Schachbund auch 2012 weiter abwärts

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Neben seinem unangenehmen Inhalts weist dieser jährlich erscheinende Beitrag auch eine sehr erfreuliche Komponente auf: Der Hinweis auf die Statistiken des DOSB erfordert nicht den immensen Zeitaufwand anderer Artikel - in zehn MInuten ist alles erledigt....

Jährlich präsentiert der DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) seine Mitgliederstatistiken, und diese fallen auch 2012 alles andere als rosig für Schach aus: Der Deutsche Schachbund weist den üblichen Schwund an Mitgliedern, auf. Das Ergebnis ist schon deshalb ernüchternd, weil die Gesamtheit der Sportarten ständig zulegen kann (3,77% in 2012).

Vielleicht ist Schach out, vielleicht ist Schach doch kein Sport, vielleicht liegt es aber auch schlicht an unserem unprofessionellen Auftreten.

Doch bevor ich mich wiederhole, hier der Link zum Artikel aus dem Jahr 2010 „Schachbund weiter abwärts“, der nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Die Statistiken finden sich auf der DOSB-Website zum Download.

 

Jörg Hickl

Großmeister, Schachtrainer, Schachreisen- und -seminarveranstalter.
Weitere Informationen im Trainingsbereich dieser Website
oder unter Schachreisen

Webseite: www.schachreisen.eu

Kommentare   

#1 Schmidt 2012-12-10 17:09
Hm, also ich weiß nicht, ob ich die Statistik nicht verstanden habe, aber ich habe etwas von -0,34 Prozent Mitgliederrückgang im letzten Jahr gelesen. Von "Schwund" würde ich da nicht sprechen, eher von Stagnation. Positiv gewendet könnte man auch von "stabilen Mitgliederzahlen" sprechen. Angesichts des Wachstums in anderen Bereichen ist das natürlich nicht euphorisierend, aber m.E. auch kein Anlass, Trübsal zu blasen. Übrigens fand ich interessant, dass der Anteil der Schachspieler unter 14 Jahren recht hoch ist, dann aber offenbar viele die Lust am Schach verlieren. Bei der Arbeit mit Kindern kann also noch viel verbessert werden...
#2 Schmidt 2012-12-10 17:25
Ach so, ich sehe gerade, dass die Zeitintervalle in der Statistik unterschiedlich gewählt wurden, insofern stimmt das mit dem Mitgliederabfall unter den Jugendlichen wohl doch nicht. Wie auch immer, insgesamt bin ich erstaunt, wie sehr Schach eine Randsportart ist, verglichen mit den anderen teils recht exotischen Sportarten, mit denen es da aufgelistet ist.
#3 Max Bouaraba 2012-12-10 20:30
"Vielleicht ist Schach out, vielleicht ist Schach doch kein Sport, vielleicht liegt es aber auch schlicht an unserem unprofessionellen Auftreten"

Es ist halt eben so wie es ist und das ist auch gut so. Es muss nicht jede noch so geringe Veränderung kommentiert, oder gar bis ins Detail analysiert werden. Vielleicht haben wir nächstes Jahr einen Mitgliederzuwachs von 0,3%. Na und? Wer wird das kommentieren wollen? Das sind doch alles keine nennenswerten und schon erst recht keine negativen Veränderungen. Wenn ich mir aber anschaue, was sich alleine in den letzten 10 Jahren an Jugendarbeit getan hat, DAS ist es, worauf es in Zukunft ankommen wird und wir sind da absolut auf einem positiven Weg.
+1 #4 Jörg Hickl 2012-12-11 11:03
Man kann sich alles schönreden. Ich stelle den Hinweis auf den DOSB jährlich ein, um zu zeigen, dass es eben nicht mal zwischendurch aufwärts geht, wie bei der Gesamtheit der Sportarten.
Intern geht man, bereinigt um Doppelmitgliedschaften etc., nur noch von erschreckenden 60.000 statt der offiziellen 90.000 Mitglieder aus. Von den 2595 Vereinen (2004 noch 3.000) ist gefühlt die Hälfte nicht mehr in der Lage, einen vernünftigen Vereinsabend anzubieten. Immer wieder bekomme ich Anfragen von Schachinteressierten mit dem Tenor „Nachdem ich mit Mühe einen Verein gefunden hatte, stand ich an der Tür. Einige wenige Gestalten blitzten die ganze Zeit und vergaßen dabei das Grüßen. Nach 15 Minuten ging ich wieder. Ein Lernangebot für Engagierte gab es da sowieso nicht.“

