In den Reaktionen auf die für manche zu lockeren Gespräche mit DSB-Präsident Bastian im August 2014 war unter anderem auch der Wunsch, die Krennwurzn möge doch auch mal den DSB-Vize Finanzen bequatschen. Ende Jänner 2015 schickte die Krennwurzn also eine Gesprächsanfrage und bekam eine positive Rückmeldung und das Gespräch begann via Email – nach ein paar beiderseitigen beruflichen, privaten und urlaubsbedingten Pausen, kann dieses Gespräch nun endlich online gehen!
Krennwurzn:
Starten wir mit etwas Smalltalk: „Michael S Langer“ langjähriger DSB-Vize Finanzen und aktiver Schachspieler wie der Präsident auch, was sollten unsere Leser noch über Dich als Person wissen?
MSL:
Ich bin 48 Jahre alt, seit 22 Jahren verheiratet und im "richtigen Leben" in einem bundesweit im Bereich der beruflichen Bildung agierenden Unternehmen Regionalleiter Niedersachsen. Neben meinen Aufgaben im Deutschen Schachbund bin ich u.a. seit 2007 Präsident des Niedersächsischen Schachverbandes. Meine Hobbys neben dem Schach sind Lesen und das Reisen mit meiner Frau. Ach ja: Wir haben zwei Katzen!
DSB Vize Finanzen Michael S Langer
Krennwurzn:
Nun die Katze ist ja schon aus dem Sack: Du hast bekanntgegeben für keine weitere Funktionsperiode als Vize-Finanzen zur Verfügung zu stehen – es stellt sich daher die logische, aber kurze Frage: warum?
MSL:
Ich bin nach 12 Jahren an den Punkt gekommen, an dem ich meine Tätigkeit im DSB nachhaltig hinterfragt habe. Und ich bin dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass ich die Arbeit im Präsidium inhaltlich und atmosphärisch nicht mehr positiv genug bewerten kann, als dass ich mir ein „weiter so“ hätte abringen können. Details über meine Unzufriedenheit werden im Rahmen des DSB-Kongresses sicher intensiv diskutiert und sind vorab in meinem schriftlichen Kongressbericht nachzulesen.
Krennwurzn:
Kurze Zwischenfrage: Präsident Niedersachsen bleibst Du?
MSL:
Ich werde mich ab Mai mit (noch) mehr Intensität der Arbeit als Präsident des Niedersächsischen Schachverbandes zuwenden. Und darauf freue ich mich!
Krennwurzn:
Schauen wir erst einmal ein wenig zurück: 2014 mit dem drohenden „Supergau“ des Verlust des Status „förderungswürdiger Sport“ für Schach war sicherlich schwierig – wie sieht Dein Rückblick auf 2014 aus?
MSL:
Ich antworte mal in Schlagworten! Anstrengend, nervenaufreibend, die Grenzen des Ehrenamtes austestend und am Ende so erfolgreich wie eben unter den derzeitigen Rahmenbedingungen möglich. Wir dürfen jetzt (weiter) Anträge an das BMI stellen! In welcher Höhe diese Anträge beschieden werden, wissen wir im Laufe des Jahres! Aber: Das ist mehr, als im Mai 2014 zu erwarten war! Die Haushaltslage des DSB hat sich durch die sehr späte Zahlung der BMI-Gelder im Dezember 2014 und die damit verbundene "Nichtmöglichkeit", das Geld auszugeben, nachhaltig konsolidiert. Der Jahresabschluss weist ein Plus von knapp 90.000,--€ aus und steigert unsere Liquiditätsrücklage auf knapp 260.000,-- €. Ich habe dem Präsidium trotz dieser positiv klingenden Zahlen einen ersten Entwurf des Nachtragshaushaltes vorgelegt, der eine Fortsetzung des Sparkurses, zumindest bis zum Zeitpunkt des Vorliegens eines für die kommenden Jahre mehr Sicherheit vermittelnden Bewilligungsbescheides, vorsieht.
Krennwurzn:
Viele Funktionäre klagen über die immer steigende Belastungen und dennoch hat man das Gefühl, dass die Masse der Schachspieler – sagen wir es salopp - Unmut gegenüber den Funktionären empfindet. Da muss doch was falsch laufen?
MSL:
Je weiter sich die Arbeit von der Basis der SchachspielerInnen entfernt, desto skeptischer wird diese Arbeit beurteilt. Es ist uns, wie so vielen anderen Verbänden und Institutionen, niemals wirklich gelungen, die intensive ehrenamtliche Arbeit im Dachverband (die manchmal weit über ein eigentlich verträgliches Maß hinaus geht) als nutzbringend für die Basis darzulegen. Um dieses Ansinnen nachhaltig zu verfolgen, bedarf es m.E. einer schriftlichen Ausarbeitung, die das, was der DSB leistet, in Gänze und vor allem transparent abbildet. In Stichworten: Spielbetrieb, Wertungen, stabile Finanzen, Leistungssportförderung….! Und das für 10,-- Euro im Jahr! Und natürlich: Das eine oder andere lässt sich auch inhaltlich verbessern.
