Tragikomödien im Endspiel

Autor: Mark Dvoretsky Sprache: Deutsch Verlag: Jussupow Schachakademie Seiten: 304 Preis: 24,90 €

Ich lese alles gern, was über Schach handelt. Doch mit zwei Kategorien habe ich meine Schwierigkeiten: Mit Lehrbüchern von Dworetski und Endspielbüchern. Die einen sind schwerblütig, arbeitsintensiv und nicht ohne Brett und Schweißtropen zu durchqueren, die anderen in der Regel staubtrocken, mathematisch-wissenschaftlich. Bei beiden befällt mich zuweilen das Gefühl, ein schachlicher Idiot zu sein. Und nun kommt beides in einem zusammen…
Dennoch zögerte ich keinen Moment, mir das Rezensionsexemplar zu sichern, hat mich doch der Titel „Tragikomödien“ sehr angesprochen. Impliziert das nicht Raum für große Emotionen? Und ich wurde nicht enttäuscht. Wie gewohnt vermittelt Startrainer Dvoretsky Inhalte, Wissen und Erkenntnisse und er tut dies auf kurzweilige Art, die neugierig macht und den Leser zum Dranbleiben motiviert. Im Mittelpunkt stehen die irrenden Weltklassespieler, und glauben Sie mir ruhig – keiner aus Vergangenheit und Gegenwart wird dabei ausgespart!
Schön zu sehen, dass selbst die Größten des Metiers nicht vor groben Schnitzern im Endspiel gefeit sind. Die Fehler resultieren dabei nicht aus mangelndem Spielverständnis oder Erschöpfung, sondern weil eben die Materie so komplex ist. Scheitern im Endspiel ist normal, lernen wir. Aber auch ein Weg zur Linderung wird gewiesen: Die Profis irren, weil sie bekannte Grundregeln nicht kannten bzw. diese nicht anzuwenden wussten. Dworetski zeigt uns, was man an Rüstzeug benötigt und gibt einem das Gefühl, wirklich Essentielles übers Endspiel zu lernen. Man kann das Buch als Ergänzung zu seinem Klassiker, der „Endspieluniversität“, ansehen, aber auch als eigenständiges Werk genügt es vollauf, um sich einen guten Überblick übers Endspiel zu verschaffen.
Sehr erfreulich ist es auch, ein richtiges Buch in Händen zu halten mit festem Einband und Fadenbindung. Herausgeber Jussupow beauftragt eine deutsche Firma mit dem Druck und setzt damit auf Nachhaltigkeit und ökologische Korrektheit, statt sich von Billigstandorten im hinteren Baltikum ablenken zu lassen. Dem gelungenen Gesamteindruck abträglich ist leider etwas das Layout von Nadja Jussupow, das gewöhnungsbedürftig ist (vor allem die Diagrammköpfe) und mit Kursiv- und Klammersetzungen das Auge irritiert.

Bewertung: 4 von 5 Königen


IM Frank Zeller, DWZ 2362