Da hilft es auch wenig, sich hinter einer einigermaßen funktionierenden Jugendarbeit zu verstecken. Diese wird von der nahezu autarken Abteilung DSJ geleistet und führte seit 2002 bei den U18-jährigen zu einem Anstieg um 3.000 auf 24.600 Mitglieder – kein Boom, aber spürbar. Doch die Vereinsarbeit wird von anderen geleistet, und hier ist die Erosion riesig.
+1 #5 Thomas Richter 2012-12-11 12:39
Man muss nichts schönreden, aber auch nicht alles schlecht reden, und Vergleiche mit anderen Sportarten (wenn Schach denn Sport ist) hinken. Was braucht man für eine Schachpartie? Brett, Figuren, Schachuhr (selbst die nicht unbedingt) und zwei Personen - geht auch privat zu Hause. Alternativ Computer, Software, Internet und dann findet man jederzeit, Tag und Nacht, die zweite Person. Was man nicht braucht: irgendwas (z.B. eine Sporthalle) das man ohne Verein nur schwer bekommt und mehr als zwei Personen (eine grössere Gruppe findet man auch am ehesten im Verein). Das ist u.a. das Schöne am Schachspiel - auch oder gerade wenn man es nicht als Sport betrachtet - hat aber gewisse Konsequenzen oder Nebenwirkungen?

Am ehesten kann man den Schachsport vielleicht mit dem Laufsport vergleichen - Unterschied ist dass man da nur eine Person (sich selbst) braucht. Zufällig kenne ich mich da ein bisschen aus da ich auch diesen Sport im Verein ausübe und einige Zeit im Vorstand war. Unser jährlicher Halbmarathon hat etwa 300 lokale Teilnehmer, im Verein sind nur ca. 100 Erwachsene. Dieser und andere für alle offene Wettkämpfe soll auch der Mitgliederwerbung dienen - allerdings haben offenbar viele nicht das Bedürfnis um regelmässig, systematisch und in einer Gruppe zu trainieren. Was wir auch machen und was im Schach wohl völlig fehlt: Anfängerkurse ("Start to Run") auch für Erwachsene. Das hat grosse Resonanz, aber hinterher landet/bleibt allenfalls jeder Zehnte im Verein.

Zurück zum Schach: die Hemmschwelle um in einen Verein einzutreten mag hoch sein, und was Jörg Hickl dazu schreibt stimmt - wobei ich bei mehreren Umzügen nie Probleme hatte einen Verein zu finden und oft die Wahl zwischen mehreren hatte. Was fehlt ist wie gesagt Angebote für erwachsene Anfänger und tendenziell überhaupt ein "Lernangebot"auch für etwas fortgeschrittene Spieler. Ich war/bin in fünf Vereinen in drei Ländern, wirklich trainiert wurde in keinem - und sei es nur dass man gemeinsam die Partien des letzten Mannschaftskampfs analysiert. Gibt es dieses Bedürfnis bei Otto Normalspieler (sagen wir Elo 1000-2200)?

Zur Jugendarbeit: die wird doch in der Praxis, im Verein oder auch in Schulen, auch von Vereinsmitgliedern geleistet (war selber mal Jugendleiter) und von der DSJ allenfalls koordiniert oder unterstützt (Turniere, Lehrgänge für Trainer und Spieler, ...)? Und wieweit der Schachbund dafür verantwortlich ist dass es in manchen Vereinen so zugeht wie von Jörg Hickl beschrieben ist auch fraglich - das liegt zunächst an den Schachspielern (uns) selbst !?
+1 #6 Krennwurzn 2012-12-11 16:07
dazu passt:

HonorarKonzept kündigt Sponsorvertrag

Zitat:
Was die Schachprinzen-Gruppe angeht, so muss man sehen, wie dieses Projekt von Deutschen Schachbund künftig weitergeführt werden kann. Der Sponsor „HonorarKonzept“ hat nämlich den Vertrag mit dem DSB vorzeitig gekündigt, sodass ab 2013 Mindereinnahmen in Höhe von 60.000 € zu verzeichnen sein werden, wie Hans Joachim Schätz, Präsident des Schachverbandes Sachsen, in seinem Bericht von der Sitzung des Hauptausschusses des DSB (23./24. November in Halle) anmerkte.

