Die unerträgliche Leichtigkeit des Cheatings
Freigegeben in Blog

Früher – ja da war alles besser – war Betrug einmal eine schwerwiegende Angelegenheit und wurde heftig diskutiert. Es ging aber nicht so sehr um einzelne Züge, sondern es ging um Absprachen oder präziser um die mögliche Existenz von Absprachen zu Gunsten des Einen und zu Ungunsten des Anderen. Dem geneigten Leser werden hier Interzonenturniere und dergleichen mehr einfallen. Die eingesagten Züge von stärkeren Spielern gab es zwar auch, aber die waren mit dem Risiko des Nichtverstehens der Idee verbunden oder sie waren doch nicht so stark wie erhofft.

Heute ist alles viel, viel leichter und locker geworden. Der Betrug oder Cheating wie man es im Onlineschach nennt, hat eine unerträgliche Leichtigkeit entwickelt und die Züge sind gegen menschliche Gegner nahezu immer ausreichend und sicher. Es wird zwar ebenfalls heftig – teilweise in Ermangelung von Argumenten persönlich und untergriffig – diskutiert, aber niemand versucht ernsthaft die Probleme zu analysieren und dann nach brauchbaren und haltbaren Lösungen zu suchen, denn die für jeden passenden reflexartigen Antworten sind verführerisch einfach.

Der Mythos, dass Cheater Computerexperten und Mausakrobaten erster Klasse sein müssen, gilt schon lange als gebusted, denn jeder der ein Programm installieren kann und schneller lesen kann als Varianten berechnen, kann ganz leicht betrügen. Die entsprechenden Tools findet man im Internet und wer sich in die Tiefen des Darknets begibt, findet dort nahezu unzählige Tools – viele davon mit mehr oder besseren Verschleierungsfeatures. Also Cheaten ist leicht – wirklich unerträglich leicht und für das schicke nebenbei cheaten gibt es noch das Smartphone. Wer cheaten möchte, kann dies leicht und ohne Anstrengung machen – herrlich.

Klar, dass dies eine andere Fraktion auf die Palme trieb und diese nennen wir sie uncharmant „Cheating Paranoide“ reagierte anfangs sehr verstört auf obige Erkenntnisse und versuchten diese zu negieren. Aber als dies scheitern musste, entwickelte man umgehend eine ebenfalls unerträgliche Leichtigkeit in der Problemlösung: Anticheatingalgorithmen! Schon in den Nullerjahren wurden diese Programme in den Himmel gelobt und da man heute über viel mehr Daten verfügt und zudem ganz modern KI (Künstliche Intelligenz) zum Einsatz kommt, wurden sämtliche Zweifel, die es methodisch zwingend geben sollte, schnell über Bord geworfen. Unschuldsvermutung und Rechte der Beschuldigten werden mit einer unerträglichen Leichtigkeit ignoriert – und dass es bei so einer hohen Zahl an Beschuldigten eine zwar geringe Anzahl an „false positive“ geben müsste, wird mit dem Satz „Wer sich nichts zu Schulden kommen lässt, der braucht keine Strafe zu fürchten“ schnurstracks ignoriert, denn der Hass auf die Cheater vernebelt jegliche Objektivität und lässt Zweifel an der Leichtigkeit erst gar nicht aufkommen.

2020Leicht01

Die unerträgliche Leichtigkeit hat sich auch auf die Serverbetreiber übertragen – wurden früher Cheater mit martialischen Worten (Computerbetrug, Sportbetrug, usw.) zwangsgeoutet, was in wenigen Fällen zu juristischen Problemen für die Server führte, so hat man viel Kreide gefressen und viel mildere Worte gefunden: Schutzsperren, Disqualifikation in einem Turnier ohne weitere Konsequenzen und wenn es gar nicht anders geht, werden Accounts wegen Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäfts- und Nutzungsbedingungen reklamtionsschonend geschlossen. Vorbei die Zeiten als man hasstriefende Artikel über die Abartigkeit der Cheater lesen musste, weil die Serverbetreiber rasch erkannt haben, dass zwar zu viele Cheater geschäftsschädigend sind, aber zu viele „false positives“ ein ebensolches rufschädigendes Potential haben. Aus gut informierten – aber nicht bestätigten – Quellen hört man rauschen, dass Serverbetreiber bei Reklamationen wegen Cheatings sehr unnachgiebig und auch sehr wortkarg reagieren, aber andererseits bei Einbringung einer Klage sofort den Vergleichsweg beschreiten und Verschwiegenheit vereinbaren, weil Urteile über die Anticheatingalgorithmen und die Rechtmäßigkeit der Eingriffe in die Endgeräte der User und deren Daten von unabhängiger Gerichten könnte die unerträgliche Leichtigkeit etwas trüben.

Am Ende bleiben die Verbände übrig, die bei diesem Thema ebenfalls die unerträgliche Leichtigkeit des Wegsehens praktizieren indem sie den Serverbetreibern ihre Blackbox Cheatererkennung einfach als Privatangelegenheit überlassen. Ist es im Sportbetrug (Doping) üblich, dass Methoden von den Verbänden geprüft und freigegeben werden müssen, bevor sie angewendet werden dürfen, so zeigen weder nationale noch internationale Verbände ein Schutzinteresse der unter ihrer Flagge spielenden Personen.

Die unerträgliche Leichtigkeit des Cheatings ist einfach zu bequem – und jeder findet seine Wohlfühlecke ohne Anstrengung … wir leben im Paradies – vergessen wir doch die paar Wenigen, die wirklich komplett unschuldig des Betrugs bezichtigt wurden und werden! Außerdem kennt ja nur der „false positive“ mit 100%iger Sicherheit sein Schicksal und zudem kann man die definitionsgemäße Unschuld eines „false positive“ in Zeiten von fake news und Verschwörungstheorien auch noch anzweifeln.

2020Leicht02

 

Das Schielen auf Elozahlen, nur der Gewinn zählt, usw … das wären die Punkte wo man gegen Cheating ansetzen müsste. Die Freude am Spiel, an der eigenen Leistung und auch die simple Erkenntnis, dass niemand eine Partie gewinnen kann ohne, dass ein anderer diese verliert, usw. würden der Schachwelt mehr helfen. Wäre diese Leichtigkeit wirklich unerträglich schwer zu erreichen?

Goldene Schachzeiten - noch völlig ohne Smartphones!
Freigegeben in Blog
Donnerstag, 01 Mai 2014 00:00

Bindrich verklagt Schachbund auf 68.000 €

Sperre ungerechtfertigt? GM Falko Bindrich verklagt den Schachbund auf Schadenersatz

Es hat etwas gedauert und lange mussten wir uns gedulden, doch nach einem Jahr des Wartens gibt es nun endlich eine neue Meldung rund um den Betrugsvorwurf gegen Falko Bindrich. (Nicht zu verwechseln mit ebensolchen Vorwürfen gegen … Moment, wie hießen sie noch alle … Sébastien Feller, FIDE-Weltmeister Vesselin Topalov, Clemens Matt in Acht Allwermann, Christoph Natsidis, Borislav The Shoe Ivanov und jüngst in Dortmund 2013 … Jens Kotainy).

Schön ist ja, dass die allermeisten der einst 100.000 Mitglieder des DSB immer noch ehrlich am Schachbrett kämpfen und ihre Züge und Pläne selber ausdenken, ohne sich dabei mit ihrem Smartphone unehrenhaft Vorteile zu verschaffen. Bei Falko Bindrich indes hatte sich bei einem Bundesliga-Spiel im Oktober 2012 so manchem und nicht zuletzt Sebastian van Helsing Siebrecht der Verdacht aufgedrängt, dass der junge Nationalspieler auf der Toilette seines Vertrauens vom eDoping Gebrauch machen könnte.

Das war zum Glück auch damals schon nicht erlaubt, und schwupp!, schon nahte der Schiedsrichter, um das Handy zu konfiszieren. Doch Bindrich gebot ihm und einer potentiellen Inspektion des Smartphones Einhalt mit dem Hinweis auf geschäftliche Interna, die vor dem Blick von Außenstehenden hätten geschützt werden müssten. So gab es nicht die allerletzte Klarheit, ob Bindrich nun gemogelt hatte oder nicht, und doch entschied sich der Schachbund nach einigem Zögern zu einer Sperre für den Spieler (und für sein Smartphone). Zeitgleich wurden immer mehr elektronische Geräte aus Turniersälen gänzlich verbannt – eine Errungenschaft, für die wir Falko Bindrich dankbar sein sollten.

bundesliga 4

Goldene Schachzeiten auch hier - keiner in der Liga hatte ein Handy!

Doch war die Sperre gegen den Eppinger Bundesligaspieler wirklich gerechtfertigt? Bindrich verteidigte sein Verhalten in einem offenen Brief und hielt dabei die Fahne der unverletzlichen Privatsphäre hoch. Andererseits sahen viele in diesem Fall Parallelen zum Doping in anderen Sportarten – und demnach ist eben das Verweigern einer (Smartphone- ebenso wie Urin-) Probe bei Dopingverdacht gleichzusetzen mit dem Eingeständnis des Doping. Hatte der Schachbund also zu Recht gesperrt? Vielleicht ja, vielleicht aber auch nicht, doch im Mai 2013 hob der DSB die ausgerufene Sperre aus formalen Gründen wieder auf.

Falko Bindrich fand daraufhin Unterschlupf beim nordwestdeutschen Oberligisten Lüneburger SK, bei dem er sich erfolgreich durch eine Saison am Spitzenbrett punktete, nur einmal besiegt von Nikolas Nüsken aus Hannover. Auch gewann er offenbar vor kurzem das starke Osteropen des SK Norderstedt – doch ganz sicher ist das nicht, da die Homepage der Veranstaltung zur Zeit noch immer nur hartnäckig die vorläufige Teilnehmerliste und keine weiteren Ergebnisse dokumentiert.

Bereits im Januar 2013 hatte Bindrich dem Schachbund mit rechtlichen Schritten gedroht – und so wie es aussieht, verklagte er nun tatsächlich den Schachbund auf Zahlung von Schadenersatz für die temporär verhängte eDoping-Sperre.Dabei geht es um einen Betrag von 68.000,-€. Das ist zunächst einmal eine gewaltige Summe, wenn man bedenkt, wie lange ein Großmeister dafür in Deutschland Turniere und Ligaspiele bestreiten muss, um Honorare und Preisgelder in dieser Dimension zu verdienen. Doch ein möglicher Verdienstausfall mag nur die eine Seite sein – hinzu kommen vermutlich Forderungen aufgrund von Rufschädigung, Imageverlust und ähnlichen Dingen. Die Datenlage indes ist dünn, genauere Details zur Klage lassen sich auf Anhieb im Netz nicht ausmachen.

small fridman

Erwischt - eine Katze beim Braindoping während des Norderstedter Opens (Runde 3)

Nun möchte man nicht in der Haut des DSB stecken – 68.000,- € sind eine Menge Geld in einem Verband, der auch so schon leider nicht zu den allerreichsten gehören dürfte. Bedauerlich zudem, dass die mutige Entscheidung des Schachbundes, nach umsichtiger Prüfung die von vielen (auch von mir) erhoffte Sperre auszusprechen, nun unter Umständen massiv auf ihn zurückschlägt. Doch so ist es im Rechtsstaat, und es ist ja auch nur gut, dass man klagen kann.

skf14400Auf wessen Seiten die Sympathien stehen in einem möglichen Prozess, das ist eine ganz andere Frage.

Wo soll der DSB das viele Geld hernehmen? Aus dem Jugendbereich? Aus der Frauenförderung? Vom SV Berolina Mitte? Als treue Mitglieder sollten wir vielleicht schon einmal einen knappen Euro zur Seite legen für unseren Verband – als Falko Bindrich–Notopfer, sollte die Klage Erfolg haben.

Eye of the Tiger
Freigegeben in Blog
Dienstag, 04 März 2014 01:05

Eye of the Tiger

Der Song von Survivor hämmert wie Rocky’s Schläge auf die Ohren der Krennwurzn – es ist Faschingsdienstag und aus panischer Angst vor einer Auferstehung von Äwigkneiper dröhnt sich die Krennwurzn mit lauter Musik weg. Wie von Geisterhand gezwungen greift die Krennwurzn zum Telefon – läuten konnte er es wegen der lauten Musik ohnehin nicht hören – und sieht wie zwei Tigeraugen zu ihm sagen: „Schau mir in die Augen Krennwurzn!“ „We..we..welcher Tiger?“ stottert die Krennwurzn.

2014Tiger02

„Der Tiger von Travemünde“ hörte die Krennwurzn und sofort blitzt der Travnicek Sager von Helmut Qualtinger „Spanien - die Stierkämpfe, a matte Sache, Simmering gegen Kapfenberg, das nenn ich Brutalität“ durch die Krennwurzn und erinnerte sich an die unheimliche Brutalität gegen einen Filztiger bei besagtem Turnier, dem vom Letztrundengegner der Blick auf das Schachbrett verwehrt wurde. Lächerlich dachte sich damals die Krennwurzn, ebenso wie auch das Argument, dass die Augen des Tigers als Kamera dienen könnten. Und jetzt blickt die Krennwurzn in die leibhaftigen Augen und führt das folgende nicht autorisierte und auch niemals geführte Faschingsdienstagsinterview mit dem „Tiger von Travemünde“!

Krennwurzn: Also gut – sie können also sehen und auch sprechen – was wollen Sie mir sagen?

Tiger: Ich möchte ... nun sagen wir mal so: mich quält das Gewissen!

Krennwurzn: Warum? So hoch sind die Telefonkosten aus Norddeutschland nach Österreich auch wieder nicht! Ist Ihr Herrchen nicht in das Telefonat eingeweiht?

Tiger: Klar weiß der nichts von uns – können wir uns ohne unsere beiden Herrchen von Tiger zu Krennwurzn unterhalten?

Krennwurzn: Klar und wenn Sie frischen Kren reißen und Ihnen dann die Augen tränen, dann sind Sie der erste lebende Filztiger auf Erden – ein irdisches Alien sozusagen.

Tiger: Woooaaahh – frisch gerissener Kren ist ja wirklich furchtbar in den Augen!

Krennwurzn: Gut, dann kommen wir zur Sache – was wollen Sie mir sagen?

Tiger: Ich manipuliere Schachpartien!

Krennwurzn: Ich dachte der Chess Tiger wurde nicht mehr weiterentwickelt?

Tiger: Nun ich bin leistungsmäßig sowieso entfesselt und bediene mich lieber beim Zauberer Houdini!

Krennwurzn: Da wünsche ich viel Glück – FIRST CHOICE HOOOUDINI höre ich da schon einen anderen Tiger kreischen und vom Professor Kenneth W. Regan werden Sie dann wissenschaftlich statistisch schonungslos aufgedeckt!

