Luke McShane – Long live long game playing!
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Wenn man ganz naiv ein Heimspiel der Schach-Bundesliga ausrichtet, denkt man sich, ok, wir fangen an am Samstag um 14 Uhr, um sechs bis sieben Uhr sind alle fertig, wir gehen essen, und dann ab nach Hause – Sportstudio gucken, ein paar Kekse essen und für den Sonntag vorbereiten.

Richtet man indes ein Heimspiel aus, bei dem Großmeister Luke McShane mit an den Brettern sitzt, kann es sein, dass diese ganze Rechnung nicht aufgeht – nicht nur ein bisschen, sondern bei weitem nicht!

Im Februar 2013 endete unser Werder-Spiel im Weserstadion gegen den SV Mülheim Nord nicht um 19 Uhr, und ebenfalls nicht um 20 Uhr.

Es stand 3,5 : 3,5 gegen den SV Mülheim Nord, doch aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit hatten eine Reihe von Grün-Weißen das Stadion schon verlassen. Spieler und Betreuer saßen beim Mannschaftsessen – Sonntag früh um zehn war ja schließlich schon die nächste Runde. Goldene Regel: die Kräfte gut einteilen, früh aufbrechen, früh essen, und dann bald ins Bett.

Ein Werderaner aber spielte noch, spielte und spielte, ein langwieriges Endspiel mit leichtem Vorteil gegen den deutschen Großmeister Daniel Fridman.

Luke suchte nach Hebeln, tüftelte, und knetete, knetete, knetete seinen Gegner, bis das berüchtigte Format “Dame und Bauer gegen Dame” auf dem Brett zurückblieb.

Da war es bereits nach 21 Uhr, und weit über sieben Stunden hatten sich beide Meister am Spitzenbrett schon intensiv behakt.

Damenendspiel mit Mehrbauer - wer wäre bei dieser Materialverteilung ein besserer Mann, um dauerhaft seine Chance zu suchen, als Luke McShane? Luke ist bekannt für sein “glorious grinding”, eine Mischung zwischen Aussitzen und dem Anhäufen minimalster Vorteile in sehr langen Partien, gefährlich für jeden Gegner. Und immerhin, ein Sieg gegen Daniel Fridman würde ja auch direkt zum knappen Mannschaftssieg gegen bärenstarke Mülheimer führen.

 Luke Fridman1
 Kein Remis – noch ist ja gar nichts entschieden! (Fridman – McShane 2013)

Wer knetet so spät bei Nacht und Wind?

So ging das Spiel weiter bis um 22 Uhr, und der Hausmeister rasselte bereits verhalten mit dem enormen Weserstadion- Schlüsselbund (der ja bekanntermaßen auch den Schlüssel zur Welt beinhaltet).

Noch immer spielte Luke, arbeitete mit der einen Hand seinen Mehrbauern Fridmans Grundreihe entgegen, während er mit der anderen Hand (und auch mit seiner Dame) Schach um Schach abwehrte– Gewinn, Remis, wer sollte das alles einschätzen?

In den Datenbanken endet die Partie offiziell bereits mit dem 92.Zug, doch die Wahrheit ist, dass es noch viel, viel weiterging!

Die 50-Züge-Regelung besagt ja, dass eine Partie Unentschieden ist, wenn fünfzig Züge lang keine Figur geschlagen wurde, und auch kein Bauer bewegt worden ist.

Klingt das nicht wie eine Gebrauchsanweisung für extrem lange Partien? Schach, Schach, viele Schachs von Fridman – und dann ein kleiner Bauernzug von Luke, auf zum Umwandlungsfeld. Die fünfzig Züge fangen neu an zu zählen. Wieder Schach, Schach, viele Schachs von Fridman, dann ein weiterer Bauernzug von Luke, und erneut tickt die Fünfzig-Züge-Uhr von vorne los. Kein Remis!

Luke Fridman2
Kein Remis – die Partie fängt doch gerade erst an? (Fridman – McShane 2013)

Schon stand die Stadionuhr auf kurz vor elf. Und da zeigte sie sich endlich, eine Gewinnstellung, fein austariert nach gut 9 Stunden auf den 64 Feldern! Irre.

Doch just, als Luke um 23 Uhr seinen Bauern zum Gewinn in eine neue Dame umwandeln wollte – war die Partie vorüber, und - Remis! Die 50-Züge-Regel hatte nun doch gegriffen, einen Zug, bevor die Zählung der Züge durch b2-b1 Dame neu begonnen hätte. Remis, Remis – schade!

Nun kann man sagen, na gut, Unentschieden, das hätte man ja auch schon viel früher haben können. Doch da wäre uns ein einmaliges Ringen entgangen, zwischen Luke McShane und Daniel Fridman. Neun Stunden tiefes Schweigen, Fokussieren, subtiler Angriff, gekonnte Verteidigung, und dann der Friedensschluss – einmalig.

Werders Trainer Matthias Krallmann und den wenigen noch bis 23 Uhr verbliebenen Zuschauern blieb nur noch, alle Türen schnell hinter sich zu schließen und gemeinsam mit Luke zu später Stunde noch eine sehr späte und wohl auch sehr große Pizza zu verzehren. 4 – 4 gegen Mülheim war die eine Sache an diesem Tag, und diese Partie, DIE würde keiner so schnell wieder vergessen.

Wenn wir ab und an aus Solidarität mit den Werder-Fußballern das Weserstadion freigeben und andernorts in Bremen unsere Heimspiele austragen, fragen uns die Vermieter der Säle oft, wie lange denn so ein Spiel gehen würde, am Samstag in der Schachbundesliga. Wir sagen dann, nun, normalerweise ist alles wohl vorbei gegen acht Uhr abends. Aber wenn Luke McShane mitspielt … dann müssen wir erst nochmal gucken! -

Auch Werders Trainer Matthias Krallmann beschrieb die packende Begegnung später im Werder Schachmagazin:

"Luke transformierte seinen Positionsvorteil in ein Damenendspiel mit einem Mehrbauern in der b-Linie und die Bühne war bereit für eines der größten Dramen der jüngsten Bundesligageschichte. Zug um Zug wurde im 30-Sekundenmodus gewechselt, Spieler um Spieler und Zuschauer um Zuschauer verließen das Weserstadion. Am Ende blieben Joachim Asendorf und ich mit ein paar Mülheimern und dem Schiedsrichter allein zurück.