Quelle: www.chess-international.de/?p=12421
Wohl auch ein Grund für notwendige Beitragserhöhungen :-)
+1 #7 Tiger-Oli 2012-12-11 18:45
Eigentlich ist es doch so: wenn ich für mein Geld auf dem Sparbuch nichts bekomme, aber die Preise in der Zwischenzeit um 3% steigen, verliert mein Geld an Wert.
Ähnlich ist es mit den Mitgliederzahlen - wenn alle anderen zulegen können, der Schachbund aber "stabil" bleibt, dann scheint es doch ein Problem zu geben.

Beeindruckend auch die Zahl, nach der die Jugendlichen es oft nicht über das 14.Lebensjahr hinaus im Schachleben hält. Scheint da doch was falsch zu laufen? Wir erleben das ja auch oft in unserem Verein - junge Erwachsene gibt es nicht viele.

Danke für den Beitrag und den wichtigen Fingerzeig an Jörg!
#8 Losso 2012-12-12 10:31
Für 2012 wird es einen negtiven Sondereffekt geben: Die Schwalbe hat angefangen, säumige Beitragszahler zu mahnen und dabei meines Wissens knapp 100 Mitglieder vor die Tür gesetzt, die wohl uneinsichtig bezüglich der Forderungen waren. Macht immerhin ca. 0,1%, die wohl dann aus der Statistik herausfallen.
+1 #9 Darth Frank 2012-12-12 16:39
Neue Mitglieder kommen erfahrungsgemäß nur im Kinder- und Jugendbereich. Erwachsene Neumitglieder gibt es kaum, und wenn, dann waren die schon mal in einem Verein und haben dann eine Weile ausgesetzt.

Ich habe das schon ein paar Mal erlebt: Da kommt einer zum Vereinsabend, der in seinem Bekanntenkreis gegen alle gewinnt. Der glaubt dann, er kann Schach spielen. Dann verliert er gegen jeden Kreisklassepatzer (ist nicht abwertend gemeint!), das Schach-Weltbild bricht zusammen und er ward nie wieder gesehen. Es gibt auch echte Späteinsteiger die dabeibleiben, aber das sind absolute Ausnahmen. Das kann man auch nicht mit Einsteigerkursen ändern.

Wir haben in unserem Verein eine große Jugendabteilung (bin selbst Jugendleiter, aus Zeitmangel aber leider eher „Würdentäger“). Das geht nur, weil sich einige Mitglieder ehrenamtlich stark engagieren. Der meiste Zulauf kommt aus Schulschach-AGs, die wieder Übungsleiter von uns betreiben. Es ist aber mühsam, von 20 Kindern bleibt vielleicht eins langfristig dabei. Manche hören nach ein paar Wochen wieder auf, andere kommen einmal die Woche zum Training, bleiben bei DWZ 1100 stehen und steigen nach ein paar Jahren zwischen 16 und 20 aus. Aus egoistischer Sicht wäre es für einen Verein rationaler, andere die Grundausbildung machen zu lassen und die Talente abzuwerben…

Ich glaube, wir müssen uns einfach damit abfinden, dass Schach in Deutschland kein Modesport mehr wird.

@Thomas Richter:
Beim Laufen ist das etwas anders. Ich habe selbst vor 4 Jahren mit dem Laufen angefangen, habe schon einen Marathon in 3:29h geschafft (da bin ich stolz drauf, bin aber in keinem Laufverein). Viele „mittelalte“ Männer fangen an zu laufen. Da hat niemand ein Problem damit, dass man gegen „richtige Leichtathleten“ keine Chance hat. Der Unterschied zum Schachanfänger: Man hat auch beim Halbmarathon mit 2:30 h im Ziel ein Erfolgserlebnis, das fehlt beim Schach aber irgendwie beim mit DWZ 900 verprügelt werden. (Was nicht heißt, dass man nicht auch als schwächerer Spieler Spaß am Schachspielen im Verein haben soll.)
+2 #10 Michael Schwerteck 2012-12-12 18:05
An die von Jörg Hickl vermuteten Gründen glaube ich eigentlich nicht: Schach war noch nie richtig "in", es ist genauso viel oder wenig Sport wie schon immer und unser Auftreten war schon immer unprofessionell. Da hat sich also nichts geändert, also dürfte es daran auch nicht liegen.

