Chennais Vertreter und Iljumschinow (Mitte) beim FIDE-Vorstandstreffen in Baku am Sonntag
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Kissingers vielzitierter Anruf bei Bobby Fischer: "Der schlechteste Schachspieler der Welt ruft den besten Schachspieler der Welt..." Das sich über Wochen ziehende Drama, ob Fischer antritt, hat den WM-Kampf 1972 zum meistbeachteten der Geschichte gemacht. Ob FIDE-Präsident Iljumschinow hofft, dass sich so etwas wiederholen könnte? Hat der unberechenbare Kalmücke darum das nächste WM-Match Anand - Carlsen ohne Ausschreibung nach Chennai vergeben, obwohl Carlsen seit Wochen klar macht, dass er auf eine Ausschreibung pocht und lieber nicht in den Tropen spielen möchte? Oder schielt er mit der Vergabe in eine Entwicklungsland vor allem auf die zahlreichen Stimmen der Entwicklungsländer, um 2014 sein Regime um vier weitere Jahre verlängern zu können?

Diesen Sonntag mittag haben Iljumschinows Vorstandskollegen bei ihrer Sitzung in Baku jedenfalls den Vorschlag ihres Präsidenten abgenickt. Dabei hat am Freitag der Französische Schachverband ein deutlich besseres Angebot (2,65 Millionen Euro Preisgeld statt 1,94 Millionen in Chennai) vorgelegt, und der Norwegische Verband hat gegen eine Vergabe ohne Ausschreibung offiziell protestiert. Bevor Carlsen öffentlich mit Nichtantreten droht, dürfte er die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, denn eine WM-Vergabe ohne Ausschreibung könnte gegen die Statuten der FIDE verstoßen.

Nachtrag 6. Mai: Carlsen hat die Sache überschlafen und dann mitgeteilt, dass er die Entscheidung für Chennai trotz ihrer Regelwídrigkeit akzeptiert.

"After qualifying for the World Championship match by winning the London Candidates I have been highly motivated for, and looking forward to the World Championship match against reigning champion V. Anand.

I’m deeply disappointed and surprised by the FIDE decision to sign a contract for the 2013 match without going through the bidding process outlined in the WC regulations, and for not choosing neutral ground. The bid from Paris clearly showed that it would be possible to have more options to choose from.
The lack of transparency, predictability and fairness is unfortunate for chess as a sport and for chess players.

My team and I will now start preparing for the match. The main thing now will be to come to an agreement with the Indian Chess Federation and FIDE regarding terms and conditions before and during the match. I really hope this process will run quick and smoothly.

Lastly, I will not let the news from Baku diminish the joy and excitement derived from playing the top level Norway Chess tournament starting tomorrow."

Am Dienstag abend beginnt in der Uni Stavanger mit einem Blitzturnier das erste Weltklasseturnier auf norwegischem Boden. Dass Carlsen den Kopf jetzt nicht frei hat, kann man sich denken. Auch Anand ist dabei. Das höhere Preisgeld in Paris (wo beide kürzlich spielten) und die Erinnerung an 1994, als er in seinem Heimatland, wo sich alle Journalisten auf ihn stürzten, ein 4:2 stehendes Kandidatenmatch gegen Kamsky noch 4:6 verlor, dürften eigentlich auch ihn eher gegen Chennai stimmen, so lange er sich nicht öffentlich gegen seine Heimatstadt erklären muss. Wenn Anand und Carlsen in Stavanger auf eine gemeinsamen Linie verständigen, lässt sich der Skandal, den Iljumschinow offenbar will, vielleicht noch verhindern. Die WM könnte in Paris oder einer anderen Stadt in einem neutralen Land steigen und Carlsen bald zu seiner ersten Indien-Reise aufbrechen, einer Goodwill-Simultantour nach Chennai. 

Ali Nihat Yaz?c? kämpft für Iljumschinow
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Sonntag, 05 August 2012 13:48

Er sagt: Deutsche raus aus der FIDE!

