Nur einer kann der Hase sein
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Nach der von SF Ilja aufgeworfenen angeregten Diskussion sei an dieser Stelle ein kurzer Bericht eingeflochten, der mit einiger Sicherheit kaum zu Kommentaren anregt und allen Lesern somit ein ruhiges Wochenende verschaffen kann (obwohl - so Diskussionen sind ja ansich viel spannender!)
Drei Spieltage vor dem Saisonende soll an dieser Stelle ganz investigativ ein Blick auf die vier Zweiten Bundesligen geworfen werden. Nord, Süd, West und Ost sind hier (nur auf den ersten Blick) friedlich vereint, und aus jeder dieser Gruppen schafft es jährlich nur eine Mannschaft ins deutsche Oberhaus. Eine Mannschaft ist also der Hase und wird von den anderen Neunen gejagt. Zugleich werden jeweils die letzten drei in die Oberliga zurückverfrachtet, von wo aus sie einen neuen Anlauf nach oben nehmen können.

Aber schauen wir doch einfach mal (mit Dank an den Schachbund unter http://www.schachbund.de/SchachBL/bedh.php?liga=2bln)

Zweite Bundesliga Nord:

Freunde des Slogans „Berlin ist eine Reise wert“ kommen ganz auf ihre Kosten, wenn sie in einer Mannschaft der Nordstaffel antreten. Ganze fünf Berliner Teams schmücken diese Gruppe – neben König Tegel und Kreuzberg finden sich dort Rotation Pankow, Zehlendorf und die SF Berlin 2. Das führt zu einigen Reisekilometern, wenn man so wie Bremen, Hamburg, Lübeck, Neukloster (bei Wismar) oder Rostock nicht ganz um die Ecke wohnt. Vielleicht aber wird es König Tegel schaffen, die Reisekasse der anderen Mannschaften zu entlasten, wenn sie die Liga nach oben hin verlassen. Im Moment liegen sie trotz ihrer ersten Saisonniederlage bei Werder Bremen immer noch fünf Punkte vor dem SC Neukloster. Allerdings haben aber auch schon ein Spiel mehr absolviert. Zweiter sind die Mannen des HSK, die aber nicht aufsteigen können.-  Und weiter unten? Dort zappelt die Hälfte der Liga im Abstiegskampf, ohne dass man sinnvolle Prognosen abgeben kann. So ist für Spannung gesorgt.

Zweite Bundesliga West

Wo in Deutschland findet man eine Mannschaft, in der Jan Timman, Loek van Wely und Christopher Lutz Schulter und Schulter an den Brettern sitzen? Die Antwort liegt im Westen – und hier ganz genau bei der SG Porz, Urgestein der Bundesliga und seit einigen Jahren sozusagen im Exil der Zweiten Liga. Der Sponsor Wilfried Hilgert hat sich vom Spielbetrieb der Ersten Liga distanziert und spielt darum nun mit seiner Riesentruppe seit 2007 in der Weststaffel. In den letzten beiden Jahren stieg dieses Team auch auf, verzichtete dann aber jeweils auf den Aufstieg. Schade, eigentlich! Bestimmt würden viele gerne wieder diese und andere starke Spieler in der ersten Liga sehen. Im Moment also kreist Porz mit 12:0 Punkten knapp vor Hansa Dortmund und den SF Schöneck– hier ist also noch nicht klar, wer in die obere Klasse aufsteigen wird. „Unten“ dagegen haben mit Gerresheim und Koblenz zwei Rhein-nahe Mannschaften bisher schwer zu ringen, um die nötigen Punkte zu sichern. Aber man weiß ja nie – noch sind es auch hier drei Runden zu spielen. (Wieder was gelernt – seit gerade eben weiß ich, dass Gerresheim ein Stadtteil ist von …. Hamburg? Flensburg? Kiel? Auflösung siehe unten!)

Zweite Liga Ost

Dresden macht´s! Oder Erfurt! Oder Plauen und Bindlach?! Man kann es nur vermuten und vorsichtig einen Tipp abgeben (oder lieber nicht), denn noch lange ist der Wettlauf um den ersten Platz nicht entschieden. Der Bundesliga-Absteiger aus Erfurt lauert zwei Punkte hinter Wolfgang Uhlmanns Mannschaft USV TU Dresden (das "U" in USV wird dann wohl auch für Uhlmann stehen, oder?). Beide Teams treffen in der nächsten Runde aufeinander! Einen Punkt hinter Erfurt liegen mit Plauen im Erzgebirge und Bindlach schon die weiteren Verfolger, die Jagd auf die führenden Hasen machen. Schauen wir also mal!
Weiter unten in der Liga Ost quälen sich Königshofen, Chemnitz, Leipzig und die Münchner Bayern II durch einen harten Abstiegskampf. Auch hier aber – noch alles offen!