Ich sehe das Problem eher im gesamtgesellschaftlichen Bereich. Das Leben wird immer hektischer, immer stressiger, die Arbeitgeber werden immer anspruchsvoller usw. Ich kenne genug Leute, die genau deswegen kaum noch am Vereinsleben teilnehmen oder ganz aufhören, obwohl sie durchaus gerne Schach spielen. Nach einer langen und harten Arbeitswoche (von 40 Stunden können viele nur träumen) haben sie einfach keine Lust mehr, am Freitagabend noch zum Spielabend zu fahren. Auch am Wochenende suchen sie eher körperlichen Ausgleich (deswegen wundert mich der Anstieg in den körperlichen Sportarten auch nicht). Ich kann das durchaus verstehen. Ich liebe Schach über alles, aber ich komme mir manchmal auch ziemlich affig vor, wenn ich z.B. bei schönem Sommerwetter in einer stinkigen Sporthalle sitze und stundenlang über einem Schachbrett brüte. Da frage ich mich auch, warum ich mir das eigentlich antue und war auch schon einmal kurz davor, damit aufzuhören. Schach ist eben ein Hobby, das nicht nur viel Zeit, sondern auch viel mentale Energie verlangt. Nicht jeder kann und will das noch investieren.
+1 #11 Thomas Richter 2012-12-13 19:40
@Darth Frank: Du hast die Unterschiede zwischen Schach- und Laufsport schön definiert. Erstens: beim Laufen kann man im "Selbststudium" viel erreichen - das ginge beim Schach wohl auch, aber wer macht das schon als zunächst Anfänger? Nicht nur spielen, sondern auch Bücher studieren, Partien analysieren, ..... . Mancher läuferische Autodidakt landet dann vielleicht doch im Verein: ein Freund lief vor kurzem seinen dritten Marathon in 2:56 und meinte hinterher "vielleicht suche ich mir jetzt einen Verein um meine Lauftechnik zu verbessern und noch schneller zu werden" (wer mit der Zeit nichts anfangen kann, ich würde sie mit Elo 2200-2400 im Schach vergleichen). Zweitens: im Ziel ankommen ist schon ein Erfolgserlebnis - und zwar nicht nur für einen selbst sondern auch im Bekanntenkreis. Ergänzen würde ich noch dass Laufen oft auch Zweitsport ist - Fussballer machen auch Waldläufe, manche nur weil es sein muss, andere auch mal freiwillig, einige machen dann auch bei Laufwettkämpfen mit (haben aber keine Zeit oder auch kein Geld für zwei Vereine). Mein erwähnter Freund ist auch ursprünglich Fussballer.

Jetzt zum Schach: wenn Jugendliche irgendwann aufhören liegt es wohl nicht nur oder nicht immer daran dass sie keine Fortschritte machen - "meine Schüler" waren immerhin hessischer Mannschaftsmeister in der D-Jugend und blieben dem Schach doch nicht langfristig erhalten. In der Pubertät haben sie eben andere Interessen, und Schach als Sport oder Freizeitaktivität ist eher nicht 'cool'. Andererseits: wenn Aussenstehende Schachspieler respektieren oder gar bewundern, dann weil sie Schach als "elitären Denksport" betrachten? :) Wollen wir denn überhaupt dass Schach ein Modesport wird der damit _den_ Ruf verlieren würde??

Wenn im Schach Erwachsene als Anfänger im Verein landen und bleiben müssten es wohl mehrere gleichzeitig sein - mindestens vier, besser zehn die gegeneinander auch mal Erfolgserlebnisse haben. Und "alte Hasen" sollten ihnen diskret helfen ohne den Oberlehrer zu spielen und sie keinesfalls auslachen. Dafür braucht es pädagogisches Talent, Geduld und Umgang mit Frustrationen gehört sicher dazu.