Tiger: Ich zittere schon am ganzen Leib – aber HALLO! Ich bin doch kein Anfänger und Brutalocheater der nur die Züge des Computers übermittelt!

Krennwurzn: Klar – erstes Problem: Übermittlung der Züge – wie soll denn das klappen? Die Spieler werden schon bald einer Leibesvisitation und elektronischen Detektion unterzogen werden und dann ist schon „finito“ mit Tigern!

Tiger: Am Menschen werden Sie und auch andere gar nichts finden und in mir auch nicht - außer natürlich qualitativ hochwertigen, mit liebe handgefertigten Filz!

Krennwurzn: Super und wie funktioniert das dann?

Tiger: Es ist doch bekannt, dass Naturforscher Tiger aufgrund der Fellzeichnung unterscheiden können – das sollte sogar eine Krennwurzn wissen!

Krennwurzn: Ja das ist mir bekannt, aber ...

Tiger: Acht verschiedene Tiger sollten sogar Sie als Krennwurzn sich merken können – oder? Probieren wir es doch einfach aus!

2014Tiger01

Krennwurzn: 1. e4 und 37. Tad1+ ..... Fantastisch!!! Wahnsinn!!!

Krennwurzn: www...wie funktioniert das?? Sie sind doch nur ein Tiger – ein Filztiger? Mich laust der Affe!!

Tiger: Ja, ja für die Krennwurzn ist alles Leben Chemie - aber schon vergessen was ein Lehrer vor vielen, vielen Jahren zu Ihnen gesagt hat: „man muss nicht logisch sondern biologisch denken!“

Krennwurzn: Daran kann ich mich noch erinnern – so ist das auch wieder nicht!

Tiger: Ja, ja wer in Griechenland Tintenfisch mit Pommes isst...

Krennwurzn: mit normalen Erdäpfel – äh Kartoffel hab‘ ich ihn gegessen und aus biologischem Anbau um ganz genau zu sein – Pommes sind nicht so meine Sache!

Tiger: Egal es geht nicht ums Gemüse – gegrillt verliert das Tier äußerst wichtige Eigenschaften...

Krennwurzn: Ah – ich verstehe, Sie können Ihr Fell wie ein Sepia ändern und damit ... aber das fällt doch auf und das kann doch jeder sehen!

Tiger: Erstens fällt das Offensichtliche nicht so auf, wenn man komplizierte Tricks erwartet und zweitens werfen Sie nochmals einen Blick auf die zwei Bilder oben!

Krennwurzn: Opps – ich hätte eigentlich nur die Fernschachnotation 5254 bzw 1141 sehen können und dürfen ... warum ... warum sagte ich 1. e4 und 37. Tad1+ ... ?? Das konnte ich ja gar nicht wissen?

Tiger: Egal wohin sich meine Augen auch richten mögen, ich nehme das Schachbrett auch ohne direkten Sichtkontakt war und könnte auch von Bremen aus in Travemünde wirken!

Krennwurzn: Wirklich?

Tiger: Genau und damit kommen wir zu meiner stärksten Waffe!

Krennwurzn: Die da wäre????

Tiger: Ich bin kein Brutalohoudinicheater – ich bin ein Gedankenmanipulator!!

Krennwurzn: Sie können meine Gedanken manipulieren?

Tiger: Nur schachlich – keine Angst - nur schachlich – das genügt mir schon!

Krennwurzn: Ah – verstehe! Wie ich bei meinem Herrchen vor ein paar Tagen auch! Was hat der getobt, als ich ihm mit Lxd4 einzügig eine Figur einstellen ließ!

Tiger: Genau so funktioniert es – nur ich manipuliere BEIDE nicht nur mein Herrchen - und damit können sich der Professor Regan und die anderen HFC’s (Houdini First Choice) brausen gehen. Nicht nur dass die HFC von heute die Nogos von morgen sind, nein ich heble alle statistischen Methoden einfach mit dem Zufall brutal aus!

Krennwurzn: Ah – jetzt verstehe ich! Genial! Sie haben unsere Schwachstelle erkannt – unsere Modelle haben Schwierigkeiten mit Einschnitten, Krisen, etc. weil sich diese nicht so einfach in mathematischen Formeln darstellen lassen.

Tiger: Richtig erkannt und jetzt erkläre ich Ihnen anhand der Partie aus der 6. Runde in Travemünde wie ich das gemacht habe!

Krennwurzn: Ich bin gespannt wie eine Armbrust! (Zittert vor Aufregung)

Tiger: 1. b4!!!!

Krennwurzn: Mich laust der Affe – das schockiert ja nicht einmal mich staatlich geprüften und zertifizierten Angsthasen!

Tiger: Genau richtig und das soll es auch, denn würden Sie Schach spielen können – äh – es verstehen können, dann wäre Ihnen eines klar: Ihr Gegner hat nun bereits einen halben Punkt freiwillig auf Ihr Konto überwiesen – die Frage ist nur mehr können Sie die Partie gewinnen – der von mir Ihnen letztlich zugedachte Verlust ist nun weit außerhalb Ihrer Vorstellungskraft!

Krennwurzn: Ach so .... hinterhältig ... gemein ... genial!

2014Tiger03


Tiger: 11. Sd4!!

Krennwurzn: Wäre da cxd5 nicht viel stärker?

Tiger: Klar du Houdinijünger – klar! Aber es würde zu sehr vereinfachen und das wollen wir – das will ICH nicht!!

Krennwurzn: Aber nach 11. Sd4? ist doch 11. ... Se5 sehr stark!

Tiger: Richtig, aber das Feld e5 wurde ja von unserem Springer vorher geschützt und bleibt im Kopf auch nach dem Wegzug noch eine Weile geschützt!

Krennwurzn: Tatsächlich 11. ... Tc8 – der Tiger zeigt seine Wirkung! Faszinierend würde Spock dazu sagen ...

2014Tiger04


Tiger: 15 . ... Te8

Krennwurzn: 15. ... Lb4 wäre sicherlich stärker!

Tiger: Logisch, aber nun hat sich die Blockade vom Springer auf den Le7 übertragen und das ist ganz, ganz wichtig nun!

Krennwurzn: Nun kam nach 16. Le2 Se5 17. Dg3 – Weiß ist am Ende – man(n) kann die Hände schütteln!

Tiger: Man kann die Hände über den Kopf zusammen schlagen aufgrund Ihrer Naivität und Unwissenheit – ja das kann man!

2014Tiger05

Krennwurzn: 17. ... Ld6 und aus die Maus! -3,50 sagt Houdini und vorbei ist der Zauber!!

Tiger: Ja – warihätti oder so ....

Tiger: Wie war das mit der Blockade und der Freigabe? Der Springer wurde freigegeben und der Läufer wird dadurch blockiert – Multitasking ist nicht so meine Sache! Und daher kam in der Partie: 17. ... Lb4

Krennwurzn: Aber der Läufer sollte doch blockiert sein!

Tiger: Nur vom Feld d6 sollte er sich fernhalten – das Feld b4 wäre – Betonung auf WÄRE - vorher stark gewesen, da darf er jetzt mit Verspätung hin, denn schon Michail Gorbatschow sagte: wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!

Krennwurzn: Genial ... super .... (mit weit geöffneten Mund)

2014Tiger06

Tiger: 19. ... d4 wieder dasselbe Motiv ein starker Zug einen Zug später ist meist ein schwerer Fehler!

Krennwurzn: Ich glaube das geht auf Botwinnik zurück!

2014Tiger07

Tiger: 22. ... Te7

Krennwurzn: Damit kenn ich mich aus – die Gier – eine Todsünde!!

Tiger: genau, aber 22. ... Dxe2 könnte auch schon verloren sein ...

Krennwurzn: 23. Sxe8 Txe8 24. Lxe5 Txe5 25. Txb4 mit einer Qualität für Weiß!

2014Tiger08

Tiger: 23. Se6!! Der Tiger hat zugeschlagen und ...

Krennwurzn: genau und das soll nicht auffallen – 23. Sa6 hätte man ja auch zur Verfügung!

Tiger: Der bringt nichts außer Kopfschmerzen – viel Rechenaufwand für nichts und ein riesiger Erklärungsbedarf noch dazu!

23. Se6 hingegen ist einfach, effizient und vor allem: einfach zu erklären – auch Ihnen, liebe Krennwurzn! Es droht ein simples Matt auf g7, das sollten sogar Sie sehen und es unterbricht die Verbindung Dame Turm und damit hängt der Se5 – gut das müssen Sie im Speziellen nicht sehen!

Krennwurzn: Danke für die Blumen!

Tiger: und nach 23. ... fxe6 24. Lxe5 hängt der Turm auf b8 und der Springer auf f6!

Krennwurzn: Das sehe ich und das kann ich mit 24. ... Tf8 beides lösen!!

Tiger: und wohin geht die Dame ohne Figurenverlust nach 25. Ld3!! – darf ich diese Frage stellen?

2014Tiger09

Krennwurzn: Opps das habe ich ...

Tiger: Genau - übersehen!!

2014Tiger10

Tiger: Und Txf5 mit Ausnutzung der Grundreihenschwäche hätte sogar eine noch so verwelkte Krennwurzn mit geschwollenen Hühneraugen gesehen!

Krennwurzn: Jetzt werden Sie nicht überheblich! Ich habe noch etwas frisch gerissenen Kren für Ihre Augen hier!

Tiger: Ok – sorry!

Krennwurzn: Und warum erzählen Sie das Alles mir?

Tiger: Weil ich ein Problem habe und Ihre Hilfe brauche?

Krennwurzn: Mein Hilfe – da kann Ihnen nicht mehr geholfen werden!

Tiger: Doch! Sie sind der weltbeste Experte im Finden von katastrophalen Zügen!

2014Tiger11

Ihr Lxd4 mit sofortigem Figurenverlust war einfach nur genial – wie kommt man auf solche Züge und wie bringen Sie Ihr Herrchen dazu diese tatsächlich zu spielen? Diese Frage lässt mich einfach nicht los? Wie gesagt ich manipuliere Schachpartien und das heißt ich beeinflusse BEIDE SEITEN – daher bin ich für Anticheatingsoftware und – algorithmen unentdeckbar! Wie man starkes Schach spielt, da kann ich Houdini & Co befragen, aber mir fehlt die Expertise wie man zielsicher schwache und sinnlose Züge findet!

Krennwurzn: Danke für das nichtgegebene Interview und Tschüss! Und hier ist noch was Weißes zum Einreiben der Augen – aber keine Sorge es ist keine Tigersalbe!

Aus dem Lautsprecher und von überall im Raum dröhnt es der armen Krennwurzn entgegen:

It's the eye of the tiger
It's the thrill of the fight
Rising up to the challenge of our rival
And the last known survivor
Stalks his prey in the night
And he's watching us all with the eye of the tiger
The eye of the tiger
The eye of the tiger
The eye of the tiger
The eye of the tiger 


Sie haben bisher nur Bahnhof bzw. Hafen verstanden – kein Problem und keine Ursache bei Ihnen ist alles in Ordnung – es liegt an der Krennwurzn!

Aber die Geschichte hat einen wahren Hintergrund und den können Sie in der Zeitschrift Schach Heft 2/2014 auf Seite 30 „Von Schiffen und Tigern“ von GM Daniel Hausrath lesen. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages dürfen wir Ihnen hier auch eine pdf-Version (4,3 MB) zum Lesen anbieten! 

2014Tiger12

Außerdem wurde die Geschichte auch im Forum Schachfeld unter dem Titel "Plüschtiger am Brett" diskutiert - wobei mich der Tiger nochmals extra auf die Tatsache hingewiesen hat, dass er nicht ein Plüsch- sondern ein edler Filztiger ist und dies auch klargestellt haben möchte!
Leider wurde das Turnier von Travemünde zum 30. und letzten Male ausgetragen, wie Olaf schon vor Weihnachten bloggte.

So sah der Großmeister Daniel Hausrath die Partie zum Nachklicken:

So sah der Sieger Olaf Steffens die Partie zum Nachklicken:

Hier noch die Partien als PGN-Download

Jagt die Enginespieler: Ken Regan
Freigegeben in Blog
Freitag, 13 September 2013 16:27

Unter Verdacht

Ein Freund fühlte sich beschissen. Er konnte es nicht beweisen, aber er war überzeugt, dass sein letzter Gegner betrogen hatte. Es gab so viele Verdachtsmomente: Dass sein Gegner anders spielte als in den Partien aus der Datenbank. Dass er ein Remisgebot als 150 Elopunkte Schwächerer sofort ablehnte. Dass er ständig mit den Händen fummelte. Dass er für 0815-Züge in der Eröffnung ewig brauchte, aber fast im Minutentakt zog, als er seinen positionellen Vorteil ausbaute und schließlich mit einem feinen Bauernopfer ein Mattnetz knüpfte.

Kurz vor Ende hatte mein Freund genug und holte die Schiedsrichterin. Er habe nichts Stichhaltiges, aber sein Gegner spiele verdächtig stark. In folgender Stellung forderte die Schiedsrichterin also seinen Gegner auf, seine Taschen zu leeren. Theatralisch packte er ein paar Sachen auf einen Tisch, auch ein ausgeschaltetes Handy, und sagte schließlich ein Matt an. Zum vermeintlichen Beweis schmetterte er in dieser Stellung Kh1-g2 aufs Brett.

Für meinen Freund war das auch eine Art Beweis. Nicht sofort. Aber als er die Partie später am Computer nachspielte, habe fast jeder weiße Zug gepasst. Nur eben Kg2 nicht, was sein Gegner zog, als er durch die Schiedsrichterin unter Druck war. Offensichtlich habe sein Gegner gewusst, dass es matt ist, aber nicht wie. Eine brillante Opferzugfolge hätte tatsächlich mattgesetzt. Sehen Sie wie?

Nach Kh1-g2 droht zwar sowohl h2-h3 matt als auch Se8-f6 matt, aber mein Freund war mit f7-f5 wieder im Spiel. Doch in Zeitnot patzte er gleich wieder und verlor. Der Gegner meines Freundes hatte in dem Turnier damit nun eine um 300 Elo höhere Performance als seine Elozahl erwarten ließ. Das alles schien mir Grund genug, Ken Regan einzuschalten. Der Informatikprofessor an der State University of New York Buffalo ist derzeit die Anlaufstelle für alle, die während eines Turniers einen Betrugsverdacht haben und diskret prüfen lassen wollen. In der Anfangszeit, bis zum Fall Feller bei der Schacholympiade 2010, sei es noch meist darum gegangen, falsche Anschuldigungen zu entkräften, so Regan. Inzwischen habe er fast täglich Anfragen.