Luke hatte mittlerweile den b-Bauern auf die vorletzte Reihe gebracht, doch ich wusste, dass der letzte Schritt der schwierigste ist, weil der König des Angreifers nun den Schachgeboten des Verteidigers schutzlos ausgeliefert ist. Die Internet-Verbindung war zusammengebrochen und ich stellte mich direkt neben das Brett. Joachim Asendorf konnte nicht mehr hinsehen und unternahm Wanderungen durch die ausgedehnten Platin-Logen. Als die beiden Kontrahenten vom Schiedsrichter das dritte Partieformular bekamen, wurde auch ich nervös. Würde Luke die Gewinnführung schaffen, bevor die 50-Züge-Regel in Kraft tritt?

Der Kampf wogte hin und her. Mehrmals sah es so aus, als würde Luke es in wenigen Zügen schaffen, aber immer wieder fand Fridman das schlaueste Schach. Plötzlich entstand Unruhe: Fridman reklamierte und zeigte dem ungläubigen Luke sein Partieformular. Der Schiedsrichter eilte hinzu. Tatsächlich: im 97. Zug hatte der b-Bauer nach b2 gezogen und Fridman war bereit seinen 147. Zug auszuführen. Der Schiedsrichter endschied auf Remis. Fassungslos starrte ich auf das Brett: In zwei Zügen hätte Luke seinen Bauern umwandeln können!"

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Der Londoner Luke McShane kam in der Saison 1998/1999 als junger Mann zum SV Werder Bremen, nachdem er zuvor schon beim SV Erfurt-West an den Brettern gesessen hatte. Seine erste grün-weißen Spielzeit begann Luke als Fünfzehnjähriger (!), und mit seinem pointiert- dynamischen und zugleich zuverlässigen Spiel war er in großem Maße am Gewinn der Deutschen Meisterschaft (hurra!) für Werder Bremen 2005 beteiligt.

Bundesliga Markus Ragger gegen Luke McShane
 Große Meister unter sich: Markus Ragger - Luke McShane         (Foto: OSt)

luke adams
Tief einsteigen schon in den ersten Zügen: Michael Adams - Luke McShane       (Foto: OSt)

Luke arbeitet für eine Londoner Bank, ist aber als Großmeister zugleich vielfach auf Meisterschaften und für das englische Nationalteam unterwegs. Er gilt vielen als “der stärkste Schach- Amateur der Welt”.

In dieser Saison 2019/2020 ging Luke in seine 21.Spielzeit beim SVW. Wir danken ihm für viele supertolle Jahre als Spieler, und ebenso als Ansprechpartner bei vielen Fragen rund um unsere Bundesligamannschaft!

Eine meiner All Time-Lieblingspartien von Luke:

 

 

Sprungbereit in die neue Saison
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Dienstag, 26 November 2019 13:50

Werdertigers mit Traumstart

Die erste Doppelrunde der Bundesliga ist gespielt - reichlich Teams sind mit vier Mannschaftspunkten in die neue Saison gestartet, darunter beinahe auch der SV Lingen aus dem schönen Emsland, der als Aufsteiger drei Punkte sammeln konnte - zwei davon gar gegen den etwas ersatzgeschwächten Namensvetter aus SoLingen. Wir verweisen zum Bremer Saisonstart auf den Stimmungsbericht von Werder-Coach Jonathan Carlstedt auf der Seite: Werder mit Traumstart

Wer möchte, kann morgen am Donnerstag bei den Werdertigers reingucken, dort sendet ebenjener Jonathan und schaut zurück auf das vergangenen Wochenende aus Werdersicht. Ok, ok, es ist zugegebenermaßen alles ein bisschen reichlich Werder jetzt hier, gerade, aber was soll man tun? Follow us on Werdertigers!

Wie wird es nun weitergehen?
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Samstag, 30 April 2016 16:16

Bundesliga vor der Auflösung?

Bedauerlicherweise bietet das Überschriften-Feld unseres Blogs nur sehr wenig Platz, sonst hätten wir sehr gerne natürlich auch die komplette Überschrift "Bundesliga-Tippspiel vor der Auflösung?" hineingesetzt, und gleich schwungvoll mit einem lauten "Ja!" beantwortet. Wir bitten diese durch technische Umstände begründete Irritation zu entschuldigen.

Nun ist sie also vorüber, die Bundesliga-Saison 2015/2016, und was soll man sagen? Es war sehr aufregend! Mit der Solinger SG hat sich ein neues Team an die Spitze emporgeschwungen und der beeindruckenden zehnjährigen Regentschaft von Sven Noppes und seiner OSG Baden-Baden ein Ende gesetzt. Zehn Jahre in Folge Deutscher Meister, das wäre ich auch gerne, und umso mehr verdient die OSG einen großen Glückwunsch für viel Ausdauer und gute Teamarbeit - es steckt viel Detailarbeit und Energie dahinter, wenn man mit oder trotz eines hohen ELO-Schnitts beständig Jahr um Jahr den Titel zu holen vermag. Very impressive!

Solingen dagegen, oder Klingenstadt, wie Insider aus dem Westen auch sagen, hat bis zur letzten Runde im Kampf der Schach-Titanen die Nase vorne behalten und sich in der für Nervenspiele weit offenen Begegnung gegen Griesheim die zwei noch nötigen Mannschaftspunkte gesichert - aber nur mit einiger Aufregung! Deutscher Meister wird nur die SG Solingen, schreibt auch Ilja Schneider. Umso schöner, dass alles gut gegangen ist, und anders als im Fußball geht der Titel in diesem Jahr in den Pott. Der Liga wird das guttun!

Leider verabschieden sich auch nach der Saison 2015/2016 wieder einige Mannschaften aus der Liga - und das sind nicht in allen Fällen die Teams mit den wenigsten Punkten. Nach gut zehn Jahre beendet der SK Turm Emsdetten freiwillig seinen Aufenthalt im Oberhaus - der Mannschaftsführer, Teamchef und Chef-Koordinator Reinhard Lüke zieht den Verein schweren Herzens zurück, aufgrund von finanziellen und organisatorischen Gegebenheiten.

Ebenfalls für eine vorzeitige Abreise entschieden sich die Schachfreunde des Erfurter SK - auf den informativen Seiten des Schachtickers legen Thomas Caspar und Christian Troyke die Gründe für den Rückzug ausführlich dar, dies alles ist sehr lesens- und bedenkenswert. Vor sieben Tagen spielten sie noch hier im Bremer Weserstadion gegen Emsdetten - nun sind beide Vereine nicht mehr in the house.