Alles leichter gesagt als getan, und eine Herausforderung für "alle", keinesfalls nur der Schachbund und dessen Funktionäre.
-1 #12 Max Bouaraba 2012-12-14 01:39
Okay, wir gehören also einer elitären Nicht-Sportart an, deren Mitgliederzahl stetig schrumpft. Als Folge dessen stehen die wenigen verbliebenen dadurch in einem noch exotischeren Licht wie ohnehin schon. Also ich finde das klasse / fast schon ein Idealzustand: wir können also etwas, was die anderen 7 Milliarden nicht können, während wir nahezu täglich von eben diesen Unwissenden mit der Nase darauf in Medien, Film & Fernsehen etc. thematisiertes Schach gestoßen werden. Wo ist bitte das Problem? Glaubt hier irgendwer ernsthaft, die Faßzination Schach würde irgendwann einmal aussterben? Schande dem, der so denkt...

Schach verändert sich und wird in wenigen Jahren durch die heute noch Jugendlichen bestimmt werden. Keinesfalls aber durch irgendwelche Zufallsclubgänger die nicht damit klar kommen, beim ersten Besuch eines Schachclubs nicht herzlich begrüßt zu werden. DSJ wirklich in allen Ehren, aber jeder der sich mit diesem Thema beschäftigt weiß doch nun wirklich, dass die Jugendarbeit im Wesentlichen durch das freiwillige Engagement von Eltern und Clubmitgliedern und den Kids selber lebt. Muffige Schachclubs kann ich in Zukunft ebenfalls nicht sehen - das Aussterben des klassischen Schachclubs sehe ich (leider) als unausweichlich an. Andere, Internet unterstützte Formen werden die Oberhand annehmen / ich bin beispielsweise sehr auf das Cisha-Projekt gespannt www.cisha.de

Was ich bei alle dem eher heraus interpretiere lieber Jörg ist, Deine Unzufriedenheit und die vieler anderer Pro's hinsichtlich anscheinend ungenügender und dazu noch schwindenen Verdienstmöglichkeiten. Das "unprofessionelle Auftreten" unserer Sportart wird dabei immer wieder gerne als Sündenbock herangezogen. Man könnte sogar meinen, dass je höher die Spielstärke, desto größer die Vorwürfe gegen Funktionäre und Verband (Liebe Grüße A. :-). Sinkende Mitgliederzahlen sind gleichbedeutend mit einem sinkenden Einnahmepotential für unsere Pro's. Alles richtig und ich würde mir für Pro's wirklich bessere Zeiten wünschen. Ich sehe in diesem ganzen Prozess aber eher eine natürliche Verjüngung der Altersstruktur, die natürlich auch abnehemende Mitgliederzahlen zur Folge hat. Ich glaube zudem auch an eine Renaissance mit bald wieder zunehmenden Mitgliedszahlen.
#13 Gerhard 2012-12-14 14:39
Max, worauf stützt sich Dein Glaube an " eine Renaissance"? Kann es sein, daß wir wieder, wie Jahrzehnte zuvor, am Freitagabend (einzig) in den Club gehen und TV, Internet und andere neuzeitl. Dinge hinter uns lassen?
Meinem Gefühl nach gibt es dorthin kein Zurück.

Das Leben wird dagegen insgesamt anstrengender, fordernder und der Gang am Freitag zum ebenfalls fordernden Hobby (im "angenehmen" Clubraum) wird so für viele nicht sehr attraktiv.
Die Leute wollen am Sonntag ausspannen (!) und nicht mehr wegen einer Partie XYZ durch die Lande reisen, es sei denn, man ist jung und motiviert bis an die Zehenspitzen. Dann lockt das natürlich.
#14 Gerhard 2012-12-14 14:43
Sah grad, daß Mattovsky fast genau dasselbe äusserte wie ich! Man sollte also vorher lesen, was so gepostet wurde.
#15 Thomas Richter 2012-12-14 21:54
Ein paar Bemerkungen zu Max Bouaraba:

Ich schrieb zwar auch dass Jugendarbeit vor allem vor Ort geleistet wird und damit nicht (direkt) durch die DSJ, aber es ist ja auch nicht so dass das eine mit dem anderen rein gar nichts zu tun hätte. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der DSJ haben wohl auch in Vereinen angefangen - und irgendwann hatten sie dann das Bedürfnis bzw. die Bereitschaft sich auch darüber hinaus zu engagieren.

