaben der Kapitel kein Problem sein. Bei den letzten wurde auch ich stark gefordert, nach oben hin kann also jeder mit diesem Buch arbeiten!

IM Dirk Schuh, Schachtrainer

Mai 2019

Jesus de la Villa, The 100 Endgames you must know Workbook bei Schach Niggemann