Doch die Partien des Gegners meines Freundes zeigen nur eine leicht höhere Übereinstimmung mit Houdini-Zügen als seine Elozahl erwarten lässt. Er wuchs nicht annähernd so über sich hinaus wie ein Jens Kotainy. In den späteren Runden fiel seine Eloleistung wieder ab. Selbst in der besagten Partie muss Regan mehrere Konfigurationen testen, bis die Quote in einen halbverdächtigen Bereich rutscht. Regans Analyse entlastet ihn. Der Fall sei aber interessant, und er will ihn, anonymisiert versteht sich, mit den Kollegen der gemeinsamen Antibetrugskommission von FIDE und Spielervereinigung ACP diskutieren.

Wie es aussieht, bin ich wohl selbst der von mir kürzlich in einem FAZ-Artikel über Betrug im Schach beschriebenen Paranoia verfallen. Wer über seiner Eloleistung spielt und sich ein wenig ungewöhnlich benimmt, macht sich heutzutage verdächtig. Ich glaube nicht, dass der Gegner meines Freunds den Betrugsverdacht mit Absicht weckte. Aber viel spricht dafür, dass wer erfolgreich einen falschen Betrugsverdacht weckt, die Spielleistung seines Gegners ganz schön drücken kann. Wenn ich mir die Züge meines Freund heute nochmal ansehe, wird mir klar: Er hatte einen ziemlich schlechten Tag. Das sieht er mittlerweile selbst so.

"Bionic contact lens"
Freigegeben in Blog
Donnerstag, 09 Mai 2013 02:11

Bulgarische Mut oder Wutbürger

Zurück zum Thema Betrug dem alles beherrschenden Thema in der Schachwelt. Der bulgarische FM Borislav Ivanov hat spätestens nach dem Turnier in Zadar für einige Aufregung in Schachkreisen gesorgt, weil er schachlich einen rapiden Leistungsschub erbracht hat. Dies und seine Partien, die eine große Übereinstimmung mit Computerzügen aufweisen haben ihn auch außerhalb seines Heimatlandes bekannt gemacht. In einem Interview erklärte er dass er viel mit Houdini & Co spielt und nachdem er diese nun hoch abfertigt auch gegen Menschen besser spiele.

2013oldcapital00

Da es wohl keinen Menschen außer der Krennwurzn gibt, die gegen die Maschine jede Partie gewinnt (wenn sie die Hand am Stromstecker hat) und das auch niemand mehr glauben kann, könnte es sich bei BI auch um einen Satiriker handeln, der uns unsere Grenzen bezüglich Kontrolle aufzeigen möchte und die Krennwurzn wartet schon auf den Artikel „BI wie ich mit KI die Großmeister schlug!“ – wobei mit KI nicht die Königsindische Verteidigung sondern die Künstliche Intelligenz gemeint ist!

Nun die betroffenen Schachprofis dürften aus nachvollziehbaren Gründen nicht die Gelassenheit und den seltsamen Humor der Krennwurzn haben und so haben nach Angaben von dem auch bei uns bekannten FM Valeri Lilov (Elo 2400 Nickname: Tiger Lilov) einige starke Spieler (darunter auch die starken GM Kiril Georgiev und GM Ivan Cheparinov – aus einem Zusatztext eines TV-Artikels von TV7 Bulgarien mit Google Übersetzer gelesen) eine Liste unterschrieben, nicht mehr gegen BI spielen zu wollen solange nicht geklärt ist, ob er mit KI spielt. Dort wird auch angekündigt, dass es zu einem Wettkampf in einem schallisolierten Zimmer unter Mithilfe von TV7 kommen könnte. Schachberichte im Fernsehen – davon können wir hier in Mitteleuropa nur träumen!

Im nun vierten auf youtube veröffentlichten Video zur Causa BI zeigt „Tiger Lilov’s chess school“ einen kurzen Abriss der Geschichte, schwenkt dann zum Thema „First Open Old Capital“ und versucht dann zu erklären wie BI möglicherweise KI benutzt ohne aufzufallen und was er tut beziehungsweise nicht tun, um die Tarnung aufrecht zu erhalten. Am Ende wird anhand von Partiebeispielen versucht diesen Verdacht zu erhärten. Das Video in englischer Sprache dauert fast 53 Minuten und ist interessant anzuschauen. Wenden wir uns nun aber dem Anfang Mai stattgefundenen Turnier in Bulgarinen zu. Auffallend sind zuerst einmal zwei Passagen der Ausschreibung, die noch dazu in roter Schrift hervorgehoben wurden:

2013oldcapital01

Die erste sollte besagen, dass sich der Veranstalter das Recht nimmt Teilnehmer zuzulassen oder eben auch nicht, dies dürfte aber nach bulgarischen Recht auf wackeligen Beinen stehen. Nach der erfolgten ordnungsgemäßen Anmeldung von BI sollen einige starke Spieler ihrerseits die Anmeldung wieder zurückgezogen haben. Die zweite sollte später noch von Bedeutung werden, schauen wir aber zuerst auf die Startliste des Turniers, das in den ersten Maitagen in der alten Hauptstadt Bulgariens Veliko Tarnovo stattfand.

2013oldcapital02

Das Turnier begann einmal mit einer kleinen Überraschung, denn BI remisierte mit den weißen Steinen schnell gegen eine Spielerin mit nicht ganz 1900 Elo indem er schnell viele Figuren abtauschte. War das eine mildere Version des „Schweizer Gambits“ oder wollte er sich einfach aus der Schusslinie nehmen?

2013oldcapital03

Es folgte ein Sieg gegen einen schwächeren Spieler und auch der Weißsieg in der 3. Runde kann nicht als außergewöhnlich betrachtet werden. Fast könnte man denken, dass angekündigte Skandale wie üblich nicht stattfinden, aber die Auslosung der 4. Runde brachte eine brisante Paarung:

2013oldcapital04

Der erfahrene 55jährige bulgarische IM Nikolov ein Unterzeichner der oben erwähnten Liste trat konsequenterweise auch mit den weißen Steinen nicht gegen BI an.

2013oldcapital05

In der 5. Runde tat dies GM Stanojoski verlor aber die Partie gegen BI und in Runde 6 trat die bulgarische Nummer 1 des Turniers GM Drenchev ebenfalls gegen BI nicht an. Nun hatte dieser bereits zwei kampflose Punkte erhalten und jeder weitere kampflose Punkt würde ihn laut Ausschreibung nicht mehr preisgeldberechtigt machen. In der 7. Runde wollte es der junge italienische IM Rombaldoni wissen, stichelte aber schon vorher via Facebook: „ich bereite mich auf Houdini 3 vor“ um nach der Partie ebendort zu erklären: ich habe mit Ehre verloren!

2013oldcapital06

Die Runde 8 brachte ein schnelles Remis gegen IM Kukov (laut Aussagen im Video ein Freund von BI) und nun war der Turniersieg wieder in greifbare Nähe gerückt, das Feld führte er bereits an und nur noch eine Niederlage oder aber ein weiterer kampfloser Sieg konnte ihn davon abhalten.

2013oldcapital07

Und diese Aufgabe musste nun IM Nikolov erledigen, der nach seinem Nichtantreten in Runde 4 gegen BI mit vier Siegen wieder zur Spitze aufgeschlossen hatte. Aber halt – darf ein Spieler zweimal gegen einen Spieler in einem Turnier nach Schweizer System antreten?

2013oldcapital08

Ja man darf wie die FIDE-Regeln besagen – hauptsächlich ist dieser Passus aber dagegen gerichtet, dass man nicht bezüglich der Farbverteilung taktieren kann indem man beispielsweise eine Schwarzpartie ohne Antreten verliert, um mit dann in der nächsten Runde mit Weiß bessere Chancen zu haben. Nicht gespielte Partien gelten für die Paarungsroutine eben tatsächlich als nicht gespielt!

Verwirrung herrschte zuerst im Internet, da auf der bekannten Turnier und Resultatseite Chess-Results.com zuerst BI als Turniersieger eingetragen war

2013oldcapital09

und Minuten später das Turnier komplett – wahrscheinlich vom Veranstalter - gelöscht wurde. Mich erreichte nun eine Mitteilung des Veranstalters, der mir mitteilte, dass mit dem Turnier alles in Ordnung sei und es ausschreibungsgemäß abgelaufen ist. BI hat keinen Preis erhalten und wurde aus dem veröffentlichten Endstand herausgenommen – allerdings wurde ein Turnierreport inklusive der BI Partien zur Eloauswertung an die FIDE geschickt – diese muss diese Causa dann endgültig entscheiden.

2013oldcapital10

2013oldcapital11

Auf der Homepage des Turniers wurde dann im Laufe des Nachmittags folgender Entstand veröffentlicht – BI war aus dem Turnier verschwunden und sein Freund IM Kukov wurde alleiniger Turniersieger und durfte sich über 2.000 BGN (knapp unter 1.000 Euro) Preisgeld freuen.

2013oldcapital12

Die Mut oder Wutbürger IM Nikolov und GM Drenchev landeten auf den unteren Preisgeldrängen (jeweils unter 150 Euro) und wurden für ihr Auftreten nicht belohnt oder aber bestraft – je nachdem wie man das sehen möchte. Denn Beweise für Betrug von BI mit KI liegen nicht vor – nur Verdächtigungen und wie schwierig es ist, verwertbare Beweise zu erbringen erklärt Lilov in seinem Video auch.

Nach bulgarischem Recht ist es nicht so einfach bei einem Menschen Leibesvisitationen vorzunehmen zu lassen und ich denke dies gilt wohl ähnlich für viele andere Staaten auch in denen die exekutive Gewalt allein dem Staat vorbehalten ist. Zwar dürfen in wenigen sicherheitsrelevanten Bereichen wie etwas bei Fußballspielen, Konzerten und an Flughäfen autorisierte Unternehmen Personen und Gepäckkontrollen vornehmen - allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass diese bei einer Weigerung nur Festhaltebefugnisse haben bis staatlicher Organe eintreffen und auch Zwangsmaßnahmen setzen dürfen. Ganz klar ist wohl, dass Schiedsrichter und Ausrichter von Schachturnieren keine Leibesvisitationen durchführen dürfen und wohl auch wollen.

Im Video folgt vor den Partieanalysen noch Spekulationen wie BI die Möglichkeiten der KI nutzen könnte, um sich Informationen von außen schwer ersichtlich anzeigen zu lassen. Minikameras kann wohl leicht in der Kleidung oder auch im Körper verstecken und als Display könnte man „bionische Kontaktlinsen“ verwenden – als Hinweis wird ein Wikipediaartikel angegeben – ich habe mir nicht die Mühe gemacht in Erfahrung zu bringen, ob diese Technologie dem Prototypstadium bereits entstiegen ist oder man das sogar schon käuflich erwerben kann.

Ich hätte aber für alle – falls bis dahin das Rätsel noch nicht gelöst ist – eine kostenschonende Idee für den nächsten Fasching oder wenn Sie Ihren nächsten Gegner – falls Sie das noch als Gag akzeptabel finden - maximal irritieren möchten!

2013oldcapital13

Schiedsrichter und Leibesvisitationen brauchen Sie nicht zu fürchten, denn diese Linsen im Terminatorlook sind einfach nur ein Eyechatcher wie man heute neudeutsch einen Hingucker zu nennen pflegt!

Kommen wir nun aber zum Ernst der Sache zurück und versuchen einmal emotionslos darüber nachzudenken welche Gefahren dieses öffentliche Anprangern ohne konkrete Beweismöglichkeiten durch rechtliche Einschränkungen für das Schach hat und zwar nicht nur für die betroffenen Personen allein – nein für uns und unser schönes Spiel generell! Stellen wir uns damit nicht über kurz oder lang alle selbst unter Generalverdacht? Werden wir zu misstrauischen Spitzeln, beargwöhnen wir das Verhalten unserer Gegner immer mehr? Wie reagieren Sponsoren, Mäzene, die Öffentlichkeit auf die nicht abreißen wollenden Betrugsgeschichten? Sind Eltern, Betreuer und Trainer, die Ihre Kinder ganz legal allein mit ihrer Anwesenheit unterstützen wollen, per se als Zugeinflüsterer vorverurteilt? Läuft nicht jeder mit einer oder noch schlimmer mit mehreren guten Partien hintereinander in Gefahr sich damit ins Betrugseck zu stellen? Ja muss ich gar zu guter Letzt bei der Zugauswahl daran denken was Houdini spielen würde? Werden oder sind wir betrugsparanoid oder sind wir einfach nur blind - vor der Gefahr oder vor Wut?

Oder sollten wir besser Mut zeigen und uns von Kindesbeinen an für ehrlichen, fairen Mensch gegen Mensch Wettkampf einsetzen und uns nicht primär an Ergebnissen und Elozahlen sondern am ehrlichen Wettkampf erfreuen? Kann der Weg das Ziel – und wie kommen wir da hin?

Aktenzeichen FB ungeklärt
Freigegeben in Blog
Samstag, 04 Mai 2013 20:04

Aktenzeichen FB ungeklärt

Der Schachbund bemühte sich mit der am 2. Mai veröffentlichten Nichtentscheidung dem absurden Theater (siehe Warten auf Godot) ein Ende zu setzen.

DSB Schiedsgericht hebt Sperre für Falko Bindrich aus formalen Gründen auf
...
Die aktuelle Entscheidung sei kein Freispruch für Falko Bindrich, sondern die Offenlegung einer bisher unbemerkten, rechtlichen Lücke im Ordnungswerk des DSB und des Bundesliga e.V., die Falko Bindrich zu Gute komme...

Nachtrag 7.5.2013

Der DSB hat auf obiger Seite nun auch die ENTSCHEIDUNG DES SCHIEDSGERICHTS und die PERSÖNLICHEN ÄUSSERUNGEN der beisitzenden Richter des Schiedsgerichts als PDF veröffentlicht!

Antragsgegner: DSB  Einspruchsführer: FB

Zitate aus der Begründung
Die laufende Partie wurde daraufhin für ihn vom Schiedsrichter in Anwendung von Nr. 5.3.4 i.V.m. Nr. 8.1. lit. f der Turnierordnung des Schachbundesliga e.V.als verloren gewertet.
...
Der Antragsgegner sieht aufgrund der geschilderten Vorkommnisse den Gebrauch eines unzulässigen Hilfsmittels durch den Einspruchsführer erwiesen.
...
Das Schiedsgericht sieht auch keinen Anlass, die vom Wettkampfschiedsrichter getroffene Tatsachenentscheidung –nämlich die Annahme eines begründeten Tatverdachts gegen den Einspruchsführer i.S.d. Nr. 5.3.4der TO des Schachbundesliga e.V.–in Zweifel zu ziehen.
Ende Nachtrag 7.5.2013

Gelungen ist dies aber nicht, denn durch einen „Freispruch zweiter Klasse“ – entschuldigen Sie bitte diese laienhafte, unjuristische und dennoch wohl am besten treffende Formulierung – schadet man im Endeffekt allen. Bei allen Risiken wäre eine gerichtliche Klärung der sinnvollere Weg gewesen – ist aber leicht gesagt, wenn man die Konsequenzen nicht verantworten muss.

