Unvollständige & subjektive Eindrücke zur Astana Rapid und Blitz-WM

In den letzen Tagen (Dauerregen in NRW) konnte ich ein bisschen beim Schnell und Blitzschach via Internet zuschauen.

Alles in allem extrem unterhaltsam und lehrreich, die extremen Niveauschwankungen allerdings auch frappierend. Und ein klares Ergebnis: JEDE Eröffnung ist spielbar und gewinnbar, auch 1. a4 und noch viel Schlimmeres sah man zuhauf.

Zu den Spielern:

Magnus Carlsen

ist ein Phänomen. Wie er im Rapidschach in gleichen Stellungen weiterspielt und am Ende den vollen Punkt macht, ist auch ein massiver Schlag ins Gesicht all der frühen Remiskönige im Spitzenschach. Ausgeglichene Stellung ist eben nicht Remis. Magnus zeigt das jedem unaufgefordert, der das nicht glauben mag, auch wenn der 2700++ ELO hat. Das ist "just amazing" in der Sprache von Robert Fontaine. Am ersten Blitztag hat er aber echte Schwäche am Brett gezeigt und wurde zb in Chadaev (wer ist das denn?) - Carlsen mit d4 g6 e4 sf6?! sf3??!! aber mal ganz übel ausgenockt. Dann aber der zweite Tag wo er am Schluss 8 aus 8 macht und dabei Grischuk, Radjabov (mit 1. a4) usw. nacheinander fertig machte das einem Hören und Sehen verging.

Das er im Rapidschach nicht Erster wurde war im übrigen verdient, denn zb gegen Ivanchuk wurde er mit weiss positionell und taktisch sowas von an die Wand gespielt das war ein Highlight der Schachkunst von Chuky. Andererseits natürlich auch Pech für MC das Ivanchuk eine Runde vorher gegen Karakin grundlos in "close to winning" die Zeit überschreitet.

Karjakin

Wusste bisher nicht, woher die hohe ELO bei Ihm genau herkommt, jetzt weiss ich bzw (man) es. Klassischer Schach-Stil ala Gelfand, nur ohne Patzer.

Grischuk

Verdienter Blitz WM Titel. Erfolgs-Grund: Das Delta zwischen seiner Echt-Spielstärke im klassischen Schach und Blitzschach ist am geringsten von allen Teilnehmern! Amazing, das er auch im Blitz oft mit Zeitverbrauch 2 gegen 3 Minuten beginnt. Grischuks Problem ist wohl eher, wie er die Spielstärke im klassischen Schach im Rahmen seines "Stils" verbessern kann. Vom Schachverständnis her, insbesondere was die Entfachung von Dynamik in einer Position angeht, hat er für mich absolute WM Stärke ala Aljechin oder später Kasparov.

Ivanchuk

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Zeigt Nerven ohne Ende, 6 oder 7 mal ZÜ im Blitzen,  aber seine Siege sind oft mit die schönsten. Wie er dann aber zb einen Turm einzügig einstellt mit Mehrfigur wie zb gegen Carlsen, einfach der Hammer. Dafür hat er MC im Rapid wie aus einem Guss überspielt. Kann aber wie gesagt gegen jeden verlieren und beweisst das jedem der das nicht glaubt auch immer wieder. Manchmal bisschen übermotiviert/unsauber spielend zb 4 mal Stellung wiederholt gegen Karjakin dann noch mattgesetzt. Ein absoluter Chessgenius, wird aber nie WM werden, meinen viele, ich auch.

Gelfand

Im Ergebnis so wie erwartet, mit Höhen und Tiefen. Hier allerdings eine Tiefe die kaum ein Schach-UBOOT jemals erreicht:

Andreykin-Gelfand: 1.sc3 d5 e4 de4 se4 sd7 sf3 sgf6 sf6 sf6 6.Lc4 und dann der Hammer im 6.Zug ...Lg4. Das ist vom Bauerndiplom-Niveau her noch mal meilenweit unter Th7 in der hier im Bog  früher u.a. von mir diskutierten 3. WM Partie anzusiedeln.

