Gibraltar-Open ändert System

Am Dienstag hat es endlich angefangen, das „Masters“ in Gibraltar. Jeder, der 80 britische Pfund als Startgeld übrig hat und auch die Reisekosten nicht scheut, kann mitmachen und zehn spannende Schachtage in einem eher kleinen Turniersaal eng an eng mit einer sehenswerten Parade von Super-Großmeistern verbringen.

Den „alten Hasen“ hätte es schon am Montagabend auffallen können. Bei der traditionellen Opening Gala, wie immer mit der aktuellen Schönheitskönigin von Gibraltar, dem Sportminister und einem Vertreter des Hauptsponsors Tradewise, darf sich der Top Seed des Turniers, in diesem Jahr wie schon zwei Jahre zuvor erneut Vassily Ivanchuk (UKR 2758), seinen Gegner der ersten Runde aus einem Lostopf ziehen. Bisher waren in diesem Lostopf aber immer Spieler zwischen 2400 und 2500. Doch nun war der Glückliche ein Hristos Zygouris (GRE 2218), regelmäßigen Gibraltar-Besuchern bestens bekannt, der mit seiner Startnummer 124 genau dem auf zweiten Platz der „zweiten Hälfte liegt“.

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Noch im letzten Jahr hatte Gibraltar sein eigenes ganz spezielles Paarungssystem. Ich kenne keinen, der es je verstanden hat. Man beschreibt es am besten mit Erfahrungswerten. Jedenfalls konnte ein 21xx-Patzer wie ich nicht darauf hoffen, gleich in der ersten Runde einen superstarken Gegner zu bekommen, nur weil er es vielleicht in den oberen Bereich der zweiten Hälfte der Startrangliste geschafft hatte. Nein, einen Großmeister als Gegner musste man sich verdienen! In Runde 1 gab es einen Spieler mit 19xx. Gewann man das, so folgte in Runde 2 schon ein Gegner um 2400. So gab es für die Mehrzahl der Teilnehmer im Großteil der Runden ungefähr 200 – 300 Punkte stärkere oder schwächere Gegner. Das galt auch für die Großen. Ein 25xx-Spieler bekam in Runde 1 einen 27xx, verlor möglicherweise, kam dann in Runde 2 gegen einen ebenbürtigen 25xx, verlor vielleicht erneut, und fand sich nach 2 Runden mit 0 Punkten wieder, ohne wirklich fürchterlich schlecht gespielt zu haben - und ohne in Runde 3 endlich das erhoffte „Freilos“ zu bekommen. Aber auch nicht jeder 27xx-Super-GM hat sich wirklich gefreut, wenn er sich in der ersten von 10 Runden gleich mit einem 25xx-„Normal“-GM rumärgern musste und vielleicht über ein Remis nicht hinauskam.

So habe es laut Turnierdirektor Stuart Conquest zuletzt zahlreiche Beschwerden über das Auslosungssystem gegeben. Daher hat man sich für 2013 entschieden, die ganz normale Variante des Schweizer Systems zu fahren. Doch oh Wunder, auch das ist keine Garantie, dass die Super-GM auf jeden Fall freie Bahn ab Start haben. Denn die beiden Top Seeds gaben heute halbe Punkte gegen Nobodies ab. Nach dem alten System hätten sie den halben Punkt nur gegen einen Großmeister-Kollegen verloren. Doch heute lauteten die Ergebnisse an den Brettern 1 und 2:

Vassily Ivanchuk (UKR 2758)   -   Hristos Zygouris (GRE 2218)             ½ - ½

Andreas Aerni     (SUI 2206)    -   Gata Kamsky     (USA 2740)             ½ - ½


Claus Seyfried -live aus Gibraltar

Kommentare   

#1 Northsea 2013-01-23 14:12
Vielleicht wurde im vergangenen Jahr ja
eine Variante des "Beschleunigten Schweizer Systems"
gespielt, bei der nicht in zwei Hälften, sondern
in vier Vierteln eingeteilt wird. Jemand, der knapp
in der zweiten Hälfte (also am Anfang des dritten Viertels)
liegt würde in der ersten Runde gegen jemanden
am Anfang des vierten Viertels spielen, was
durchaus zu einer Paarung 21xx gegen 19xx
führen kann. Ist sicher sehr schön, so ein
Schachurlaub.
#2 Thomas Richter 2013-01-23 18:41
Danke für den Beitrag! Wow, Live-Berichterstattung hatte ich nicht erwartet, allenfalls einen (persönlichen) Bericht hinterher. Viel Erfolg (im Rahmen Deiner Möglichkeiten) im Turnier!
#3 lvapatzer 2013-01-27 13:14
Interessante Gegner,gute Punktausbeute.Toi,Toi,Toi!
Viel Glück weiterhin.

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