Zu allererst leidet die eigenen Glaubwürdigkeit, denn nicht aufgehoben wurde die Entscheidung des Schiedsrichters die Partie Siebrecht-Bindrich wegen Nichtherausgabe des Smartphone zu nullen. Diese Entscheidung dürfte den Regularien entsprechend auch halten und wurde von Bindrich wohl auch nicht beeinsprucht.

Nach langer Überlegungszeit wurde dann über Bindrich eine zweijährige Sperre verhängt und erst nach dessen Einspruch und noch längerer Zeit wurde diese wieder aufgehoben, obwohl von Anfang an vielen klar war, dass die Regularien – sagen wir es einmal freundlich – nicht ganz optimal formuliert sind.

Verlassen wir nun die Zone der Paragrafen und Regelungen und schauen wir uns das ein wenig populistisch an:

Faktisch – zugegeben etwas einfach formuliert - haben wir jetzt die paradoxe Situation, dass ein Spieler am grünen Tisch eine Partie wegen Betrugsverdacht verloren hat, deswegen aber nicht gesperrt werden kann.

Nun kann man daraus die Lehre ziehen, dass es im Gegensatz zum Fall Natsidis besser ist, sich nicht der unangenehmen Überprüfung zu stellen sondern zu hoffen, dass jemand Ungenauigkeiten in Vereinsregularien findet und man dadurch möglicherweise ohne Strafe davon kommen könnte. Ja – muss man sagen: die Chancen stehen gut, denn was Spitzenanwälten mit Bundesgesetzen gelingt, sollte mit von Funktionärshand gestrickten Regeln locker zu schaffen sein. Wollen wir das – und ist das sinnvoll?

Und schon sind wir bei der entscheidenden Frage: Täter oder Opfer? Nun gibt es dazu in diversen Foren zwei ungefähr gleichlaute Fraktionen: „hängt ihn höher“ und „absolut unschuldig“.

Tatsächlich ist die Frage ob FB ein Täter ist meiner Meinung nach absolut unbeantwortbar, da wohl nur er selbst die Antwort kennt – und alle anderen auf Spekulationen angewiesen sind! FB ein Opfer würde ich jedenfalls bejahen und zwar mehrfach: zuerst wurde er ein Opfer seiner selbst, da er in einer angespannten Situation auch noch längeren Inventionen auch seinen Mannschaftsführers sich für den riskanten Weg entschied sein Smartphone nicht überprüfen zu lassen.

Hätte eine Überprüfung Gewissheit gebracht? Das bleibt auch nur reine Spekulation und wäre abhängig vom technischen Geschick eines Schiedsrichters, denn Datenforensik gehört nicht zum Ausbildungsstandard. Ebenso wenig hätte die Herausgabe der Einloggdaten des Smartphone vom Provider gebracht, usw... Erlauben Sie mir dennoch, dass ich hier kritisch anmerke, dass FB keinerlei Bemühungen unternommen hat, den Anschuldigungen irgendwie durch nachprüfbare Fakten etwas Wind aus den Segeln zu nehmen – aber bitte denken Sie beim Lesen der Zeilen immer daran, dass wir absolut nicht wissen können, ob FB betrogen hat oder nicht.

Das Argument, dass man Fremden keinen Zugriff auf private Daten - egal wie geheimnistragend die sein sollten – geben möchte ist durchaus nachvollziehbar, steht aber im Widerspruch ehrliche Wettkämpfe überprüfbar durchführen zu wollen. Und das geht leider nur durch Eingriffe in Persönlichkeitsrechte und zieht sich wie ein roter Faden durch viele Sportsbestimmungen. Da kein Funktionär der Welt exekutive Rechte hat, da diese aus gutem Grunde dem Staat vorbehalten sind, und er daher keinerlei Handhabe hat Beweismittel wie ein Smartphone zu konfiszieren, hilft allein die allgemein aus dem Doping bekannte Regelung: Verweigerung ist Schuldeingeständnis! Nicht vergessen: wir wissen immer noch nicht, ob FB betrogen hat oder nicht!!

Nun könnte FB auch ein Opfer dieser Nichtentscheidung werden, denn durch den „Freispruch zweiter Klasse“ inklusive der Vorgeschichten auf schach.de ist zu erwarten, dass ihm die Vorbehalte lebenslang begleiten werden und er nicht auf ein Ende durch Ablauf einer Sperre hoffen darf.

Jetzt stehen wir am Ende des Artikels wo wir schon am Anfang schon waren: vor einem Berg ungeklärter und unklärbarer Fragen und Entscheidungen, die offenbar keine waren und es bleibt ein unsperrbarer Betrugsverdächtiger mit Partieverlust übrig. Und damit es noch komplizierter wird, möchte ich noch in den Raum stellen, dass die FIDE Ethik Kommission doch noch eine Sperre verhängen könnte, um das Chaos zu komplettieren - denn deutsche Verbands- und Vereinsregelungen und deren Gültigkeit spielen dort keinerlei Rolle.

Aus dem Vorwort der FIDE-Regeln:

Eine angeschlossene Föderation hat das Recht, detailliertere Schachregeln einzuführen,
vorausgesetzt, dass diese:

a) in keiner Weise mit den offiziellen Schachregeln der FIDE in Konflikt treten,
b) nur im Gebiet der betreffenden Föderation Anwendung finden,
c) weder für Wettkämpfe, Meisterschaften oder Qualifikationsturniere der FIDE, noch für
Titel- oder Wertungsturniere der FIDE gelten.

Und durch die Krennwurzn jagt noch eine Frage: wäre es vielleicht nicht klüger den Betrug zuzugeben – auch wenn es gar keinen gab und am Klo nur mit der Freundin gesimst wurde, weil die Partie so langweilig war, der Gegner so elendslange nachdachte und die Sehnsucht immer größer wurde? Aber solche realitätsfernen Gedanken hat eben nur eine Krennwurzn: und wenn ja – wer sollte das beweisen?

Denn da wir nichts wissen, bleibt uns nur der Glaube!

Dienstag, 12 Februar 2013 15:11

Doktor- und "GM-Plag"

Nach zu Guttenberg, Koch-Mehrin nun Schavan – die Liste der Doktoranden, die die Auslegung des Zitatrechts allzu frei handhabten, wird immer länger.

Doch auch unser Sport ist nicht frei von unsauberen Machenschaften bei der Titelerlangung. In Zeiten, in denen die Kürzel GM; IM und FM noch einen hohen Stellenwert besaßen, eröffneten sich Möglichkeiten, die fehlenden Punkte auf suspekten ausländischen Turnieren gegen Bares „zu erwerben“.

Besonders interessant waren dabei die Runden, in denen die Ausländer gegeneinander antreten mussten und oftmals die einzigen Spieler im Turniersaal waren – die Einheimischen hatten angeblich alle Runden bereits „vorgespielt“. Eine strengere Version sind natürlich Turniere, die nie stattfanden, aber ihren Weg zur FIDE-Regelkommission nahmen. Mitte der 90er erfuhr ich aus Kreisen der FIDE: “Es ist kein Einzelfall – wir wissen, dass es das Turnier nie gab, doch die Auswertung trägt den Stempel der Föderation. Soll die FIDE nun vor Ort klagen? Wir sind machtlos.“


In der aktuellen Betrugsdiskussion regen wir uns über Natsidis oder Bindrich auf, doch Schummelei gibt es im Spitzenschach anscheinend an diversen Stellen, bis hin zur Verschiebung ganzer Turniere. Den Nachweis zu erbringen, dürfte jedoch sehr schwer fallen.

Ein Doktortitel soll finanzielle Vorteile von über 30.000 € pro Jahr mit sich bringen. Schach hingegen hat keine finanzielle Bedeutung, weshalb das Interesse an einer Aufklärung naturgemäß geringer ist.

Inzwischen hat der Weltschachbund die Anforderungen zur Titelerlangung deutlich erleichtert und zusätzlich den Titel eines CM (Candidate Master) unterhalb des FIDEmeister-Titels eingeführt. Für die Verleihung ist eine spürbare Gebühr abzuführen. Diese kommerzielle Komponente bremst den Antrieb des Weltschachbundes an einer Aufklärung dubioser Machenschaften sicher nicht unerheblich.

Mittwoch, 30 Januar 2013 13:58

Fall Bindrich nicht beendet

Kaum hat der Schachbund seine Entscheidung im Bndesligabetrugsfall veröffentlicht, erreicht uns Falko Bindrichs Stellungnahme:


 Liebe Schachfreunde,


in seiner Entscheidung vom 19. Januar 2013 hat der DSB gegen mich eine 2-jährige Spiel- und Funktionssperre ausgesprochen.

Für meine Entscheidung, meine Taschen und mein Handy nicht durchsuchen zu lassen habe ich bereits vor Ort die maximale Konsequenz, den Partieverlust, getragen. Weitergehende Sanktionen, insbesondere eine Spielsperre, bin ich nicht bereit hinzunehmen.

Aus diesem Grund akzeptiere ich die Entscheidung des DSB nicht. Darüber hinaus gibt es Grund zur Annahme, dass für die extreme Härte der Strafe plus die Bemühungen des DSB mich auch international sperren zu lassen, Motive eine Rolle spielen, die deutlich über meine Funktion als Spieler eines Bundesligavereins hinausgehen.

Ich habe bereits meinen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des DSB beauftragt. Auf jeden Fall werde ich Einspruch gegen die Entscheidung beim Präsidenten des Deutschen Schachbundes gemäß § 57 Abs. 3 der DSB-Satzung zur Vorlage beim Schiedsgericht einlegen und, wenn nötig, auch die ordentlichen Gerichte mit meinem Fall befassen.

GM Falko Bindrich,
30. Januar 2013


 

bansem300Mit der aktuellen Smartphone-Diskussion steht Schach als Turniersport vor neuen Herausforderungen. Vor allem die Verbände müssen nun für Rechtssicherheit sorgen. Dieser Vorgang wird anscheinend durch die Causa Bindrich deutlich beschleunigt.

Doch selbst wenn Falko Bindrich auf dem Rechtsweg einen Erfolg erzielt, ändert das an der Meinung der Masse wohl nichts mehr.

Für die überwältigende Mehrheit unserer Leser geht das Urteil des Schachbundes (siehe Umfrage) in die richtige Richtung.

So war es früher - kein Handy irritierte den Spielbetrieb
Freigegeben in Blog
Montag, 28 Januar 2013 17:45

Schachbund sperrt auch Falko Bindrich

Es hat ein wenig gedauert, doch nun hat der Schachbund entschieden. Falko Bindrich, Jung-Nationalspieler und Schach-Großmeister, wird für zwei Jahre gesperrt. Beim ersten Bundesliga-Wochenende im Oktober in Mülheim war der Eppinger unter Verdacht geraten, mit einem Schachprogramm auf seinem Handy/ Smartphone unerlaubte Hilfsmittel bei der Partieführung herangezogen zu haben.
Eine Durchsicht seines privaten Handys durch den Schiedsrichter allerdings, mit der die erhobenen Vorwürfe vielleicht noch hätten entkräftet werden können, hatte Bindrich vor Ort unter Hinweis auf den Datenschutz abgelehnt und dies auch in einer ausführlichen Stellungnahme hier im Blog begründet.


Das Präsidium des DSB hat nun (endlich und nach gründlicher Vorbereitung) einen Entschluss gefasst - immerhin liegt der Vorfall schon über drei Monate zurück. Bereits im November fühlte sich unser Kollege Krennwurzn ob der scheinbaren Regungslosigkeit des Verbandes schon ganz entfernt an Samuel Becketts Warten auf Godot erinnert.

Doch nun, und wer weiß, vielleicht nach allerlei zeitaufwendigen Gutachten und juristischen Absicherungen, liegt eine Entscheidung des DSB vor, gegen die Falko Bindrich allerdings noch Einspruch einlegen kann.

Für Bindrich bedeuten diese zwei Jahre Sperre eine relativ lange Zeit ohne Wettkampfschach. Ähnlich wie im Fall von Christoph Natsidis mögen manche diese Sperre dennoch als zu kurz geraten ansehen und ihr eine abschreckende Wirkung absprechen. Jedoch soll man bedenken, dass es im vorliegenden Fall keinen eindeutigen Beweis gibt für einen Betrug, denn ob Falko Bindrich nun wirklich gecheatet hat oder nicht, können wir nicht ermessen.
Zumindest im Nachhinein wäre er wohl besser beraten gewesen, sein Handy für eine Durchsuchung durch den Schiedsrichter zu öffnen. Das allerdings hätte für ihn nur dann Sinn gemacht, wenn auf dem Handy auch tatsächlich nichts Verdächtiges gewesen ist - und damit sind wir schon wieder im Reich der Spekulation.

bansem300Die klarste Linie und eine erste Abwehrmöglichkeit für Betrugsversuche ist vermutlich das Bad Harzburger Modell: kein Handy am Körper während der Partie, und bei Verstößen dagegen wird genullt. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis eine solche Regelung überall in Kraft getreten ist.

Hier der Entscheid des DSB im Wortlaut:

"In seiner Sitzung am 19.01.2013 in Kassel traf das Präsidium des Deutschen Schachbundes im „Fall Falko Bindrich“ folgende Entscheidung:

GM Falko Bindrich hat mit seinem Verhalten gegen Ziff. 5.3.4 der Turnierordnung des Schachbundesliga e.V. verstoßen und sich damit zugleich gem. § 55 Abs. 1 der DSB-Satzung einen schweren Verstoß gegen die Grundsätze des Deutschen Schachbundes zuschulden kommen lassen und so dem Ansehen des Bundes schweren Schaden zugefügt.

 Wegen dieses Verstoßes verhängt das Präsidium des DSB eine Funktions- und Spielsperre gem. § 55 Abs. 2 Nr. 4 und 5 der DSB-Satzung für die Dauer von 2 Jahren.

 Bei seiner Entscheidung hat das Präsidium insbesondere berücksichtigt, dass bereits das Beisichführen technischer Hilfsmittel untersagt ist. Ebenso wurde die nicht erfolgte und aus Sicht des Präsidiums zumutbare Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung in der Entscheidungsfindung - nach übereinstimmender Auffassung ist die Weigerung, sich einer zulässigen Kontrollmaßnahme zu unterziehen, dem Gebrauch eines unzulässigen Hilfsmittels gleichzusetzen - berücksichtigt.

 Zusätzlich zur Verhängung der Sanktion beantragt das Präsidium eine Befassung mit dem Sachverhalt durch die FIDE Ethics Commission.