Für mich kann das kann kein WM sein der solche unterirdischen Züge, dann noch am Anfang der Partie, immerhin in einem WM-Contest, ausführt. 

Andreykin

Führte im Blitz, spielte "like a machine" (o Ton GM Kashgalejew)- am Schluss war wohl der Strom ausgefallen in Kazachstan sonst wäre das Treppchen sicher drin gewesen. Hammer wo diese russischen Naturschachspieler herkommen, praktisch ohne Eröffnungen spielte er Leute wie Ivanchuk oder Topalov aber sowas von geradlinig und chancenlos in Grund und Boden, kann man nur den Hut ziehen, Talent ist eben Talent und viele von uns Amateuren hätten soo gern dieses Schachgefühl.

Radjabov

Etwas enttäuschend: immer wenn's drauf ankam, genullt. Aber sein dynamic Königsinder mit 7...ed4 findet mehr und mehr Nachahmer, interesting.

Morozevich

Seine Chancenverwertung war katastrophal. Wieviel Punkte er wegwarf, Du meine Güte. Fast wie beim Tal Memorial im klassischen Schach. Muss aufpassen dass er nicht zu einem 2. Chuky wird. Chuky und Moro, die beiden "Rollercoaster" in den Top 10 sagt man ja auch - sicher zurecht wenn man sich die Partien anschaut. Wie er MC in einem total wilden free Style Holländer erstmal alle Bauern wegnahm, und dann mattsetzte, lohnt ein Nachspielen!

Shak Mamedjarov

Spielt gnadenlos nur auf Taktik, das kann er, aber wenn's da mal hakt, ist das ganz sicher kein schönes ästhetisches Schach mehr, was er da positionell an Stellungen aufbaut, teilweise ojeoje. Aber wie er zb im Rapid einen absoluten  positionellen Trümmerhaufen gegen Moro taktisch befreit und dann den vollen Punkt macht, kann man schon bewundern. Taktik rulez Position - wer's nicht glaubt, spiele mal gegen Shak.

Topalov

Zeigte im Rapid dass er doch noch absolutes Spitzen-Schach spielen kann. Wie er Matt in ca. 3 Zügen gegen MC in der letzten Rapid Runde ausläßt, schwierig zu beantworten, weil er das Sehen der Mattidee durch das Figurenopfer Sh5 ja bereits am Brett ausgeführt hat! Das war einfach crazy, hätte auch Platz 2 für Ihn bedeutet-Nerven? Dieser gute Topa-Eindruck aus dem Rapid war dann im Blitz aber wieder komplett weg.

Bologan

Selten gab's jemand mit einer Remisquote gefühlt nahe 0. Kämpft wirklich alles aus. Fast schon bisschen krank sieht das allerdings manchmal aus wenn er remis in schlechterer Stellung auslässt.

Svidler

Soviele Remis im Blitz- dass das überhaupt möglich ist, wo doch Remisanbieten gar nicht erlaubt war! Hier und da blitzt sein Vermögen auf, wie er teilweise Topleute wie zb Grischuk im Blitzen an die Wand nagelt. Aber insgesamt nicht energisch oder motiviert genug. Er macht den Eindruck er ist zufrieden ein starker 2750 Spieler zu sein der ab und zu mal richtig zubeisst wenn er in Laune oder "Grünfeld"-Stimmung ist. 

Schön dass auch ein Deutscher mit in Astana dabei war: mein alter Bekannter und Business Man wie ich, Alexander von Gleich, als Qualifikanten Candidate und Chief-Kiebitzer - stets mit wichtiger Miene - umfeldgemäß- im Turniersaal!

Kommentare   

#1 Thomas Richter 2012-07-11 21:55
Schöner Artikel, willkommen im Team! Hoffentlich ist das keine Eintagsfliege ... .

