Meistergipfel: Passables Finale in Karlsruhe!

Meistergipfel: Passables Finale in Karlsruhe! Diagramm: Chess24, vielen Dank!

Große Pause in Schachdeutschland – das Corona-Virus hatte im März diesen Jahres den gesamten Spielbetrieb der ersten Schachbundesliga lahmgelegt (und den aller anderen Ligen und Sportarten weltweit natürlich ebenfalls). Nach einer längeren Zeit der Schockstarre indes sprossen neue Initiativen aus dem Boden, wie trotz der unheimlichen Pandemie doch wieder eine Art Spielbetrieb hergestellt werden könnte.

Zunächst beschloss die Bundesliga, die Saison 2019/2020 umzumünzen in eine verlängerte Saison 2019/2021 – zwei Jahre, eine Spielzeit! – so dass sie im kommenden Frühjahr aller hoffnungsvollen Voraussicht nach beendet werden kann.
Zugleich aber wollte man auch jetzt schon spielen, wenngleich nicht absolut verbindlich – denn nicht allen Teams war die Rückkehr zu den normalen Mannschaftskämpfen schon wieder geheuer.
Konnte man aber nicht dennoch schon wieder „in echt“ an die Bretter gehen? Man konnte, fürwahr, und man wollte – und geboren war der Meistergipfel 2020 in Karlsruhe, ein freiwilliges Turnier von acht Bundesligisten, bei dem sogar ein veritabler Champion 2020 ermittelt werden sollte!

Werder in Karlsruhe 2020
Grün-Weiß Bremen im Badener Land (es fehlt - weil hinter der Kamera - Jonathan Carlstedt)

Werder Bremen war eines dieser acht Teams, und Captain Fish sowie Coach Carlstedt hatten für die Reise ins Badische eine hübsche Aufstellung komponiert: viele etablierte Fachkräfte aus aller Welt, der Ukraine, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden – ergänzt um regionale Kometen aus dem Bremer Raum, junge Werderaner, die beim Meistergipfel Erfahrung und gerne auch reichlich Punkte sammeln konnten.

Nikolas Wachinger, Collin DerBesteAusWelt Colbow und Jari Reuker sicherten somit in Karlsruhe die hinteren Bretter, und das machten sie ganz vortrefflich! Ihre Ausbeute lag bei gut 50% aus 12 Partien – Chapeau, chapeau, mit prima Resultaten u.a. von Jari gegen GM Sergei Movsesian und Collin vs GM Ilja Zaragatski, die beide mit schönen Remisen endeten.
Nikolas schnappte sich 3 Punkte in vier kniffligen Partien – was soll man sagen, in dieser Form zählt er sicher auch bei unserer gerade gestarteten Clubmeisterschaft zu den Favoriten!

Vor der letzten Runde des Meistergipfels am Sonntagmorgen lag Team Werder auf dem fünften von acht möglichen Plätzen.

Am Samstag noch waren wir vom späteren Meister OSG Baden-Baden mit 5:3 besiegt worden - leicht hätte es auch genau anders herum enden können, denn an mehreren Brettern standen wir aussichtsreich bis sogar - zeitweise- auf Gewinn (Laurent, gegen Caruana!). Immerhin, am Nachmittag kamen wir mit einem schönen 5 - 3 gegen Bayern München und verstärkt durch den nachgereisten Martin Zumsande zu zwei weiteren wichtigen Mannschaftspunkten.
Somit ging es in der abschließenden siebten Runden noch einmal um alles – denn ein Erfolg gegen die Schachfreunde Berlin bot uns die Chance, noch in die obere Tabellenhälfte vorzustoßen und die SG Solingen von Platz vier zu verdrängen.
Die Chancen dafür standen nicht allzu schlecht: im Spiel mit den Chessfriends waren wir leicht favorisiert, während die starken Solinger gegen – so hofften wir – noch stärkere Deizisauer vielleicht nicht gewinnen würden. Und tatsächlich – die Jungmannen aus Deizisau erarbeiteten sich geduldig einen überzeugenden Sieg, und auch wir konnten (wenn auch nicht ohne zeitweiliges Bangen) mit 5,5 : 2,5 beide Punkte sichern. Hurra! Vierter Platz!

Sieger wurde, bevor wir es vergessen, mit der OSG Baden-Baden der Ausrichter dieser gelungenen Veranstaltung und zugleich auch der Standard-Anwender-Meister der vergangenen 12 oder mehr Jahre – herzlichen Glückwunsch dazu, es war verdient und mit einem schillernden Team rund um Caruana, Vachier-Lagrave, Aronian und Rapport auch eine Freude, die vielen prominenten Meister in Aktion zu sehen.

Vierter Platz für uns, wir sind‘s zufrieden, und haben die Bremer Farben so hoffen wir angemessen vertreten: zugebissen gegen Aachen, die SF Berlin, die Münchner Bayern (!) (immer schön) und gegen die SG Solingen gleich in der Auftaktbegegnung. Hier spielten wir sogar nur zu siebt, da Romain Edouard krankheitsbedingt kurzfristig ausgefallen war (wir freuen uns sehr, dass es ihm mittlerweile wieder besser geht). Zu unserem Leidwesen verloren wir knapp gegen Deisisau, hoch gegen Viernheim und nach großem Ringen auch gegen Baden-Baden – das kann passieren!

Durch Corona hatten wir vor und während des Turniers reichlich um die Ohren, Coach Jonathan und Captain Genna vor Ort, Präses Höpfner und ich hier in Bremen - die Einreise unserer Meister aus so manchem Risikogebiet hielt uns viele Tage in Atem, da zunächst Corona-Tests organisiert werden mussten, um ihnen eine problemlose Anreise und Aufenthalt zu ermöglichen – doch wo gab es dafür Kapazitäten, sichere Zeitfenster, Unterkünfte vor Ort?
Es gab Sorgen um Quarantäne, kurzfristige Verschiebungen der Anreise, Versicherungsfragen wollten geklärt sein, und reichlich Mails und Anrufe bei Gesundheitsämtern und der Bundespolizei, zusammen mit mancherlei mehr Kalamitäten en gros und en détail.
Doch sagen wir „Ende gut, alles gut“ - wie so oft sind alle Schwierigkeiten wie von Zauberhand vergessen, weil man in der Rückschau über diese oder jene Situation wieder schmunzeln kann.

Es ist prima, dass wir in Karlsruhe mit dabei sein konnten mit einer tollen Mannschaft aus langjährigen Werderanern und motivierten Junioren. Ein wunderbarer Team-Spirit und viele spannende Schachtage – viel mehr kann man sich nicht wünschen!

Die letzte Runde im Video

Werder-Ergebnisse im Einzelnen

Feuerwerk der Turmkunst

Aus unserer beliebten Reihe "Feuerwerk der Turmkunst" hier noch aktuelles Beispiel aus dem Schaffen von Nikolas Wachinger, der in Karlsruhe mit Schwarz gegen IM Norbert Coenen die folgende Position erreichte:

Coenen Nikolas

Diagramm von Chess24. vielen Dank!

Wir fragen die verehrte LeserInnenschaft:

1) Auf welchem Weg eigentlich kam Nikolas' Turm nach ... a2? (!?)

2) Und wie sicherte sich Nikolas in dieser Stellung großen Vorteil?

(Lösung diskret versteckt ... hier)

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

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