 Gem. § 57 Abs. 3 der DSB–Satzung kann GM Falko Bindrich gegen die ausgesprochenen Sanktionen innerhalb von vier Wochen Einspruch einlegen.

 

Für das Präsidium des Deutschen Schachbundes

 Michael S. Langer/Stellv. Präsident"

 (Quelle: www.schachbund.de


Was halten Sie von der Entscheidung des Deutschen Schachbundes?

Über eine rege Beteiligung an unserer Umfrage in der linken Spalte der Website freuen wir uns.

 

Warten auf Godot
Freigegeben in Blog
Mittwoch, 28 November 2012 16:08

Warten auf Godot

Der Streitfall in der Bundesliga vom 21.10.2012 liegt schon über ein Monat zurück und ... - ja was und: naja was soll schon sein: Nichts! Oder fast nichts – der Protest vom 20.10.2012 wurde abgewiesen – das war aber fast allen interessierten Beobachtern auch mit laienhaften Regelkenntnissen irgendwie schnell klar: Schiedsrichtertatsachenentscheidungen sind im Sport zu akzeptieren.

Aber da war doch noch was am Sonntag? Die ganze Schachwelt war in Aufruhr, sogar internationale Medien haben darüber berichtet – eine aufgeheizte Stimmung und glühende Verfechter aller möglichen Extreme brachten Foren und Tastaturen zum Glühen! Nur der DSB und sein Präsident blieben nach einer mehrtägigen Schockstarre kühl und gaben ein Statement ab:

godot2

Ein Hoch auf die Unschuldsvermutung und auf ein gerechtes Verfahren – aber dann? Nichts – da man bzw. niemand entscheidet, braucht auch niemand eine Stellungnahme abgeben – das ist die Lösung des gordischen Knotens!

Wer jetzt denkt, dass das nur die Vorgehensweise des DSB bei schwierigen Problemen im Umgang mit mutmaßlichen Sportbetrugsfällen ist, der irrt gewaltig. Beispielsweise wurde im WDR am vergangenen Montag in der Sendung SPORT INSIDE ein Bericht gesendet, in dem gesagt wurde, dass das IOC nur wenige eingefrorene Dopingproben der Olympiade 2004 kurz vor Ablauf der Sperrfrist von 8 Jahren hat testen lassen und das man u.a jene des zwei Jahre später wegen Doping gesperrten Olympiasiegers Justin Gatlin nicht nachgetestet hat. Oder die Sache mit den Dopingproben von Lance Armstrong und die Spenden an die UCI.

Wollen wir Sportbetrugsfälle überhaupt wirklich aufklären?

Denn scheinbar neigen Verbände eher dazu schwerwiegende Problem dem Vergessen zu überlassen als nach Lösungen zu suchen – die Zeit heilt ja alle Wunden? Aber da gab’s ja noch einen betroffenen Menschen? Wie hieß der noch mal? Egal – vergessen! Aber hat der nicht auch ein Recht auf eine Entscheidung? Egal – Hauptsache vergessen!

Estragon: Komm, wir gehen!
Wladimir: Wir können nicht.
Estragon: Warum nicht?
Wladimir: Wir warten auf Godot.
Estragon: Ah!

Und wie im absurden Theater : ist über die alte Sache Gras gewachsen und hat es ein Esel es wieder weggefressen, dann:

Estragon: Komm, wir gehen!
Wladimir: Wir können nicht.
Estragon: Warum nicht?
Wladimir: Wir warten auf Godot.
Estragon: Ah!

Falko Bindrich
Freigegeben in Blog
Donnerstag, 25 Oktober 2012 11:57

Stellungnahme Falko Bindrichs zum Betrugsvorwurf

Wo fängt es an, wo hört es auf?

Liebe Schachfreunde,

hiermit möchte ich eine Stellungnahme zu den Geschehnissen am 1. Bundesliga-Wochenende der Saison 2012/2013 in Mülheim geben.
Der Struktur halber und um den bei den Geschehnissen nicht anwesenden Lesern die Möglichkeit zu geben einen umfassenderen Überblick zu erhalten, werde ich chronologisch vorgehen.

Am Samstag zur 1. Runde spielten wir gegen Mülheim. Mülheim trat stark an, mit der beinahe besten Aufstellung 2-9, was für mich bedeutete gegen den russischen Großmeister Tregubov (2601) anzutreten. Gegen den ehemaligen Europameister hatte ich mich, neben 3 anderen Spielern Mülheims, vorbereitet. Obwohl ich seit einem Jahr aus beruflichen Gründen kein Turnier mehr gespielt habe, bin ich dennoch motiviert mein Bestes für die Mannschaft zu geben und mich professionell vorzubereiten. Die Partie lief wie geplant, ich hatte vor 3 Wochen in der höchsten Schweizer Liga, der Nationalliga A, gegen Großmeister Istratescu (2650) exakt dieselbe Variante auf dem Brett. Leider verwechselte ich dort die richtige Zugfolge und kam über ein Remis nicht hinaus. Bei der nachträglichen Analyse jener Partie erinnerte ich mich an die Partie Jobava-Kunin aus der österreichischen 1.Bundesliga, bei der ich anwesend war und in der Weiß erstaunlich mühelos gewann. Also wiederholte ich genau diese Partie bis etwa Zug 20, auch das Qualitätsopfer mit bxa5 war zuhause schon analysiert. Nach dem Erzielen des Vorteils spielte ich aber nicht optimal weiter, was jeder Schachfreund zuhause beim Nachspielen der Partie nachvollziehen kann. Dennoch fand ich eine gute Position nach der Zeitnotphase und konnte die Stellung weiter verstärken und die Partie entscheiden. Dadurch gewannen wir auch den Mannschaftskampf denkbar knapp mit 4,5 zu 3,5.
Nach dem Sieg gegen Pavel Tregubov, zögerte dieser mir die Hand zu geben und tat sehr beleidigt.

Am Sonntag spielten wir gegen Katernberg. Ich spielte gegen Sebastian Siebrecht. Nach einer Stunde war ich das 2. Mal auf Toilette (es war Sonntag morgen, ich denke es ist üblich dass man nach dem Frühstück auf Toilette geht?!) und dem nachzugehen, was man auf Toilette macht. Die Behauptung, dass ich aufstand während ich am Zug war um auf Toilette zu gehen, ist schlicht falsch. Dies können anwesende Zeugen beweisen. In meiner mehr als 15-jährigen Schachkarriere habe ich das noch nie getan. Wenn mein Gegner während ich auf dem WC bin einen Zug macht, bin ich ja logischerweise dann am Zug. Dies passiert bei jeder Schachpartie, es sei denn die Spieler bleiben die ganze Zeit am Brett sitzen. Außerdem war ich sicher nicht der einzige, der am Samstag innerhalb von 6 Stunden 4 Mal und am Sonntag 2 Mal innerhalb einer Stunde auf der Toilette war (ich bin 3 Mal aufgestanden, das erste Mal kurz nach Beginn der Partie auf Toilette, das zweite Mal um mir etwas zu trinken zu holen, und das dritte Mal nach dem 9. Zug).
Warum wurde gerade ich untersucht? War ich damit schon der „Spitzenreiter“ im auf-Toilette-gehen?
Nach dem WC-Besuch wollte ich an mein Brett zurückkehren, wurde jedoch vom Schiedsrichter Dieter von Häfen daran gehindert. Der Aufforderung meine Taschen zu leeren und mein Handy der Durchsuchung freizugeben, kam ich nicht nach, ich weigerte mich ausdrücklich.

Der Vorwurf:

bannerostsee300Mir wurde am Sonntag vorgeworfen meine laufenden Partie gegen GM Sebastian Siebrecht auf einem Handy analysiert zu haben. Bereits am Samstag, während meiner ersten Partie gegen GM Pavel Tregubov, hat mich Schiedsrichter Dieter von Häfen, laut seiner eigenen Aussage, mehrmals auf die Toilette verfolgt, auf Drängen meines Gegners Pavel Tregubov (wovon weder ich noch mein Mannschaftsführer erfuhren!). Er hat dabei aber keinerlei auffälliges Verhalten feststellen können, weshalb er auch nichts unternahm. Dadurch sind alle möglichen Vorwürfe bezüglich der Partie gegen GM Tregubov hinfällig.

Die Partien:

Meine Partie gegen Tregubov war keine Glanzleistung, ich habe viele Ungenauigkeiten gespielt, die meinen nach der Eröffnung entstandenen Vorteil fast wieder zunichte gemacht hätten. Wer die Partie mit den Engine-Bewertungen auf schachbundesliga.de nachspielt, wird verstehen dass hier definitiv kein Computer gespielt hat, sondern ein normaler Großmeister.
Ist es eigentlich so unwahrscheinlich, dass ein Großmeister mit 2530 Elo mit Weiß gegen einen Großmeister mit 2600 Elo gewinnt?

Meine Partie gegen Sebastian Siebrecht verlief ebenfalls unspektakulär. Die Partie dauerte insgesamt 10 Züge und ca. eine Stunde, bevor sie abgebrochen wurde. Ich habe mich während der gesamten Partie weder auffällig verhalten noch habe ich das Brett verlassen während ich am Zug gewesen bin. Diese Unterstellung ist schlichtweg falsch und frei erfunden.

Zusammenfassend ist ganz klar festzustellen, dass in keiner meiner beiden Partien ein klarer Hinweis auf Enginezüge zu finden ist, ganz im Gegenteil!

Toilettengänge und Verfolgung meiner Person:

Zu der Frage, dass ich häufig auf Toilette war, kann ich nur sagen, dass dies nicht stimmt, wobei geklärt werden muss, was der Begriff „häufig“ eigentlich heißt. Gibt es eine vorgegebene, regulierte Anzahl, wie häufig man auf Toilette gehen darf? Wie aus dem Bericht von Schiedsrichter von Häfen hervorgeht, der meine Toilettengänge dokumentiert hat, waren es genau 4 Mal in einer Spielzeit von 6 Stunden und mit einer Durchschnittszeit von 1-2 Minuten, wobei ich zwischenzeitlich für 3 Stunden gar nicht aufgestanden bin. Diese Dokumentation geschah unter anderem durch das wiederholte Verfolgen und Beobachten von Schiedsrichter von Häfen, ich zitiere wörtlich aus dem Bericht des Schiedsrichters von Häfen, bezüglich meiner Partie am Samstag gegen Pavel Tregubov:
„ Etwa eine Stunde später ging Falko Bindrich das nächste Mal Richtung Toilette und wieder folgte ich ihm mit einem gewissen Abstand. In der Toilette war kein Mensch. Lediglich eine Kabine war belegt. Ich ging in die Nebenkabine, schloss ab und versuchte an der Wand zu hören, welche Geräusche Bindrich in seiner Kabine machte. Etwa eine Minute später ging die Toilettenspülung. Ich verließ nun auch meine Kabine und am Waschbecken standen wir dann wortlos nebeneinander“

Am Sonntag wurde die Art und Weise, wie ohne mein Wissen meine Toilettengänge überwacht wurden, auf ein neues Level gehoben. Ich zitiere wieder wörtlich aus dem Bericht von Schiedsrichter von Häfen:
„Eine Viertelstunde später war er wieder weg. Nun wurde es mir endgültig zu viel und ich ging wieder Richtung Toilette. In der Zwischenzeit hatte auch Sebastian Siebrecht mitbekommen, dass etwas an dem Verhalten von Falko Bindrich merkwürdig war. Er (Sebastian Siebrecht) holte mich kurz vor der Toilette ein und sprach mich an. Ich sagte ihm, dass mir das Verhalten auch aufgefallen wäre. Gemeinsam gingen wir schweigend in die Toilette. Falko Bindrich war wieder in einer Kabine. Sebastian Siebrecht legte sich auf den Boden, um sich die Fußstellung anzusehen. Schweigend verließen wir wieder die Toilette. Vor der Toilette sagte er mir, dass die Fußstellung nichts erkennen ließe, ihm aber das Verhalten von Bindrich vor dem Hintergrund des erwähnten Vorfalls mit Natsidis suspekt sei. Er (Sebastian Siebrecht) forderte mich auf eine Taschenkontrolle durchzuführen.“


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Schiedsrichter von Häfen und mein Gegner Sebastian Siebrecht, selbst bei gemeinsamem Verfolgen auf die Toilette, keinen Anhaltspunkt für ein verdächtiges Verhalten meinerseits finden konnten. Dieses Verhalten der beiden bestätigt in meinen Augen meine Unschuld. Dennoch ließ sich der Schiedsrichter auf Aufforderung meines Gegners Sebastian Siebrechts dazu bewegen, meine Taschen zu kontrollieren.

Übrigens, aus menschlicher Sicht, wie weit sind wir gekommen? Verfolgen und Ausspionieren, Abhorchen auf der Toilette. Der Schiedsrichter horchte mich bei meinem Stuhlgang ab und
Sebastian Siebrecht legte sich sogar auf den Toilettenboden.

Wer möchte bei einem Wettkampf dabei sein, den so ein Schiedsrichter leitet oder möchte gegen Gegner mit dieser Einstellung spielen?


Ich möchte noch einmal klarstellen, dass ich vom Schiedsrichter nicht wegen Handybetruges genullt worden bin, sondern wegen der Verweigerung einer Durchsuchung meines Handys.

bannersr12013-web-anz400
Die Gründe dafür sind vielschichtig. In erster Linie sehe ich es als direkten Einbruch in meine Privatsphäre. Ich kann niemandem, wirklich niemandem, Zugriff auf mein Handy erlauben; ich habe darauf neben meinen privaten Daten (sehr private Bilder und Nachrichten) auch empfindliche geschäftliche Daten gespeichert. Diese musste ich schützen. Eine Freigabe dieser Daten würde mich meinen Job sowie wichtige Beziehungen kosten. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen. Es ist richtig, ich habe, wie viele Schachspieler, eine App auf der Schachanalysen gespeichert sind, darunter auch eine nachträgliche Analyse meiner Partie gegen Tregubov, die ich am Samstagabend nach Beendigung meiner Partie im Hotelzimmer angefertigt habe.
Meines Wissens darf man sein Handy mitführen, solange es ausgeschaltet ist, was es auch immer war.
Von Schiedsrichter Dieter von Häfen wurde ich nicht im Detail darüber aufgeklärt wie die Durchsuchung meines Handys ablaufen soll. Darf er meine gespeicherten Dokumente lesen, meine Telefonkontakte einsehen? Verpflichtet er sich diese Daten an niemanden weiterzugeben? Diese Punkte wurden mir nie erläutert, weshalb ich von einer Freigabe meines Handys ausdrücklich Abstand nahm.