Bei meinem Senf dazu beschränke ich mich auf drei, indirekt vier Spieler:

Karjakin - Dass er trotz hoher Elo noch relativ unbekannt ist und auch weniger populär als Nakamura, Giri, vielleicht sogar Wesley So (was auch zu weniger Einladungen führte) liegt wohl daran dass er a) Russe ist und momentan noch im Schatten von Kramnik, b) abseits des Bretts im negativen Sinne etwas farblos ist (sein Englisch ist auch nicht so toll), im positiven Sinne sympatisch und bescheiden. Man konnte ihn aber durchaus schon vorher kennen und schachlich charakterisieren - mehrfach Tal Memorial (selbst da wurde er dieses Jahr nicht eingeladen), einmal Bazna.
Dreev sagte übrigens gerade folgendes über ihn: "Karjakin’s play is a true joy to behold for a professional chess player. He plays chess, in contrast to Carlsen, who prefers to wait for his opponent to make a mistake rather than try to outplay him as real chess players do. Karjakin plays real chess, and genuinely tries to beat his opponent ...". Nun sind wohl einige Leute böse - auf Dreev, auf Colin McGourty der das aus dem Russischen übersetzte ( http://whychess.org/en/node/2220 ), auf mich der es hier erwähnt, aber aus meiner Patzersicht hat es einen wahren Kern. Dazu gehört vielleicht auch dass Karjakin und andere mitunter denken "OK ich hab's versucht, jetzt isses eben remis" und nicht "der wird schon noch einen Fehler machen".

Gelfand - mit viel gutem Willen kann man seine Partie gegen Andreikin als Eröffnungs-Experiment oder Provokation betrachten, ähnlich wie manches von Carlsen. Immerhin hat er sie noch gewonnen: nachdem der Gegner mit seinem Vorteil nichts anzufangen wusste wurde er brutal ausgekontert.
Eher spielte wohl eine Rolle: es war zwar am Anfang dieser Partie, aber gegen Ende des Turniers. Jeder der mal - auf seinem Niveau - solche Blitzturniere gespielt hat weiss wie ermüdend das sein kann: ständig neue Gegner und Stellungen, praktisch keine Pause zwischen den Partien. Wohl anstrengender als eine klassische Partie die etwa genauso lang dauert, und Gelfand ist ja "alt".

Svidler - mag sein dass er nicht, bzw. nicht immer energisch und motiviert ist. Weltmeister wird er wohl nicht mehr bzw. da fehlte immer ein bisschen was - obwohl er dank seines energischen und motivierten Auftreten beim World Cup unter den letzten acht ist die Anands nächsten Herausforderer ermitteln. Und er ist auch mehrfacher russischer Meister, zuletzt 2011 (5/7 vor Morozevich, Grischuk, Karjakin und Kramnik).
Svidler hat eben Frau (offenbar keine Schachspielerin), Kinder und diverse andere Interessen ausser Schach. Insofern kann man mangelnde Motivation zwar konstatieren, muss sie aber nicht unbedingt kritisieren.
+1 #2 Tiger-Oli 2012-07-12 11:36
Schöner Artikel - herzlichen Dank!

Ich konnte leider nicht reinschauen, aber es scheint klasse gewesen zu sein mit all den hübschen Eröffnungen. 1.a4!? Mehr davon!

Gelfands Zug ist natürlich krass. Ich glaube aber, Thomas Richters Einwand ist berechtigt - das geht da Schlag auf Schlag, und nachher verdaddelt man mal was. Das Gesamtergebnis macht es.
#3 Gerhard 2012-07-12 22:26
Karjakin verdient unbedingt Einladungen zu Super-GM-Turnieren - wenn nicht er , wer dann? Das denke ich mit Bedauern für ihn schon lange. Gefühlt schon seit geraumer Zeit (!) unter den top 6 bekommt er kaum eine Chance, zu zeigen, was er drauf hat.
Morozevich spielt oft unter seiner Spielstärke - eigentlich ist er DER Meister,sogar vor Carlsen - und zeigte das auch beim Tal-Memorial, wo er unglücklich nach 4 aus 5 (!) eine weitere gewaltige Stellung gegen Nakamura verdarb und dann abrutschte.

