Grundzüge der Schachstrategie
Basierend auf Chess Fundamentals (1921)
von José Raúl Capablanca

Lehrbuch: Strategie, Endspiel, Partiesammlung
Preis: 16,80 €
Bezugsquelle: Schachversand Niggemann
Dieses Rezensionsexemplar wurde vom Schachversand Niggemann
auf eigenem Wunsch zur Verfügung gestellt.

ISBN-13: 978-3-88805-292-7, Verlag: Beyer
Sprache: Deutsch, 143 Seiten, gebunden, 8. Auflage 2009

 

Der Kubaner José Raúl Capablanca y Graupera (19.11.1888 - 08.03.1942) glänzte durch einen ungemein soliden Spielstil. In seinen gespielten Turnieren / Matches verlor Capablanca, genannt die Schachmaschine, von 578 Partien lediglich 35. In der Zeit von 1921 - 1927, als er den Weltmeistertitel trug, ganze 6 Partien.

Nachfolgend wird ein Schachbuch besprochen, welches 89 Jahre alt ist. 1927 wurde dieses Buch erstmalig in deutscher Sprache veröffentlicht. Es wurde viel über Capablanca geschrieben, um ihn ranken sich Mythen und sagenumwobene Geschichten. Sein persönliches literarisches Erbe ist leider sehr knapp und kostbar. So schrieb Capablanca neben "Chess Fundamentals" noch folgende Werke:

A. My Chess Career
B. A Primer of Chess

Der Großmeister, 6. Weltmeister und Schachlehrer Michael Moissejewitsch Botwinnik sprach 1984 vom BESTEN je geschriebenen Schachbuch. Wir müssen jetzt nicht ehrfürchtig erzittern, wenngleich mir beim Schreiben dieser Zeilen die Gänsehaut läuft. Anmerken möchte ich an dieser Stelle, dass ich selbst ein bekennender Capablanca-Fan bin.

Die wahrscheinlich bekannteste Aussage von Capablanca:
"Ein Schachspieler muss alle Züge zu verhindern wissen, die zu einer Schwächung seiner Position führen könnten, und stets bestrebt sein, durch einen überraschenden Angriff dem Gegner die Initiative zu nehmen."

143 Seiten lassen uns kein umfassendes Lehrbuch vermuten. Weit gefehlt, denn das ausgewählte Material ist verständlich, lehrreich und gut gewählt. Ein fortgeschrittener Schachspieler kann seine Spielstärke um vermutlich bis zu 150 ELO-Punkte steigern. Das Lehrbuch eignet sich für sowohl für Anfänger in einem fortgeschrittenen Stadium als auch für erfahrene Vereinsspieler.

Wir reden hier von einem echten Klassiker, ein Schachbuch, welches den Titel "Schachbuch" mehr als gebührend verdient.

Capablanca geht auch bei "Grundzüge der Schachstrategie" in bewährter Manier systematisch vor. Der Leser wird in die "Kunst des Schachspiels" eingewiesen. Capablanca selbst konnte mit Büchern zu Eröffnungssystemen wenig anfangen, fand in seinerzeit erhältlichen Publikationen zu häufig taktische Fehleinschätzungen vor. Der Autor stellt dem Lesern seine eigenen Grundlagen und sein Basiswissen vor. Einen sehr hohen Lernerfolg sieht Capablanca durch die Analyse von Endspielstellungen. Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang an die SCHACHWELT 02/10 (Interview mit GM Georg Meier zum Thema Endspiele).

Beeindruckend ist, dass sich der Leser in die Charakterzüge des Schachspiels der Epoche um 1920-1930 zurückversetzt fühlt. Diese eigene Note, die ausgezeichnete Auswahl von Partien und Lehrbeispielen macht dieses Werk so wertvoll. Es ist müßig darüber nachzudenken, ob das Buch nach so vielen Jahren überhaupt zeitgemäß ist.

Schauen wir abschließend in das Inhaltsverzeichnis:

1. Einführende Betrachtungen über Endspiele, Mittelspiele und Eröffnungen
2. Weitere Richtlinien für das Endspiel
3. Einige Gewinnwege im Mittelspiel
4. Grundzüge der allgemeinen Schachstrategie
5. Strategie des Endspiels
6. Weiteres übers Eröffnungen und Mittelspiel
7. Ausgewählte Partien

Ergibt
67 sehr gut kommentierte Stellungsbeispiele
14 ausgewählte und hervorragend kommentierte Partien

 

Bewertung
Würde es eine bessere Bewertung als 5 von 5 geben, so könnte sich Capablanca auch dieser sicher sein.

Fazit
Pflichtlektüre, die Spaß bereitet. Ein Schachbuch, welches immer wieder gerne zur Hand genommen wird, um gut kommentierte Schachpartien oder eine strategische List nachzulesen. Ich bin geneigt zu sagen, dass dieses Buch in keiner privaten Schachbibliothek fehlen darf.

Anmerkung
In der achten Auflage wurden kleinere stilistische Optimierungen und Korrekturen vorgenommen, die den Inhalt unberührt lassen, sowie formale Anpassungen wie die Verwendung der neuen deutschen Rechtschreibung und die Umstellung auf figurine Notation.

Copyright: Frank Quisinsky / SCHACHWELT
vom 24.01.2010
zuletzt aktualisiert am 28.01.2010, 22:30