Zweitens finde ich mich als Unschuldiger in einer Lage wieder, mich erst „ausziehen“ zu müssen, um meine Unschuld zu beweisen. Das ist für mich prinzipiell nicht akzeptabel. Rechtsstaatlichkeit ist für mich ein höherer Wert. Hier stellt sich auch die Frage, wo fängt es an, wo hört es auf? Erst durchsuchen wir die Taschen, die Jacke, das Gepäck. Schiedsrichter hören Spieler beim Stuhlgang ab, Spieler legen sich auf den Toilettenboden. Was kommt als Nächstes? Leibesvisitationen? Von wem gehen diese Regeln aus? Von der FIDE initiiert und von einigen nationalen Verbänden noch verschärft, übernehmen die Funktionäre, von den Medien geduldet, die Kontrolle über das Spiel, nehmen den Spielern die Unschuldsvermutung, verlassen den rechtsstaatlichen Rahmen, und alles in allem, verderben vielen Spielern, vor allem aber Amateuren, die der Kern jeder Sportart sind, die Freude am Spiel! Wer braucht wirklich Null-Karenz? Wer will dass seine Taschen, Jacke und Koffer durchsucht werden? Zum Glück begleiten uns Menschen-und Bürgerrechte im Großteil unseres Lebens, aber beim Schach sollen wir darauf verzichten?
Diese neue Regel gibt den Schiedsrichtern, theoretisch, die Chance jeden beliebigen Spieler zu untersuchen und schikanieren, da ja bereits 2-maliges auf-Toilette-gehen als „begründeter Verdacht“ zählt!
Drittens wusste ich nicht, wer mich während der Partie gegen GM Sebastian Siebrecht beschuldigt. Es hieß, diese Anschuldigungen kommen aus dem Team Mülheim. Warum stand derjenige nicht persönlich dazu, mich angeschwärzt zu haben? Dies ist ein weiterer Punkt, jeder kann jeden anonym beschuldigen, und es gibt keine Konsequenzen. In einem rechtsstaatlichen Rahmen wäre so etwas nicht durchsetzbar! Erst jetzt, nach dem Wettkampf, erfahre ich aus dem Bericht des Schiedsrichter, dass es neben Pavel Tregubov, Daniel Fridman und Daniel Hausrath am Samstag, am Sonntag zusätzlich Sebastian Siebrecht war. Dieser hatte aber während des gesamten Vorfalls und auch nach der Entscheidung des Schiedsrichters, und selbst bei einem kurzen Gespräch mit mir im Anschluss an diese Entscheidung, nicht die Courage mir gegenüber zuzugeben, dass er derjenige war, der mich beschuldigte.

Zum Motiv und zum Ablauf:

Weiters stellt sich die Frage nach dem Sinn? Warum sollte ich betrogen haben? Beim Spiel gegen GM Tregubov war ich nominell der schwächere Spieler, finanziell würde ich durch einen Sieg nicht profitieren, und auch bei einem Verlust würde ich bei dem ausgezeichneten Klima innerhalb des SC Eppingen nicht den Kopf von meinem Mannschaftsführer Hans Dekan abgerissen bekommen. Um Elo geht es mir ebenfalls nicht, wie bereits erwähnt spielte ich seit einem Jahr kein Turnier mehr. Warum also sollte ich betrügen wollen?

Wenn man den gesamten Ablauf chronologisch betrachtet, ergeben sich folgende Fakten:

1) Einführung der neuen Turnierordnung für die Schachbundesliga („Erlaubnis“ der Durchsuchung der persönlichen Habe (Taschen, Jacke, Gepäck) der Spieler)
2) Keine Bekanntmachung der Änderungen an die Spieler (Bei der DEM 2010 und DEM 2011 erhielt jeder Spieler ein Schreiben zugesandt, und konnte unterschreiben, sich Dopingkontrollen zu unterziehen oder nicht; in der Schachbundesliga wurden die Spieler weder über eine Änderung der Turnierordnung informiert noch wurde eine schriftliche Einwilligung eingeholt)

3) Verfolgen und Ausspionieren meiner Person auf Toilette durch den Schiedsrichter von Häfen, mit Abhören der Toilettengeräusche ohne Finden eines Verdachtsmomentes während meiner Toilettengänge als auch meiner Partien sowohl am Samstag als auch Sonntag
4) Verfolgen und Ausspionieren meiner Person auf Toilette durch Sebastian Siebrecht, mit auf den Toilettenboden legen ohne Finden eines Verdachtsmomentes während meiner Toilettengänge
5) Anonymes „Anschwärzen“ meiner Person während beider Partien, es wurde von keiner Seite vor Ort ausgedrückt, woher die Anschuldigungen kommen
6) Keine Chance zur Stellungnahme
7) Direktes Miteinbeziehen der Medien, Veröffentlichung und Bloßstellung meiner Person + anschließendem Protest Mülheims (kein Protest von Mülheim am Samstag, sondern erst am Sonntagabend)

Darüber hinaus finde ich den Vergleich der Medien und die Beinahe-Gleichsetzung mit Natsidis widerlich. Auch die Behauptung, Natsidis und ich wären gute Freunde ist frei erfunden. Ich kenne Natsidis zwar bereits sehr lange, da er auch Kaderspieler in Sachsen war (im Alter von 7 Jahren!) habe ihn aber in den letzten 15 Jahren nur zweimal gesehen!


Selbst auf der eigentlich zu Neutralität angewiesenen offiziellen Seite der Schachbundesliga, schachbundesliga.de, wurde eine bewusst unvollständige Version des Berichts von Schiedsrichter von Häfen veröffentlicht. Der Webmaster der Seite, Georgios Souleidis, schützt in diesem Bericht seinen bekanntermaßen engen Freund Sebastian Siebrecht, indem er dessen Verhalten und Ausspionieren auf der Toilette bewusst ausspart.

Zusammenfassung:

Der Schiedsrichter Dieter von Häfen konnte weder am Samstag noch am Sonntag ein verdächtiges Verhalten nachweisen. Dasselbe gilt für Sebastian Siebrechts Nachspionieren am Sonntag. Auch meine Partien zeugen ganz klar, unbestreitbar, dass sie ohne elektronische Hilfsmittel gespielt worden. Dies ist an Hand meiner vielen Fehler und Ungenauigkeiten eindeutig zu erkennen.
Darüber hinaus hat meiner Meinung nach der Schiedsrichter Dieter von Häfen seine Neutralität und Unparteilichkeit in dem Moment verloren, indem er mich gemeinsam mit meinem Gegner im Team auf der Toilette ausspioniert hat.


Eine Stellungnahme des DSB zu den Handlungen des Schiedsrichters Dieter von Häfen und des Spielers Sebastian Siebrecht auf der Toilette und ob diese regelkonform waren und unterstützt werden ist meiner Meinung nach dringend angebracht.
Darüber hinaus wird geprüft, ob die oben beschriebenen Handlungen auf der Toilette rechtswidrig waren.


Wie ausführlich erläutert, ergeben sich für den Schachklub Mülheim-Nord meines Erachtens keine Ansprüche bezüglich meiner Partie gegen den Russen Pavel Tregubov.

Dank sagen möchte ich den vielen Schachfreunden, die mir vor Ort, telefonisch oder per Email Verständnis für meine Entscheidung entgegengebracht haben.


25. Oktober, 2012

GM Falko Bindrich

Die Stellungnahme als PDF

Falko Bindrich
Freigegeben in Blog
Dienstag, 23 Oktober 2012 10:49

Betrug nun auch in der Schachbundesliga?!

Nach der Deutschen Meisterschaft (wir berichteten ausführlich) wird nun auch die Schachbundesliga durch einen Betrugsfall überschattet. Nachdem GM Falko Bindrich, mit 34 Einsätzen in der Deutschen Nationalmannschaft eine durchaus namhafte Person des Schachs, bereits am Vortag durch häufige Toilettenbesuche auffällig wurde, stellte ihn der Schiedsrichter während des Kampfes Katernberg-Eppingen zu Rede und bat um Herausgabe eines etwaigen Mobilgerätes. Bindrich bestätigte zwar dessen Besitz, verweigerte jedoch die Kontrolle, woraufhin seine Partie zu Gunsten des Gegners gewertet wurde. (Schachbundesliga)
Naheliegend, dass umgehend Zweifel an der Redlichkeit seines samstäglichen Erfolges, der zu einem knappen 4,5:3,5 Sieges für Eppingen gegen Katernberg führte, auftraten. Mülheim legte umgehend Protest ein (Der Westen).

Die Folgen

Wie in anderen Sportarten (und im normalen Leben auch) findet jedwede Möglichkeit der Leistungssteigerung ihre Anwender.
Wie im Fall Natsidis wird der Deutsche Schachbund sich mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, scheint der Maßnahmenkatalog schon vorgezeichnet. Hoffen wir, dass die sich häufenden Einzelfälle nicht zur Belastung unseres Sports werden.

Falko Bindrich kündigte gegenüber Schachwelt eine Stellungnahme an.
Betrugsfall im französischen Schach: Auch FIDE sperrt Feller & Co.
Freigegeben in Blog

Ein gutes Jahr herrschte Ruhe im Betrugsfall Feller, Marzolo und Hauchard. Mittels einer von Hauchard und Feller erwirkten einstweiligen Verfügung widersetzten sich die beiden aufgrund eines Formfehlers erfolgreich der Sperre des französischen Verbandes und spielten munter ein Turnier nach dem anderen, als ob nichts gewesen wäre.

Dabei war die Sachlage klar: Auf der Schacholympiade in Khanty-Mansyisk 2010 errang Sebastien Feller ein herausragendes Ergebnis, bediente sich dabei jedoch unerlaubter Hilfsmittel: Cyril Marzolo analysierte die im Internet übertragenen Partien mit diversen Schachprogrammen, übermittelte die Ergebnisse per SMS an den Kapitän der französischen Mannschaft, Arnaud Hauchard, der wiederum die Züge über einen Code an Feller weitergab. Aufgeflogen war die ganze Sache, als Hauchard das von der Föderation geliehene Handy zurückgab und dabei vergaß, die SMS zu löschen….

FIDE fällt Urteil

Nun hat auch der Weltschachverband FIDE (www.fide.com)sein Urteil gefällt. Arnaud Hauchard wurde für drei Jahre, Sebastien Feller für zwei Jahre und neun Monate gesperrt. Dem kooperativen Marzolo gegenüber zeigte man sich mit einer anteiligen Bewährungsstrafe gnädiger und folgte der vom französischen Verband verhängten Strafe. Das komplette Urteil als PDF.

Die Chronologie der Ereignisse ist in unserem letztjährigen Beitrag Feller&Co. gehen in Führung nachzulesen.

Ein weitergehender Artikel findet sich auf chessvibes.com (in englischer Sprache) http://www.chessvibes.com/reports/french-cheating-case-fide-confirms-suspension-feller-hauchard-marzolo

Die dort am Ende aufgeworfenen Fragen beantwortete uns Bundesturnierdirektor Ralph Alt in seiner Funktion als Mitglied der Fide Ethik-Kommission:

banner-seminarturnier250-anIst das Urteil in bereits Kraft und sind die Spieler somit von FIDE-Veranstaltungen ausgeschlossen?

RA: Die von der Ethics Commission verhängten Sperren Arnaud Hauchards (3 Jahre) und Sébastien Feller (2 Jahre 9 Monate) beginnen am 1. August. Bei der Sperre gegen Marzolo hat die Ethics Commission die von der Französischen Schachföderation verhängten Sperren wiederholt, samt Beginn (27.05.2011) und Ende (27.11.2012), wobei aber die letzten 9 Monate (beginnend am 27.02.2012) auf Bewährung sind. Damit ist Marzolo derzeit wieder spielberechtigt.

Besteht für die Spieler noch eine Widerspruchsmöglichkeit oder war dies bereits die letzte Instanz?

RA: Gegen Entscheidungen der FIDE kann der CAS (Court of Arbitration for Sport) in Lausanne angerufen werden. Eine Klage dort würde aber den Vollzug der Sperren nicht hemmen, es sei denn er würde auf einen entsprechenden Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen.

Werden Feller die in Khanty-Mansiysk gewonnen Elopunkte sowie sein Brettpreis aberkannt?

RA: Die Entscheidung darüber, welche Konsequenzen die Feststellung, dass Feller sich der Täuschung schuldig gemacht hat, für die ELO-Wertung hat, ist den zuständigen Gremien der FIDE überlassen. Hierzu müsste die Qualifications Commission einen Vorschlag an die General Assembly, das Executive Board oder das Presidential Board machen.

Zu stark für einen Amateur: Claus Riemann
Freigegeben in Blog
Dienstag, 15 Mai 2012 20:54

Deutschlands verhinderter Weltmeister

Der Weltmeister aller Klassen wird derzeit in Moskau ermittelt, den Amateurweltmeister suchte man im April im griechischen Urlaubsort Porto Carras. Wäre dort alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte wahrscheinlich ein Deutscher gewonnen, nämlich Claus Riemann aus Bonn. Zwei Runden vor Schluss führte er mit einem halben Punkt Vorsprung und hatte den späteren Sieger gerade in einer wilden Partie geschlagen. Dass er kurz nach Beginn der achten Runde kollabierte, war nicht nur der Hitze geschuldet. Gemobbt wurde Riemann ab der ersten Runde. Zuerst nur von seinen Gegnern, dann von den Schiedsrichtern und Organisatoren. Selbst im Nachhinein wird er von manchem für einen Betrüger gehalten. Der Veranstalter hat nämlich nichts dafür getan, die Ehre von Claus Riemann wiederherzustellen. Der Name taucht ab Runde acht, obwohl er da am Spitzenbrett saß, einfach nicht mehr in den Tagesberichten auf. Vor einigen Monaten habe ich mit ihm in der Zweiten Österreichischen Liga in einem Team gespielt. Als ich seinen Namen nun las, habe ich mir natürlich seine Sicht der Dinge schildern lassen.  


Vorweg: Alles hängt zusammen mit dem Elobusiness. Die FIDE hat die Einstiegselozahl mehrfach gesenkt, um mehr Spieler in ihre Liste zu holen und bei den nationalen Verbänden dafür abzukassieren. Aus dem gleichen Grund erfindet sie immer neue Wettbewerbe, deren Notwendigkeit nicht jedem einleuchtet. Einer davon ist die Amateurweltmeisterschaft, die nichts anderes ist als ein elobeschränktes Open, bei dem die FIDE mitkassiert. Die Amateur-WM ist offen für Spieler, die keine internationale Elo über 2000 haben.