Im Hauptartikel stimmt etwas nicht: Iwantschuk gewann mit S gegen Carlsen im Rapid. Sehenswert dabei seine Freude nach Erreichung der Gewinnstellung gegen Carlsen mit ...Sf4+.
Überhaupt Iwantschuk: Der warf einige Partien weg. Manchmal schien es, als spiele er "verträumt" und nicht voll konzentriert. Z.B. Gegen Grischuk mit S im Blitz. ER hatte da die Ideen (!) und übersah eine einfache Wendung!
Grischuk habe ich in Mainz beobachten können, auch Moro. Aber irgendwie steht mir das Genie Von Moro näher.

Daß Magnus im Blitzen am Schluß 8 aus 8 holte, ist UNERHÖRT. Aus einem abgeschlagenen Platz heraus fast noch Sieger werden!

Insgesamt gibt es viele tolle Spieler...und man muß nicht immer auf MC schauen. Es gab in diesem Turnier ganz bestimmt das "unauffällige" Genie, das es aus irgendwelchen Gründen nicht unter die ersten drei brachte. War es Moro? War es Iwantschuk? Oder Jemand anders? Man kann ja bei solch einem Turnier unglaublich kreativ und gut spielen und trotzdem nur bei 50 Prozent landen.
+1 #4 Malte Meyer 2012-07-22 19:24
Lieber Herr Illner,
ich würde gerne zwei Punkte in ihrem Text ansprechen, die einerseits als Kleinigkeiten erscheinen können, bei denen sich aber andererseits der Eindruck aufdrängt, dass sie pars pro toto für eine allgemeine Problematik stehen:
1. Mehrfach schreiben Sie Sätze wie: „Das er im Rapidschach nicht Erster wurde war im übrigen verdient, denn zb gegen Ivanchuk wurde er mit weiss positionell und taktisch sowas von an die Wand gespielt das war ein Highlight der Schachkunst von Chuky. Andererseits natürlich auch Pech für MC das Ivanchuk eine Runde vorher gegen Karakin grundlos in "close to winning" die Zeit überschreitet.“
Abgesehen von dem Unterbieten selbst minimaler Standards in puncto Rechtschreibung, Zeichensetzung und Ausdruck fehlt darüber hinaus im gesamten Text ein einigermaßen kohärenter Gedankengang oder eine eigentliche Aussage. Ärgerlich ist außerdem, dass Sätze wie „So, das war mal Klartext - und bestimmt regen sich hier jetzt einige auf.“ (http://schach-welt.de/BLOG/Blog/Anandreichtes-mirauch#comment-2689) insinuieren können, mögliche Aufregung über Ihre Äußerungen beziehe sich auf das (eigentlich verdienstvolle) Brechen von Tabus, während tatsächlich schlicht das Niveau des Schreibens Anlass zur Aufregung bietet.
2. Ich halte es für unwürdig, in welcher Weise Sie Urteile über die Besten der Welt fällen – ohne Respekt und anscheinend ohne größere Sachkenntnis. Wer sich etwa über Sergej Karjakins ELO-Zahl wundert, sollte sich vielleicht nicht unbedingt öffentlich zu schachlichen Themen äußern.
Andere Beiträge legen darüber hinaus den Schluss nahe, dass die Hybris gegenüber stärkeren Spielern bei Ihnen System hat. In SCHACH 4/2012 etwa wird GM Hebden als „Kaffeehaus-GM“ eingestuft, was erstens in der Sache durchaus diskutabel ist und zweitens in einer reichlich kindischen Logik eigenes Fehlverhalten legitimieren helfen soll. Vor Ausführung des Gewinnzuges mit „schnittigen Grimassen“ (was immer das sein mag) Zuschauer an das Brett zu locken, um den Gegner öffentlich zu demütigen, ist eine Praxis, die tatsächlich ins Kaffeehaus gehört. Aber das ist ein anderes Thema.
An gleicher Stelle suggerieren Sie schließlich gar (ohne einen anderen Beleg als dem chronologischen Nacheinander), Anand sei gegen Gelfand einer Partie von Ihnen „gefolgt“ und mehr noch, müsse in Ihnen ein „Vorbild Dr. Illner“ erblicken!
Wenn man nicht, wie in der Reaktion auf Ihren „Bericht“ von dem „Wetten dass...?“-Auftritt in SCHACH 11/2001 bereits vorgeschlagen, Ihre Versuche als bloße Satire ansehen will, bleibt nur, auf die Einhaltung eines Mindeststandards veröffentlichter Beiträge zu drängen. Mir ist bewusst, dass Fragen nach Stil und Angemessenheit in den Bereich individueller Maßstäbe und persönlichen Geschmacks hineinreichen; anscheinend hat Ihr Beitrag ja zumindest zwei Lesern gefallen. Für mein Teil stelle ich allerdings fest, dass ich keinen Blog-Beitrag (und übrigens erst recht keine Zeitschrift, s. o.) lesen möchte, der genausogut das Tastaturgehacke in einem Chat sein könnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Malte Meyer
-1 #5 Achim Illner 2012-07-23 16:25
Lieber Hr. Meyer,