Und noch jemand mehr wird der Liga keine Impulse mehr geben können - wie Raymund Stolze berichtet, nimmt nach zwei fulminanten Spielzeiten und trotz eines spannenden Jugendkonzepts auch Hansa Dortmund seinen Hut und zieht sich in eine untere Spielklasse zurück. (UPDATE: Die Meldung ist mittlerweile wieder von der Seite genommen worden, Stand 01.Mai)

Damit wird es dünn in der Bundesliga, oder doch nicht ganz, denn die drei freiwerdenden Plätze gehen an die eigentlichen Absteiger, FC Bayern München, Griesheim und Erfurt - aber haben die Erfurter nicht gerade erst zurückgezogen? Ich komme nicht mehr ganz mit.

peter enders frank hoppe
Peter Enders - mit dem Erfurter SK nun erstmal wieder
zurück in der 2.Bundesliga                  (Foto: Frank Hoppe, moinmoin!)

Was soll man nun tun? Schon mehren sich die Stimmen, dass der Schachbundesliga e.V. alles nicht ganz so richtig gemacht hat in den letzten Jahren - die Liga zu unattraktiv, die Zuschauerzahlen und das Marketing ausbaufähig, zu wenige Heimkämpfe, und überhaupt.
Ich weiß nicht, ob das alles so trägt als Kritik - und es ist unklar, ob es mit einer anderen Konzeption wirklich besser laufen würde. Aber - es lohnt darüber nachzudenken.
Der Bundesliga e.V. wandte sich 2013 an die Schachgemeinde und erhob Daten für eine Verbesserung des Spielbetriebs. Grundlegend hat sich aber daraufhin nichts getan. Vielleicht ist Schach nicht ganz der richtige Sport, bislang jedenfalls, um selbstfinanziert das Konzept einer großen Liga mitzutragen und mitvermarkten zu können?
Seit Saisonbeginn kann man den Ligabetrieb auf einer von FM Marc Lang hochklassig aufbereiteten Homepage nachvollziehen. Auch die Darbietung der vielen hochklassigen Partien im Netz ist eindrucksvoll, es ist andererseits aber unklar, wer von dieser für Zuschauer kostenfreien Übertragung eigentlich wirklich etwas hat - ein Punkt, den auch die Erfurter in ihrer oben genannten Rückschau anführen. Ein finanzieller Rücklauf zum Wohle der ausrichtenden Vereine hat sich daraus offenbar noch nicht entwickelt, doch es mag sein, dass man dies alles etwas langfristiger anlegen muss. Oder sogar sehr langfristig.

Sollte die deutsche Meisterschaft wie in Frankreich in einem einwöchigen Mannschaftsturnier ausgetragen werden? Oder würde es helfen, die Bedenkzeit der Partien zu verringern, so dass man als ZuschauerIn vor Ort direkter die Entwicklungen an den Brettern miterleben kann?
Der Bundesliga e.V. als solcher ist eine ehrenvolle Runde, die mit Vertretern der teilnehmenden Vereine besetzt ist und sich zweimal im Jahr zu Versammlungen trifft. Ein Großteil der in diesem Verein engagierten Vertreter leistet diese ehrenamtliche Arbeit neben ihrem Beruf, und oft auch neben der umfangreichen Arbeit, die das Management des eigenen Bundesliga-Vereins ohnehin bereits erfordert. Man kann daher - so wenig erfreulich das auch ist - nicht zu hohe Ansprüche stellen an die vom Bundesliga e.V.zum Wohle der Liga und des Schachs leistbaren Arbeitseinsatzes. Anders sähe es aus, wenn es hier ein finanzielles Fundament vorhanden wäre, durch dass diese Arbeit teilweise auch vergütet werden könnte. Noch ist so etwas aber nicht in Sicht.

(Frage an die Leser: Ilja Schneider, der berühmte Berliner Schachmeister und Blogger, hat im Zeit-Blog vor zwei (?) Jahren einige Vorschläge zur Reform der Bundesliga vorgetragen. Ich fand diesen Artikel nicht mehr - kann jemand helfen und den Link im Kommentarbereich senden? Danke!)

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Ist das nichts? Der Weltmeister tritt an in der Bundesliga!

Umumba siegt im Tippspiel

Kommen wir nun aber, wie oben bereits versprochen, zur Auflösung unseres spannenden Schachwelt-Bundesliga-Tippspiels "Baden-Baden: Elf Titel sollt Ihr sein" zur Saison 2015/2016.

Wir haben zwei wundervolle Gewinner, die beide mit Werder Bremen den Verein richtig vorhergesagt haben, der der OSG Baden-Baden am meisten Brettpunkte abnehmen würde (um genau zu sein: 5 an der Zahl!). Sowohl Holger Hebbinghaus als auch Umumba sagten dies voraus, so dass die bei Punktgleichheit angegebene Tiebreak-Regel zur Anwendung kommen musste: derjenige gewinnt, der näher an Baden-Baden wohnt!
Nach akribischer Recherche und einiger Tourenplanung im Netz ist dies mit einem deutlichen Abstand von rund 40 Kilometern unser geschätzter Leser Umumba. Wir gratulieren!!

Gesamtklassement:

Platz 1: Ein Interview mit dem Sieger hier auf Schachwelt.de!

 Dieser Preis geht also an Umumba - wir melden uns!

Platz 2: Eine Tafel Original Bremer Stadtmusikanten- Schokolade!

Dieser Preis geht - wie sollte es anders sein - einmal mehr an den Visionär Holger Hebbinghaus.

Platz 3: Ruhm und Ehre für MiBu (tippte auf Klingenstadt - sie spielten 4 : 4 gegen Baden-Baden)

Platz 4: Ruhm und Ehre für Thomas Richter (Griesheim, 3 Brettpunkte)

Platz 5: Ruhm und Ehre für Olaf Steffens (Hansa Dortmund, 1,5 Brettpunkte)

(Rum und Ehre hätten wohl für mehr Freude gesorgt, doch (das Budget, das Budget) haben wir nur Ruhm und Ehre zu vergeben. Dies aber in vollem Umfang und nicht zu knapp!)

Danke fürs Mitspielen! Die Preise gehen in Kürze auf den Weg!

PS Noch etwas Musik zum Abschied - wir verlinken mit It´s a catalogue der wunderbaren Berliner Gruppe Get well soon. Auch hier geht es um Spurensuche, ähnlich wie bei der Bundesliga. Wer die Siebziger mag, findet hier so einiges.

Get Well Soon - It's A Catalogue - Official Video from GET WELL SOON on Vimeo.

Der Weltmeister ist auch mit dabei!
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Es war schön mit der OSG Baden-Baden in den letzten Jahren – wir haben gestaunt über zehn Deutsche Meisterschaften in Folge, waren von Flensburg bis Fürstenfeldbruck und von Neubrandenburg bis Nordwalde beeindruckt über Spielstärke, Figurenkompetenz und ELO-Dichte der stets souveränen Équipe vom nördlichen Rande des Schwarzwalds. Teamchef Sven Noppes hat über Jahre für Titel gesorgt, sogar Weltmeister Magnus war und Weltmeister Vishy ist Teil dieser Traummannschaft, und fürwahr, wo sonst im Ligabetrieb bekommt man diese und andere legendär starke Spieler denn mal zu sehen?