Internet statt Verein ist ja nicht unbedingt entweder-oder. Ich bin auch gespannt was cisha "irgendwann" anbietet (seit nun über einem Jahr wird investiert, demnächst wollen sie wohl Geld verdienen?) - ich kann mir durchaus vorstellen dass sie auch Angebote für Vereine, Vereinsspieler, Jugendleiter usw. haben (werden).
Was mich selbst betrifft: ich weiss nicht ob andere meine Taktikaufgaben hier auch im Verein 'verwenden', ich selbst mache es jedenfalls :) .

Zur Situation der (Halb-)Profis: Ich würde sogar bezweifeln dass Verdienstmöglichkeiten schwinden, nur wird eben die (nationale und internationale) Konkurrenz härter. Und ich sehe keine direkte Verbindung zu sinkenden Mitgliederzahlen - es sei denn, Amateurbeiträge landen direkt bei den Profis was wohl weder der Fall noch unbedingt wünschenswert ist. Profischach lebt wohl vor allem von Sponsoren und Mäzenen? Mal ein krasser Vergleich, der wie alle etwas hinkt: der Formel 1 Weltverband hat sicher null Amateurmitglieder, dennoch kann man mit dem Sport reich werden ... .
#16 Max Bouaraba 2012-12-15 01:31
Hallo Gerhard,

ich bilde mir einfach ein, dass wer alle Aspekte auf den Tisch legt, am Ende erkennen wird, wohin die (lange) Reise geht. Dieser DOSB-Brei wird nicht nur viel zu heiß gekocht, sondern meiner Auffassung nach auch leider immer wieder falsch und einseitig interpretiert. Vielleicht verstehe ich diese Berichte ja auch einfach nicht, oder ich habe ein anderes Verständnis davon, was diese aussagen bzw. wie diese zu lesen sind:
Wie bitte kann man bloß bei Gesamt-Veränderungen im Zehntel-Prozentbereich die Entwicklung im Schachsport so darstellen, als würde Sie im Gegensatz zu allen anderen Sportarten als Verlierer dastehen? Die sinngemäße Feststellung, dass die meisten anderen Verbände zulegen konnten ist schlichtweg falsch! Nur etwa jeder zweite Verband konnte zulegen, davon einige so massiv (Karate +60% warum auch immer), dass dadurch natürlich auch das Gesamtergebnis stark beeinflusst wird. Wer Lust habe, möge mal die Sportart Karate außen vor lassen und dann erneut den Bestand der Nichtolympischen Sportarten berechnen. Von den Top-20 (Rangliste 2012 aller SPITZENVERBÄNDE (nach Mitgliederzahlen) ) können übrigens ebenfalls lediglich 8 Verbände Zuwächse verzeichnen. Leider sind auch die genannten 3,77% nur die halbe Weisheit... Der DOSB unterscheidet zwischen den nicht Olympischen Sportarten (Zuwachs 3,77% - richtig) und den nicht Olympischen (oha, Rückgang 0,09% !!!). Wer also etwas genauer hinschaut wird feststellen, dass im wesentlich größeren Bereich, also dem der Olympischen Sportarten (21,5 Mio. Mitglieder) ein SCHWUND an Mitgliedern zu verzeichnen ist. Lediglich bei den nicht Olympischen Sportarten (3,9 Mio. Mitglieder) gibt es einen Zuwachs, wie gesagt, Karate sei Dank. Toll. Und wenn wir schon dabei sind: wir sollten auch mal mit dem Quatsch aufräumen, dass es ja eigentlich viel schlimmer um uns bestellt wäre, würde man passive und Mehrfach-Mitgliedschaften berücksichtigen… Hallo? Glaubt hier irgendwer ernsthaft, dass sei in anderen Sportarten anders? Um Deine Frage zu beantworten Gerhard: Von 1966 bis 2009 haben sich die Geburten in Deutschland halbiert, während wir einen Boom an Jugendlichen verzeichnen können. Alleine in Dortmund haben wir an 40 Grundschulen 20 Schach AG’s mit insgesamt 2000 Kids, die in solchen Statistiken noch… gar keine Bedeutung spielen. Noch…. dabei ist das noch nicht einmal ein regionaler Sonderfall oder ein Verstecken vor sogenannten eigentlichen Problemen. Dass ist es u.a., was mich so optimistisch stimmt.
#17 Max Bouaraba 2012-12-15 02:02
Hallo Thomas,

DSJ: wie schon gesagt, DSJ in allen Ehren - hoch sollen Sie leben - keine Frage. Ich sehe trotzdem die wesentliche Arbeit bei vorallem den freiwilligen Helfern in den Vereinen. So soll es ja auch aus der Sicht der DSJ laufen: Anregungen & Wegweisung von oben Ja, Basisarbeit bleibt jedoch Basisarbeit und kann von einer DSJ nicht geleistet werden.