Claus Riemann hat keine internationale Elo, aber eine DWZ von 2068, auf die er den Veranstalter auch vorher hinwies. Aber in die Starterliste schrieben sie ihn mit 0. Ein Gegner nach dem anderen erwartete anscheinend, dass Riemann keine fünf Züge am Stück schafft, ohne etwas einzustellen. So musste er sich, nachdem er sie schachlich abgewatscht hatte, eine Beschimpfung nach der anderen anhören. Einige gingen gleich zu den Schiedsrichtern und behaupteten, er sei ständig auf der Toilette oder verwende elektronische Hilfsmittel. Auch dass er seine Hände meist unter dem Tisch hatte und dass er Ohrstöpsel trug, erregte Verdacht. Hatte er ein Morsegerät versteckt? Oder einen Sender? Riemann zeigte wiederholt seine transparenten Ohrstöpsel vor und bot wiederholt an, dass seine Hosentaschen oder sein Rucksack durchsucht wird, seinetwegen auch vor aller Augen. Dass es alles andere als besonderer Erklärungen bedarf, wenn ein Spieler mit DWZ 2068 Spieler mit 1900 FIDE-Elo in den Sack steckt, begriff kaum einer. Ich habe mir Riemanns Partien angesehen: fehlerfrei oder von typischen Computerzügen gespickt war sein Spiel nicht.  


Vor der achten Runde begab sich Riemann trotz Hitze in den Nachbarort, um Mitbringsel für seine Familie zu besorgen, vertat sich dabei mit der Zeit (Griechenland ist eine Stunde voraus) und kam mit Sack und Pack, darin auch ein Uralt-Navi mit leerer Batterie, direkt zum Spielsaal, um sich nicht zu verspäten. Vor der Runde eröffneten die Schiedsrichter, dass an den ersten Tischen alles genau untersucht werden müsse, um Betrug vorzubeugen. Das erledigten Sicherheitsleute, wie man sie von Flughäfen kennt. Dabei wurde aus Riemanns Rucksack das Navigationsgerät zutage gefördert und diskutiert. Sein Rucksack wurde konfisziert. Schließlich durfte er seine Partie dann aber doch beginnen. Ihm war heiß, und nach wenigen Zügen eilte er auf die Toilette, um sich Wasser über den Kopf zu gießen. Dort entdeckte er, dass er völlig rot war, und brach kurz darauf zusammen. Zum Glück waren Ärzte unter den Teilnehmern, und er konnte auch rasch ins Krankenhaus gebracht werden. Als Diagnose entschied man sich für Hitzschlag.


Die achte Runde war verloren. Auf ärztlichen Rat verzichtete Riemann darauf, zur neunten Runde anzutreten (in der ihn ein Sieg immer noch auf Platz eins gebracht hätte). Vom Veranstalter sah und hörte er nichts. Wieder zuhause stellte er fest, dass ihm trotz der beiden kampflosen Niederlagen 150 Euro Preisgeld zustanden. Er bat den Veranstalter per E-Mail, das Geld an die Gewinner der Jugendpreise zu verteilen, und fragte, ob in seinem Rucksack etwas entdeckt worden sei. Auf Antwort wartet Riemann bis heute. Statt einem schönen Schachurlaub blieb ihm am Ende nur Verdruss.  


Eigentlich ein spannender Fall für die Ausbildung von Schachorganisatoren, wie sie die FIDE zwecks Füllung der Taschen Kassen neuerdings anbietet. Der Leiter dieser Seminare Theodoros Tsorbatzoglou hat sicher interessante Überlegungen zum Umgang mit Riemann. Tsorbatzoglou war der Veranstalter der Amateur-WM.

Feller&Co. gehen in Führung
Freigegeben in Blog
Mittwoch, 06 Juli 2011 02:53

Feller&Co. gehen in Führung

Selten schafft es ein sportlicher Streitfall auf die juristische Ebene und gerade im Schach sind materielle Beweggründe als Auslöser eher zweitrangig. Allerdings scheint sich dies gerade zu ändern. Nach der letztjährigen Copyrightklage der Bulgaren gegen ChessBase könnte das Rybkathema demnächst die Justiz beschäftigen, und im bisher bedeutendsten Betrugsfall des französischen Schachverbandes zogen die mit hohen Sperren belegten Spieler (wir bericheteten mehrfach: Sebastien Feller gegen den französischen Verbandund ff.) jetzt vor den Kadi. Und dies mit Recht, zumindest auf Paragraphen-Ebene. Das Gericht setzte die Strafen aufgrund formaler Fehler außer Kraft, Sebastien Feller und Arnaud Hauchard sind ab sofort wieder spielberechtigt

Der Gang zur Justiz ist ein durchaus legitimer und verständlicher Schritt der französischen Spieler, wollen sie ihre Karrieren nicht kampflos beenden. Doch das Urteil kann die Schachwelt nicht befriedigen, denn anscheinend wurde der eigentliche Betrugsvorwurf gar nicht erst verhandelt (vielleicht auch von den Klägern auch nicht bestritten??). Interessant erscheint hierbei auch, dass auch nur zwei der drei Beschuldigten den Rechtsweg einschlugen. Der dritte im Bunde, IM Cyril Marzolo, akzeptierte das Urteil des Verbandes und bleibt dementsprechend gesperrt.

bannersr12013-web-anz400Nun ist es an der französischen Föderation zu prüfen, ob man gegen die angeblichen Betrügern in der nächsten Instanz vorgehen kann, oder ob sie aufgrund von Formalien straffrei ausgehen. Ein längerer Rechtstreit wäre wohl die Konsequenz. Der Verband erhielt in der Zwischenzeit einen neuen Präsidenten, der die Sache etwas emotionsloser sieht als sein Vorgänger. Bleibt zu hoffen, dass es nicht ausgeht wie das Schießen zu Hornberg.

Die Historie:

19. März 2011

Der französische Verband befindet Feller, Hauchard und Marzolo des Betruges für schuldig und spricht Strafen von 3-5Jahren aus.

Spieler und Präsidium gegen in Revision

19. Mai 2011

Die Revision führt zu einer Verschärfung der ursprünglichen Strafen: Bei Feller von drei auf fünf Jahre und Hauchard erhält zusätzlich zu bestehenden lebenslangen Sperre als Teamkapitän eine dreijährige als Spieler. Bei Marzolo bleibt es bei fünf Jahren.

25. Mai 2011

Das von den Spielern angerufene nationale französische Sportkommittee stellt sich hinter die Entscheidung des Verbands

27. Mai 2011

Antrag der Spieler auf einstweilige Verfügung um auf der französischen Mannschaftsmeisterschaft teilnehmen zu können, wird von Versailler Gericht abgelehnt.

29. Juni 2011

Das Gericht gibt dem Antrag Hauchards und Fellers statt und setzt die Strafen außer Kraft. Als Begründung wird ein formaler Fehler in den Regularien des Verbandes angegeben. Zudem war anscheinend das Präsidium nicht revisionsberechtigt, sondern der Antrag hätte von der Ethikkommission gestellt werden müssen. (Keine Haftung des Autors für Übersetzungsfehler..)

Eine genauere Darstellung der Geschichte ist auf Chessvibes nachzulesen (in englischer Sprache). Auf der Website der französischen Föderation findet man eine erste Stellungnahme.

EPO nein danke - ich hab‘ ein Handy!
Freigegeben in Blog
Montag, 27 Juni 2011 11:53

EPO nein danke - ich hab‘ ein Handy!

Ein satirisches Gespräch des Schachspielers Dopow mit seiner Leichtathletikfreundin Ana B.

Dopow: Ana, was machst Du, was spritzt Du da?

Ana: EPO – ich möchte morgen den Wettkampf gewinnen! Bereitest Du Dich gar nicht vor?

Dopow: Doch – ich lade gerade meinen Akku.

Ana: Sag‘ mal ist das nicht gefährlich stundenlang diesen Handystrahlen ausgesetzt zu sein – jetzt sagt doch schon die WHO dass das Krebsrisiko erhöht ist.

Dopow: Aber Ana, ich halte doch das Handy nicht ans Ohr – ich sitze auf der Toilette ...

Ana:  Das stinkt doch ...

Dopow: ja, ist aber sicher und nicht gesundheitsgefährdend!

Ana: Aber das ist doch Betrug!

Dopow: Und bei Dir etwa nicht?

Ana: Nein – bei uns nennt man das Chancengleichheit – ohne EPO & Co läuft nichts. Aber immerhin müssen wir hart trainieren und uns im Wettkampf quälen – Du musst nur darauf achten, dass Dein Handy geladen ist und dass Du eine freie Kabine findest.

Dopow: Das ist unser Hauptproblem: es gibt zu wenig freie Kabinen und in der Zeitnotphase ist es schwierig eine zu finden, aber ich gehe dann immer auf die Damentoilette, dort ist fast immer was frei.

Ana: Aber auf der Damentoilette ist doch immer ein Stau!

Dopow: Aber nicht beim Schach!

Ana: Ah – ich verstehe: Schach ist nur was für Männer! Hast Du schon mal daran gedacht, dass die deterministische Natur des Schachspiels keine wirkliche Intelligenz erfordert, da man, zumindest theoretisch, jeden Zug vorausberechnen kann?

Dopow: Deterministisch – was ist denn das wieder für ein Wort – wir Schachspieler sind Künstler, Sportler und Wissenschaftler in Personalunion.

Ana: Super – aber gegen die Computer verliert ihr immer!

Dopow: Gut - Schach wird auf einem endlichem Brett mit einer endlichen Anzahl von Figuren gespielt und ist damit berechenbar - natürlich ist die Schönheit schon da, aber wir legen sie frei, so wie Michelangelo einst den bereits Jahrtausende vorhandenen Adam aus dem Carrara-Marmorblock befreit hat. Das kann auch nicht jeder!

Ana: Ach so - jetzt seid ihr auch noch Genies! Und warum beschäftigt sich die KI-Forschung schon lange nicht mehr mit Schach, sondern mit Robo-Fußball?

Dopow: Ana, Ana: Frauen, Fußball und Intelligenz ... mir wird das jetzt langsam zu viel!

Ana: Jedenfalls hat die Frauenfußball-WM mehr Medieninteresse als Euer Schach!

Dopow: Ok – ich gebe mich geschlagen: kannst Du mir bitte einen Betablocker spritzen!

Freitag, 24 Juni 2011 02:27

8 Jahre Sperre für Handybetrug?

Der Schachsport sieht sich mit einer ständig zunehmenden Reglementierung konfrontiert. Unter Anderem unterwerfen wir uns auf Jahre hinaus mit dem von Vielen nicht nachvollziehbaren Ansinnen der FIDE, Schach olympisch zu machen, den allgemeinen Dopingregeln der NADA (Nationale Anti-Doping Agentur), die auf die Besonderheiten unseres Sports nicht im Geringsten eingehen.

In gewisser Weise kann ich strenge Regularien verstehen, denn wie in anderen Sportarten auch, würden im Schach Viele ohne Zögern zu leistungssteigernden Maßnahmen greifen, wenn, ja wenn es welche gäbe… Für die von Kontrollen betroffenen Spieler bedeutet dies derzeit aber nur Beeinträchtigungen ihres täglichen Lebens, wie den dauerhaften Verzicht auf Mohnkuchen und größte Vorsicht bei der Einnahme von Medikamenten, denn jederzeit könnte ein Kontrolleur an der Tür klingeln.doping

Allerdings gibt es für uns, mit der Machtübernahme der Computer und immer kleiner werdenden elektronischen Bauteilen, andere Helfer, vor deren unerlaubtem Einsatz sich einige Schachspieler keineswegs scheuen. Jüngster Fall ist der anscheinend zweifelsfrei nachgewiesene Handybetrug auf der Deutschen Meisterschaft.

Wie können wir in Zukunft dieser Bedrohung Herr werden?

Bei nur drei bekanntgewordenen Fällen (Allwermann, Naiditsch und Shvartz), mit denen sich der Schachbund in den vergangenen 12 Jahren auseinanderzusetzen hatte, scheint der Handlungsbedarf überschaubar.

Auf Chessvibes.com forderte der unmittelbar betroffene Gegner Natsisids, GM Sebastian Siebrecht, unlängst ein Mitnahmeverbot jeglichen technischen Equipments, doch wie ist das zu kontrollieren? Ein Aufstellen von Scannern erscheint für Schachturniere unrealistisch und Kontrollen bedeuten eine Kasteiung Vieler für das Fehlverhalten Weniger.

Ohnehin ist die gegenwärtige Regelung, dass Handyklingeln zu Partieverlust führt, für nicht immer praxistauglich. Denken wir an den Fall im entscheidenden Match der Schweizer Mannschaftsmeisterschaft, als IM Ralf Hess in eindeutiger Gewinnstellung beim Stand von 3,5:3,5 einfiel, dass sein neues Handy noch aktiv war. Kurzerhand stellte er dieses in der Hosentasche ab, doch beim Herunterfahren löste er einen Ton aus – Partieverlust. Der Gegner aus Mendrisio wurde dadurch Schweizer Meister.
Oder der GM, der 8 Runden lang bei einem Open in Frankreich pünktlich um 14 Uhr am Brett saß. Die letzte Runde begann jedoch um 10 Uhr morgens und wurde jäh durch die Aktivierung seines auf Wiederholung stehenden Weckers um 10.15 Uhr unterbrochen…

Diese Liste ist lang und keiner der Betroffenen hatte Betrug im Sinn. Hier könnte man über die Einführung einer optional wählbaren (Geld-) Strafe nachdenken, die natürlich schmerzlich ausfallen muss (vielleicht 150 €), aber nicht den Ausgang des Turniers beeinflusst. Dies würde zudem Geld in die Veranstalterkassen fließen lassen.

Der Fall der DM ist jedoch anders geartet:

Harte Strafen unumgänglich?!

Bei nachgewiesenem Betrug ist der Verband gefordert.
Doch welche Handhabe besteht eigentlich? Kein Spieler ist direkt Mitglied im DSB, sondern nur die Vereine in einem Landesverband, der wiederum dem Schachbund angeschlossen ist - eine unglückliche Konstellation für ein schärferes Durchgreifen.

Anscheinend lassen die Regularien aber einen Ausschluss von bis zu drei Jahren auf DSB-Ebene zu. Siebrecht forderte eine Sperre analog zu Dopingvergehen und anderen Sportarten: 2 Jahre bei einer durchschnittlichen Sportleraktivität von 10 Jahren. Die Laufbahn eines Schachspielers dauert 40 Jahre und länger, was seiner Meinung nach zu einer deutlich höheren Strafe führen muss (4x2=8 Jahre?).

Um klar zu machen, dass es hier nicht um ein Bagatelldelikt geht, könnte man noch einen Schritt weitergehen: Aberkennung der DWZ und Antrag an die FIDE zu evtl. Titel- und Elolöschung. Doch auch dieses würde das Problem nicht vollständig lösen, könnte doch der gebrandmarkte Spieler am Ende auf die Idee kommen, die hochdotierten Preise für Elolose auf amerikanischen Turnieren einheimsen… coveru1anz

Das Präsidium des DSB wird frühestens bei der nächsten Zusammenkunft, Ende Juli, zu dem Fall Natsidis Stellung nehmen. Es liegt keine leichte Aufgabe vor ihm. In den bisherigen Fällen fielen die Strafen ganz oder sehr moderat aus (z. B. Presseerklärung des DSB 2004 auf Teleschach.de). Doch der öffentliche Druck ist erheblich gestiegen. Es ist an der Zeit, dieses leidige Thema abzuschließen. Sollte die Strafe in einer Sperre eines Turnieres bestehen, das der Spieler sowieso nicht mitspielen will, kann ich mir vorstellen, dass wir mit einem Anstieg der Fälle zu rechnen haben.