Krennwurzn:
Kontrovers diskutiert wird auch, inwieweit Spitzensportförderung Aufgabe des DSB ist. Das Schachjahr zeigt super Erfolge, erscheint aber auch irgendwie sinnlos, wenn die Leute dann (berechtigterweise) studieren gehen!
MSL:
Die Förderung der Prinzen hat gezeigt, dass gesetzte Ziele mit der notwendigen Stringenz erreicht werden können. Und Ja: Ich finde es in fast allen Fällen richtig, dass erst der Beruf bzw. der Weg in denselben kommt. Ich plädiere dafür, dass wir mit diesem Thema realistisch umgehen. Der DSB wird keinen Weltmeister "produzieren" können!
Krennwurzn:
Ich würde gerne ein wenig noch in die Zahlen gehen und da drängt sich die Frage nach der doch sehr hohen Liquiditätsreserve gerade im Hintergrund von kolportierten, möglichen Beitragserhöhungen auf.
MSL:
Mein vorgelegter Haushaltsentwurf zielt darauf ab, dass keine Beitragserhöhung (zumindest für die Jahre 2016 und 2017) notwendig wird! Für den Kongress habe ich deswegen einen Antrag auf Beibehaltung der derzeitigen Beitragsstruktur gestellt.
Du beanstandest die Höhe der Liquiditätsrücklage!? Seit ich im Amt bin, lege ich fast schon gebetsmühlenartig dar, dass der DSB eine Rücklage von ca. 220.000,--€ benötigt. Dies begründet sich damit, dass im ersten Quartal keine Einnahmen erzielt werden können, die erste Beitragsrate unserer Mitgliedsverbände wird im April gezahlt, und nichts desto trotz Gehälter, Miete und anfallende Rechnungen gezahlt werden müssen. Rechnet man dann noch einen Aufschlag für unvorhergesehene Ausgaben hinzu, kommt man auf die von mir genannte Summe!
Krennwurzn:
Den großen Brocken Personalkosten möchte ich eher außen vor lassen, aber ein Blick auf 94T Kosten für Ehrenamt und 63T für die Geschäftsführung im Gegensatz zu 108T Leistungssportförderung in der auch 25T für Bundestrainer enthalten sind, schaut doch etwas „ungleichgewichtet“ aus.
„Einnahmen_und_Ausgaben_2013“ – PDF von DSB-Homepage
MSL:
Es stimmt! Unsere Personalausgaben sind gemessen am Gesamthaushalt hoch. Aber, wie soll der DSB denn ohne Hauptamtlichkeit überhaupt funktionieren? In den Personalausgaben sind die Kosten für unsere Trainer inkludiert. In den Kosten für die ehrenamtlichen Aufwendungen sind alle Kosten, die für den DSB im Laufe eines Jahres (also auch Kongress, Kommissionen, Präsidiumssitzungen….) enthalten. Und dass eine Geschäftsstelle Kosten (Miete, Dienstreisen, Geräte, laufende Renovierungen….) verursacht, ist selbstverständlich. Der Leistungssport hatte in den letzten Jahren mehr Geld zur Verfügung. Die geringe Summe des Jahres 2013 begründet sich u.a. mit erst in 2014 zu zahlenden Rechnungen.
Krennwurzn:
Ein weiteres heikles Thema in der Öffentlichkeit ist die etwas intransparente Sache mit der DSB Wirtschaftsdienst GmbH. Ist die noch notwendig, zeitgerecht oder soll die abgewickelt werden?
MSL:
Die WD GmbH tätigt vom Grundsatz her alle Aufgaben unseres wirtschaftlichen Zweckbetriebs. Und wirklich heikel war und ist sie nicht. Sie gehört mittlerweile zu 100% dem DSB! Von ihrer Gründung im Jahr 1985 gehörte sie bis in das Jahr 2010 verdienten (Einzel-)Mitgliedern des DSB. Ihre Einlage in Höhe von damals jeweils 10.000,-- DM haben sie zwei oder dreimal mit einer kleinen Dividende „entlohnt“ bekommen. Man braucht viel Enthusiasmus für die Sache, um das als lohnende Anlage zu bewerten. Der DSB hat die Anteile dann in zwei Schritten gekauft. Erst wollten Erben der Eigner ihre Anteile „loswerden“ und dann hat das BMI sich den Restankauf „gewünscht“. Die Irritationen und Spekulationen über diese Minifirma begründen sich wohl hautsächlich damit, dass der Jahresabschluss nicht Bestandteil der Kassenprüfung war.
