Auch Zauberer können sich verspäten
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Montag, 25 November 2013 20:45

Auch Zauberer können sich verspäten

Hat sich die Krennwurzn schon bei den Marketingprofis aus dem Hause ChessBase stark gewundert, dass Deep Fritz 14 erst am Ende der Weltmeisterschaft auf den Markt kam, so ist es umso verwunderlicher, dass es auch ein Zauberer nicht rechtzeitig vorher schaffte mit seiner neuen Version auf den Markt zu kommen. Ob man möglicherweise den beiden Kontrahenten die jeweiligen Spitzenversionen für die WM und deren Vorbereitung exklusive zur Verfügung gestellt hat – ja darüber kann man nur spekulieren! Einen Sinn macht das eigentlich nicht, denn während Fritz um 100 Elopunkte nach Herstellerangaben zulegte und dennoch hinter den Spitzenprogrammen blieb, gibt der Programmierer des Zauberers einen Elozuwachs von 50 Elopunkten für sein neues Programm an. Sicherlich ein schönes Plus, aber wohl ohne entscheidende Auswirkung auf die Vorbereitungsleistung sollte man denken.

Der neue stärkere Houdini 4 kommt wie bisher als reine UCI-Engine ohne eigene Programmoberfläche(GUI) auf den Markt und läuft auf vielen kostenlosen und kommerziellen Oberflächen reibungslos. Einfach und übersichtlich ist auch die Preisgestaltung auf der Seite des Herstellers und kaufen kann man via Internet auch auch mit Überweisung – selbst wenn diese auf der Internetseite für Österreich nicht möglich ist. Ein kurzes Email genügt und der Autor antwortet rasch und auch die Registrierdaten sind schnell zu Stelle.

Die Engine gibt es als Pro- und als Standardversion, wobei für die meisten Schachfreunde die Standardversion ausreichen sollte.

  • Standardversion unterstützt max. 6 Kerne (Cores) und 4 GB Hash Preis um die 40 Euro
  • Proversion ist für Highendhardware gedacht und unterstützt bis zu 32 Kerne und 256 GB Hash und zusätzlich auch NUMA-Architektur und kostet um die 60 Euro

Kundenfreundlich ist auch ein 20% Rabatt für Houdini 3 Besitzer, der allerdings laut Homepage bis zum 10. Dezember 2013 befristet ist – aber so einen Lizenzschlüssel kann man sicher auch bis Weihnachten gut verstecken und unter den Christbaum legen. Geschenkt bekommen Houdini 4 alle, die Houdini 3 im Monat November 2013 gekauft haben – wie ebenfalls auf der Homepage zu lesen ist.

Wer sich Houdini aus dem Hause ChessBase mit den neuen DF14-GUI, der wird sich wohl noch ein paar Tage gedulden müssen, aber ich denke so um Nikolo herum wird man auch dort den neuen Zauberer kaufen können. Ebenfalls ab diesem Zeitpunkt sollte auch unter den ChessBase GUIs eine weitere bedeutende Neuerung nutzbar sein!

Dies ist die Unterstützung der Syzygy Endspieltabellen, die zirka um den Faktor 7 weniger Platz auf der Festplatte erfordern als beispielsweise die bekannteren Nalimowtablebases und mit um die 150 GB sogar auf einer SSD kostenerträglich Platz finden. Interessant bei diesen ist auch, dass es zwei Versionen zum Download gibt: die WDL (win/draw/loss) mit der integrierten 50-Zügeregel und die DTZ (distance-to-zero) die Stellung ohne diese Einschränkung bewertet – zum Betrieb mit Houdini sind jedoch beide Versionen notwendig! Das sind dann für die 3-4-5-6 Steiner insgesamt 1020 Dateien und sollen Houdini 4 noch einen nicht unbedeutenden Leistungsschub geben. Leider habe ich keinen direkten Downloadlink gefunden, aber man kann sich die Daten via Torrent downloaden. Neben einer eigenen Einstellung für den Taktikmodus, um bei taktischen Testaufgaben besser abzuschneiden, gibt es auch Unterstützung für Fischerschach oder Chess960 wie es auch genannt wird.