Internet statt Verein... lass uns in 30 Jahren nochmal darüber sprechen. Internet statt ___ hat schon in anderen Disziplinen stattgefunden. Am Ende wird das Internet und die damit verbundene neue Lebensart bleiben, weil dies nun mal unübersehbar der Lauf der Dinge ist - egal ob uns das gefällt. Mir waren die Tante Emma Läden auch lieber. Heute kaufe und verkaufe ich bei Amazon, eBay und Konsorten.

Zur Situation der Pro's: ich dachte das sei eigentlich ziemlich klar. Weniger Mitglieder = weniger Möglichkeiten Bücher u.ä. abzusetzen, weniger Simultanveranstaltungen, weniger Trainingsstunden etc = weniger Geld, richtig? Das ist der Zusammenhang den ich sehe. Von Sponsoren und Mäzenen :D Vergiss das bitte ganz schnell. Davon lebt allenfalls die absolute Spitze des Eisberges. Frag mal einen 2600.er wovon er so lebt. Kein Sponsor, kein Mäzen, alles harte Arbeit bei leider immer geringer werdenden Verdienstmöglichkeiten, Besteuerung von Preisgeldern, gestiegenen Reisekosten... such Dir was aus.
#18 Thomas Richter 2012-12-15 12:05
Hallo Max,
Das mit Büchern usw. mag stimmen, wobei ich nicht einschätzen kann in wieweit das eine wesentliche (und feste) Einnahmequelle für Profis ist. Nehmen die Verkaufszahlen eigentlich _insgesamt_ deutlich ab (mit mehr als 0,3%)? Oder gibt es auch hier eher mehr Konkurrenz?

Mit Sponsoren meinte ich nicht Privatsponsoren wie sie Carlsen, Anand und seit kurzem Karjakin haben, Sponsoren von Superturnieren oder jemand wie van Oosterom - der aber auch nicht nur Amber finanzierte sondern auch eine holländische Bundesligatruppe mit "durchschnittlichen" Spielern wie Smeets und l'Ami. Die sind inzwischen bei einem anderen Verein gelandet der wohl auch von einem nicht steinreichen aber doch vermögenden Mitglied mit-finanziert wird das selbst am letzten Brett spielt.

Damit habe ich schon erwähnt: auch Bundesliga-Vereine haben Sponsoren. Preisgeld und Konditionen für GMs (Hotel usw.) bei offenen Turnieren wird wohl nicht aus Startgeldern der Amateure bezahlt. Und wenn ein Verein ein Blitzturnier mit Preisgeld im vierstelligen Bereich ausrichtet steckt auch ein (Klein-)Sponsor dahinter. Das alles reicht vielleicht nicht um alleine davon bequem zu leben, aber wenn es wegfallen würde ginge sicher das Licht aus.

Der von Dir erwähnte A. spielt ja Bundesliga und diverse andere Mannschaftskämpfe, bekommt also sicher Geld von Wolfgang Grenke und anderen Sponsoren. Und auch für 2600er - nehmen wir Rainer Buhmann mit derzeit Elo 2598: Der spielt auch in der deutschen, Schweizer, österreichischen und französischen Bundesliga. Und er spielt reihenweise Opens die er nicht immer (wie gesagt, Konkurrenz) aber doch manchmal gewinnt.
#19 Krennwurzn 2012-12-15 21:27
Klassische Sponsoren wollen Ihr Geld wieder zurückverdienen, die gibt es im Schach praktisch nicht - wir sprechen eher von Mäzenen, die ihr Geld quasi verschenken, weil der Werbegegenwert nicht einmal dem eingesetzten Geld entspricht.