Nein, es war wirklich sehr sehr schön mit Baden-Baden, doch leider, leider, nun ist es auch langsam mal gut. Zehn Titel in Folge, der Rest der Liga weit und weiter abgehängt, und trotz Schwäbisch-Hall, Solingen und den SF Berlin kaum mehr Spannung im Rennen um die Meisterschaft! So kann es nicht weitergehen, es wird zu einseitig, die Zuschauer bleiben schon weg, und nach zehn Jahren mühlsteinartiger Monotonie beim Meistermachen wird es darum endlich Zeit für ein neues Liga-Konzept.

noppes
       Geballte Liga-Kompetenz: Sven Noppes und Peter-Heine Nielsen

Schachwelt.de, der Blog für progressive Konzepte, scheut sich daher nicht, diese wenn auch unangenehme Wahrheit auszusprechen. In Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten der Bundesregierung haben wir einige wegweisende Vorschläge entwickelt, die für mehr Fairness im Bundesligasport sorgen und damit auch anderen Schachteams endlich einmal wieder das Tor zum Meistertitel öffnen sollen.

Viele Vereine hätten den ersten Platz ja ebenfalls mal verdient – und da wollen wir natürlich gerne helfen.

Im Rahmen eines einstweiligen Eilverfahrens haben wir daher bei Liga-Schiedsrichter Jürgen Kohlstädt und bei Markus Schäfer, dem Präsidenten der Schach-Bundesliga, die folgenden konstruktiven Anträge eingereicht:

- Abwechselnd möge von nun an jedes Bundesliga-Team mal an der Reihe sein mit der Meisterschaft. Die Meistermannschaft könnte von Jürgen Kohlstädt vor Saisonbeginn unter allen 16 Erstligisten per Losentscheid bestimmt werden. Auf wen das Los gefallen ist, wird aber erst nach dem letzten Spieltag verraten. Für Spannung wäre gesorgt!

schwetzingen 8
    Hier ist noch etwas Platz zum Eingravieren eines neuen Meisters

- Im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung könnte Baden-Baden bis auf Weiteres nur noch zu sechst spielen. (Oder zu fünft? Ein Mannschaftssieg wäre für die Gegner dann noch ein wenig sicherer.)

- Für die Ooser SG Baden-Baden möge mit sofortiger Wirkung gelten: jeweils drei per neutralen Losentscheid ausgewählte Spieler der gegnerischen Mannschaft dürfen ihre Partien heimlich mit Smartphone spielen.

 - Baden-Baden darf eine Saison lang nur noch seine zwei Heimwochenenden spielen und kein Auswärtsspiel mit mehr als 25 km Abstand zum Schwarzwald bestreiten. Auch dann werden sie zwar mit mindestens acht Punkte den Klassenerhalt erspielen können, ein anderes Team wird aber möglicherweise endlich einmal Meister. Im Jahr darauf gewinnt dann wieder Baden-Baden!

- Auch die Schachwelt- Redaktion erklärt sich bereit, das Ringen um Chancengleichheit in der stärksten Liga der Welt selbstlos zu unterstützen - im Rahmen einer Quotenlösung
Die Internationale Krennwurzn und auch ich stünden zur Verfügung, um für die OSG zwangsaufgestellt zu werden und dabei zwei der acht Bretter zu belegen. Frank Hoppe (Berlin!) könnte ebenfalls für dieses Vorhaben rekrutiert werden, falls er beim DSB einmal abkömmlich sein sollte, und wir würden, falls erwünscht, auch bei Frank Zeller, Thomas „Texel“ Richter, Jörg GM Hickl und Dennis Calder anfragen, und ebenso bei Michael Buscher, Uwe Bekemann und natürlich Stefan Löffler, dem Blog-Urgestein aus Wien.
Eine solche 25%- Schachwelt-Redaktionsquote könnte die Chancen der gegnerischen Teams auf mehr als zwei Brettpunkte gegen den Dauermeister erhöhen – und wer weiß, auch mal zu einem Mannschaftssieg (!!) gegen die OSG führen. Doch wollen wir solch kühne Gedanken gar nicht erst zu denken wagen.

luke adams
           Gegen Baden-Baden ist es meistens knifflig.

- Das Einfachste aber wäre: Baden-Baden muss eine Saison lang aussetzen. Die Mannschaft könnte sich ja trotzdem zu den Liga-Wochenenden treffen und an die verschiedene Spielorte reisen. Doch spielen und gewinnen – das muss ja nicht sein. Es gibt ja auch andere schöne Dinge, nicht immer nur Schach! Man kann im Schwarzwald klettern, im Biergarten sitzen, Kaffee trinken und Zeitung lesen. Und ein Jahr später dann wieder in die Bundesliga einsteigen und sich die Meisterkrone zurückholen – das wäre doch mal eine schöne Geschichte.

Saisonende
Saison-Ende und dann ein Jahr Schachpause - klingt das nicht ganz schön?

Die von uns unterbreiteten Vorschläge sind unbürokratisch und daher noch kurzfristig bis zum Liga-Start am Wochenende umsetzbar – man muss es nur wollen.
Wir sind gespannt, welchen Entschluss die Liga-Oberen Jürgen Kohlstädt und Markus Schäfer fällen werden.

Hoffen wir also auf eine spannende Saison, ob mit (oder doch ohne?) Baden-Baden!

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Und wer bis hierhin durchgehalten hat:

Auch in diesem Jahr wollen wir unsere treuen LeserInnen natürlich mit einem tollen Tippspiel zum Saisonauftakt verwöhnen.

Bitte schickt uns Eure Vorhersagen, welche Mannschaft in 2015/2016 der OSG Baden-Baden am meisten Brettpunkte abluchsen wird!

Für den beste Prophezeiung loben wir wie immer aus:

Bester Tipp:            Ein Interview mit dem Sieger hier auf Schachwelt.de!

Platz zwo:                Eine Tafel Original Bremer Stadtmusikanten- Schokolade!

Platz drei bis fünf: Ruhm und Ehre

Sollten zwei Teams gleichviele Punkte gegen die OSG holen, und damit beide Sieger des Tippspiels sein, wird als Feinwertung die Berliner Wertung herangezogen (also zählen die am höheren Brett erzielten Punkte mehr – Brett Eins ergibt 8 Punkte, Brett Zwei erhält 7 Punkte, usw.).

Sollte selbst dann immer noch Punktgleichheit bestehen, gewinnt der oder die Teilnehmerin, der oder die näher an Baden-Baden wohnt!