zu Ihrem reinen Negativ-Beitrag hier ein paar lose Fragen:

1. Wenn Sie für sich den „Chat-Stil“ grundsätzlich ablehnen, warum dann Blogs lesen oder gar darauf antworten?

2. Wenn in einer Überschrift eines Textes steht: „Subjektive Eindrücke“ und die wesentliche Leserkritik lautet: „Manoman: dieser Text war aber ganz schön subjektiv“, wie würden Sie dann den intellektuellen Gehalt dieser Leserkritik „objektiv“ einschätzen?

3. Ist Kritikfreiheit gegenüber Präsidenten, Königen, Professoren und – höret, staunet - sogar Schachweltmeister etwa nicht Teil von „Blog-Kultur“ ?

4. Wo ist Ihr Schach-inhaltlicher Beitrag ?- Züge, Eindrücke, Bewertungen o.äh. Wird fehlende eigene Schachkompetenz (nachgewiesen z.b. durch Ihre 1,5/12 in der Schach-BL) denn dadurch hergestellt, anderen diese (praktisch argumentfrei) abzusprechen ?

5. Wird im Internet Zeichensetzung und Grammatik kritisiert - fühl ich mich nicht gerade elektrisiert. Wenn aber diesbzgl. grundsätzliche Zweifel am Ausdrucksvermögen bestehen, schicke ich ihnen gern mein Buch / Doktorarbeit (http://www.peterlang.com/index.cfm?cid=647&formulare.pk=20343&concordeid=35661) zu und ich darf im Gegenzug dann einmal Ihre „korrekten“ Abhandlungen (gern auch als Buch statt Blog!) entgegennehmen ?

6. Was wollen/ sagen denn die BLOG-LESER ?
Thesen / Unterhaltung / Eindrücke – vs. juristische Gutachtersprache? - zu, z.b.,
„Möglichkeiten der Bewertung von schachbezogenen Aspekten und Tendenzen im gegenwärtigen nationalen Amateur- und internationalen Spitzenschach unter besonderer Berücksichtigung des obliegenden Respekts gegenüber dem Schach-Grossmeister, auch Kaffeehaus“.
Wobei ganz ehrlich, Hr. Meyer, selbst wenn Sie zu genau dem Thema etwas schreiben mögen, wo dann irgendetwas intellektuell oder schachlich Interessantes hervorblitzt, würde ich das gern lesen wollen!