Zweite Liga Südkisdsc01856

Im Süden steht der SV Hockenheim trotz eines 4:4 gegen Böblingen an der Spitze der Tabelle – mit zwei Punkten Vorsprung vor dem Baden-Baden II. Beide Teams werden sich in der nächsten Runde behaken. Da Baden-Baden II aber nicht aufsteigen kann, werden sich die Hockenheimer da noch keine Sorgen machen müssen. (Vielleicht auch, weil mit Anatoly Karpov (ja, genau der!) ein Ex-Weltmeister am ersten Brett sitzt, und mit Rainer Buhmann gleich neben ihm ein waschechter Nationalspieler.) Allerdings wartet der Drittplatzierte Heidelberg-Handschuhsheim noch auf einen Ausrutscher, um auf Platz eins vorrücken zu können.
Und am Tabellenende? Noch ist alles drin für Cannstatt, Krumbach und Viernheim – drei Spiele bleiben ja noch! Wir bleiben dran!

Soweit der Blick durch die Ligen. Gens una sumus.

Nachtrag 1: Und noch ganz aktuell aus der ersten Fußball-Liga: Wolfsburg – HSV 0 : 1 ! (muss ja mal gesagt werden!)

Nachtrag 2: Gerresheim ist ein Stadttteil von – Düsseldorf! (Was sagt man dort? Helau? Oder Alaaf?)

Präsidentschaftskandidat Hans-Jürgen Weyer im Interview
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Vor einigen Wochen wurde deutlich, dass Professor von Weizsäcker für eine weitere Amtsperiode als Präsident des Deutschen Schachbundes nicht mehr zur Verfügung steht. Als Nachfolger wird der derzeit einige Kandidat, Dr. Hans-Jürgen Weyer, gehandelt. Am 02.02. stand er Deep Chess für ein Interview zur Verfügung.
Von großem Interesse war dabei seine Stellungnahme zum Thema Nationalmannschaft, das in der zweiten Jahreshälfte 2010 zu erheblichen Spannungen zwischen Spitzenspielern und DSB geführt hatte. Weyer stellt für den nächsten Termin Ense Februar in Aussicht, unseren Spielern erheblich entgegenzukommen, explizit auch bei den Honoraren.
Ein schöner Zug, doch musste wirklich erst soviel Porzellan zerschlagen werden, bevor es zu einer Einigung kommen kann? Allerdings begeistert mich die Aussicht auf eine dem deutschen Schach würdige Vertretung auf internationaler Ebene und die damit verbundene Perspektive.

Herr Dr. Weyer,  wir nehmen das Interview als Maßstab für die kommende Amtsperiode. Unsere Stimme haben Sie!

Hier das komplette Interview, bereitgestellt von Deep Chess (http://www.deep-chess.de/?p=1145)
Zitat: (Deep Chess)"
Der DSB- Vizepräsident und mögliche Nachfolger von Robert von Weizsäcker, Dr. Hans-Jürgen Weyer, stellt sich diversen Fragen des DC!!!-Media Teams. Erfahren sie etwas über die neue Struktur des DSBs, über den Verhandlungsstand in Sachen Nationalteam sowie zum Thema “Schach als Breitensport”. Eine klare Antwort gibt es auch zur Förderung von Schachprofis sowie zur Förderungen von Jugendlichen und Talenten.
Die Aufnahme wurde am 02.02.2011 in Düsseldorf aufgezeichnet. Das Video wurde in HD-Technik angefertigt."
Empor Berlin - früher und heute
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Montag, 31 Januar 2011 21:55

Empor Berlin - früher und heute

Der Sportverein Empor Berlin ist einer der wenigen Vereine im Osten Berlins, der die politische Wende 1990 relativ unbeschadet überstanden hat. Insbesondere die Schachabteilung hat durch ihre Erfolge einen großen Anteil daran. Jahrelang gehörte die Schachabteilung zu den besten in der DDR. Allerdings nur 1990 konnte der DDR-Meistertitel gewonnen werden.