Der französische Verband verhängte übrigens jüngst im Fall Feller&Co. Sperren von bis zu fünf Jahren.


Die Schachwelt-Leser haben klar entschieden.

Der Zwischenstand unserer Umfrage "Handybetrug - welche Strafe ist angemessen?" zeigt ein deutliches Ergebnis: Fast 94% sprechen sich für harte Strafen ab 2 Jahren Sperre aus. Am beliebtesten mit 44% war die komplette Löschung eines Spielers aus dem deutschen Schach inklusive Aberkennung von Wertungszahl und evtl. Titel. 18% waren an eine Anlehnung an die Strafen der Franzosen über 20% stimmten sogar für ein noch drastischeres Strafmaß um den Abschreckungsfaktor zu erhöhen.

2 Jahre auf allen Ebenen inkl. DWZ-, Elo- und Titellöschung
68        44.4%

mehr als 5 Jahre - die Strafe muss der Abschreckung dienen
31        20.3%

5 Jahre wie bei den Franzosen
27        17.6%

2 Jahre auf DSB-Ebene
17        11.1%

Bagatelle, Ermahnung reicht
6          3.9%

1 Jahr auf DSB-Ebene
4          2.6%

Zum Umfrageergebnis

Freitag, 08 April 2011 08:23

Wir wissen nichts von Absprachen

Alles redet vom Betrug mit Computerhilfe und wie man ihn verhindern, entdecken, beweisen, bestrafen und (wohl besser nicht nur häppchenweise) kommunizieren soll. Was ist mit dem nicht erst seit die Computer so stark geworden sind, dass auch Spitzenspieler von signalisierten Zügen profitieren, latenten Betrug durch Partieabsprachen? Es ist ein offenes Geheimnis, dass zwei Teilnehmer des nächsten Monat anstehenden Kandidatenturniers während eines Ausscheidungsturniers laut Überzeugung nahezu aller dabei anwesenden Kollegen das Resultat ihrer Begegnung, sagen wir mal, optimiert haben. Wie bereits in der FAZ geschildert haben diese Kollegen den Fall und die Indizien noch am Ort diskutiert und sich geeinigt, dass keiner von ihnen den schwerwiegenden Verdacht an die Öffentlichkeit bringt, damit sich keiner persönlich verbrennt oder Sanktionen durch die FIDE, die die mutmaßliche Partieabsprache anscheinend duldete, riskiert. Die Dortmunder Schachtage, die gerade ihr Teilnehmerfeld (Kramnik, Nakamura, Ponomarjow, Le, Giri, Meier) und ihren Termin (21.-31.7.) bekannt gegeben haben, haben mir durch ihren Pressesprecher Michael Meinders mitgeteilt, dass im Zusammenhang mit dem Sparkassen Chess Meeting 2010 vom Organisationsteam keine Untersuchungen wegen Betrug durch Partieabsprachen unternommen worden und auch keine Betrugsversuche bekannt seien. Ich schließe daraus, dass es auch keinen Zusammenhang mit der in der Presseaussendung nicht kommentierten Nichteinladung eines Dortmunder Großmeisters gibt.

Montag, 21 März 2011 13:33

Harte Strafe für Feller

Die vor zwei Monaten (wir berichteten) publik gewordene Affäre um Sebastien Feller hat ihren traurigen Höhepunkt erreicht. Je fünf Jahre Spielsperre hat die Disziplinarkommission des Französischen Verbands gegen ihn und Cyril Marzolo ausgesprochen, wobei Feller zwei Jahre erlassen bekommen kann, angeblich gnadenhalber wegen seiner Jugend, wenn er dafür eine vom Verband anerkannte gemeinnützige Arbeit verrichtet. Arnaud Hauchard ist nicht als Spieler gesperrt, darf aber nie mehr als Nationaltrainer oder Mannschaftsführer in Frankreich tätig werden.

Das Protokoll der Verhandlung macht erstmals öffentlich, wie der ihnen von ihrem Verband vorgeworfene "organisierte Betrug" stattgefunden haben soll (auf Englisch gibt es das meiste davon bei Chessvibes). Während der Schacholympiade schickte Marzolo, wenn Feller gerade spielte, täglich an die zwanzig SMS-Texte mit Zugvorschlägen an die Mobilnummern von Hauchard und Feller. Die Nachrichten wurden entdeckt, weil Marzolos Mobiltelefon zu der Zeit von der Vizepräsidentin des Verbandes Joanna Pomian, für die er arbeitete, bezahlt wurde und er Textnachrichten von ihrem Haus verschickte, wo sie das ihm von ihr zur Verrfügung gestellte Mobiltelefon zu sehen bekam. Den Inhalt der Nachrichten konnte sie als Vertragspartnerin später beim Mobilfunkanbieter abrufen. Hauchard war als Kapitän in Chanti-Mansisk. Der Verbandpräsident Jean Claude Moingt war als Delegierter dort und beobachtete ihn, als er von dem Verdacht hörte. Moingts Schilderung nach übermittelte Hauchard Feller die Zielfelder des gerade besten Zugs, indem er sich nach einem einfachen System im Saal neben oder hinter den gegnerischen Spielern postierte. Edouard Romain und Maxime Vachier-Lagrave bezeugten, dass Hauchard privat ihnen gegenüber eingeräumt habe, dass Fellers Partien in Chanti-Mansisk manipuliert worden seien. Laurent Fressinet berichtete vor der Kommission, dass er einige von Fellers Olympiadepartien mit Firebird nachgespielt habe, und sein Mannschaftskamerad nahezu ausschließlich den Zug der ersten Wahl dieses Programms gespielt habe.

Bannerschachreisen300Obwohl der Betrugsverdacht Tage vor Ende der Schacholympiade ruchbar wurde und von Moingt auch für belegt erachtet wurde, sah der Präsident des Französischen Verbands davon ab, die Schiedsrichter in Chanti-Mansisk zu informieren, sondern begnügte sich damit, Fellers Aufstellung in der noch ausstehenden letzten Runde zu untersagen. Moingts Schilderung nach habe er sich dem Vorsitzenden der FIDE-Ethikkomission anvertraut und der habe ihm geraten, die Sache intern (!) zu regeln. Mit der Folge, dass Feller eine Medaille für seine Leistung erhielt und Frankreich das Turnier gerade noch unter den ersten zehn abschloss.

Ein weiterer Beigeschmack betrifft das Verhältnis zwischen Vizepräsidentin Pomian und den Spielern: Seit acht Jahren hatte sie Marzolo beschäftigt, nicht zuletzt als Heimtrainer für ihren Sohn Thomas Saatdjian, aber just im vorigen Sommer oder Herbst zerrüttete ihr Verhältnis, und Marzolo ist nun arbeitslos. Feller wiederum war jahrelang derjenige, der ihrem Sohn sportlich überlegen war und für internationale Jugendwettbewerbe den Vorzug erhielt. Dass Feller bereits bei seinem Sieg bei der Pariser Stadtmeisterschaft im Juli 2010 unerlaubte Hilfe bekommen haben könnte, spielte vor der Disziplinarkommission nur insoweit eine Rolle, als berichtet wird, dass Frau Pomian das Gerücht kannte, als sie Marzolos SMS entdeckte. Ob Frau Pomian, wenn sie Marzolo und Feller gesonnener wäre, die Sünder verpfiffen hätte?   

Da das Urteil noch nicht greift, darf Feller ab Dienstag an der EM in Aix-en-Provence teilnehmen, wo er angemeldet ist, und der Französische Verband muss ihm sogar die Kosten zahlen. In der Praxis kann er, wenn das Urteil nicht wegen formaler Fehler (wie der von einem französischen Zivilgericht in Nanterre bereits zurückgewiesenen Zulässigkeit der privaten SMS als Beweise) kassiert oder zumindest stark abgemildert wird, seine berechtigten Ambitionen, über 2700 oder sogar 2750 zu kommen und vielleicht die französische Nummer eins oder zumindest zwei hinter Max Vachier-Lagrave zu werden, beerdigen und ein Studium oder eine Berufsausbildung beginnen. Aber zunächst will er, wie von seinem Anwalt vor der Disziplinarkommission angekündigt, kämpfen.

Wer waren, wenn Fellers Siege manipuliert waren, eigentlich die (bisher praktisch nirgends erwähnten) Geschädigten? Vor allem diejenigen, die am Reservebrett geringer dotierte Preise erhielten oder leer ausgingen, nämlich Mateusz Bartel (Polen), Vlastimil Babula (Tschechien) und Kirill Stupak (Weißrussland). Außerdem die ihm unterlegenen Artijom Timofejew, David Howell oder Tamas Gelaschwili und deren Mannschaften. Oder die Mannschaft, die einen Platz unter den ersten zehn an Frankreich verpasste, nämlich Polen.

Betrug Mythbusting
Freigegeben in Blog
Samstag, 05 März 2011 20:28

Betrug Mythbusting

In der Schachwelt halten sich hartnäckig Mythen über die Betrugsmöglichkeiten beim Onlineschach.

Die Mythen besagen, dass Betrügen nur wahren Hackergöttern möglich ist, dass man mindestens noch einen zweiten Computer dazu benötigt und dass Betrug bei Blitzpartien mit geringer Zeit (unter 3 Minuten pro Partie) praktisch ausgeschlossen ist. Der computertechnische Laie hat also gar keine Möglichkeit zu betrügen – außer in Windeseile die Züge von seinem Rechner auf den Laptop neben ihm zu übertragen und Weltrekorde in beidhändiger Mausakrobatik und Kopfdrehungen aufzustellen.

Nun ist es vielen Mythen eigen, dass sie einfach nicht stimmen, aber nicht aufgeklärt werden, weil es so Manchem nicht ins Konzept passt und weil der bequeme Wunsch besteht, dass der Mythos doch war sein sollte, weil die Wahrheit einfach unbequem ist.

Wer das bekannte SKYPE bedienen kann, hat schon die erste Betrugsmöglichkeit und dazu sind keine aufregenden Computerkenntnisse nötig. Allerdings braucht man einen zweiten Menschen, der einem beim Betrug hilft. Dieser kann ein stärkerer Schachspieler sein oder einer der eine Engine bedienen kann. Mit der Funktion „Skype-Bildschirmfreigabe“ kann ich meinem Skype-Partner einen Livezugriff auf meinem Bildschirm gewähren – eine Funktion, die auch beim Schachtraining verwendet wird – und schon kann mir dieser dann Züge einsagen. Nachteilig ist, dass ein zweiter Mensch benötigt wird und dass die Zeit doch knapp werden könnte, da die Bildübertragung je nach Leitungsqualität schon etwas zeitkritisch ist.

Ja, ja höre ich die Mythengläubigen jetzt sagen: man muss zwar kein Computergott sein, es reicht einfache Standardsoftware wie Skype oder auch andere Fernwartungssoftware, aber man braucht einen Mittäter – also dem einzelnem Betrüger bleibt nur die Mausakrobatikchance!

Abermals ein hartnäckiger Irrglaube – es geht ganz einfach mit einem Tool, das es meines Wissens seit 2006 oder schon länger gibt. Anfangs wollte der Autor 10 Dollar für die Software, aber ziemlich rasch hat er sie dann gratis abgegeben. Mir  liegt die Software inkl. Sourcecode vor, ich möchte aber weder den Namen noch Downloadmöglichkeiten nennen. Zudem ist diese Software vielen Serverbetreibern bekannt und es werden soweit wie möglich Gegenmaßnahmen unternommen.

Nun wie funktioniert das Wunderding? Im Prinzip ist das ganz einfach – nämlich wie bei Skype wird der Bildschirminhalt analysiert. Erkennt die Software am Bildschirm ein Schachbrett, so wird eine Engine - man kann sogar wählen welche – gestartet und die Analyseergebnisse der Engine in den Bildschirm eingeblendet. Natürlich genauso wie wir das von Engineausgaben kennen: mit mehreren Varianten und Bewertungen. Alles bequem am Bildschirm ablesbar – es ist keine Mausakrobatik notwendig, man muss nur schneller lesen als Variantenrechnen können.

Aber wie erkennt die Software ein Schachbrett höre ich die Mythengläubigen jetzt schon ein wenig kleinlauter fragen?

So schwierig ist das nun auch wieder nicht – beispielsweise gibt es Picasa von Google und das erkennt Gesichter auf verschiedenen Fotos in verschiedenen Größen – wo bitte soll es da dann ein technisches Problem bei einer Schachfigur, die entweder auf einem weißen oder schwarzen Feld stehen kann, auftreten?

Oje – betrügen ist ja kinderleicht, höre ich entmutigt und leicht deprimiert die Mythengläubigen sagen und wir werden wohl nur betrogen und betrogen und ...

Schon wieder falsch! Von einem Extrem ins andere fallen mag vielleicht typisch für Mythengläubige sein, aber die reale Welt ist weder so gut wie vorher gedacht, noch so schlecht wie jetzt befürchtet.

Nicht nur meiner Meinung nach ist Betrug beim Onlineschach eine Randerscheinung, denn im Endeffekt betrügt der Betrüger vor allem sich selbst – und er kann nur still und heimlich seinen „Ruhm“ genießen, denn wenn reale Welt und Onlinewelt zu sehr voneinander abweichen, dann glaubt das ja keiner! Oder würden sie einen Artikel „Krennwurzn – Hickl 14:0 beim Onlineblitz“ ernst nehmen?

Also bleiben Sie cool und bedenken Sie: wenn Sie gewinnen ist alles ok, bei Remis oder Verlust muss es Betrug gewesen sein ;-)


Anmerkung:

Der Autor distanziert sich hiermit ausdrücklich vom Betrug mit Software – es wurde daher auf die Nennung des Namens der Software und der Downloadmöglichkeiten bewusst verzichtet – ebenso führt eine Nennung des Namens in Postings zur Löschung derselben. Sollte es Fragen zum Artikel geben, die nicht öffentlich diskutiert werden sollten, bitte ich diese an meine Emailadresse Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! zu schicken.


Artikelserie:

  1. Betrugserkennung
  2. Betrugserkennung Wurznpraxis
  3. Betrugserkennung ökomomischer Blick
  4. Betrugserkennung Mythbusting
  5. Nutzen der Betrugserkennung

 

Anzeige
herrenausstatter.de - der Onlineshop für Markenkleidung und Männermode