Als Schacholympiade-Veranstalter hat Ali Nihat Yaz?c? wie bereits berichtet den von der Europäischen Schachunion nominierten deutschen Schiri Klaus Deventer abgelehnt. Nun hat der Gastgeber des bevorstehenden FIDE-Kongresses nachgelegt mit einem Antrag, Deutschland aus der FIDE auszuschließen. Auch die Schweiz, USA, Ukraine, England, Frankreich und Georgien will er weghaben. Es sei denn, diese Schachverbände tragen die auf Seiten der FIDE angefallenen Kosten von gut einer Million Euro für zwei Rechtsstreite, die nach dem letzten Kongress von diesen Verbänden angestrengt worden sind. Fast wünscht man sich, Yaz?c?s Antrag kommt durch, und die betreffenden Verbände greifen nicht etwa tief in die Kasse sondern nutzen den Ausschluss zum Aufbau alternativer nichtmafiöser transparenter Strukturen. Aber ich fürchte, FIDE-Präsident Iljumschinow wird, bevor es hart auf hart kommt, einen auf Versöhner und Gutwetter machen. Kennen wir ja schon. Vor zwei Jahren in Chanti-Mansisk drohte ein anderer FIDE-Scherge dem damaligen DSB-Präsidenten Robert von Weizsäcker, dass die FIDE ihn persönlich auf Schadensersatz verklage. Daraufhin kollabierte Weizsäcker. Später winkte Iljumschinow gnädig ab.

 

Manchem FIDE-Delegierten, der in seinem Verband Ärger mit Spielern hat, wird ein anderer Brutaloantrag Yaz?c?s gefallen: Sperren sollen automatisch international gelten. Auch dafür gibt es einen aktuellen Fall, nämlich seine Fehde gegen den stärksten Spieler, den die Türkei bisher hervorgebracht hat, Suat Atalik. Als ein griechischer Veranstalter seine Einladung an Vorjahressieger Atalik trotz einer obskuren Sperre des türkischen Schachverbands aufrechterhielt, intervenierte Yaz?c? beim griechischen Verband, der dem Veranstalter prompt die Unterstützung entzog. Mangels Spielmaterial, Schiedsrichtern und Auswertung wurde das Festival von Negroponte nun abgesagt

Iljumschinow soll weg. Diesmal stellt sich Kasparow selbst.
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Donnerstag, 14 Juni 2012 05:59

Der nächste FIDE-Präsident

Gemunkelt wird seit Monaten. Nun ist die Katze aus dem Sack. Garri Kasparow sagte der Frankfurter Allgemeinen, dass er 2014 wahrscheinlich selbst für die FIDE-Präsidentschaft kandidieren werde. Auch die Unterstützung eines anderen Kandidaten schließt er nicht aus. Hauptsache, Iljumschinow kommt weg. Der Schaden, den der Kalmücke für Schach angerichtet hat, zuletzt Ende April mit einem Besuch bei Syriens Diktator Assad, sei immens. 

 

Anders als 2010, als er Karpow unterstützte und die Kampagne kurz und nicht ausreichend vorbereitet war, plant Kasparow von langer Hand. Er hat ein positives Projekt (nämlich Schach in die Schulen zu bringen). Er hat erste Erfolge (vor allem die Unterstützung des EU-Parlaments). Er hat eine weltumspannende Struktur: seine Kasparov Chess Foundation ist mit Büros in Brüssel, New Jersey, Johannesburg, Sao Paolo und Abu Dhabi auf allen Kontinenten außer Australien vertreten. und er hat Geldgeber.

 

Die Chancen stehen besser als 2006 für Bessel Kok und 2010 für Anatoli Karpow. Die nächste FIDE-Wahl findet 2014 im demokratischen Norwegen statt. Die FIDE-Führung ist im Clinch mit dem mächtigen Russischen Schachverband. Ali Nihat Yacizi, der Iljumschinow selbst (und von dessen Gnaden) beerben will, demontiert sich als Veranstalter der Schacholympiade gerade selbst. Um zu gewinnen, muss Kasparow neben den Stimmen der nicht käuflichen Verbände (vielleicht ein Drittel) auch die, nennen wir sie: nicht völlig korrupten Delegierten gewinnen.

 

Man muss jetzt nicht glauben, dass unter Iljumschinows Anhängern das große Zähneklappern ausbricht. Im Gegenteil herrscht Vorfreude. Viele erwarten, so hört man, dass russisches Geld in Hülle und Fülle an sie fließen werde, um einen Erfolg des Putin-Gegners auf dem Schachparkett zu verhindern. Aber wenn man im Kreml Kasparow wirklich loswerden will, macht es da nicht eher Sinn, ihm die Spielwiese des Weltschachbunds zu überlassen?

 

Aber warum tut Kasparow sich die FIDE an? Hat er nicht schon genug um die Ohren? Oppositionsarbeit gegen Putin. Eine junge Familie (seine dritte). Eine ohne FIDE-Ambitionen im Hintergrund vielleicht glaubwürdigere Schulschach-Organisation. Daneben Buchverträge (dieses wurde anscheinend von 2012 auf 2016 (!) verschoben), Vortragsreisen, dazwischen auch mal ein Auftritt als WM-Kommentator oder Simultanspieler. Ferner sucht er ja auch schon Jobs als Trainer und Sekundant. Hat Kasparows Tag mehr als 24 Stunden? Hat der Mann noch nie von Burnout gehört?