Hauchard und Marzolo werden entlastet
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Sonntag, 30 Januar 2011 21:00

Hauchard und Marzolo werden entlastet

Hier und auf einigen anderen Blogs tauchten anonyme Hinweise auf, dass zwei der vom Französischen Verband unter Betrugsverdacht gestellte Spieler bereits vorigen Sommer in Biel auffällig geworden und bei dem Turnier nicht mehr willkommen seien. Das wird von der Festivalleitung in einem gerade erschienenen Statement zurückgewiesen. Es habe keine Hinweise während des Turniers auf ein Fehlverhalten seitens Arnaud Hauchards oder Cyril Marzolos gegeben sondern erst mehr als einen Monat später und auch nur anonym. Während des Turniers sei auch nichts aufgefallen. Und wenn etwas aufgefallen wäre, wäre es in jedem Fall untersucht worden. Dass die anonymen Hinweisgeber in den Blogs behaupteten, die Franzosen seien in Biel nicht mehr willkommen, diskreditiert ihre Aussagen und entlastet Hauchard und Marzolo. Hier das ausführliche Statement der Bieler Festivalleitung:

Medienmitteilung des Internationalen Schachfestival Biel

Drei französische Schachspieler, welche am Meisteropen des Internationalen Schachfestivals im Juli 2010 in Biel teilgenommen haben, werden vom Französischen Schachverband verdächtigt, während der Schacholympiade im Herbst 2010 in Russland betrogen zu haben. Im September 2010 waren dem Organisationskomitee des Bieler Schachfestivals bereits anonyme Augenzeugenberichte übermittelt worden, welche den drei gleichen Spielern vorwerfen, schon in Biel dasselbe begangen zu haben. Von Seiten des Schachfestivals konnte die Sache nicht weiter verfolgt werden, da die Anschuldigungen anonym blieben, viel Zeit vergangen war und keine Beweise vorlagen. In jedem Fall werden die Kontrollen während des nächsten Schachfestivals (16. – 29. Juli 2011) verschärft.

Das Organisationskomitee des Internationalen Schachfestival Biel hat die Mitteilung des Französischen Schachverbands (FFE) vom 21. Januar 2011 Kenntnis genommen. Darin wird erklärt, dass der FFE am 22. Dezember 2010 gegen die Grossmeister Sébastien Feller und Arnaud Hauchard sowie gegen den Internationalen Meister Cyril Marzolo ein Verfahren eingeleitet habe, um den Verdacht «des Betrugs, welcher jegliche sportliche Ethik vermissen lässt und ein schlechtes Licht über die Nationalmannschaft wirft, welche vom 21. September bis 3. Oktober an der Schacholympiade in Khanty Mansiysk teilgenommen hat», zu klären. (Im Wortlaut: «triche organisée, manquement grave à l’éthique sportive, atteinte portée à l’image de l’équipe nationale olympique dans le cadre des Olympiades de Khanty Mansiysk du 21 septembre au 3 octobre 2010.»)

In verschiedenen Artikeln und Interviews, welche auf etlichen Websites erschienen sind, wurde angetönt, dass die drei genannten Spieler einen solchen Betrug bereits am Meisteropen des Schachfestivals 2010 in Biel bereits einmal versucht hätten.

Das Schachfestival Biel nimmt nach entsprechenden direkten und indirekten Anfragen in dieser Sache wie folgt Stellung:

1. Gemäss Mitteilung des FFE wurde die Untersuchung wegen der Vorgänge an der Schacholympiade in Khanty-Mansyik eingeleitet. Bis heute haben wir keine Anfrage des FFE erhalten.

2. Am Meisteropen in Biel im Jahr 2010 haben die beiden GM Arnaud Hauchard und Sébastien Feller tatsächlich teilgenommen. IM Cyril Marzolo hielt sich während einigen Tagen im Kongresshaus auf, ohne jedoch selber am Meisteropen teilzunehmen.

3. Während des Turniers gab es gegenüber den Schiedsrichtern keine direkte und offizielle Klage gegen einen der genannten Spieler. Im Büro des Schachfestivals hat sich zwar jemand gemeldet, der eine „Verdächtigung wegen Absprachen“ geäussert hat. Da solche Verdachtsmomente relativ häufig im Büro vorgebracht werden, aber oft nicht fundiert sind, wurde diese Person angewiesen, mit einem Schiedsrichter Kontakt aufzunehmen. Weder der Hauptschiedsrichter noch ein Mitglieds des Organisationskomitees haben Kenntnis davon, dass jemand einen Schiedsrichter wegen konkreter Verdachtsmomente angesprochen hätte.

4. Es ist selbstverständlich, dass eine konkrete Verdächtigung von einem Schiedsrichter abgeklärt worden wäre.

5. Erst im September, also gut einen Monat nach dem Meisteropen in Biel, wurde uns durch eine Drittperson ein E-Mail mit den detaillierten Aussagen dreier anonymer Augenzeugen übermittelt, welche gegen die drei Spieler den Verdacht des „Betrugs“ äussert. In diesen anonymen Aussagen wird insbesondere von einer bestimmten Partie gesprochen. Der GM, welcher gemäss diesen Aussagen benachteiligt gewesen sei, kann sich jedoch nicht daran erinnern, dass etwas abnormal verlaufen sei.

