Heroes of Classical Chess

Autor: Craig Pritchett Sprache: Englisch Verlag: Everyman Chess Seiten: 224 Preis: 17,95 €

Der schottische IM Craig Pritchett (geb. 1949), neun Mal für sein Land bei Schacholympiaden im Einsatz, arbeitet seit rund zwanzig Jahren als Trainer, Schachjournalist und Autor. Sein neuer Titel im Everyman-Verlag verbindet fünf herausragende Meister ganz verschiedener Epochen durch das, was er “classically direct chess“ nennt. Damit meint Pritchett ein universelles Spiel, jenseits der Gebundenheit an einen persönlichen Stil. Die Attribute solchen Spieles sind „clear, energetic, tough, ambitious yet fundamentally correct chess”. Der klassische Spieler spielt, was die Stellung verlangt. Man kann einwenden, so spielen heutzutage alle Profis, zumindest versuchen sie es. Aber halten wir uns nicht an Feinheiten auf; in der neuen Reihe „chess secrets“ von Everyman besteht eben das Konzept darin, ein paar bekannte Namen aus unterschiedlichen Generationen unter einem Merkmal zusammenzuführen. So gibt es schon die Bände „Giants of Strategie“, „Great Attackers“ und “Giants of Power Play”. Jedenfalls versteht Pritchett es plausibel darzulegen, was er mit seinen Definitionen meint und warum er gerade folgende fünf Großmeister für seine Darstellung ausgewählt hat: Rubinstein, Smyslow, Fischer, Anand und Carlsen. Er schlägt somit auf unterhaltsame Art den Bogen über die Entwicklung im Schach der letzten hundert Jahre. Jeder Protagonist wird biographisch und anhand von jeweils sieben markanten Partien vorgestellt. Pritchett hat meines Erachtens eine gute Auswahl getroffen. Freilich sind die meisten Partien bekannt und bereits andernorts ausführlich analysiert worden, aber dadurch, dass sie in einen speziellen Zusammenhang gestellt werden, kann man sie mit neuen Augen betrachten (z. B. Fischers Anleihen bei Steinitz, Aljechin, Nimzowitsch u. a.). Auch schafft es der Autor, stets ein, zwei weniger bekannte Partien beizumengen. Angenehm sind die Kommentare, die verbal ausführlich das Wesentliche treffen, ohne sich in Detailvarianten zu verlieren. Besonders gefielen mir die Kapitel über Rubinstein und Smyslow. Gerade diese Helden, deren Glanzzeiten weit enteilt sind (als das Buch herauskam lebte Smyslow noch!), wirken durch den Rahmen, den Pritchett schafft, und den Einbezug von moderner Theorie plastisch und gegenwärtig. Man spürt sehr gut, wie stark diese Titanen waren. Die gern heraufbeschworenen Gegensätze von „modernem“ und „altmodischem“ Schach sind nicht mehr vorhanden, die alten Meister gingen durchaus „modern“ an Vorbereitung und Partie heran, wie der Autor darlegt.
Ein schlaues und informatives Büchlein, das jedermann nahe zulegen ist. Schade nur um den „weichen Einband“ bei sonst ordentlichem Layout. Einmal durchgelesen ist mein Exemplar schon ziemlich derangiert und der dünne Karton rollt sich auf.

Bewertung 4 von 5

IM Frank Zeller, DWZ 2362