A. Illner
#6 Malte Meyer 2012-07-24 20:17
Lieber Herr Illner,
vielen Dank für die übersichtliche Gliederung Ihrer Antwort. Ich erlaube mir, noch einen siebten Punkt hinzuzufügen.
1. Weil andere Blog-Autoren durchaus unterscheiden können zwischen dem Anspruch eines schriftlichen Textes und dem „Chat-Stil“.
2. Vom Vorwurf der „Subjektivität“ war nicht die Rede. Ich bin also, was den intellektuellen Gehalt meiner Kritik angeht, nicht allzusehr beunruhigt.
3. Unbedingt, im weiteren Sinne sogar tragendes Element von Pressefreiheit, Kunstfreiheit und Demokratie überhaupt. Trotzdem gibt es einen Unterschied zwischen begründeter, konstruktiver und grundsätzlich respektvoller Kritik auf der einen und einem selbstgerechten (Ab-)Urteilen auf der anderen Seite.
Darüber hinaus konnten Sie meinem Beitrag entnehmen, dass es nicht nur um diesen Text ging, sondern auch um die beiden SCHACH-Beiträge, die nicht nur Schach zum Gegenstand hatten, sondern beispielsweise die Figur Franziska van Almsicks in der unverschämtesten Weise zum Thema machten. Wären die „Eindrücke aus Astana“ der schwächste der drei Texte, hätte ich mit Sicherheit nicht darauf geantwortet; das eigentliche Problem besteht darin, dass er der beste ist.
4. Die schachliche Bewertung einzelner Spieler oder gar Züge war schlicht nicht Gegenstand meiner Kritik und würde den Rahmen mit Sicherheit sprengen. Was ich feststelle, ist, dass einzelne Äußerungen dilettantisch sind; Ihre Kompetenz im Sinne von Spielstärke habe ich in keiner Weise in Frage gestellt. Auch Ihnen sollte klar sein, dass ein gewisser Zusammenhang zwischen der Kompetenz qualifizierter Äußerungen über Schach und Spielstärke besteht, diese aber mit Sicherheit nicht das einzige Kriterium darstellt.
Nur falls Sie Lust haben zu antworten würde mich übrigens interessieren, ob Sie pauschal alle Schachspieler unter 2350 für inkompetent halten.
5. In Ihre Dissertation würde ich in der Tat gerne mal hineinschauen (allerdings nicht EUR 76,95 dafür bezahlen). Dass sie sich auf einem anderen sprachlichen Niveau bewegt, setze ich in Ihrem Sinne voraus; wenn Sie bewusst unsauber formulieren, stellt sich allerdings umsomehr die Frage nach dem Warum.
6. Wie in aller Deutlichkeit gesagt, ist es jedem unbenommen, Ihren Stil zu mögen. Mir muss es erlaubt sein, ihn zu kritisieren. Eine Alternative zwischen Ihrer Schreibe und „juristischer Gutachtersprache“ aufzumachen, verkennt hunderte von Möglichkeiten, die dazwischen liegen.
7. Zum Stichwort „reiner Negativ-Beitrag“: Das ist nun reichlich dünnhäutig für jemanden, der sich Kritik an Königen auf die Fahnen schreibt. Wer so schreibt wie Sie, muss sich zumindest Kritik gefallen lassen.
Das gilt prinzipiell auch für eine „negative“ Kritik im Sinne von „Luft-ablassen“. Ich vermute, dass man etwa die Äußerung, Ihnen „einen ordentlichen Arschtritt von David [Beckham]“ zu wünschen, darunter fassen könnte (Thomas Lochte in SCHACH 12/2001).
Darüber hinaus werden Sie feststellen, dass sich eine solche Formulierung bei mir nicht findet. Ich habe auch keine besondere Freude daran, die Unzulänglichkeiten Ihres Schreibens nachzuweisen, aber ich würde schlicht und einfach gerne einen auch in der Breite guten Blog lesen und glaube außerdem, dass Ihnen jemand sagen muss, dass die Schwärmerei etwa von ihrem eigenen „paradiesischen Schach“ und das Fabulieren über ein „Vorbild Dr. Illner“ (SCHACH 4/2012) auf andere Menschen schlicht peinlich wirken. Ob Sie das als negative oder als konstruktive Kritik lesen, liegt an Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen,
Malte Meyer

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