DAS ist das Problem, dem viele Randsportarten ausgesetzt sind und der Tatsache, dass in Krisen eben eher dort gespart wird!
#20 Krennwurzn 2013-05-02 19:06
Die Lösung ist schon gefunden: BEITRAGSERHÖHUNG um 25%
Zitat:
Da die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen in den vergangenen Jahren um 50.000 € gesunken sind, befürchtet das Präsidium, dass die finanzielle Ausstattung des Deutschen Schachbundes zukünftig nicht mehr ausreichen wird. Beantragt wird daher eine Beitragserhöhung von 25 %.
Quelle: www.schachbund.de/entry/649

Das da niemand schon früher darauf gekommen ist - nicht Sparen oder Kosten überdenken oder gar fragen: Warum immer weniger Mitglieder? Nein - einfach kostenmäßig weitermachen und die Kosten auf alle verteilen - das ist der Stein der Weisen! :cry:
#21 MiBu 2013-05-03 17:38
Komisch, die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen betragen lt. Bericht des Schatzmeisters für 2011 rund 600.000 EUR (Sh .http://www.schachbund.de /intern/praesidium/schatz meister/dok/JA_2011_Einna hmen.pdf). Eine Erhöhung um 25% entspräche somit einer Mehreinnahme von 150.000 EUR - um damit ein 50.000 EUR-Loch zu stopfen. Der Abakus des Herrn Langer (Vizepräsident Finanzen) scheint ein paar Kugeln verloren zu haben. Oder rechnet man mit einem Mitgliederschwund von 14-15% im nächsten Jahr? (Dann wäre man wieder bei etwa 640.000 EUR wie 2005.)
#22 Schachorganisator 2013-05-04 22:44
@MiBu, mit den Zahlen ist das immer so eine Sache.
Zunächst: die Einnahmen beziehen sich auf das Jahr 2011 und die neuen Beiträge sollen ab 2014 kommen.
Da anzunehmen ist, dass die Mitgliederentwicklung weiterhin negativ verläuft, ist schon fraglich, ob die 600.000 Euro aus Mitgliedsbeiträgen weiterhin zur Verfügung stehen. Dann dürfen wir nicht vergessen, dass durch die Beendigung des Vertrages mit Honorarkonzept der Sponsorenbetrag von 60.000 Euro pro Jahr nicht mehr fließt und das bereits in diesem Jahr.
Wenn man dann noch bedenkt, was künftig für Wünsche / Anforderungen finanzieller Natur kommen dürften, dann ist jetzt schon abzusehen, dass die "Mehreinnahmen" hinten und vorn nicht reichen werden.
#23 MiBu 2013-05-10 20:01
Mit Zahlen ist das wirklich so eine Sache...
Auf der DSB-website ist nunmehr zu lesen: "Da die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen in den vergangenen Jahren um 50.000 € gesunken sind, befürchtet das Präsidium, dass die finanzielle Ausstattung des Deutschen Schachbundes zukünftig nicht mehr ausreichen wird. Beantragt wird daher eine Beitragserhöhung von 2 Euro im Jahr pro Erwachsenem." Lies sich doch direkt angenehmer als vorher "um 25%". Bei etwa 65.000 Mitgliedern über 18 (Sh. DOSB-Statistik) bedeutet das immer noch eine Erhöhung der Einnahmenseite um rund 130.000 EUR. Verminderung der Ausgaben kommt offenbar nicht in Betracht, wobei doch (z.B.) das Ausscheiden des Herrn Metzing Anlass sein könnte, eine Kürzung des Ausgabenblocks "Personalkosten" zumindest anzudenken.
Übrigens kann ich die 60.000 EUR von Honorarkonzept in der GuV des DSB 2011 nicht finden, so dass deren Wegfall keine Beitragserhöhung zu rechtfertigen scheint.
#24 Schachorganisator 2013-05-10 22:04
Ein Nachfolger für Herrn Metzig wird bereits lt. Ausschreibung gesucht und dessen Gehalt wird wohl nicht geringer sein.
Fehlende 50.000 € Mitgliedsbeiträge + 60.000 € Mindereinnahmen durch HK sind 110.00 €, die auszugleichen sind. Da sind die 130.000 € durch die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge zunächst mal ein kleines Polster. Allerdings kommen die erst 2014 und die 60.000 € von HK fehlen schon in 2013. Da kann sich jeder ausrechnen, dass finanziell keine großen Sprügen machbar sind.

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