Einsendeschluss ist am Samstag, 19.September, um 14:00 Uhr. Es gelten nur Zuschriften im Kommentarbereich.

Beteiligt Euch reichlich. Wir wünschen viel Erfolg!

Bundesliga in der Provinz
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Freitag, 19 Juni 2015 12:16

Bundesliga in der Provinz

Nun die Lage in der stärksten Liga der Welt – der deutschen Bundesliga - wird ja kontroversiell in vielen Foren diskutiert. Viele Rückzüge von Mannschaften, Aufstiegsverzicht, etc und dahinter steckt meist, dass die Finanzierung der Mannschaft nicht so leicht zu sichern ist. Öffentliche Kassen sind meist klamm und private Sponsoren ziehen sich oft bald wieder zurück, weil sie erkennen müssen, dass sie eigentlich Mäzene sind und der Werbewert dem eingesetzten Geld nicht einmal annähernd nahe kommt. Aber das ist ja alles bekannt und wurde schon unendlich oft durchgekaut – also zur Frage: wie läuft das im kleinen Österreich ab? Immerhin haben die Österreicher gerade im Zillertal das deutsche Prinzen-Mitropacupteam 3:1 geschlagen!

Im kleinen Österreich spielen 12 Mannschaften in der Bundesliga, die früher Staatsliga hieß, und aus den darunterliegenden drei 2. Bundesligen steigt jeweils eine Mannschaft auf und daher müssen die letzten drei der Bundesliga in die entsprechenden Zweitligen absteigen. Rückzüge gibt es sehr selten und auch das Aufstiegsrecht wird meist in Anspruch genommen. Aber dennoch ist auch hier nicht alles eitel Wonne, denn wirft man einen genaueren Blick auf die abgelaufene Saison 2015/15, so muss man erkennen: die Bundesliga findet in der Provinz statt.

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Die vier bevölkerungsreichsten Bundesländer, die fast 60% der gemeldeten Schachspieler haben und auch wirtschaftliche Schwergewichte sind, stellten gerade mal eine einzige Bundesligamannschaft und das war der Aufsteiger Grieskirchen aus Oberösterreich! Die Hauptstadt Wien, das Schach-Präsidentenbundesland Steiermark und Niederösterreich hatten gar keine Mannschaft in der vergangenen Bundesligasaison. Außer einer Mannschaft aus Salzburg kommt keine weitere Mannschaft aus einer Landeshauptstadt. Kärnten und Tirol stellen mit sieben Mannschaften mehr als die Hälfte der Bundesligisten und nur noch das kleinste Bundesland das Burgenland stellt zwei Mannschaften.

Tirol profitiert von der Nähe zu Deutschland und verfügt auch über einen entsprechenden wirtschaftlichen Hintergrund. Anders sieht die Lage im Burgenland und in Kärnten aus, denn dort gibt es höhere Sportförderungen und man braucht weniger Sponsorgelder, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Das Burgenland profitiert hier von seiner Grenzlage im Osten und war nach dem EU-Beitritt elf Jahre lang „EU Ziel 1-Gebiet“ und wurde daher besonders gefördert, um das Burgenland wirtschaftlich aufholen zu lassen.

In Kärnten, das ein Drittel der Bundesligamannschaften stellt, sieht die Sachlage etwas anders aus – auch dort sind es die öffentlichen Sportförderungen, die manches erleichtern, aber es gibt dort auch traditionell eine starke Schachszene und mit Markus Ragger kommt der stärkste Österreicher aus Kärnten. Zudem finden in diesem beliebten Urlaubsland auch viele Schachturniere rund um das Jahr statt.

International in die Schlagzeilen kam Kärnten aber auch, weil der Rechtspopulist Jörg Haider bis zu seinem Unfalltod 2008 dort langjähriger Landeshauptmann war und dort ein System aufbaute, dass unter anderem zum Problemfall Hypo-Alpe-Adria führte, was Kärnten nun regelmäßig auch in die internationalen Schlagzeilen bringt. Das Bundesland hat aufgrund von damals gegebenen Haftungen massivste finanzielle Probleme und gilt daher als Griechenland Österreichs und auch hier wird über eine Insolvenz nachgedacht. Zudem gab Kärnten auch sonst einfach zu viel Geld aus und muss nun aufgrund von Bundesvorgaben massiv sparen! Davon sind nun auch die Sportförderungen sind betroffen und es wird also interessant zu beobachten werden, wie die Kärntner Vereine es schaffen werden, diese Gelder durch private Sponsorengelder zu ersetzen – ich denke mal, die Chancen dafür sind - auch wenn es schwierig wird - doch aufgrund der traditionell starken Schachszene gegeben.

Kommen wir zum Abschluss noch zur Frage, wer spielt den in der österreichischen Bundesliga? Nun in Summe sind die Nicht-FIDE Österreicher mit 58% klar in der Mehrheit, die stärkste Einzelnation sind aber doch die Österreicher gefolgt von den Deutschen und den Kroaten. Diese drei stellen mit einer satten ¾ Mehrheit das Gros der Bundesligaspieler.

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Und wie schlagen sich die Österreicher selbst in der Bundesliga?

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Naja nicht so toll! 42% der Spieler haben 41% der Bretteinsätze, steuern aber nur 36% der Punkte für ihre Mannschaften bei. Das ist aber auch nicht so schlecht, denn immerhin können internationale Erfahrungen gesammelt werden.

Wie in Deutschland dürfte es auch hierzulande das Problem geben, dass die Bundesliga nicht nur die Öffentlichkeit nicht erreicht, sondern es nicht einmal schafft die Masse der Schachöffentlichkeit in ihren Bann zu ziehen, denn wie sonst sollte man erklären, dass die Bundesligaklubs dort sind, wo die wenigsten Schachspieler wohnen und auch FIDE-Österreicher de facto Legionäre im eigenen Land sind?

Warum schafft man keine Fanbindung? Bei Einzelspieler gibt es starke Fanlager und auch bei Nationalmannschaften gibt es starke Emotionen, wie beispielsweise gerade jetzt, wo die Österreicher die Deutschen 3-1 schlagen, werden Erinnerungen an Cordoba wach. Oder auch wenn man sich die Diskussion rund um Arkadij Naiditsch und einen möglichen Föderationswechsel ansieht – auch wenn man sich von manchen Äußerungen in diesem Zusammenhang mit Grauen abwenden muss. Aber warum schafft man so wenig emotionale Bindungen an Bundesligamannschaften oder noch schlimmer: warum sind diese so vielen Schachfreunden schlicht weg egal?