 

Anand meint ja, wie er nach seiner Rückkehr von der WM sagte, Kasparow bereue seinen zu frühen Abtritt als Spieler und sehne sich die frühere Aufmerksamkeit zurück. Und Gelfand fände es einen Segen für das Schach, würde der Übervater nicht rummaulen sondern wieder spielen.

 

Wenn Kasparow es ernst meint mit der FIDE-Präsidentschaft sollte er nicht nur fokussieren sondern auch seine Rhetorik überdenken. Das verbale Austeilen und Aufdecken von Missständen zumindest öfter mal anderen überlassen und selbst so positiv wie möglich auftreten. Schließlich muss seine Message lauten, Schach voranzubringen. Chess, We Can! 

Iljumschinow, Danailow und Topalow
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Donnerstag, 06 Oktober 2011 16:01

Front gegen FIDE - Gegenwind nun auch aus der ECU

Die Ankündigung des Weltschachbundes, zukünftig die Gebühren für Eloauswertung und Titelvergaben drastisch zu erhöhen, führte zu erheblicher Unruhe unter den Schachspielern weltweit. Auch in unserem Blog war die Stimmung eindeutig: Einige Leser drohten damit, an elogewerteten Turnieren nicht mehr teilzunehmen. Doch hat die Medaille zwei Seiten: Der Elohype und die Identifikation mit ihrer Zahl ging von den Spielern und nicht der FIDE aus, was bedauerlicherweise in den 80ern zum kompletten Verschwinden der ungewerteten Turniere führte. Jetzt, wo diese Leistung augenscheinlich fühlbar kostenpflichtig werden soll, formiert sich großer Widerstand. Natürlich begeistert die Aussicht auf höhere Zahlungen niemanden, vor allem, wenn diese von einem Verband eingefordert werden, dessen Reputation deutlich verbesserungswürdig ist. Die Diskussion zu den Anwandlungen des Weltschachbundes verläuft mir jedoch zu einseitig. Bei allem, ohne Zweifel berechtigten Unmut über das rabiate Vorgehen berücksichtigen wir kaum die Kostenseite. Sicher kann man über Höhe und Umfang diskutieren, den Verbänden aber das Recht absprechen zu wollen, sich ihre Angebote bezahlen zu lassen, geht mir zu weit. Bereits ein Blick auf das deutsche DWZ-System zeigt, dass es sich um einen Zuschussbetrieb handelt, der nur funktioniert, weil die Auswerter weitestgehend keine Kompensation erhalten (danke für Frank Hoppes Info). Es scheint eine Erwartungshaltung vorzuherrschen, dass alles im Schach billig sein muss und Funktionäre grundsätzlich ehrenamtlich tätig werden, oder sogar noch Geld mitbringen sollen.

Der Widerstand formiert sich

Dem offiziellen Schreiben des Niederländischen Schachverbandes folgte ein Schreiben der Spanier und nun bezieht auch Silvio Danailow, Präsident der übergeordneten Europäischen Schachunion (ECU), eindeutig Stellung. Dabei bittet er darum von unüberlegtem schnellem Handeln Abstand zu nehmen und die nicht absehbaren Konsequenzen ins Kalkül zu ziehen:

October 3th, 2011 Madrid, Spain

To: World Chess Federation  

Mr. Kirsan Ilyumzhinov  

President Executive Board 82 FIDE Congress  

Dear Mr. President,

Dear Executive Board Members,

Dear Delegates,

I am writing to you on behalf of the European chess family regarding the forthcoming FIDE Congress in Krakow. Namely, with my colleagues I analyzed the proposed changes, since they are very important for the future of chess, especially from the viewpoint of organization of chess competitions and their further development and growth in number.

In addition, I read very attentively the letters sent to the FIDE Executive Board by the Spanish Chess Federation and the Royal Dutch Chess Federation which are concerned with the proposed changes.

Furthermore, I received a certain number of e-mails and phone calls from the representatives of federations as well as from organizers, arbiters and chess players.

All the phone calls and conversations contains one core in common – a great concern for the future of chess competitions if those proposals are adopted.