Interessant ist auch die kalibrierte Bewertungsfunktion, die direkt mit der Gewinnwahrscheinlichkeit korrelieren sollte. Die Bewertung 1,00 stellt eine 80% Gewinnchance gegen einen gleichwertigen Gegner unter Blitzbedenkzeiten dar,  2.00 schon eine 95%ige und 3,00 eine 99%ige Gewinnwahrscheinlichkeit. Wird der Vorteil mit 0,50 angegeben, so darf man sich noch zu 50% einen Gewinn erwarten oder doch eher erhoffen? Eine Krennwurznische Patzerwahrscheinlichkeit kann jedoch auch der Zauberer nicht vorhersagen - aber wen würde das schon interessieren?

Jedenfalls wieder ein schönes Weihnachtsgeschenk, das man sich als Schachfreund selber machen kann oder sich schenken lassen kann – auch wenn es kostenlose Alternativen wie Stockfish & Co in ähnlicher Stärke gibt, die uns auch locker vom Brett fegen!

Anand - Meier (GRENKE Chess Classic )
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Donnerstag, 21 Februar 2013 09:54

Mensch Meier – Zauberer Houdini

Freitagnachmittag die Krennwurzn macht schön langsam Wochenschluss und schaut so nebenbei auf den Bildschirm, weil gerade das GRENKE Chess Classic Baden-Baden läuft und bleibt ein wenig bei der Partie Anand gegen Meier hängen. Der Weltmeister hat nicht wirklich viel aus der Eröffnung herausgeholt, aber die Fangemeinde im Chat hofft doch noch auf einen Sieg des Weltmeisters und die etwas kleinere deutsche Fangemeinde hofft auf ein Remis und als neutraler Beobachter läuft Houdini mit und gibt gerecht einmal dem einen und dann dem anderen ein kleines nichts aussagendes Plus.

mh1

Meier dachte länger nach und plötzlich zeigt Houdini Txg4 mit -+ 3,xx also Gewinn für Schwarz, aber mit der angezeigten Variante kann irgendwas nicht stimmen, denn es taucht der Zug Tc8 statt des besseren Td7 mit Verstellen der Diagonale auf mit dem der Weltmeister später in der Partie das Remis sicher stellen kann. Außerdem kehrt die Maschine dann wieder zu einer remislichen Bewertung zurück und Meier spielte Lxg4 und die Partie endete dann Remis – eine weitere gute Leistung in diesem Turnier war vollbracht: Remis mit Schwarz gegen den Weltmeister.

mh2

Wäre mehr möglich gewesen und warum taucht der Zug Tc8 in den Rechnervarianten auf? Sieht der Zauberer das weltmeisterliche Rettungsmotiv nicht oder ist es doch widerlegbar? Und warum zeigen auch andere Engines Td7 mit Ausgleich – allerdings bei wesentlich geringeren Suchtiefen? Fragen über Fragen und damit war klar, ein Teil des Wochenendes muss für die Analyse der Stellung verwendet werden – und auch der Prozessor wird sich für Endspiele erwärmen müssen, denn ohne Zeit und Strom sind auch Zauberer wehrlos. Und tatsächlich nach längerem Nachdenken stabilisierte sich die Bewertung: die Stellung ist doch für Schwarz gewonnen – sagt der Zauberer!

In Kirchen und Fangemeinden wird ja gerne geglaubt, aber der aufgeklärte Mensch prüft doch lieber selber nach und stellt dann seine – naja wollen doch wir ehrlich bleiben: jene der Maschine – also ihre Erkenntnisse der Öffentlichkeit zur strengen Überprüfung!

m1

47. ... Txg4!! gewinnt also – schauen wir weiter die Bauern laufen
48.a6 h3
49.a7 Le4

m2

In dieser Stellung wollte der Rechner in der Vorausberechnung lange Zeit 50. Tc8 ziehen, um den Bauern direkt beim Einzug zu unterstützen, aber der Plan mit der Verstellung der Läuferdiagonale ist – wie uns der Weltmeister zeigte – schlicht stärker