Leider kann man diese Frage nicht so leicht beantworten, weil die Gründe wohl vielschichtig sind, aber ich denke alle Beteiligten sollten darüber nachdenken und nach Verbesserungen suchen und dabei nicht den Fokus auf eigene Befindlichkeiten und kurzfristige Vorteile legen, sondern das Problem so objektiv wie möglich ausleuchten, denn funktionierende Meisterschaften sind das Hauptanliegen vieler Schachspieler an die Verbände!

Irgendwie erstklassig: Logo der SF Berlin
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Die Schachbundesligasaison ist zwar seit acht Tagen zu Ende. Doch die Abstiegsfrage, die schon vor der zentralen Endrunde in Schwetzingen entschieden schien, ist offen. Denn längst nicht alle qualifizierten Aufsteiger sind zum Aufsteigen auch bereit. 

Am Sonntag gingen die Zweiten Ligen zu Ende. Sie waren diese Saison allesamt spannender als die Erste Liga. König Tegel hielt im Norden Rostock auf Brettpunkteabstand. Im Osten überholte die Schachabteilung des FC Bayern München die sieben Runden lang souveränen Dresdner, die schon vorige Runde gegen Bindlach stolperten, durch ein 5:3 im direkten Vergleich. Dresden hat die meisten Brettpunkte, Bindlach beide Konkurrenten geschlagen, aber durch ist Bayern. 

Ob es aus dem Süden einen Aufsteiger geben wird, ist dagegen noch nicht ganz sicher. Viernheim hat mit einem 4,5:3,5 gegen die starke Zweite von Baden-Baden zwar den Staffelsieg geschafft, aber nicht die finanziellen Ressourcen. Oder noch nicht. Wenn sich bis Meldeschluss Ende April Sponsoren finden oder zumindest das Gefühl, es finanziell zu packen, einstellt, will Viernheim antreten. Wenn nicht, dürfen und werden es sich die drittplatzierten Hofheimer überlegen. Der Viertplatzierte wird übrigens laut Reglement nicht mehr gefragt. 

Im Westen hat einmal mehr die SG Porz des seit vielen Jahren erstligaallergischen Wilfried Hilgert gewonnen und das glatt mit 18:0. Aachen überlegt und wird die Bedenkzeit bis Ende April wohl ausschöpfen, teilt Mannschaftsführer Peter Jansen mit. Die drittplatzierten Bochumer haben schon in der Vergangenheit abgewinkt und sollen auch dieses Mal nicht interessiert sein. Für die Schachfreunde Berlin verlängert sich das Zittern um den Klassenerhalt somit ziemlich sicher bis zum Meldeschluss Ende April. Und die Freude wäre eine doppelte, hängt der Aufstieg der zweiten Mannschaft in die Zweite Liga doch daran, ob die Erste eins höher bleiben darf. 

Anders als beim Nachsitzen Stichkampf vor zwei Jahren gegen Griesheim können die Berliner das Ergebnis nicht beeinflussen. Oder vielleicht doch? Was wäre, wenn Aachen, sagen wir 5000 Euro fehlen und die Berliner diesen Betrag aufbringen könnten? Wäre es dann nicht eine sportliche Lösung, einen Wettkampf zu spielen? Siegt Aachen, zahlen die Berliner die 5000, und Aachen hat das Budget beisammen. Siegen die Berliner, behalten sie die für die Saison dringend benötigten 5000. Anders als ich bei der ursprünglichen Veröffentlichung glaubte, hat Aachen bereits einen starken Kader (danke an Peter Jansen für den Hinweis) und besäße gute Chancen. Doch das ist natürlich nur ein Gedankenexperiment. 

Der Abstand zwischen den Zweiten Ligen und der Ersten ist groß, so dass in der nächsten Saison der Kampf um den Klassenerhalt, wenn keine der etablierten Mannschaften einen schlechten Lauf oder der stärkste Aufsteiger Bayern einen starken Lauf hat, wieder wenig Spannung verspricht. Aufsteiger Aachen dürfte es packen, oder die SF Berlin, wenn sie doch drinbleiben dürfen. Ich würde schon jetzt tippen: Spannend wird´s auch zwischen Saison- und Meldeschluss.

(korrigiert am 20. April 2013)

Schloss Schwetzingen: Einer von vielen Schauplätzen eines reichen Schachjahrs
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Sonntag, 06 Januar 2013 15:45

Ein tolles Jahr für (deutsche) Schachfans

2013 bringt keine Schacholympiade, wahrscheinlich keinen WM-Kampf, und doch verspricht das neue Jahr ein gutes Schachjahr zu werden. Das gilt insbesondere für die deutschen Schachfans: Gleich drei Weltklasseturniere sollen in den nächsten Monaten in Deutschland stattfinden: Am 6.-17. Februar in Baden-Baden mit Anand, Adams, Caruana, Fridman, Meier, Naiditsch und einem ganzen Schachfestival. Am 3.-17. Juli ein FIDE-Grandprixturnier in Berlin und ab 22. Juli das Dortmunder Sparkassen-Chess-Meeting.

Wer im Süden wohnt, hat es nicht weit nach Zürich, wo am 23.Februar bis 1. März Anand, Caruana, Kramnik und Gelfand antreten. Die im Nordwesten können sich einen Abstecher zum ersten Knaller des Jahres in Wijk aan Zee von 12. bis 27. Januar überlegen. Ein Leckerbissen für heimische Fans ist auch das zum zweiten Mal zentral ausgetragene Bundesligafinale am 5. bis 7. April im Schwetzinger Schloss.

Den sportlichen Höhepunkt des Jahres erwarte ich vom doppelrundig mit acht Teilnehmern (Carlsen, Kramnik, Aronjan, Radschabow, Grischtschuk, Swidler, Iwantschuk und Gelfand) ausgetragene Kandidatenturnier am 14. März bis 1. April in London, das eher nicht mit einem Aprilscherz sondern der Kürung von Anands designiertem Nachfolger endet. Dass der 43jährige Inder bei seinem Kraftakt in Wijk aan Zee, Baden-Baden und Zürich mit 29 Partien binnen sieben Wochen wieder seit Jahren vermisste Siegerqualitäten zeigt und sich wieder – seinem Titel gemäß – über die 2800 schwingt, erwarte ich nicht, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Offenbar ist Anand klar, dass seine beste Chance, zu alter Größe zu finden, jetzt ist, bevor sein Herausforderer feststeht und die nächste WM beginnt, sich im Kopf breit zu machen.