6. Bis heute sind uns die Namen der drei Zeugen nicht bekannt, zudem wurde der Verdacht erst Wochen nach Abschluss des Turniers erstmals klar geäussert, so dass das Schachfestival im Moment nicht in der Lage ist, zu diesen Verdächtigungen Stellung zu nehmen.

7. Nach Bekanntwerden von Verdächtigungen wurde beschlossen, das Kontrolldispositiv am nächsten Schachfestival vom 16. – 29. Juli 2011 zu erhöhen.

Internationales Schachfestival Biel, Organisationskomitee, 30.01.2011

Teske-Prusikin
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Mittwoch, 01 Dezember 2010 11:32

Nobody is perfect

Am 20.11.2010 trafen in der ersten österreichischen Bundesliga die Mannschaften Styria Graz und Wüstenrot SIR Salzburg aufeinander. An der Tatsache, dass die Begegnung am Spitzenbrett GM Henrik Teske (2520) gegen GM Michael Prusikin (2527) lautete, kann man deutlich erkennen, dass beide Mannschaften akut abstiegsgefährdet sind.
 
Nach einem, sagen wir mal, wechselhaften (OK, „völlig niveaulos“ wäre sicher treffender, muss aber zensiert werden, um das Ansehen zweier gestandenen Großmeiser nicht zu untergraben) Verlauf entstand bald nach der ersten Zeitkontrolle immerhin eine ganz unterhaltsame Stellung:

Teske H. - Prusikin M.
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42...Df6!
ausnahmsweise erkannte ich die richtige Idee, der Zug ist nicht nur trickreich, sondern sogar objektiv der stärkste! 43.d6 schlicht der einzige, das Schlagen auf d1 verliert:  43.Lxd1 Lc3! 44.Txc3 Dxc3! - die Pointe von 42...Df6. Nun versuchte ich angestrengt, die Folgen von 43...Dxd6 und 43...Lc3 zu berechnen. 20 von den verbliebenen 25 Minuten waren verstrichen, als ich von meinen Qualen dadurch erlöst wurde, dass sich unsere Führung auf 3:1 erhöhte (in Österreich wird an 6 Bretter gespielt, muss man wissen). Denn immerhin habe ich inzwischen erkannt, dass ich mit 43...Dxd6 kein Risiko eingehe, während mir 43...Lc3 eher gefährlich erschien. Erleichtert griff ich zur Dame: 43...Dxd6 Nach kurzem Nachdenken Schlug Henrik auf d1 und bot gleichzeitig Remis an. 44.Lxd1 Eine kurze Analyse zeigt, dass unsere Stellungseinschätzung richtig war: 44.Lxd1 Dc6 (44...exd1D 45.Dxd1 Dc6 46.Kg2 Te3 47.Lf2 Txf3 48.Dxf3 Dxf3+ 49.Kxf3 Lxf2 50.Kxf2 a5=) 45.Lxe2 Te3 46.Kg2 De4 47.Ld1 Txe1 48.Kh2 a5 49.h4= ½–½
Auch als korrekt erwies sich die Entscheidung, von 43...Lxc3 Abstand zu nehmen: 43...Lc3? 44.Dd5+ De6 45.Txc3 Sxc3 (45...Dxd5+ 46.cxd5 Sxc3 47.d7 Td8 48.Lxc3 Txd7 49.Kg2+-) 46.Dxc5+-
Leider musste ich mir von Rybka aber auch noch ein großes ABER zeigen lassen!
Was ich nämlich gar nicht ahnte (nicht ahnen konnte?!) war die Tatsache, dass es im 43 Zug einen dritten Kandidatenzug für Schwarz gab, der die Partie glatt gewinnt! Genießen Sie einfach die folgenden Varianten:

 

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43...Te6!! 44.d7 (44.Lxd1 Lc3!–+) 44...De7!! 45.d8D Dxd8 46.Lxd1 exd1D (46...De7!? Ist schöner, aber weniger genau, weil das Endspiel nach 47.Lc2 Db7 48.Kg2 Te3 49.Dxe3 Lxe3 50.Ld3 De7 51.Lxe2 Lxf4 52.Kf2 Le5 53.g4 eventuell gar nicht gewonnen ist) 47.Dxd1 De7 48.Ld2 Te2 49.Lc3 De4! 50.Dd3 Tc2! 51.La5 Tb2 mit vollständiger schwarzer Domination.

Meine Lehren aus diesem Fragment:
  1. Der Mensch (ja, ich meine in erster Linie mich selbst, aber die Verallgemeinerung scheint mir hier auch nicht ganz falsch zu sein) ist unvollkommen.

  2. Die Viecher können sehr wohl eine Bereicherung sein – von wegen Tod des Schach durch die Engines! 

  3. Schach ist ein faszinierendes Spiel!

    In diesem Sinne – bis zum nächsten Mal!