50.Td7

m3

Aber anders als in der Partie kann Schwarz hier kontern:

50. ... Th4!! (nach h2 könnte Weiß wieder die Diagonale verstellen und ins Remis entkommen.)

m4

Aber was kann Weiß nun machen? 51.Td5? Lxd5 52.cxd5 Th8 und wer hält den h-Bauern auf? Möglicherweise hätte hier der Weltmeister schon die Waffen gestreckt, denn

51. f3

um den Läufer gegen den Bauern opfern zu können ist für einen Computer sicherlich eine Option – einem Menschen gefallen solche Züge nur, wenn sie nicht nur verlustverzögernd wirken.

51 . ... Lxf3 what else?
52. Lf2 Th8 (sogar 52. ... h2 Lxh4 h1D sieht der Computer nun als gewonnen an)

m5

53.Lg1 h2    (Weiß hätte auch sofort 52. Lg1 spielen können 52. ....h2  53. Txh2+ 54. Kc3 Th7 - aber Computer lieben es die Niederlage um einen Zug zu verzögern)
54.Lxh2 Txh2+
55.Kc3 Th7
56.Td3 La8
57.b4 Txa7

Und es ist vorbei und die Sensation wäre perfekt gewesen: der amtierende Weltmeister und spätere Turniersieger wäre geschlagen gewesen.

Hier noch die Partie mit Analysen zum online Nachspielen oder als PGN-Download

Schwarz am Zug
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Montag, 08 Oktober 2012 14:56

To b2 or not to b2

- für Computer kein Problem. Meine Partie aus einem Mannschaftskampf letzten Samstag fand ich veröffentlichungswürdig, gerade weil sie beiderseits keineswegs perfekt war. Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher - aber wenn ich einen Blogbeitrag andenke ziehe ich es auch durch. Lehrreich ist es zumindest für mich denn es zwang mich noch genauer hinzusehen (leider nicht am Brett sondern erst mit Verspätung).

Etwas Vorrede: In mancherlei Hinsicht bin ich vielleicht altmodisch. Techno höre ich nur wenn es sich nicht vermeiden lässt, Jazz oder Klassik dagegen auch freiwillig (und da zücke ich auch mal den Geldbeutel für CDs oder Konzertkarten). Ein Handy habe ich, nutze es aber eher sporadisch - und beim Schach muss ich es nicht ausschalten weil ich es zu Hause liegen lasse. Internet nutze ich natürlich, habe aber keinen Facebook-account. Datenbanken und engines beim Schach? Lange hatte ich darauf verzichtet, das hat sich erst geändert seit ich im Schach-Internet nicht nur konsumiere und kommentiere sondern auch selbst schreibe. Das ist inzwischen fast ein Jahr her, mein erster Beitrag auf Chessvibes erschien am 7.11.2011. Engines können (auch relativ schwachen Spielern) schnell verraten was in manch anderer Leute Partie eigentlich los war, z.B. (dort) bei Kwossek-Rozentalis.

Und wenn man das dann auf seinem Computer installiert hat kann man auch eigene Partien "kontrollieren" - mit wechselndem Erfolg: Manchmal stellte ich halb stolz, halb erstaunt fest dass Houdini mit meinen Zügen weitestgehend einverstanden ist - dann war die Stellung nicht allzu kompliziert. Es ging alles mit rechten Dingen zu; wie gesagt während der Partie verwende ich kein Handy. Mitunter stellt sich heraus dass ich (oder auch mein Gegner) die eine oder andere (taktische) Chance ausgelassen haben. Mal kann er mir verraten ob ein Zug ging den ich zwar erwogen aber mich dann nicht getraut habe. Und dann gibt es Partien wo Houdini die Spieler gnadenlos auslacht, z.B. diese (das ahnte ich schon am Brett) oder auch die heute vorgestellte. Diesmal hatte ich allerdings beim flüchtigen Nachspielen mit dem Computer die Neigung nach Shakespeare auch noch Goethe zu "zitieren": "Habe nun ach, Datenbanken, Houdini und auch noch Stockfish gefragt. Da steh ich nun, ich armer TOR (Thomas Oliver Richter) und bin so klug als wie zuvor" - ich habe zunächst nicht verstanden warum ich, ausgehend vom Titeldiagramm, ziemlich forciert gewinnen konnte.