Krennwurzn:
Noch heikler erscheint mir der Komplex den man mit Compliance bezeichnet. Immer wieder werden im Umfeld von FIDE Wahlen Korruptionsverdachtsfälle in die Öffentlichkeit gespielt. Wie damit umgehen und vor allem auch mit dem Problem, dass es natürlich Funktionäre geben kann, die in die eigene Tasche arbeiten.
MSL:
Ich beschränke mich in meiner Antwort erst mal auf den DSB. Ich kenne keinen Fall, in dem in Deutschland während meiner 12-jährigen Amtszeit tatsächlich Korruption nachgewiesen wurde. Dass es immer mal wieder Gerüchte gibt, liegt auch an der mittlerweile oft zu recht sehr kritischen und misstrauischen Betrachtung aller großen Sportorganisationen.
Krennwurzn:
„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube..“ wird sich hier in Erinnerung an einen Dichterfürsten ein Großteil der Leserschaft denken, obwohl es auch nach meinen Informationen keinen gerichtlich nachgewiesen Korruptionsfall gegeben hat. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung gab es doch Vorfälle die eine „schiefe Optik“ aufwiesen – sowohl in Deutschland als auch natürlich international. Dürfen sich da der DSB und seine Funktionäre da so einfach in die Burg „juristisch Bewiesenes gibt es nicht“ zurückziehen?
MSL:
Was soll ich antworten? Natürlich kenne ich auch Gerüchte! Und ich weiß auch, wie wir intern mit diesen Gerüchten umgegangen sind. Aber: es gibt in dem Zeitraum, in dem ich in erster Reihe gearbeitet habe, eben keinen nachgewiesenen bzw. beweisbaren Korruptionsfall. Ich mache es mir etwas einfacher und weiche ein bisschen ab: Die Art und Weise, in welcher der Wahlkampf in der FIDE geführt wurde, empfand ich in vielfacher Hinsicht als grenzwertig! Ich möchte nicht, dass diese Form der Politik so Einzug in den DSB hält. Und last but not least: Nein! Der DSB darf nicht die Augen verschließen!
Ältere Gespräche DSB-Spitze mit der Krennwurzn
Dez 2013 - DSB Vize Woltmann im Interview mit der Krennwurzn
Aug 2014 – Bastian mit Krennwurzn
über Olympia, Prinzen und Geld
über FIDE und Frauen
Kommentare
Der gemeine Leser wird verunsichert und staunend zurückgelassen. Haben Sie das nötig, meine Herren, sich auf diesem Wege wichtig zu machen?
Quelle: Kongressbroschüre (13,7 MB) DSB
http://www.schachbund.de/kongress2015.html?file=files/dsb/archiv/2015/kongress/Kongressbroschuere_2015.pdf
Auf Seite 137+138 kann man das lesen:
Bericht des Vizepräsidenten Finanzen zum Kongress des Deutschen Schachbundes am
16.05.2015 in Halberstadt
Liebe Schachfreundinnen und Schachfreunde,
meinen Bericht zum Kongress in Halberstadt halte ich in diesem Jahr kurz.
• Meine Aktivitäten und Einschätzungen (zur Finanzlage) sind den der Kongressbroschüre
beigefügten Quartalsberichten der letzten beiden Jahre zu entnehmen.
• Der Jahresabschluss sowie die Haushaltsvoranschläge (Nachtrag 2015 und die Pläne für
2016 und 2017) finden Sie/ findet Ihr auf den folgenden Seiten. Bei der Bearbeitung der Pläne
sah ich mich, wie in meinem Rückzugsschreiben vom 03.02.2015 angekündigt, in einer
Beraterrolle.
• Den Kongressunterlagen ist ein Antrag von mir auf Beibehaltung der derzeitigen
Beitragsstruktur beigefügt. Die ausführliche Begründung dieses Antrages ist meinem letzten
Quartalsbericht zu entnehmen. Jedwede Diskussion über eine Erhöhung des Beitrages in den
unmittelbaren Folgejahren halte ich insbesondere ob der nicht ausgeschöpften
Einsparpotenziale für unangebracht.
• Auch nach der Bekanntgabe meines Rückzugs habe ich an allen Telefonkonferenzen des
Präsidiums teilgenommen. Repräsentative Verpflichtungen habe ich ob meines
bevorstehenden Rückzugs bis zur Erstellung des Berichtes nicht mehr wahrgenommen.