With that being said, before to give any explanation, I take this opportunity to make my own proposal:

I SUGGEST: SINCE THE PROPOSALS IN QUESTION KNOWN AS "REGULATIONS ON REGISTRATION & LICENSING OF PLAYERS" AND "PROPOSAL TO CHARGE RATING FEES DIRECTLY TO ORGANIZERS" ARE NOT DISCUSSED YET, IT`S BETTER TO AVOID TO MAKE A DECISION ON THEM AT THE FORTHCOMING FIDE CONGRESS.

Namely, as the President of the continental federation, I believe that such changes need to be discussed more broadly reaching clear answers to the following questions – why have these changes been implemented and in which way the chess world will benefit from these changes?

I feel free to make a few comments on the above mentioned:

1. It is evident that, according to the new proposal for registration and the payments for the rated tournaments, the communication with FIDE shifts from the national federations straight to the tournament organizers. I am pretty sure that it brings a great danger, especially for the reason that, according to both the FIDE and the ECU Statutes, our partners are national federations.

2. Knowing the situation in many European countries, I claim that a huge number of organizers do not have knowledge enough to fulfill communication standard with FIDE regarding the rating of tournaments.

3. I am pretty sure that the annual payment of licenses, no matter the amount, would instantly decrease the number of active chess players ready to participate in the competitions even by half, and I believe that the same would happen with the tournaments if the launched proposals would be adopted.

I would like to express my concerns regarding these proposals, for they would cause a significant decrease in the number of chess competitions, or their transformation into unofficial ones – with unrated status. In addition, it might also happen that some national federations will ignore this system.

Dear Mr. President,

Dear Executive Board Members,

I really hope that the common sense will prevail like many times so far, and I believe that now you will find the solution how to avoid a great crisis and danger which might shake the chess motto idea "GENS UNA SUMUS".

Silvio Danailov

President of ECU

Muammar al-Gaddafi
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Mittwoch, 24 August 2011 17:08

Wo ist Gaddafi?

Die Frage nach dem Verbleib des Libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi beschäftigt derzeit die Welt. Schachinsider hingegen kennen die Antwort längst: Gemäß der russischen Nachrichtenagentur Interfax verriet der Machthaber unserem Schachoberhaupt Kirsan Iljumschinow gestern angeblich seinen Standort in einem Telefongespräch. Danach verweilt er weiterhin in Libyens Hauptstadt um die Kämpfe notfalls bis zum bitteren Ende zu führen.kirsangadaffi

Es begeistert immer wieder, wie Funktionäre unseren Sport in den Medien halten. Bereits am 12. Juni besuchte der FIDE-Präsident Gaddafi in Tripolis um eine Partie Schach zu spielen. Wir sind sehr gespannt auf den Austragungsort des Rematches.

Schach statt Kapitulation
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Montag, 13 Juni 2011 12:48

Noch eine PR-Katastrophe

Unser unvergleichlicher FIDE-Präsident hat einmal mehr in Erinnerung gerufen, warum er für unser Spiel ein Klotz am Bein und eine PR-Katastrophe ist. Iljumschinow hat am Pfingstwochenende den von der Welt isolierten und dem größten Teil seines Volks zur Hölle gewünschten libyschen Diktator Gaddafi besucht. Nicht etwa, um den Mann, der sein Volk niederschießen und bebomben lässt, zur Kapitulation zu überreden oder Asyl in Kalmückien anzubieten, sondern um zu behaupten, die Welt höre nicht, was das libysche Volk wirklich sage und um ein Partiechen gegen seinen von fast allen verlassenen Freund zu spielen. Reuters hat ein Video des bizarren Schauspiels. Chessintranslation hat Hintergrund, die FIDE-Website schweigt nicht höflich, sondern findet, Schach werde in Libyen nicht vergessen. Als erste Verbände haben sich die English Chess Federation und der Deutsche Schachbund von Iljumschinows Mission distanziert. Der Trip ist bereits die in den Medien meistbeachtete Schachmeldung des Jahres. So glossieren es der New Yorker und der Deutschlandfunk
 
Hätte Iljumschinow doch gleich in Tripolis bleiben sollen. Ist er aber nicht. Stattdessen ist er zurück in Moskau, gibt in russischen Medieninterviews seine verdrehte Sicht der Dinge wieder und missbraucht die FIDE-Website weiter. Er stellt seine Reise als wertvollen Beitrag der FIDE zum Friedensprozess dar und kritisiert, die Journalisten hätten seine Reise politisiert. Über seine Motive wird Iljumschinow am besten Bescheid wissen. Und wenn er sagt, es gehe ihm nicht um Politik, glaube ich das gern. Schließlich handelt es sich um ein Milliardenvermögen, das der Gaddafi-Clan ins Ausland geschafft hat.