Legen wir los - es war ein Sizilianer aber nicht die Variante die der Titel vielleicht vermuten lässt:

Stoop-Richter (NHSB Tweede Klasse, Koedijk, 6/10/2012)
1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 e5 Ich hatte ja bereits verraten dass ich das seit Jahrzehnten spiele. Gelfand inzwischen auch, aber das liegt nicht an mir. Er kennt mich gar nicht (ich ihn nur vom Sehen) und meine Partien schaffen es nicht in Datenbanken. 6.Sdb5 d6 7.Lg5 a6 8.Sa3 b5 9.Sd5 Le7 10.Lxf6 Lxf6 11.c3 0-0 12.Sc2 Lg5 13.h4!?

Kleiner theoretischer Exkurs um mein diesbezügliches Halbwissen und auch mein Langzeitgedächtnis zu demonstrieren: die mir bekannte Hauptvariante geht weiter mit 13.a4 bxa4 14.Txa4 a5 15.Lc4 Tb8 16.Ta2 Kh8 17.Sce3 g6. Das hatte ich vor Jahrzehnten bereits in einer Fernpartie (im selben Turnier habe ich gegen MiBu verloren), und hier kann Weiss 18.h4 versuchen und es wird spannend und kompliziert. Die Premiere auf höchstem Niveau war wohl Ponomariov-Kramnik, Wijk aan Zee 2005 - die Partie hatte ich live gesehen, Pono hatte das offenbar vorbereitet und Vlad musste es am Brett neutralisieren, kam in Zeitnot, hielt aber Remis.  Big Vlad war aber offenbar so beeindruckt dass er es kurz danach selbst mit Weiss versuchte und beim Amber-Turnier van Wely besiegte. Die neueste mir bekannte Partie gab es auf halbhohem Niveau (nur ein Spieler über 2700) bei der Olympiade dieses Jahr.
Datenbanken verraten aber dass die Idee viel älter ist und ein nord-süddeutsches Produkt: bereits 1987 spielten es Markus Stangl und Sönke Maus. Was macht letzterer eigentlich inzwischen - offenbar war 1993 für ihn, was Turnierschach betrifft, aus die Maus? Das Internet weiss alles, ich verrate nur soviel: nach dem IM- holte er noch einen anderen Titel, und offenbar ist er immer noch im hohen Norden aber nicht mehr in Schleswig-Holstein.

Zurück zu meiner Partie:
13.-Lh6 (hier ist der Bauer natürlich vergiftet) 14.a4 bxa4 15.g4 Laut Datenbanken spielt Weiss manchmal h4 und g4 oder auch (Reihenfolge egal) h4 und a4, aber so gut wie nie alle drei Bauernzüge, warum auch immer 15.-Lf4 16.Txa4 a5 17.Sce3 Tb8 18.Sc4 Le6 Ziehen wir Leichtfiguren-Bilanz: die weissen Springer stehen gut, die schwarzen Läufer auch. Der weisse Läufer weiss noch nicht so recht was er will. Der schwarze Springer fühlt sich auf c6 wohl und wartet erstmal ab - vielleicht kann er irgendwann nach b4, d4 oder e5 hüpfen, vielleicht auch Sveshnikov-typisch nach e7 um seinen Kollegen abzutauschen. Ab hier wird es kunterbunt, Fragezeichen bedeuten dass Houdini was zu meckern hat. 19.Sxf4? exf4 20.Dxd6? Damit sind wir beim Titeldiagramm, was nun für Schwarz? Weiss hatte hier noch 9 Minuten für 16 Züge (Zeitkontrolle ist nach dem 36. Zug), und womöglich hat ihn die Zeitnot am Ende gerettet denn darauf spekulierte ich ein bisschen. 20.-Lxg4? Ich hoffte heimlich auf 21.Dxc6?? oder auch 21.Dxf4??, aber das war der falsche Bauer! Houdini besteht auf 20.-Dxd6 21.Sxd6 Txb2 und klarer Gewinnstellung für Schwarz. Das habe ich auch im Nachhinein zunächst nicht kapiert, aber nachdem ich die Stellung am Brett aufbaute wurde auch mir klar dass er wohl Recht hat:

Stoop-Richter2

Besser war übrigens auch 20.-De8, eigentlich logisch dass man bei dem weissen König die Damen lieber nicht tauschen will, aber das hatte ich nicht einmal erwogen. 21.Dxd8 Tfxd8 22.Le2 f3 23.Ld1 Te8 24.Se3? h5? Ich dachte dass mein Bauer auf f3 eventuell bei einem Mattangriff helfen kann (egal ob Weiss noch rochiert oder nicht), aber wo ist denn der Mattangriff? Ich spekulierte wohl wieder auf seine Zeitnot, hier hatte er noch etwa 2 1/2 Minuten. Houdini besteht auf 24.-Le6 25.Lxf3 Txb2 (to b2, yes we can) mit Vorteil (etwa -0.6) für Schwarz. Wohl weil der freie a-Bauer gefährlich werden kann - aber wer will sich schon im Endspiel abmühen wenn man matt setzen kann? Da ist was dran, vorausgesetzt man kann matt setzen. Immerhin hatte ich 24.Se3 "zu Recht übersehen" - Weiss konnte stattdessen rochieren, u.a. dank des kleinen Tricks 24.0-0 Txe4? 25.Sxa5 Txa4 26.Sxc6! Ab hier blitzte mein Gegner, und ich bekam noch einen dritten Elfmeter: 25.b3 Tb5 nach langem Grübeln dieser etwas gekünstelte Zug 26.Lc2 Tc5 27.Kd2 Td8+ 28.Sd5 f5 29.c4 Sb4 siehe Kommentar nach dem 18. Zug 30.Te1 Sxc2 31.Kxc2 fxe4 32.Txe4?? Lf5?? Ich dachte, endlich hat er in Zeitnot was übersehen! Hat er auch, aber nicht diesen vermeintlichen Qualitätsgewinn 33.Se7 S C H A C H ! 33.-Kf7 34.Sxf5 Txf5 und hier bot ich entnervt remis was er akzeptierte.

Während der Partie dachte ich besser zu stehen (am Ende nicht mehr) bezweifelte aber ob das zum Sieg reichen würde. Mein Gegner sagte hinterher dass er, angesichts seiner Schwächen auf b2 und g4, eine Niederlage bereits einkalkuliert hatte. Wer hatte Recht? Irgendwie beide!? Houdini gab mir meistens nur leichten Vorteil aber in der Praxis war die Stellung wohl für Schwarz leichter zu spielen. Jede Ungenauigkeit kann für Weiss fatale Folgen haben, jedenfalls wenn Schwarz dann den Elfmeter verwandelt (oder im 32. Zug ins leere Tor trifft).

Schwarz am Zug, was tun?
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Sonntag, 12 August 2012 21:25

Remis mit 26 Mehrbauern

Ich mache mal da weiter wo ich zuletzt aufgehört habe - Stellungen aus tatsächlich gespielten Partien mit dem Auftrag "Schwarz zieht und gewinnt" (mitunter auch Weiss, aber hier ist Schwarz dran). Unterschiede zum letzten Mal sind: es gibt nur eine Stellung (zu der ich dann noch die ganze Partie zeige), und die beteiligten Spieler haben den Gewinn beide nicht gesehen sondern erst hinterher auf der Pressekonferenz davon erfahren. Das Ganze geschah auf der russischen Meisterschaft. Svidlers Springer hatte gerade auf c5 einen Elefanten gefressen (so heisst der Läufer im Google-übersetzten Schachrussisch), und Vitiugov versäumte es ihn dafür zu bestrafen und gab stattdessen, mit noch etwa 30 Sekunden auf der Uhr, Dauerschach.