Zum Schluss noch einige persönliche Zeilen. Es gab viele, teilweise sogar amüsante Spekulationen
über die Gründe meines Rückzugs. Bis heute hatte ich mir selbst auferlegt, diese nicht schriftlich zu
fixieren. Da es aber in einer Antwort des Präsidenten auf Fragen aus dem AKLV einige Passagen
gibt, die ich mit den folgenden Aussagen indirekt kommentieren möchte, gebe ich Euch/Ihnen hier in
Kurzform einen Abriss meiner Gründe:
• Ich halte den ohne Abstimmung in unseren Gremien aktuell eingeschlagenen Weg im
internationalen Bereich für grundverkehrt und bin nicht mehr bereit, diesen mit zu
verantworten.
• Ich fühlte und fühle mich durch die Vorgänge in Tromsö vorgeführt. Mit einiger Verzögerung
ziehe ich hieraus u.a. eine Konsequenz und teile der FIDE mit, dass ich meine Aufgabe als
„Member of the verification committee“ nicht wahrnehmen werde. Auf Wertungen werde ich in
meinem Rückzugsschreiben gegenüber der FIDE verzichten.
• In Sachen Strukturreform erlebte und erlebe ich ein Vorgehen des Präsidenten (in
Abstimmung mit externen Ansprechpartnern), das ich nicht bereit bin, mitzutragen.
• Die Arbeitsatmosphäre im Präsidium, insbesondere die nicht stattfindende kooperative
Führung und die Tatsache, dass nur in den seltensten Fällen überhaupt verbindliche
Ergebnisse erzielt wurden, finde ich unerträglich.
• Die Ignoranz gegenüber unseren Referenten halte ich für ein Hauptproblem der von mir
erlebten „Schlechtleistungen“ des DSB in den letzten Monaten.
In Summe bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht mehr bereit bin, mit Herbert Bastian
zusammen zu arbeiten.
Ich bedanke mich bei Ihnen/Euch für die insgesamt 12 Jahre. Ich hoffe, dass der DSB wieder auf
einen Weg findet, der erfolgreiche Arbeit ermöglicht.
Herzliche Grüße aus Wolfenbüttel!
Michael S. Langer
Das Votum Herbert Bastians pro Iljumshinov bei der FIDE-Wahl war wohl dann doch ein dicker Hund, und offenbar absolut nicht abgestimmt mit dem DSB-Vorstand.
Ich kann verstehen, dass das zu großen Irritationen führt, und zusammen mit anderen (atmosphärischen) Punkten dann zum Nicht-Wiederantreten von Michael Langer. Sehr schade.
Ob alles besser wird? Bleiben die Baustellen?
"Das Votum Herbert Bastians pro Iljumshinov" - woher weisst Du das? Mein Wissensstand ist 1) Es war eine geheime Wahl. 2) Nach eigener Aussage wollte Bastian sich persönlich lieber enthalten, hat aber den Vorstandsbeschluss, für Kasparov zu stimmen, umgesetzt. 3) Kasparov behauptete hinterher, Bastian habe für Ilyumzhinov gestimmt.
Damit steht Aussage gegen Aussage, und - nochmals - es war eine geheime Wahl.
http://www.schach-welt.de/BLOG/blog/bastian-mit-krennwurzn-ueber-fide-und-frauen
SONDERN es geht um die Annäherung Deutschlands an die FIDE und die Wahl Bastians in FIDE Gremien unter Mitwirkung der Schweiz UND die Frage, ob man nach zahllosen gescheiterten Abwahlversuchen nicht versuchen sollte von innen, die einem großen Schachland zustehende Macht auszuüben.
Bastian wurde als Vizepräsident vorgeschlagen, hätte er dann sagen sollen "ohne Zustimmung meiner Präsidiumskollegen kann ich nicht kandidieren"?
Die Frage ist auch: wieviel Macht hat ein grosser Schachverband ohne Weltklassespieler, bzw. wieviel Macht sollte er haben oder einfordern? Der kleine norwegische Verband mit einem Weltklassespieler hat sich klar festgelegt. Generell hatte das Kasparov-Lager wohl keinen Plan B für den Fall, dass er die Wahl verliert - siehe auch Carlsens Hängepartie zum WM-Match in Sotschi. Dabei tat er so, als ob nach den FIDE-Wahlen eine neue und unerwartete Situation entstanden sei.
Achtung! Achtung - Gespräche mit der Krennwurzn auf Schachwelt können zu Rücktritt führen! Über Wirkung und unerwünschte Nebenwirkungen informieren Trolle und Blogger.
http://www.schachbund.de/news/weiterer-rueckzug.html
Nur im Ösiland da gibt's Bestand im ganzen Schachverband - immun gegen Krennwurzn!
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