Nach dem starken ersten Quartal wird das Schachjahr etwas ruhiger. Abgesehen von den schon erwähnten Ereignissen erwarten uns das Festival in Biel,  FIDE-Grandprixturniere in Lissabon, Madrid und Paris, im August der Weltcup in Tromsö als Generalprobe für die ziemlich genau ein Jahr später dort stattfindende Schacholympiade, und im Herbst dann wieder Bilbao, London und das Moskauer Tal-Memorial, falls es nicht beim voriges Jahr provisorischen Juni-Termin bleiben soll. Der WM-Kampf könnte zwar laut einer früheren Ankündigung der FIDE schon Ende des Jahres in Anands Heimatstadt Chennai über die Bühne gehen. Wahrscheinlicher ist aber 2014 und nach einer Ausschreibung, sobald der Herausforderer in London ermittelt ist.

Gespannt bin ich auch, ob es Andrew Paulson, dem von der FIDE beauftragten Impressario des Grandprix, Kandidatenturniers und der nächsten WM gelingt, die Präsentation des Spitzenschachs zu verbessern. Dass Veranstaltungen wie Linares oder die Amber-Turniere in Monte Carlo und Nizza verschwunden sind, merkt man dem gut gefüllten Kalender jedenfalls nicht an. Für Fans hochklassigen Schachs hat ein gutes Jahr begonnen.

Niclas Huschenbeth würde der Abstieg am wenigsten treffen
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Donnerstag, 09 Februar 2012 15:44

Ein Jammer für die Liga

Der Hamburger SK von 1830 ist nicht nur Deutschlands ältester sondern auch, wenn man nicht allein nach sportlichen Titeln rechnet, erfolgreichster Schachverein. Der HSK hat die meisten Mitglieder, darunter viele, die sich für Schach engagieren, ein eigenes Haus, in dem fast jeden Tag Schach geboten wird, neuerdings eine eigene Schachschule und Mannschaften in praktisch jeder Spielklasse, ob Männer, Frauen oder Jugend. Aber wohl nur noch bis zum Sommer. Die erste Mannschaft des HSK ist nämlich so nah am Abstieg wie noch nie in keiner der vorangehenden 31 Spielzeiten der eingleisigen Schachbundesliga, der sonst nur die SG Solingen von Beginn an angehört. Am Wochenende kamen Rivalen zu überraschenden Erfolgen (Emsdetten schlug Mülheim-Nord und Tegel Hockenheim jeweils 4,5:3,5), während Hamburg gegen den direkten Konkurrenten Trier mit 2,5:5,5 unter die Räder kam (bei Vorgabe einer Weißpartie, weil Huschenbeth erst ein Flieger ausfiel und der am kommenden Tag reichlich Verspätung hatte). Das Restprogramm spricht eher gegen den HSK. Und dass die Zweitligamannschaft durch einen Sieg in der Nordstaffel den Abstieg neutralisiert, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber ziemlich unwahrscheinlich.

Mit Niclas Huschenbeth, Dirk Sebastian, Karsten Müller, Thies Heinemann und Dorian Rogoczenko gibt es immerhin fünf Hamburger im Stammkader. Nur Tegel, das Überraschungsteam der Saison, hat mehr Spieler aus der eigenen Stadt. Beim HSK fiebern zahlreiche Mitglieder mit der Bundesligamannschaft, aus deren Reihen regelmäßig jemand gleich am Montag nach der Ligarunde im Klubhaus die Partien und Kämpfe kommentiert. Erwischt es den HSK, leiden auch die damit zum Mitabstieg verurteilten unteren Mannschaften. Den sportlich meistversprechenden Hamburger träfe der Abstieg allerdings am wenigsten. Huschenbeth studiert ab Herbst in den USA. Der HSK wird (ein Jahr) ohne die Liga leben können, aber kann die Liga ohne den HSK leben? Braucht die Bundesliga nicht intakte Vereine, die mehr vorzuzeigen haben als eine zusammengekaufte Truppe ohne Bezug zum Restverein oder wenigstens zur örtlichen Schachcommunity?  

Samstag, 01 Oktober 2011 23:04

Wieder die anderen

Zwei Wochen vor dem großen Auftritt der Bundesliga mit bis zu 80 Großmeistern an einem Ort, hat ihr stärkster Vertreter international wieder nichts gerissen: Bitterer Abschluss für Baden-Baden. Nach einem bis dahin ausgezeichnet gespielten Europacup wird der Deutsche Meister durch ein abschließendes 2:4 gegen den Ersten der Setzliste auf Rang sechs durchgereicht. Und das obwohl es nach kurzem 1:0 für Baden-Baden gestanden hatte. Ein 3:3 hätte für Platz zwei gereicht, für den Cupsieg hätte es allerdings ein 4,5:1,5 sein müssen. Bemerkenswert, dass in einem Aufeinandertreffen zweier durchschnittlich über 2700 Elopunkte starker Teams keines von sechs Brettern remis endete. Außerdem dass Neuverpflichtung Kasimdschanow beim Gegner am letzten Brett saß, und ein weiterer Baden-Badener, Peter Swidler, mit St. Petersburg den Sieg holte. Hier kann man die Partien noch nachspielen.  
Trend nach Westen
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Freitag, 29 April 2011 09:23

Heißer Tanz in den Mai

An diesem Samstag endet die Bundesligasaison mit dem Stichkampf zwischen SF Berlin und PHF* Griesheim um den Klassenerhalt. Man trifft sich auf halbem Wege zwischen Hannover (Ilja Schneider) und Poznan im Rathaus Schöneberg. Zuschauer sind auch online willkommen. Der Gastgeber plant zusätzlich einen Liveticker. Vor dem schachlichen Showdown sind beide Mannschaften beschäftigt, aktuelle Turnierwebsites zu studieren, um herauszufinden, wer vom anderen Team gerade verhindert ist und auf wen man sich darum vorbereiten sollte. Die Berliner sind nach Elo und aufgrund des 5,5:2,5 im direkten Vergleich favorisiert. Mannschaftsführer Rainer Polzin ist wohl noch besoffen vom Schlussrundenkrimi und erwartet "Maximale Spannung". Geht es 4:4 aus, entscheidet die Berliner Wertung. Womit der Farbauslosung unmittelbar vor Spielbeginn einige Bedeutung zukommt, prädestiniert Weiß an den ungeraden Brettern doch für einen Sieg nach Berliner Wertung (fairer wäre wohl, was ich mir als Kind spontan darunter vorgestellt hätte: einen Riesenberg Krapfen, Faschingsküchle, Pfannkuchen oder eben Berliner auszupacken,und welches Team mehr davon verdrückt, gewinnt...). Wer verliert, ist am Tag darauf quasi schon an der richtigen Stelle, um sich abzureagieren. Der Sieger darf sich nächste Saison mit Trier, vielleicht Remagen und den starken Aufsteigern Dortmund und Hockenheim (die beiden anderen, Tegel und Dresden, dürften wenig Chancen haben) um den Klassenerhalt prügeln. So oder so ist und bleibt die Liga eine ziemlich westliche Angelegenheit. Mit zwei (falls sich Griesheim durchsetzt) oder drei Ausnahmen drängeln sich alle Erstligavereine im westlichen Drittel der Republik. Das größte Bundesland Bayern ist gar nicht vertreten, das bevölkerungsstärkste NRW stellt dagegen fast die Hälfte der Teams.