Dabei hatte er in dem Moment, und nochmal zwei Züge später, laut Houdini 26 Mehrbauern (oder noch mehr, für Leute die nur Klötze zählen hat Schwarz ja Turm und Läufer weniger). Das ist natürlich nicht wörtlich gemeint, erstens ist ja sogar im Tandem 16 Mehrbauern das absolute Maximum, zweitens wer will schon 26 Mehrbauern die nur die eigenen Figuren behindern? Sagen wir also, Houdini bewertet die Stellung als -26, gewonnener geht kaum für Schwarz. Aber warum? Was haben beide Spieler nicht gesehen? Wer diese Frage beantworten kann (am besten in 30 Sekunden) darf dann spekulieren warum sie es nicht gesehen haben. Den Chessbase-Pfeil habe ich spasseshalber drin gelassen - obwohl ich inzwischen weiss wie man das abstellen kann - aber Lxh1 ist jedenfalls nicht die Lösung.

Wie versprochen gibt es noch die gesamte Partie, allerdings ohne Kommentar. Ich kann zwar die französische Sprache recht fliessend (habe einige Zeit in Frankreich verbracht), aber von der französischen Eröffnung habe ich so gut wie keine Ahnung. Im Gegensatz zu Vitiugov, der nicht nur Grossmeister der gehobenen Kategorie ist sondern auch ein Buch über Französisch geschrieben hat. Ob er diese Variante schon mal auf dem Brett hatte und ob sie in seinem Buch besprochen wird entzieht sich meiner Kenntnis.

Noch ein paar Worte zum Turnier insgesamt: Es wurde sehr viel remis gespielt, nicht immer war es so spektakulär wie in dieser Partie, oft war es nicht zu vermeiden. Zur Strafe müssen oder dürfen am Montag gleich sechs Spieler nachsitzen und im Schnellschach den russischen Meister ermitteln - 5/9 reichte zum geteilten ersten Platz, aber eben nur zum 1.-6. Platz. Dabei sind, in alphabetischer Reihenfolge, Alekseev, Andreikin, Jakovenko, Karjakin, Potkin und Svidler. Letzterer besiegte nach überstandenem Abenteuer gegen Vitiugov heute Grischuk mit Schwarz und übernahm dadurch dessen Platz im finalen Finale.

Wird sich einer aus dem A-Team durchsetzen? Entscheidet der K-Faktor? Oder gewinnt am Ende wieder mal Svidler? Dass K nicht doppelt dominieren würde war schon vorher klar denn Kramnik hat auf seine Teilnahme verzichtet. Nur beim olympischen Marathon den ich mir heute auch angeschaut habe herrschte altmodische K-Dominanz: Kiprotich gewann vor Kirui, Kipsang und Keflezighi, aber das nur nebenbei.

Warmer Südwind ?!
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Dienstag, 01 Februar 2011 17:23

Warmer Südwind ?!

Ob es der revolutionäre Südwind aus dem Mittelmeer war oder auch nur ein Zufall ist nicht bekannt. Jedenfalls dürfen nach langer Zeit Engines, deren Sourcecode zum Teil öffentlich zugänglich (opensource) sind und dennoch im Verdacht standen Clones einer kommerziellen Software zu sein, nun im kühlen Hamburger Maschinenraum ohne Sanktionen (Sperre, ....) verwendet werden.

Im Maschinenraum treffen sich die Computerschachfreaks und lassen dort ihre Engines auf übertrakteten Computer mit getunten Büchern gegeneinander spielen – vielleicht sogar schachtheoretisch sehr interessant, aber die Außenwahrnehmung ähnelt eher der Mantaszene: aufgemozzt und tiefergelegt.
 
Aber vielleicht liegt es daran, dass sich ab heute jedermann Clusterleistung mieten kann. „Rent a supercomputer”  ist seit heute online und mit um die 1.000 Euro vor Steuer ist man schon dabei. Offen bleibt wie viel Elo der Cluster zur Egobefriedigung in die Waagschale wirft und ob er auch unterhaltssame Anekdoten erzählen kann?

Ist der große Zauberer Houdini damit seine Nummer eins wieder los?