*Polnisch-Hessische Freundschaft, früher bekannt als Polonia Griesheim

Tazbir - Ftacnik
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Montag, 11 April 2011 20:20

Weiß am Zug - verliert!

Es kommt ziemlich selten vor, dass sich ein Spieler beim Stand von 3:4 und Mannschaftspunktewertung in unklarer Stellung in eine Zugwiederholung fügt. Doch Piotr Murdzia konnte damit am Sonntag seinem Verein Polonia, Verzeihung SV Griesheim , wenigstens einen Stichkampf um den Klassenerhalt sichern. Der hessische Verein ist nun nämlich mannschafts- und brennpunktgleich mit den Schachfreunden Berlin auf Rang 12 und 13 oder vielmehr beide genau dazwischen. Als ich mich gegen halb drei  aus der Internetübertragung der letzten Saisonrunde ausklinkte, war Berlin, für mich der SC Freiburg der Schachbundesliga, praktisch abgestiegen, und das Team zerraufte sich im Rückblick auf eine Saison voller verpasster Chancen, denn Griesheim hatte an gleicher Stelle im Parallelkampf gegen den HSK mindestens ein Unentschieden auf den Brettern und war damit uneinholbar. Doch Griesheims Marcin Tazbir schaffte es mit Weiß, die Diagrammstellung gegen Lubo Ftacnik sogar noch zu verlieren (wie beschreibt Georgios Souleidis). Worauf Murdzia es seinem Landsmann nicht gleichtun wollte. 

Über die Details des Stichkampfes zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Teams (Berlin setzt zu drei Viertel deutsche Spieler ein, Griesheim zu drei Viertel polnische) wird anscheinend noch verhandelt. Der direkte Vergleich während der Saison ging am Samstag mit 5,5:2,5 schon mal klar zugunsten Berlins aus. Aber das Reglement sieht nun mal kein Drittkriterium vor. Grotesker Ausblick: Erwischt es Griesheim, kann das Team es ja in der polnischen Liga versuchen. Erwischt es Berlin im Stichkampf, bleibt die Filiale, die in der Ostmark kürzlich Vizemeister wurde. 

Fußball? Schach? FC Spassky 04!
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Freitag, 14 Januar 2011 16:22

Fußball? Schach? FC Spassky 04!

 Vorbei die langen Tage ohne Fußball – am Abend geht es wieder los mit der Jagd nach frischen Punkten in der Bundesliga. Während in Dänemark und Schweden der Ball noch ruht bis weit in den Februar hinein, können sich die deutschen Clubs für den internationalen Wettbewerb schon einmal warmspielen – wenn sie denn noch dabei sind.
Heute abend steht mit Leverkusen vs Dortmund gleich eine hübsche Begegnung auf dem Programm, und morgen dann – der HSV! auf Schalke! -


Und die Schachspieler, spielen die auch? Aber unbedingt! Wie es bei uns gute Sitte ist, trotzen wir „Klötzchenschieber“ (SF Franz Beckenbauer) Schnee, Eis und Regen und tragen unsere Kämpfe auch bei den wirklich widrigsten Witterungsbedingungen aus. Zwar wird in der Schach-Bundesliga noch pausiert bis zum 5./6. Februar, doch ab der Zweiten Liga abwärts gehen vielerorts wieder die Ligaspiele los. Auf ein Neues also, in 2011!
Dass zwischen Schach und Fußball nicht immer nur Welten und unendliche Weiten liegen müssen, zeigen die immer wieder gern besuchten Fußball-Schachturniere. Berühmt dafür ist/ war (?) ja immer die SVgg 1920 Plettenberg im Sauerland. Und auch in den goldenen Siebzigern/ frühen Achtzigern gab es Mannschaften, die es sowohl schachlich als auch fußballerisch mit den ganz Großen aufnahmen und auf den einschlägigen Schachfußballturnieren für einige Unruhe sorgten. Ein schöner Beleg dafür findet sich bei den Mainzer Chess Tigers – sie verlinkten vor vielen Jahren auf ihrer bemerkenswerten Homepage ein Bild des legendären FC Spassky 04, das hiermit vorübergehend der Vergessenheit entrissen werden soll:

Zum Bild  auf der Website der Chesstigers (Fotograf uns nicht bekannt) (man muss ein bisschen "herunterscrollen" auf der Seite, aber - der lange Weg lohnt!)

FC Spassky 04:

Stehend von links: Boris Spassky, Simon Triggs, Tony Miles (!), Guy Novik, Larry Christiansen, Nigel Short, Jan Timman (!) Yasser Seirawan, Ulf Andersson

Vorne von links: Simon Brown, Eddie Pen, Colin Clifton, Ljubomir Ljubojevic

Das waren noch Zeiten! Wo und wann genau dieses Bild aufgenommen wurde, ist mir nicht bekannt. Die Photo-Originaldatei sprechen von "Spassky Football Club Fulham". Der Vereinsname FC Spassky 04 geht dagegen wohl zurück auf einen Chess Tiger. Vielleicht weiß ein Leser etwas Genaueres? -
Viel Spaß beim ersten Rückrundenspieltag!

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Im März reden sie weiter
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Dienstag, 30 November 2010 20:32

Im März reden sie weiter

Von Weizsäcker hat wie erwartet seinen Rückzug angekündigt und Weyer seinen Anspruch auf den DSB-Vorsitz. Ob aus dem Arbeitskreis der Landesverbände ein Gegenkandidat kommt, wollen diese erst im März bei einem Treffen in Frankfurt am Main. Gut möglich ist es, denn vom aktuellen Präsidium minus von Weizsäcker erwarten die „Landesfürsten“ wenig. Bevor sie über einen Gegenkandidaten reden, wollen sie erst einmal unter sich klären, was im DSB alles zu tun ist.

Der größte Fortschritt kam bei der Hauptausschusssitzung in Gladenbach weder vom Präsidium noch aus dem Arbeitskreis der Landesverbände, sondern vom Treffen der Gemeinsamen Kommission Schachbundesliga: Am 14. bis 16.Oktober 2011 startet sie ihre nächste Saison in Mülheim mit einer zentralen Dreierrunde. Eine alte Idee Wunsch wird endlich verwirklicht.